Beschluss vom Landgericht Mönchengladbach - 5 T 352/05
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach Rheydt vom 27.4.2005 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.
Beschwerdewert: 681,54 Euro
1
I.
2Die Antragsgegnerin führte im Auftrag der Antragsteller Reparaturarbeiten am Dach ihres Hauses aus.
3Die Antragsteller haben zur Frage, ob die Dachabdeckung des Giebels des Hauses nicht ausreicht, um das Regenwasser von der Fassade abzuhalten, im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das Amtsgericht hat die Einholung des beantragten Gutachtens angeordnet. Das Gutachten wurde den Beteiligten im Dezember 2004 zugeleitet. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Dachabdeckung nicht ordnungsgemäß montiert sei, um Regenwasser von der Fassade abzuhalten. In der Folgezeit hat die Antragsgegnerin den Mangel beseitigt.
4Die Antragsteller haben daraufhin das Verfahren für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat Erledigungserklärung nicht zugestimmt.
5Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben und ausgeführt, es entspräche billigem Ermessen, der Antragsgegnerin analog § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin.
6Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
7II.
8Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
9Nach der Entscheidung des BGH vom 12.2.2004 AZ: V ZP 57/03 (BauR 2004, 1181), der sich die Kammer anschließt, ermöglicht die einseitige Erklärung des Antragstellers, ein selbständiges Beweisverfahren sei in der Hauptsache erledigt, keine Kostenentscheidung gegen den Antragsgegner.
10Die Entscheidung über die Kosten eines Rechtsstreits beruht auf dem Grundsatz, dass die Partei die Kosten zu tragen hat, zu deren Nachteil die Entscheidung des Gerichts ergeht (§ 91 Abs. 1 ZPO). Die Belastung des Beklagten mit den Kosten eines Rechtsstreits setzt damit voraus, dass er unterlegen ist. Kommt es zu keiner Entscheidung in der Hauptsache, weil die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kostentragungspflicht (§ 91a Abs. 1 ZPO). Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu, scheidet eine Ermessensentscheidung über die Kosten aus. Die Erledigungserklärung des Klägers bedeutet vielmehr eine Änderung der Klage, aufgrund derer das Gericht durch Urteil darüber zu entscheiden hat, ob der klageweise geltend gemachte Anspruch bestanden hat und wegen des als Erledigung bezeichneten Ereignisses nicht mehr durchgesetzt werden kann. Diese Grundsätze sind auf das selbständige Beweisverfahren nicht anwendbar. In diesem Verfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung. Die Anordnung der Beweiserhebung bedeutet weder eine Entscheidung über ein Recht oder einen Anspruch, noch ergeht die Anordnung zum Nachteil des Antragsgegners. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten eines anhängigen oder künftigen Erkenntnisverfahrens zwischen den Parteien, neben dem oder zu dessen Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren stattgefunden hat. Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozessordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsgegner (§ 494 a Abs. 2 ZPO). Umso weniger geht es an, über die Regelung des § 91 a Abs. 1 ZPO hinaus von dem Antragsgegner ohne ein Verfahren in der Hauptsache und ohne Zustimmung zur Erledigungserklärung die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen (BGH, a.a.O.).
11Vorliegend ist die Erledigungserklärung der Antragsteller einseitig geblieben. Der ausgebliebene Widerspruch der Antragsgegnerin ist auch nicht Wege der Fiktion entbehrlich (§ 91a Abs. 1 S. 2 ZPO), da die Antragsgegnerin auf die Folgen eines unterbliebenen Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist. Vielmehr ist ihr der Schriftsatz der Antragsteller vom 25.1.2005 erst am 20.5.2005, mithin nach Erlass der angefochtenen Entscheidung zugestellt worden. Ist die Erledigungserklärung aber einseitig geblieben, findet eine Kostenentscheidung gegen die Antragsgegnerin nicht statt.
12Dies kann entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht mit einer analogen Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO i.V. mit § 91 a ZPO begründet werden. Zwar geht auch der BGH in bestimmten Fällen davon aus, dass in einer einseitigen Erledigungserklärung im selbständigen Beweisverfahren eine Antragsrücknahme gesehen werden kann mit der Folge, dass über die Kosten entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu entscheiden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2004, AZ: VII ZB 23/03 -, BauR 2005, 133). Jedoch begründet dies nicht die analoge Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift scheidet eine (analoge) Anwendung aus. Denn der Gesetzgeber hat diese Regelung für den Fall der "Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit" eingeführt. Eine vergleichbare Rechtslage ist vorliegend nicht gegeben, da sich das selbständige Beweisverfahren durch die Mängelbeseitigung der Antragsgegnerin nach Einholung des Sachverständigengutachtens "erledigt" hat.
13Für einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch besteht im vorliegenden Fall auch kein praktisches Bedürfnis. Die Antragsteller haben nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin bereits angekündigt, mit ihren Verfahrenskosten gegenüber der Werklohnforderung der Antragsgegnerin aufzurechnen. Im übrigen steht den Antragstellern die Klage auf Feststellung offen, dass die Antragsgegnerin zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war. Obsiegen sie in diesem Verfahren, erreichen sie eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfasst (vgl. BGH, Beschluss v. 12.2.2004, a.a.O.).
14III.
15Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
16Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des
17§ 574 ZPO nicht gegeben sind.
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