Urteil vom Landgericht Mönchengladbach - 32 Ns 18/14
Tenor
Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts – Jugendschöffengerichts – Mönchengladbach vom 11.02.2014, Az. 128 Ls 72/13, aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
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G r ü n d e:
2I.
3Durch Urteil vom 11.02.2014, Az. 128 Ls 72/13, hat das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – Mönchengladbach den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem. §§ 242 Abs. 1 und Abs. 2, 243 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.
4Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18.02.2014, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt.
5Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden. Sie hat auch Erfolg.
6II.
7Der Angeklagte ist geschieden und hat 4 Kinder im Alter von 31, 29, 25 und 14 Jahren. Er ist gelernter Möbelpolsterer. Er bestritt seinen Lebensunterhalt zuletzt durch Helfertätigkeiten auf Baustellen und Sozialleistungen des Jobcenters. Seit Mitte des Jahres 2013 befindet sich der Angeklagte in anderer Sache in Strafhaft in der JVA Düsseldorf. Dort arbeitet er in der Küche.
8Der Angeklagte ist betäubungsmittelabhängig. Er konsumiert seit mittlerweile fast 15 Jahren Kokain und Heroin. Aufgrund dessen ist er seit dem Jahr 1999 in erheblichem Umfang strafrechtlich in Erscheinung getreten, wobei er meistens wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Beschaffungskriminalität verurteilt wurde. Die gegen den Angeklagten in den letzten 15 Jahren verhängten Freiheitsstrafen wurden mehrfach nach § 35 BtMG zurückgestellt. Die bisherigen Therapiebemühungen des Angeklagten scheiterten jedoch sämtlich, so dass er alle gegen ihn verhängten Strafen verbüßte.
9Im Hinblick auf das vorliegende Verfahren nimmt der Angeklagte derzeit an keiner Therapie teil. Er befindet sich in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf allerdings in einer Abteilung, in der eine solche Therapie vorbereitet wird.
10Im Einzelnen ist der Angeklagte bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
11Durch Urteil vom 07.07.1999 verurteilte ihn das Amtsgericht Nettetal wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 15,-- DM.
12Durch Urteil vom 19.07.1999 verurteilte ihn das Amtsgericht Viersen wegen Beförderungserschleichung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 20,-- DM.
13Durch Beschluss vom 13.06.2000 führte das Amtsgericht Nettetal die beiden vorgenannten Verurteilungen auf eine Gesamtstrafe von 45 Tagessätzen à 15,-- DM zurück.
14Durch Urteil vom 25.10.2001 verurteilte das Amtsgericht Viersen den Angeklagten wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde später widerrufen.
15Durch Urteil vom 21.12.2001 verurteilte das Amtsgericht Viersen den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 2 Fällen zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 20,-- DM.
16Durch Urteil vom 19.11.2003 verurteilte ihn das Amtsgericht Viersen wegen besonders schweren Diebstahls in 3 Fällen, in einem davon versucht handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde später widerrufen. Ebenso widerrufen wurde eine zunächst gewährte Zurückstellung der Strafvollstreckung.
17Durch Beschluss vom 24.05.2004 führte das Amtsgericht Viersen die beiden vorgenannten Urteile des Amtsgerichts Viersen vom 25.10.2001 und 21.12.2001 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten zurück.
18Durch Urteil vom 30.06.2004 verurteilte das Amtsgericht Viersen den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten. Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde gem. § 35 BtMG zunächst zurückgestellt. Diese Zurückstellung wurde später jedoch widerrufen.
19Durch Urteil vom 16.01.2006 verurteilte das Amtsgericht Viersen den Angeklagten wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 10,-- €.
20Durch Urteil vom 30.10.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Krefeld wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr.
21Unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils vom 30.10.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Mönchengladbach durch Urteil vom 22.11.2007 wegen Einbruchsdiebstahls in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten. Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe wurde zunächst zurückgestellt. Diese Zurückstellung wurde später widerrufen.
22Durch Urteil vom 14.05.2009 verurteilte das Amtsgericht Bonn den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten.
23Durch Urteil vom 27.08.2010 verurteilte ihn das Amtsgericht Krefeld wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.
24Durch Urteil vom 28.04.2011 verurteilte ihn das Amtsgericht Viersen wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten.
25Durch Beschluss vom 22.07.2011 führte das Amtsgericht Krefeld die Freiheitsstrafen aus den beiden vorgenannten Urteilen vom 27.08.2010 und 28.04.2011 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr zurück.
26Durch Urteil vom 16.05.2012 verurteilte das Amtsgericht Nettetal den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 20,-- €.
27Durch Urteil vom 16.07.2012 verurteilte das Amtsgericht Mönchengladbach den Angeklagten wegen dreifachen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren.
28Durch Beschluss vom 08.11.2013 führte das Amtsgericht Mönchengladbach die Einzelstrafen aus den beiden vorgenannten Urteilen vom 16.05.2012 und 16.07.2012 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 1 Monat zurück. Diese Gesamtfreiheitsstrafe verbüßt der Angeklagte derzeit in der JVA Düsseldorf.
29III.
30Die vorstehenden Feststellungen zu Ziff. II beruhen auf den eigenen Angaben des Angeklagten sowie auf dem in der Berufungshauptverhandlung verlesenen erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts – Jugendschöffengerichts – Mönchengladbach vom 11.02.2014 zum Az. 128 Ls 72/13.
31IV.
32Von dem Vorwurf, am 30.03.2010 einen versuchten Diebstahl i.S.d. §§ 242 Abs. 1 und Abs. 2, 243 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB begangen zu haben, ist der Angeklagte aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
331.
34Die Hauptverhandlung hat zu folgenden Feststellungen geführt:
35Am 30.03.2013 begaben sich der Angeklagte und seine bereits rechtskräftig verurteilter Komplizin gegen 11.30 Uhr gemeinsam in den Baumarkt in Mönchengladbach, um aus diesem Elektrogeräte zu entwenden. In Ausführung dieses Tatplanes nahmen sie im Markt einen Akku-Schrauber, zwei Akku-Bohrmaschinen und einen Meißelhammer im Gesamtverkaufswert von 1.216,00 € aus den Auslagen und verbrachten diese mit einem Einkaufswagen in den Außenbereich, in dem die Gartenabteilung untergebracht ist. Dort versteckten sie die Elek-tronikgeräte in einem Regal. Der Angeklagte und hatten vor, die Geräte in der darauffolgenden Nacht durch Überwinden des den Gartenbereich umgebenden, etwa 6 Meter hohen Metallgitterzaunes zu entwenden und abzutransportieren. Auf welche Art und Weise genau sie den Zaun überwinden und die Tatbeute abtransportieren wollten, hatten sie dabei noch nicht durchdacht. Der Angeklagte und beabsichtigten, die Elektronikartikel nach der Entwendung zu verkaufen. Der Angeklagte wollte durch den Erlös zum Teil auch seinen Betäubungsmittelkonsum finanzieren.
36Der Angeklagte und wurden beim Transport der Elektronikgeräte in den Außenbereich von einem Mitarbeiter des Baumarktes, dem Zeugen beobachtet. Der Zeuge war auf den Angeklagten aufmerksam geworden, weil dieser verdächtigt wurde, bereits einige Tage zuvor einen Diebstahl in diesem Baumarkt begangen zu haben. Nach einer entsprechenden Mitteilung des Zeugen rief der Filialleiter umgehend die Polizei, die den Angeklagten und noch im Baumarkt stellte, so dass diese ihren Tatplan nicht weiter ausführen konnten.
372.
38Die vorstehenden Feststellungen zu Ziff. IV. 1. stützen sich auf die dem entsprechende Einlassung des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung. Die Kammer hält die Einlassung des Angeklagten für glaubhaft. Anhaltspunkte dafür, dass diese Einlassung insgesamt oder in einzelnen Punkten unzutreffend sein könnte, sind nicht ersichtlich.
39Allein ihre Überzeugung davon, dass der Zaun, der den Außenbereich des o.g. Baumarktes umgrenzt, 6 Meter hoch ist, stützt die Kammer nicht in erster Linie auf die Einlassung des Angeklagten, sondern vielmehr auf den in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Teil der Strafanzeige vom 31.03.2013 (Bl. 10 GA). Darin hat u.a. vermerkt: „Ein ca. 5 – 6 Meter hoher Zaun umgibt den Außenbereich.“ (Bl. 10 GA). Mangels entgegen-stehender Anhaltspunkte geht die Kammer zugunsten des Angeklagten davon aus, dass der betreffende Zaun 6 Meter und nicht nur 5 Meter hoch ist. Die eigene Einlassung des Angeklagten ist mit dieser Annahme gut vereinbar. Der Angeklagte hat in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft ausgeführt, der betreffende Zaun sei deutlich zu hoch gewesen, um durch bloßes Springen dessen Oberkante mit den Händen erreichen und sich daran hochziehen zu können. Weiter hat er glaubhaft ausgeführt, bei dem betreffenden Zaun handele es sich nicht etwa um einen Maschendraht-, sondern um einen Metallgitterzaun. Die Kammer sieht keinen Anlass dazu, an diesen Angaben zu zweifeln.
403.
41Das unter Ziff. IV. 1. festgestellte Tatgeschehen erfüllt nicht die Voraussetzungen eines versuchten Diebstahls gem. §§ 242 Abs. 1 und Abs. 2, 243 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB. Der Angeklagte hat in der Berufungshauptverhandlung zwar glaubhaft gestanden, einen entsprechenden Tatentschluss gehabt zu haben. Es fehlt hier aber an einem unmittelbaren Ansetzen zum Versuch i.S.d. § 22 StGB. Die unter Ziff. III. 1. beschriebenen Handlungen des Angeklagten sind lediglich als straflose Vorbereitungshandlungen zu bewerten.
42Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmales bedarf es hierfür nicht (vgl. BGH, MDR 1979, 152; NStZ 1993, 133; NStZ 1993, 398; NStZ 2001, 415; NStZ 2006, 331; NStZ 2008, 209; NStZ 2014, 447; NJW 2014, 1463; KG, BeckRS 2013, 00392). Es genügt vielmehr, dass der Täter solche Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Merkmals des gesetzlichen Tatbestandes vorgelagert sind und unmittelbar in die straftatbestandliche Handlung einmünden (vgl. BGH, MDR 1979, 152; NStZ 1993, 133; NStZ 1993, 398; NStZ 2001, 415; NJW 2014, 1463; KG, BeckRS 2013, 00392; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). Der Versuch einer Straftat erstreckt sich damit auch auf Gefährdungshandlungen, die nach der Vorstellung des Täters in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen (vgl. BGH, MDR 1979, 152; NStZ 1986, 20; NStZ 1987, 20; NStZ 1989, 473; NStZ 1993, 289; NStZ 1993, 133; NStZ 2001, 415; NStZ 2006, 331; NStZ 2008, 209; wistra 2008, 105; NJW 2014, 1463; KG, BeckRS 2013, 00392; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). Voraussetzung ist, dass der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und der Täter objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (vgl. BGH, MDR 1979, 152; NStZ 1993, 289; NStZ 1993, 133; NStZ 1999, 395; NStZ 2001, 415; wistra 2008, 105; NJW 2014, 1463; KG, BeckRS 2013, 00392).
43Angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen bedürfen diese abstrakt-generellen Maßstäbe zur Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium stets einer wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, NStZ 2006, 331; NJW 2014, 1463; NStZ 2014, 447; KG, BeckRS 2013, 00392). Hierbei können etwa der Grad der Rechtsgutsgefährdung, der aus Sicht des Täters durch die zu beurteilende Handlung bewirkt wird, oder die Dichte des Tatplans Bedeutung gewinnen (vgl. BGH, NStZ 2006, 331; NJW 2014, 447; KG, BeckRS 2013, 00392). Die Feststellung allein, dass der Täter durch seine Tatbeiträge eine objektive Gefahr für das anzugreifende Rechtsgut begründet hat, genügt nicht, um ein unmittelbares Ansetzen zum Versuch i.S.d. § 22 StGB zu bejahen (vgl. BGH, NStZ 1986, 20; NStZ 1987, 20; NStZ 1989, 473).
44Auch sind bei der Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium die strukturellen Besonderheiten des jeweiligen Tatbestandes zu berücksichtigen (vgl. BGH, wistra 2008, 105; BGH, NJW 2014, 1463; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). Bei der Prüfung eines versuchten Diebstahls kommt es deshalb darauf an, ob der Täter bereits i.S.d. § 22 StGB unmittelbar zum Gewahrsamsbruch angesetzt hat (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 242 Rn. 68).
45Eine wertende Betrachtung des vorliegenden Einzelfalles nach den vorgenannten Maß-stäben ergibt, dass der Angeklagte noch nicht i.S.d. § 22 StGB unmittelbar zum Versuch eines Diebstahls und insbesondere noch nicht zu einem Gewahrsamsbruch angesetzt hatte, als er von der Polizei gestellt und hierdurch an einer weiteren Umsetzung seines Tat-planes gehindert wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte weder subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten, noch war er bei der Umsetzung seines Tatplanes objektiv so weit fortgeschritten, dass sein Tun ohne wesentliche Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergehen konnte. Hierzu hätte es vielmehr noch eines weiteren Willensimpulses bedurft.
46a)
47Indem der Angeklagte und am 30.03.2013 in dem o.g. Baumarkt einen Akku-Schrauber, zwei Akku-Bohrmaschinen und einen Meißelhammer aus den Auslagen nahmen, mit einem Einkaufswagen in den Außenbereich des Baumarktes verbrachten, in dem die Gartenabteilung untergebracht ist, und dort in einem Regal versteckten, haben sie den Gewahrsam des Berechtigten noch nicht gebrochen.
48Gewahrsam ist die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.1971, Az. 1 StR 461/70, zitiert nach Juris Online; OLG Düsseldorf, NJW 1988, 1335; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2005, 140). Für seine Beurteilung kommt es entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens und die Verkehrsauffassung an (vgl. BGHSt 16, 271; BGH, NJW 1968, 662; NStZ 2014, 40; BGH, Urteil vom 25.05.1971, Az. 1 StR 461/70, zitiert nach Juris Online; OLG Düsseldorf, NJW 1988, 922; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2005, 140). Gewahrsamsbruch ist die gegen oder ohne den Willen des Gewahrsamsinhabers erfolgende Aufhebung der tatsächlichen Sachherrschaft (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1988, 922; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2005, 140).
49Das bloße Bereitstellen oder Bereitlegen einer Sache innerhalb der Sphäre des Gewahrsamsinhabers zum späteren Abtransport reicht in der Regel weder zur Entziehung des Gewahrsams des Berechtigten (Gewahrsamsbruch), noch zur Gewahrsamserlangung des Täters (Begründung eigenen Gewahrsams) aus (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; LG Potsdam, NStZ 2007, 336; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 19). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Sache versteckt, die endgültige Erlangung aber noch mit Schwierigkeiten, wie z.B. dem Überklettern einer Mauer, verbunden ist (vgl. BGH, NJW 1955, 71; LG Potsdam, NStZ 2007, 336; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 19). In Fällen, in denen – wie hier – zwar nicht eine Mauer zu überklettern, dafür aber ein 6 Meter hoher Zaun zu überwinden ist, kann nach Auffassung der Kammer nichts anderes gelten. Versteckt der Täter die Sache zunächst innerhalb des Herrschaftsbereiches des Gewahrsamsinhabers, um sie bei späterer Gelegenheit mitzunehmen, so kommt es darauf an, ob nach den Umständen des konkreten Einzelfalles durch das Verbergen die Zugriffsmöglichkeit des Gewahrsamsinhabers tatsächlich schon vereitelt bzw. aufgehoben ist und der spätere Abtransport nur der endgültigen Sicherung tatsächlich schon erlangter Sachherrschaft des Täters darstellt (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; LG Potsdam, NStZ 2007, 336; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 19).
50Das Regal in der Gartenabteilung des Baumarktes, in dem der Angeklagte und einen Akku-Schrauber, zwei Akku-Bohrmaschinen und einen Meißelhammer versteckten, ist der Gewahrsamssphäre des Berechtigten zuzuordnen. Die vorgenannten Gegenstände befanden sich in dem betreffenden Regal zwar nicht an dem durch den Berechtigten für sie vorgesehenen Platz. Der Berechtigte selbst hatte sie gerade nicht in der Gartenabteilung, sondern in den Auslagen einer anderen, innen gelegenen Abteilung des Baumarktes untergebracht. Die Zugriffsmöglichkeit des Berechtigten war durch die fehlerhafte Einordnung der o.g. Gegenstände aber noch nicht tatsächlich vereitelt oder aufgehoben. Für diese Feststellung ist nicht entscheidend, dass der Angeklagte und beim Verstecken der o.g. Gegenstände durch einen Mitarbeiter des Baumarktes, nämlich durch den Zeugen beobachtet wurden. Der Diebstahl ist kein heimliches Delikt (vgl. BGH, NStZ 2008, 624; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). Entscheidend ist vielmehr, dass auch das betreffende Regal in der Gartenabteilung des Baumarktes noch zu dem Bereich gehörte, in dem der Berechtigte seinen Kunden Waren präsentierte, um sie ihnen zum Kauf anzubieten. Zur Überzeugung der Kammer wären dem Berechtigten die o.g., lediglich durch das Einsortieren in ein falsches Regal „versteckten“ Gegenstände deshalb spätestens bei einer turnusmäßigen Inventur seiner Warenbestände, wie sie in Handelskreisen üblich ist, ohne Weiteres aufgefallen – wenn sich nicht schon vorher die durchaus naheliegende Möglichkeit realisiert hätte, dass ein Mitarbeiter des Baumarktes bei alltäglichen Aufräumarbeiten, bei der Bedienung eines an Waren aus der Gartenabteilung interessierten Kunden oder bei einer sonstigen Gelegenheit auf die o.g., falsch einsortierten Gegenstände aufmerksam geworden wäre und sie wieder an ihren vorgesehenen Platz zurückgestellt hätte. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte diese Umstände verkannt haben könnte, sind hier nicht ersichtlich.
51Das Verstecken der o.g. Gegenstände hat hier auch mit Rücksicht darauf noch nicht zu einem Gewahrsamsbruch geführt, dass der Gewahrsam einen sog. Beherrschungswillen voraussetzt. Für die Annahme eines solchen Beherrschungswillens reicht nämlich ein genereller Sachbeherrschungswille hinsichtlich sämtlicher Gegenstände innerhalb der Sphäre des Berechtigten ohne aktuelles Bewusstsein aus (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 242 Rn. 30; Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 71). Hier erstreckte sich der generelle Sachbeherrschungswille des Berechtigten zur Überzeugung der Kammer u.a. auch auf sämtliche Gegenstände, die sich in der Gartenabteilung des Baumarktes, namentlich in den dort aufgestellten Regalen befanden, und zwar unabhängig davon, ob sie in diesen Regalen für jedermann leicht zu finden waren oder nicht.
52Auch befanden sich die o.g. Gegenstände zu keinem Zeitpunkt in einer sog. Gewahrsams-enklave des Angeklagten oder seiner Komplizin . Eine solche wird angenommen, wenn der Täter kleine Gegenstände innerhalb der Sphäre des Berechtigten in seine Kleidung oder in eine mitgebrachte Tasche steckt (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1988, 922; OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585), auch wenn er die mitgebrachte Tasche bis zur späteren Abholung in der fremden Gewahrsamssphäre zurücklässt (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). In solchen Fällen soll der Täter die Zugriffsmöglichkeit des Gewahrsamsinhabers vereitelt und eigenen Gewahrsam begründet haben (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). Versteckt ein Täter dagegen handliche Elektrogeräte auf dem Gelände eines Baumarktes zwischen Blumenerdesäcken, wird hierdurch mangels Gewahrsamsraums des Täters als Gewahrsamserwerbers sowie mangels einer damit einhergehenden engen Beziehung zur Sache keine Gewahrsamsenklave begründet (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585). Im hier vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Das Regal, in dem der Angeklagte und die in Aussicht genommene Tatbeute versteckten, ist nicht als Gewahrsamsraum anzusehen, der dem Angeklagten oder zuzuordnen wäre.
53Auch nach dem sozial-normativ geprägten Gewahrsamsbegriff, auf den teilweise ergänzend abgestellt wird (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2005, 140), ist hier noch kein Gewahrsamsbruch gegeben. Gewahrsam an einer Sache hat nach dem sozial-normativ geprägten Gewahrsamsbegriff derjenige, in dessen Tabubereich sich die Sache befindet (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2005, 140). Danach setzt der Bruch fremden Gewahrsams voraus, dass die fremde Sache aus der generellen Gewahrsamssphäre, dem Tabubereich, des bisherigen Gewahrsamsinhabers fortgeschafft wurde, in den Tabubereich eines anderen verbracht worden ist und die Rückgewinnung des Gewahrsams durch den bisherigen Inhaber deshalb sozial auffällig und rechtfertigungsbedürftig wäre (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2009, 24585; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2005, 140).
54Hätte im vorliegenden Fall ein Mitarbeiter des Baumarktes die o.g. Gegenstände in der Gartenabteilung aus dem Regal genommen, in dem der Angeklagte und sein Komplize sie abgelegt hatten, und sie dann im Innenbereich des Baumarktes wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückgestellt, so hätte er die Gegenstände damit lediglich innerhalb der generellen Gewahrsamssphäre des Berechtigten, also innerhalb desselben Tabubereiches umgeräumt. Dieses Verhalten wäre nach Ansicht der Kammer weder sozial auffällig, noch rechtfertigungsbedürftig gewesen. Zur Überzeugung der Kammer hätte ein neutraler Beobachter dieses Verhalten in keiner Weise als ungewöhnlich oder sonst bemerkenswert eingestuft, selbst wenn er mit dem vorangegangenen Tun des Angeklagten und seiner Komplizin nicht vertraut gewesen wäre. Es kommt durchaus nicht selten vor, dass Kunden eines Selbstbedienungsladens Waren aus einem Regal nehmen, in ihren Einkaufswagen legen, dann – aus welchen Gründen auch immer – von ihrer ursprünglichen Kaufabsicht Abstand nehmen, die Waren infolgedessen wieder aus ihrem Einkaufswagen herausnehmen und diese schließlich einfach in das Regal stellen, das ihnen zum Zeitpunkt ihres Meinungsumschwungs gerade am nächsten ist. Dass Mitarbeiter eines Selbstbedienungsladen gänzlich falsch einsortierte Waren aus einem Regal herausnehmen und zu dem für sie vorgesehenen Regal zurückbringen, auch über verschiedene Abteilungen des Ladens hinweg, stellt schon deshalb einen ganz alltäglichen Vorgang dar, der in keiner Weise dazu geeignet ist, bei einem unbeteiligten Beobachter gesteigerte Aufmerksamkeit zu erregen und/oder Zweifel daran zu wecken, dass der betreffende Mitarbeiter zu einem solchen Tun berechtigt ist.
55Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Gewahrsam des Berechtigten noch fortbestand, als der Angeklagte und sein Komplize durch das Eingreifen der Polizei an einer weiteren Umsetzung ihres Tatplanes gehindert wurden.
56b)
57Der Angeklagte hatte auch noch nicht i.S.d. § 22 StGB unmittelbar dazu angesetzt, den Gewahrsam des Berechtigten zu brechen, als die Polizei einschritt.
58Hätten der Angeklagte und ihren Tatplan ungestört fortsetzen können, so hätten sie den Gewahrsam des Berechtigten erst in dem Augenblick gebrochen, in dem sie die in Aussicht genommene Tatbeute von dem Gelände des Baumarktes entfernt hätten. Das Verstecken der betreffenden Gegenstände stand nach dem Tatplan des Angeklagten und dessen Komplizin jedoch nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu der beabsichtigten Entfernung dieser Gegen-stände von dem Gelände des Baumarktes. Der Angeklagte und versteckten die betreffenden Gegenstände bereits gegen 11.30 Uhr in der Gartenabteilung des Baumarktes. Von dort abholen wollten sie diese Gegenstände jedoch erst in der darauffolgenden Nacht. Bis dahin hätten also noch etliche Stunden vergehen müssen. Schon aus diesem Grund kann nach Auffassung der Kammer keine Rede davon sein, dass die seitens des Angeklagten verwirklichten Gefährdungshandlungen nach seinem Tatplan unmittelbar in die straftatbestandliche Handlung einmünden sollten.
59Unabhängig davon hat der Angeklagte hier auch deshalb nicht i.S.d. § 22 StGB unmittelbar dazu angesetzt, den Gewahrsam des Berechtigten zu brechen, weil sein Tun weder objektiv, noch in der subjektiven Vorstellung des Angeklagten ohne wesentliche Zwischenakte in den beabsichtigten Gewahrsamsbruch übergehen konnte. Insofern hat das Verstecken der in Aussicht genommenen Tatbeute im hier vorliegenden Fall auch noch nicht zu einer konkreten Rechtsgutsgefährdung, etwa in Form einer Gewahrsams-lockerung geführt, und zwar weder objektiv, noch in der subjektiven Vorstellung des Angeklagten.
60Um den Gewahrsam des Berechtigten an der in Aussicht genommenen Tatbeute ihrem Tatplan entsprechend brechen zu können, hätten der Angeklagte und sein Komplize nicht nur nachts zum Baumarkt zurückkehren und dort den 6 Meter hohen Zaun überwinden müssen, der den Außenbereich des Baumarktes umgibt, um so wieder in die Gartenabteilung des Baumarktes gelangen zu können. Sie hätten die Tatbeute sodann auch an sich nehmen und anschließend den Akku-Schrauber, die zwei Akku-Bohrmaschinen und den Meißelhammer unter erneuter Überwindung des vorgenannten, 6 Meter hohen Zaunes von dem Gelände des Baumarktes entfernen müssen. Die Überwindung eines 6 Meter hohen Zaunes, sei es nun mit oder ohne Tatbeute, stellt nach Auffassung der Kammer jedoch einen wesentlichen Zwischenakt dar, der hier die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens zum Gewahrsamsbruch ausschließt.
61Einen 6 Meter hohen Zaun ohne den Einsatz von Hilfsmitteln schlicht zu überklettern, hält die Kammer aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung für schwierig und angesichts der potentiellen Fallhöhe auch für riskant. Das gilt nicht nur, aber erst recht dann, wenn der betreffende Kletterer einen Akku-Schrauber, zwei Akku-Bohrmaschinen und einen Meißelhammer mit sich führt. Dass es sich bei dem Angeklagten um einen versierten Kletterer handeln würde, ist nicht festzustellen.
62Zur Überzeugung der Kammer lag es deshalb von Anfang an besonders nahe, zur Überwindung des hier in Rede stehenden Zaunes Hilfsmittel einzusetzen. In dieser Einschätzung sieht sich die Kammer durch den in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Teil der durch verfassten Strafanzeige vom 31.03.2013 zusätzlich bestärkt. Darin heißt es u.a.: „Generell ist es jedoch ohne größeren Aufwand möglich, die Umzäunung vom Grünstreifen der hinter dem Baumarkt verlaufenden Bahnschienentrasse mittels Leiter zu überklettern. Auf der Innenseite können die Hochregale zur Überwindung genutzt werden.“ (Bl. 10 GA). Ob es leichter und sicherer ist, Hochregale zu erklimmen, die an sich der Auslage von Waren dienen, als einen Zaun, und ob es infolgedessen das Überklettern eines 6 Meter hohen Zaunes tatsächlich vereinfacht, wenn dem betreffenden Kletterer auf der Innenseite des Zaunes Hochregale zur Verfügung stehen, auf die er steigen kann, muss hier nicht näher erörtert werden. Denn jedenfalls zum Überwinden des Zaunes von der Außenseite aus, um zunächst einmal auf das Gelände des Baumarktes zu gelangen und dort die in Aussicht genommene Tatbeute zu erreichen, hätten der Angeklagte und nicht auf die Hochregale zurückgreifen können, die sich auf der Innenseite des Zaunes befanden. Um an die Außenseite des Zaunes eine Leiter stellen zu können, hätten der Angeklagte und eine solche – ausreichend lange – Leiter zunächst einmal beschaffen und nachts zum Gelände des Baumarktes transportieren müssen, und zwar möglichst ohne dabei Aufmerksamkeit zu erregen.
63Anstatt den betreffenden Zaun zu übersteigen, hätten der Angeklagte und auch ins Auge fassen können, den Zaun dadurch zu überwinden, dass sie ihn beschädigten und damit als Zutrittshindernis untauglich machten. So erscheint es als denkbar, dass sich der Zaun mittels eines Bolzenschneiders oder notfalls mittels eines schwereren Gerätes hätte aufschneiden lassen. Auch ein derartiges Schneidewerkzeug hätten der Angeklagte und sein Komplize aber jedenfalls erst beschaffen und nachts möglichst unauffällig zum Gelände des Baumarktes transportieren müssen.
64Wie auch immer der Angeklagte und nun den 6 Meter hohen Zaun überwunden hätten, der das Außengelände des Baumarktes umgab, jedenfalls hätte ihnen die Bewältigung dieses Hindernisses zur Überzeugung der Kammer entweder eine gewisse körperliche Anstrengung und einen gewissen Wagemut oder doch zumindest eine nicht völlig untergeordnete zusätzliche Planungs- und Organisationsleistung abverlangt. Die Kammer bewertet die Überwindung des 6 Meter hohen Zaunes deshalb als einen wesentlichen Zwischenakt, den der Angeklagte und sein Komplize noch zu erledigen hatten, bevor sie zu dem von ihnen beabsichtigten Gewahrsamsbruch übergehen konnten. Aus Sicht der Kammer wäre es nicht gerechtfertigt, das Überwinden eines 6 Meter hohen Zaunes als bloß belanglose, ohne relevanten Aufwand zu erledigende Nebensächlichkeit einzustufen und ihm damit bei der Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium keine höhere Relevanz beizumessen als etwa dem Übersteigen eines kniehohen Mäuerchens oder dem Öffnen einer unverschlossenen Tür. Ein i.S.d. § 22 StGB unmittelbares Ansetzen zum Gewahrsamsbruch liegt damit noch nicht vor.
65Tatsächlich hatten der Angeklagte und selbst noch nicht durchdacht, auf welche Weise sie den 6 Meter hohen Zaun überwinden wollten. Sie hätten ihren gemeinsamen Tatplan insofern noch ergänzen und weiter verdichten müssen, um den beabsichtigten Gewahrsamsbruch bewerkstelligen zu können. Hierzu hätten sie einen neuen Willensentschluss fassen müssen. Auch dieser Umstand spricht hier deutlich gegen die Annahme eines i.S.d. § 22 StGB unmittelbaren Ansetzens zum Gewahrsamsbruch. Die Schwelle zum „jetzt geht es los“ war hier noch nicht überschritten.
66Der Kammer ist bekannt, dass das Landgericht Potsdam in seinem Urteil vom 06.10.2005, Az. 26 (10) Ns 142/05, veröffentlicht in NStZ 2007, 336, das Überwinden eines 3 Meter hohen Gitterzaunes, über den Stacheldraht gespannt ist, nicht als wesentlichen Zwischenakt angesehen hat, der einem i.S.d. § 22 StGB unmittelbaren Ansetzen zum Gewahrsamsbruch entgegensteht (zustimmend Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 90; ablehnend dagegen Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 242 Rn. 30; Walter, NStZ 2008, 156; kritisch auch Fischer, StGB, 50. Aufl., § 242 Rn. 19). Ebenso hat das Oberlandesgericht Hamm es in seinem Beschluss vom 05.01.2009, Az. 2 Ss 499/08, veröffentlicht in BeckRS 2009, 24585, nicht als wesentlichen Zwischenakt bewertet, dass ein Eindringling erst einen etwa 2 bis 2 ½ Meter hohen und dann noch einen etwa 4 Meter hohen Zaun zu überwinden hatte, bevor er einen Gewahrsamsbruch hätte bewerkstelligen können. Beiden Entscheidungen lag dabei insbesondere die Feststellung zugrunde, dass die jeweiligen Zäune in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Unbefugte überwunden worden waren. Im Wesentlichen aus dieser Feststellung haben das Landgericht Potsdam und das Oberlandesgericht Hamm jeweils gefolgert, dass die betreffenden Zäune offenbar nicht dazu geeignet gewesen seien, dem durch den jeweiligen Täter beabsichtigten Gewahrsamsbruch ein wesentliches Hindernis entgegenzusetzen, so dass die Überwindung dieser Zäune auch nicht als wesentlicher Zwischenakt angesehen werden könne.
67Die Kammer hält eine solche Schlussfolgerung für unzulässig. Die Tatsache allein, dass es in der Vergangenheit mehreren Unbefugten gelungen ist, einen bestimmten Zaun zu überwinden, rechtfertigt es aus Sicht der Kammer nicht, das Überwinden dieses Zaunes als eine belanglose Nebensächlichkeit einzustufen, deren Erledigung keine nennenswerten Anstrengungen erfordert und deshalb nicht als ein wesentlicher Zwischenakt zu bewerten ist. Das gilt schon deshalb, weil diese Tatsache allein nichts darüber aussagt, welchen Aufwand die jeweiligen Täter treiben mussten, um den betreffenden Zaun tatsächlich zu überwinden. Wenn das Landgericht Potsdam etwa feststellt, der von ihm in den Blick genommene 3 Meter hohe und zusätzlich durch Stacheldraht bewehrte Zaun sei bereits mehrfach durch einen Bolzenschneider oder ein ähnliches Schneidegerät aufgeschnitten sowie mehrfach unter Einsatz einer Leiter und einer Decke überstiegen worden, so ergibt sich nach dem Verständnis der Kammer hieraus, dass den früheren Tätern die Überwindung des betreffenden Zaunes gerade erst durch die Beschaffung, den möglichst unauffälligen Antransport und den Einsatz von Hilfsmitteln gelungen war. Dies wiederum spricht aus Sicht der Kammer für die Annahme, dass der betreffende Zaun unbefugten Eindringlingen eben doch ein nicht ganz unerhebliches Hindernis entgegensetzte, dessen Überwindung zumindest eine gewisse Planungs- und Organisationsleistung voraussetzte. Dies wiederum spricht nach Ansicht der Kammer dafür, die Bewältigung dieses Hindernisses als einen wesentlichen Zwischenakt zu bewerten.
68Eine nähere Auseinandersetzung mit den beiden vorgenannten Entscheidungen des Landgerichts Potsdam und des Oberlandesgerichtes Hamm erübrigt sich jedoch an dieser Stelle. Denn anders als in den Fallgestaltungen, die diesen beiden Entscheidungen zugrunde liegen, ist im vorliegenden Fall gerade nicht festzustellen, dass der Zaun, der hier das Außengelände des Baumarktes umgab, in der Vergangenheit bereits mehrfach von Unbefugten überwunden worden wäre. Zudem war der hier in Rede stehende Zaun 6 Meter hoch und damit deutlich höher als die in den beiden o.g. Entscheidungen in den Blick genommenen Zäune. Schon deshalb spricht das Interesse an einer Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht dagegen, den vorliegenden Fall anders zu bewerten als das Landgericht Potsdam und das Oberlandesgericht Hamm durch die beiden o.g. Entscheidungen jeweils die ihnen vorgelegten Fälle bewertet haben.
69Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich der Angeklagte aufgrund des unter Ziff. III. 1. festgestellten Sachverhaltes nicht strafbar gemacht hat. Das unter Ziff. III. 1. beschriebene Verhalten des Angeklagten war zwar von der Absicht getragen, demnächst einen Dieb-stahl in einem besonders schweren Fall zu begehen. Es beschränkte sich jedoch auf bloße Vorbereitungshandlungen, die auch dann straffrei sind, wenn sie in unlauterer Absicht erfolgen.
70V.
71Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 S. 1 StPO.
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