Urteil vom Landgericht Mönchengladbach - 10 O 295/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung nach einem von ihnen erklärten Widerruf verschiedener Darlehensverträge in Anspruch.
3Die Kläger schlossen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, …. (im Folgenden …… genannt), im Mai 2009 insgesamt vier Darlehensverträge, die der Finanzierung einer Eigentumswohnung dienten.
4Im Einzelnen gehörten hierzu:
5- 6
1. Darlehen …. über eine Darlehenssumme von 45.000 EUR mit einen vereinbarten Zins von 3,79 %. p.a. und einer Zinsbindung von 5 Jahren.
- 7
2. Darlehen Nr. ….. über eine Darlehenssumme von 53.000 EUR mit einem vereinbarten Zins von 4,35 %p.a. und einer Zinsbindung von zehn Jahren.
- 8
3. Darlehen Nr. …. über eine Darlehenssumme von 52.000 EUR mit einer Verzinsung von 3,79 % p.a. und einer Zinsbindung von fünf Jahren.
- 9
4. Darlehen Nr. ….über eine Darlehenssumme von 41.500 EUR mit einem Zinssatz von 4,35 % und einer Zinsbindung von zehn Jahren.
In dem für alle vier Darlehen verwendeten einheitlichen Vertragsvordruck waren verschiedene Überschriften enthalten, unter die die jeweiligen, das konkrete Darlehen betreffenden Angaben von dem ….-Mitarbeiter maschinell eingesetzt worden waren.
11Unter anderem war dort eine Rubrik mit der Überschrift „Einwertungsgebühr“ vorgesehen, unter der für das erste Darlehen „200,00 EUR“ eingetragen war. Für die Darlehen 2 -4 war an dieser Stelle jeweils eine Streichung vorgenommen worden.
12Den unter Z. 1-4 bezeichneten Darlehen war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die wie folgt lautete:
13„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
14- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
15- eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages
16ausgehändigt wurde. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufes“.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anl. K1 zur Akte gereichten Kreditvertrag Bezug genommen.
18Darüber hinaus trat die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 25.8.2009 in ein zwischen den Klägern und der Kreditanstalt für Wiederaufbau ursprünglich bei der ….. bestehendes Darlehen ein. Insoweit handelt es sich um das Darlehen Nr. ….. über einen Betrag von 15.000 EUR, das mit einer Verzinsung von 3,35 % bis zum 30.06.2012 laufen sollte.
19Zusätzlich zur Übernahme des Darlehens schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung, in der vorgesehen war, dass neben dem Darlehensbetrag von 14.400 EUR noch Einmalkosten anfielen, die in die Effektivzinsberechnung eingehen sollten und zwar eine „Bearbeitungsgebühr der KfW 2% des Darlehensbetrages“ (300,-- EUR) und eine „Risikoprämie der KfW 2 % des Darlehensbetrages“ (EUR 300,00).
20In dieser weiteren Darlehensvereinbarung mit der …. war folgende Widerrufsbelehrung enthalten:
21„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir/uns
22- Ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
23- eine Vertragsurkunde, mein/unser schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines/unseres Vertragsantrages
24zur Verfügung gestellt wurde/n. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs“.
25Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die als Anl. K2 zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen.
26Die Kläger zahlten auf die Darlehen regelmäßig Raten. Im Jahr 2013 kündigten die Kläger die Darlehen gemäß § 490 Abs. 2 BGB vorzeitig und lösten diese vollständig ab.
27Dabei zahlten sie am 29.4.2013 an die Beklagte einen Gesamtbetrag von 17.421,74 EUR, der sich nach ihrem eigenen Vortrag aus einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von insgesamt 16.971,74 EUR und einer Entschädigung für Verwaltungsaufwand in Höhe von 3 mal 150 EUR für die unter Z. 1-4 bezeichneten Darlehen, insgesamt also 450 EUR zusammensetzte.
28Mit Schreiben vom 14.6.2013 ließen die Kläger die auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen durch ihre Prozessbevollmächtigte widerrufen und forderten die Beklagte unter Fristsetzung auf den 28.6.2013 auf, die von den Klägern geleistete Vorfälligkeitsentschädigung einschließlich der Bearbeitungsgebühren ebenso zu erstatten, wie die im Vorfeld der Darlehensgewährung durch die Kläger entrichteten Bearbeitungsgebühren in Höhe von insgesamt 800 EUR. Darüber hinaus verlangten sie von der Beklagten eine Nutzungsentschädigung in Höhe des gesetzlichen Verzugszinses auf die aus den Darlehensrückzahlungen gezogenen Nutzungen. Auf das als Anlage K 14 überreichte Schreiben wird insoweit Bezug genommen.
29Mit Schreiben vom 28.8.2013 wies die Beklagte die klägerischen Ansprüche zurück und teilte mit, dass sie von einer Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung ausgehe. Darüber hinaus stehe dem Widerruf eines bereits abgelösten Darlehens der Einwand der Verwirkung und damit der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen.
30Die Kläger sind der Auffassung, der von ihnen erklärte Widerruf sei noch möglich, da die von der ….. verwendete Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht wirksam in Gang gesetzt habe. Insoweit sind sie der Auffassung, dass sich aus der Widerrufsbelehrung nicht hinreichend eindeutig ergebe, dass die Widerrufsfrist erst beginne, wenn der Verbraucher auch im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde sei. Durch die verwendete Erklärung werde der Eindruck hervorgerufen, es genüge bereits der Vertragsantrag der Gegenseite. Dies gelte umso mehr, als die von der ….. übersandten Angebote mit „Darlehensvertrag“ oder „Kreditvereinbarung“ überschrieben gewesen seien.
31Die Kläger sind weiter der Auffassung, der Widerruf sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Vertragsverhältnis inzwischen vollständig von ihnen erfüllt worden sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die anders lautende Regelung des § 2 Absatz 1 S. 4 Haustürwiderrufsgesetz, nach der ein Widerrufsrecht nach vollständiger Leistungserbringung nicht mehr möglich sei, nicht mehr existiere.
32Auch die von den Klägern erklärte Kündigung hindere einen späteren Widerruf nicht. Durch die fehlerhafte Widerrufsbelehrung sei nicht sichergestellt, dass dem Darlehensnehmer zur Zeit der Kündigung bewusst sei, dass für ihn neben einer Kündigung auch der Widerruf möglich sei. Auf diese Weise habe er nicht die Vor-und Nachteile einer Beendigung gegen die eines Widerrufs abwiegen können (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 16.10.2013, IV ZR 52/12).
33Die Kläger sind weiter der Auffassung, dem Widerruf stehe auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
34Die Kläger berechnen ihre Gesamtforderung, indem sie die von ihnen erbrachten Zinsleistungen, die sie zunächst mit 30.259,07 EUR (Seite 5 der Klageschrift) und zuletzt mit 30.056,29 EUR (Bl. 142 der Akte) beziffert haben, von dem von ihnen errechneten Zinsanspruch der Beklagten, den sie mit 31.864,08 EUR beziffern, in Abzug bringen. Hierzu behaupten die Kläger, der marktübliche Zins für Verbraucherkredite/Hypothekendarlehen habe im Mai 2009 bei einer Zinsbindung bis fünf Jahre 3,93 % und bei einer Zinsbindung bis zehn Jahre 4,35 % betragen. Diese Zinssätze seien bei der Berechnung der der Beklagten zustehenden Zinsen zu Grunde zu legen. Weiterhin in Abzug gebracht haben sie die Vorfälligkeitsentschädigung von 16.971,74 EUR, bei Vertragsschluss entrichtete Gebühren i.H.v. 800 EUR sowie die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Vertragsverhältnisses entrichteten Verwaltungsgebühren von 450 EUR. Zudem abgezogen haben sie eine Nutzungsentschädigung auf die von ihnen geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen, hinsichtlich derer sie vermuten, dass die Beklagte Nutzungen in Höhe des üblichen Verzugszinses i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz gezogen habe. Insoweit errechnen sie einen Betrag von 3.039 EUR.
35Nachdem die Kläger zunächst Zahlung eines Betrages von 19.655,73 EUR verlangt haben, haben sie die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 202,78 EUR zurückgenommen.
36Die Kläger beantragen nunmehr noch,
37die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.452,95 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 18.221,74 EUR seit dem 19.6.2013 zu zahlen.
38Die Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Die Beklagte ist der Auffassung, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden und der Widerruf daher verfristet gewesen. Die Widerrufsbelehrung habe den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Darüber hinaus könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV berufen, da die SEB in der von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung gegenüber der Musterwiderrufsbelehrung nur unwesentliche Veränderungen vorgenommen habe.
41Hilfsweise beruft sich die Beklagte auf die Einwände der unzulässigen Rechtsausübung und der Verwirkung. Der nach Ablösung des Darlehens erklärte Widerruf stelle sich als illoyale Rechtsausübung und Missbrauch des Rechtsinstruments des Widerrufes dar.
42Darüber hinaus sei ein Widerruf nach vollständiger Vertragsbeendigung und -abwicklung nicht mehr möglich.
43Die Beklagte ist der Auffassung, die Einwertungsgebühr i.H.v. 200 EUR sei nicht zu beanstanden. Gleiches gelte für die Bearbeitungsgebühren i.H.v. 300 EUR für das Darlehen Nr. ….. sowie die dort gezahlte Risikoprämie i.H.v. 300 EUR. Insoweit handele es sich um Entgelte, die bei der Beklagten im Interesse der Kläger, die eine Übernahme der Darlehen durch die Beklagte gewünscht hätten, entstanden seien.
44Die Beklagte hält zudem die Berechnung der Klageforderung, insbesondere die von den Klägern angesetzten Zinsen, nicht für zutreffend. Insbesondere habe der für einen Teil der Darlehen vertraglich vereinbarte Zinssatz von 4,35 % dem Marktzins entsprochen. Darüber hinaus seien die Kläger nicht berechtigt, einen Nutzungsersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verlangen. Die insoweit vom Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen aufgestellte Vermutung sei durch das allgemeine Zinsniveau überholt. Darüber hinaus habe die Beklagte tatsächlich lediglich eine Marge von weniger als einem Prozent erzielt.
45Schließlich könne ein Nutzungsersatz für vereinnahmte Tilgungsleistungen ohnehin nicht verlangt werden. Jedenfalls sei bei der Berechnung dann zu berücksichtigen, dass der Darlehensnehmer den vollen vereinbarten Sollzins für die Zeit bis zum Widerruf auf Basis der vollen Darlehensvaluta an den Darlehensgeber zu zahlen habe. Nur so seien die beiderseitigen Nutzungsersatz Ansprüche wirtschaftliche äquivalent.
46Entscheidungsgründe
47Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
48Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der mit dem Klageantrag verlangten Beträge.
491.
50Die Kläger können die von ihnen geltend gemachten Zahlungsansprüche zunächst nicht auf § 346 iVm §§ 495, 355, 357 BGB a.F. stützen, denn sie haben den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen.
51Der von ihnen mit Schreiben vom 14.6.2013 erklärte Widerruf ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen war verfristet, weil die von der Beklagten in den streitgegenständlichen Verträgen verwendeten Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß waren, so dass zum Zeitpunkt des Widerrufs die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB a.F. bereits abgelaufen war.
52Für das einen Verbraucherkredit betreffende Widerrufsrecht sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die bei Abgabe der in Rede stehenden Willenserklärungen geltenden Bestimmungen anzuwenden. Maßgeblich ist daher vorliegend § 355 BGB in der in der Zeit vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (a.F.), welcher, wie auch die nunmehr geltende Fassung, eine Widerrufsfrist von 2 Wochen vorsah. Diese Frist hat mit Abschluss der Darlehensverträge im Mai und August 2009 zu laufen begonnen, denn die Kläger wurden hierin hinreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt, so dass die Fristen am 14.06.2013 bereits seit Jahren abgelaufen waren.
53Dabei kann nach Auffassung der Kammer vorliegend dahinstehen, ob sich die Beklagte hinsichtlich der von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung auf den Schutz der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen kann.
54Selbst wenn man der Auffassung zuneigen würde, dass die von der ….. verwendete Widerrufsbelehrung aufgrund von Abweichungen nicht mehr dem Schutz der Musterbelehrung unterfiele, hätte dies nicht zur Folge, dass sie aus diesem Grunde als rechtswidrig anzusehen wäre.
55Für die Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung kommt es vielmehr alleine darauf an, dass sie den zum Zeitpunkt ihrer Verwendung geltenden gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat. Dies ist vorliegend der Fall. Die Widerrufsbelehrung hat die nach § 355 BGB a.F. erforderlichen Inhalte enthalten.
56Insbesondere die Ausführungen zum Fristbeginn geben die Rechtslage zutreffend wieder. Hierfür ist eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung darüber erforderlich, wann die Widerrufsfrist beginnt. Aus der Belehrung muss sich bei Schriftform des Vertrags – die sich für den Verbraucherkreditvertrag aus § 492 Abs. 1 BGB a.F. ergibt - daher eindeutig ergeben, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher seine eigene Vertragserklärung bereits abgegeben hat. Nur wenn der Verbraucher nämlich bereits eine Vertragserklärung abgegeben hat bzw. zeitgleich mit der Belehrung abgibt und sich die Widerrufsbelehrung daher auf einen konkreten Vertrag bezieht, kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2002, AZ. I ZR 55/00; BGH Urteil vom 10.3.2009, AZ. XI ZR 33/08, NJW 2009, 3572, 3573).
57Entgegen der Auffassung der Kläger genügt die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung diesen Anforderungen. Aus der ausdrücklichen Verwendung der Worte „mein/unser schriftlicher Vertragsantrag“ oder „meines/unseres Vertragsantrags“ ist eindeutig zu entnehmen, dass es um das Angebot des Darlehensnehmers und nicht der Bank geht (OLG Celle, Beschluss v. 14.07.2014 Az. 3 W 34/14, OLG Hamm, Urteil vom 16.03.2015, 31 U 118/14). Es konnte daher nicht der Eindruck entstehen, dass die Frist ohne die Vertragserklärung der Verbraucher zu laufen beginnt.
58Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08). Zwar ist zutreffend, dass der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung die damals verwendete Widerrufsbelehrung für nicht ausreichend erachtet hat. Allerdings war - anders als in der vorliegend zu überprüfenden Widerrufsbelehrung - dort nicht von „mein/unser schriftlicher Vertragsantrag“ die Rede sondern vielmehr nur von „der schriftliche Vertragsantrag“. Insoweit bemängelte der Bundesgerichtshof, dass bei dem rechtsunkundigen Darlehensnehmer der Eindruck entstehen könne, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung verbundenen Vertragsangebots der Beklagten zu laufen. Dieser Eindruck kann jedoch bei der vorliegend verwendeten Widerrufsbelehrung gerade nicht entstehen, da diese durch Verwendung des Possessivpronomens „mein“ und „unser“ ausdrücklich klarstellt, dass der Vertragsantrag nur ein solcher des Darlehensnehmers selbst und nicht derjenige der Beklagten sein kann.
59Konnten damit die Kläger den Vertrag nicht mehr wirksam widerrufen, kommt es auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage einer eventuellen Rechtsmissbräuchlichkeit nicht weiter an.
60Lediglich der Vollständigkeit halber weist die Kammer ergänzend darauf hin, dass die Darlehen nach der hier in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung auch deshalb nicht mehr widerrufen werden konnten, weil die Parteien ihre hieraus sich ergebenden wechselseitigen Leistungspflichten bereits vollständig erbracht hatten. Der Widerruf eines bereits abgewickelten Vertrages geht nämlich ins Leere (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2014 - I-6 U 135/14 - zit. nach Juris). Wenn der Kredit komplett abgelöst wurde, sind die beiderseitigen Pflichten vollständig erfüllt. Der ursprüngliche Vertrag stellt somit lediglich noch die Rechtsgrundlage für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen dar. Einen Schutz des Verbrauchers vor seinen Rechtswirkungen bedarf es dann nicht mehr.
61Schließlich kommt es aufgrund der Unwirksamkeit des Widerrufs auch auf die Einwendungen der Beklagten zur Höhe der geltend gemachten Forderung nicht mehr an.
622.
63Ein Anspruch der Kläger auf Rückerstattung ergibt sich darüber hinaus insbesondere hinsichtlich der von ihnen entrichteten Gebühren auch nicht aus § 812 Abs. 1 BGB.
64Die von den Klägern erbrachten Leistungen erfolgten sämtlich mit Rechtsgrund aufgrund des zunächst wirksam geschlossenen Vertrages und später aufgrund der durch die Kündigung seitens der Kläger ausgelösten Rechtsfolgen.
65Dies gilt auch für die von den Klägern angegriffenen Gebühren und Vorfälligkeitsentschädigungen.
66Dazu im Einzelnen:
67a) Vorfälligkeitsentschädigung
68Ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 812 BGB besteht nicht.
69Der Rechtsgrund für die Zahlung Vorfälligkeitsentschädigungen besteht in den von der Beklagten verwendeten Darlehensbedingungen (Ziffer 6.2 für die Verträge 1-4) i.V.m. § 490 Abs. 2 S. 3 BGB.
70Nachdem die Kläger den Darlehensvertrag durch vorzeitige Kündigung beendet haben, haben sie der Beklagten den ihr hierdurch entstandenen Schaden gemäß § 490 Abs. 2 S. 3 BGB in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung zu erstatten.
71Die insoweit in den allgemeinen Darlehensbedingungen enthaltene Regelung ist wirksam. Insbesondere verstößt sie nicht gegen § 308 Nr. 7 oder § 309 Nr. 5b BGB, da sie lediglich den Wortlaut von § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB wiedergibt und einen pauschalierter Schadensersatzanspruch im Sinne des § 309 Nr. 5 BGB gerade nicht enthält.
72Die ihr damit nach dem Gesetz und aufgrund der vertraglichen Vereinbarung zustehende Vorfälligkeitsentschädigung hat die Beklagte sodann gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 12.3.2013 (Anl. K3) im einzelnen mitgeteilt.
73Einwendungen gegen die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung haben die Beklagten weder im hiesigen Verfahren noch vorprozessual geltend gemacht. Zudem handelt es sich insoweit auch um eine zwischen den Parteien individualvertraglich getroffene Vereinbarung, denn die Kläger haben das von der Beklagten unterbreitete Angebot durch die vorgenommene Abschlusszahlung offensichtlich angenommen, ohne dass sie einen Vorbehalt geltend gemacht haben. Damit können sie die Rückerstattung der geleisteten Beträge auch aus diesem Grund nicht verlangen.
74b) Gebühren in Höhe von 3x150,-- EUR für die vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge
75Auch hinsichtlich der weiteren von der Beklagten für den entstandenen Verwaltungsaufwand auf Grund der vorzeitigen Ablösung der Darlehen verlangten Gebühren i.H.v. 3 × 150 EUR steht den Klägern ein Rückzahlungsanspruch nicht zu. Auch insoweit ergibt sich ein entsprechender Anspruch insbesondere nicht aus § 812 S. 1 BGB, denn auch diese Zahlung erfolgte mit Rechtsgrund.
76Grundlage der Zahlung ist auch insoweit das Aufhebungsangebot der Beklagten vom 12.3.2013 (Anl. K3) in dem diese sich mit der offensichtlich von den Klägern gewünschten vorzeitigen Beendigung der Darlehensverträge einverstanden erklärt und hierzu neben der in dem Schreiben bezifferten Vorfälligkeitsentschädigung auch eine zusätzliche Verwaltungsgebühr geltend gemacht hat.
77Durch Zahlung der Ablösebeträge haben sich die Kläger mit den entsprechenden Gebühren einverstanden erklärt.
78Entgegen der Auffassung der Kläger sind diese Gebühren auch nicht zu beanstanden.
79Zunächst ergibt sich deren Unwirksamkeit nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu erhobenen Bearbeitungsgebühren, da es sich gerade nicht um Gebühren handelt, die im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen einseitig dem Vertragsverhältnis auferlegt worden sind. Vielmehr ist das Schreiben der Beklagten vom 12.3.2013 als entsprechendes Angebot auf Durchführung der von den Klägern offensichtlich gewollten vorzeitigen Ablösung des Darlehens anzusehen, das die Kläger durch Zahlung der Beträge angenommen haben. Es handelt sich also um individualvertraglich vereinbarte Gebühren.
80Im Hinblick darauf, dass der Beklagten durch die vorzeitige Ablösung ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden ist, ist auch die Erhebung einer solchen Gebühr dem Grunde nach nicht zu beanstanden (BGH NJW 1997, 2875; 2001, 509 (512)). Einwendungen zu einer unangemessenen Höhe der Gebühren haben die Kläger nicht vorgetragen.
81Im übrigen sind die Gerichte befugt, die Höhe einer angemessenen Gebühr gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Die angesetzten Beträge dürften insoweit nicht zu beanstanden sein.
82c) Bei Vertragsschluss entrichtete Gebühren in Höhe von 800,-- €
83Auch die Rückerstattung weiterer von ihnen entrichteter Gebühren in Höhe von 800,-- EUR können die Kläger von der Beklagten nicht verlangen.
84Soweit sich die Kläger gegen weitere bei Vertragsschluss angefallene Gebühren wenden, betrifft dies im Einzelnen folgende Zahlungen: Für die Darlehen Nr. 1-4 wurde eine Einwertungsgebühr i.H.v. 200 EUR gemäß dem Darlehensvertrag (Anl. K1) erhoben. Darüber hinaus hat die Beklagte entsprechend der Zusatzvereinbarung zur Kreditvereinbarung über den Eintritt in das ….. zusätzlich 300 EUR als „Bearbeitungsgebühr der …. 2 % des Darlehensbetrages“ und weitere 300 EUR unter der Bezeichnung „Risikoprämie der KfW 2 % des Darlehensbetrages“ verlangt.
85Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes:
86(1) Einwertungsgebühr
87Einen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Rückzahlung dieser Gebühr haben die Kläger nicht hinreichend dargelegt.
88Zwar entspricht es entgegen der Auffassung der Beklagten inzwischen keinesfalls mehr der herrschenden Rechtsprechung, dass die Einwertungsgebühr grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. Die Einwertungsgebühr ist eine bei Immobiliardarlehen erhobene Gebühr für den Ausgleich des Aufwandes, der der Bank bei der Wertermittlung der zu finanzierenden Immobilie entsteht. Zwar wird diese tatsächlich in der von der Beklagten auch zitierten Entscheidung des OLG München vom 26.08.1999, 19 U 2173/99 (WM 2000, 130) als zulässig erachtet. Allerdings wird inzwischen auch hinsichtlich dieser Gebühr Abweichendes vertreten. Insoweit entspricht es inzwischen der herrschenden Meinung, dass die Wertermittlung im Interesse der Bank erfolgt, weshalb diese auch nicht verpflichtet ist, dem Kunden das Ergebnis ihrer Wertermittlung mitzuteilen und diesen etwa vor dem Abschluss ungünstiger Verträge zu warnen (BGH WM 1992, 977; OLG München a.a.O.; LG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2007, 20 O 9/07). Daraus wird, ähnlich wie bei den Kredit-Bearbeitungsgebühren, teilweise auch für die Einwertungsgebühr oder Wertermittlungsgebühr gefolgert, dass die Vereinbarung solcher Gebühren im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen gegen § 307 Abs. i S. 1, II Nr. 1 BGB verstoße, weil sie den Darlehensnehmer unangemessen benachteilige (OLG Düsseldorf WM 2010, 215; LG Stuttgart a.a.O.).
89Die Kläger haben jedoch nicht dargelegt, dass es sich bei der diese Gebühr enthaltenen vertraglichen Regelung um allgemeine Geschäftsgebühren handelt. Sie haben ihren Anspruch auf Erstattung der verauslagten Gebühren „egal ob ursprünglich berechtigt oder nicht“ (S. 8 des SS vom 07.05.2015, Bl. 79 GA) vielmehr ausdrücklich nur auf den Rückabwicklungsanspruch nach Widerruf gestützt.
90Damit haben sie insbesondere auch nicht behauptet, dass es sich bei den vereinbarten Gebühren um allgemeine Geschäftsbedingungen gehandelt hat. Da umgekehrt ein individuelles Aushandeln angesichts der Tatsache, dass die Beträge für jeden Darlehensvertrag gesondert bemessen werden, nicht ausgeschlossen werden kann, kommt eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht.
91(2) Gebühren aus der Vereinbarung zur Übernahme des KfW-Darlehens
92Auch hinsichtlich der weiteren Gebühren von 2 mal 300,-- € aus der Zusatzvereinbarung zur Übernahme des KfW Darlehens durch die ….. ist ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB nicht hinreichend dargelegt.
93Eine eventuelle Unwirksamkeit käme auch insoweit allenfalls gemäß § 307 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen, insbesondere das Vorliegen allgemeiner Geschäftsbedingungen haben aber die Kläger bereits nicht dargelegt.
94Darüber hinaus lässt die Bezeichnung der Gebühren darauf schließen, dass es sich gar nicht um eigene, von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst erhobene Gebühren handelt, sondern vielmehr um solche, die die KfW aufgrund der von den Klägern gewünschten Übernahme ihrerseits erhoben hat. Damit bestehen auch inhaltlich Zweifel daran, dass es sich um eine von der Beklagten vorgenommene unangemessene Benachteiligung handeln könnte. Insoweit hat die Beklagte auch unwidersprochen vorgetragen, dass die Gebühren durch die im Interesse des Kunden gewünschte Übernahme entstanden sind, insbesondere durch den zugunsten des Kunden erfolgten Sicherheitentausch.
953.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
97Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
98Streitwert: 19.655,73 Euro.
99… ….. ….
100Ausgefertigt
101….
102Justizbeschäftigte
103als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
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Referenzen
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