Beschluss vom Landgericht Münster - 5 T 107/89
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Wert: 6.000,- DM
1
Gründe
2Mit Schreiben vom 06.10.1988 beauftragte die Gläubigerin und Beschwerdeführerin den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung einer beglaubigten Abschrift der notariellen Urkunde des Notars J in F vom 21.12.1987, Urkundenrolle Nr. XX/XX, an die Schuldner. In dieser notariellen Urkunde wurde ein Abtretungsvertrag der O Bank GmbH auf die Gläubigerin beurkundet.
3Mit Schreiben vom 14.10.1988 lehnte der Gerichtsvollzieher die Durchführung des Zustellungsantrages vom 06.10.1988 ab, da trotz telefonischer Aufforderung vom 10.10.1988 die zur Zustellung erforderliche Unterschrift der zuzustellenden Urkunde nicht zur Verfügung gestellt worden sei. Zur Begründung bezog sich der Gerichtsvollzieher auf § 169 ZPO.
4Hiergegen legte die Gläubigerin unter dem 17.10.1988 Erinnerung ein mit dem Antrag, anzuordnen, daß der Obergerichtsvollzieher I die beglaubigte Abschrift vom 14.01.1988 des Abtretungsvertrages vom 21.12.1987 den Schuldnern gemäß § 750 Abs. 2 ZPO zustellt und die Zustellungsurkunde gemäß § 190 ZPO mit dieser Abschrift verbindet, ohne daß ihm das Original des Abtretungsvertrages vom 21.12.1987 vorgelegt werden muß.
5Zur Begründung berief sich die Erinnerungsführerin darauf, daß nach ihrer Auffassung die Vorlage des Originals des Vertrages im Fall des § 750 Abs. 2 ZPO entgegen den Wortlaut des § 169 ZPO nicht erforderlich sei, da in § 750 Abs. 2 ZPO nur die Zustellung einer „Abschrift“ der die Rechtsnachfolge belegenen Urkunde vorgesehen sei.
6Die Erinnerung wies das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluß zurück. Zur Begründung stützte es sich darauf, daß in § 169 Abs. 1 ZPO klar, eindeutig und unmißverständlich die Frage geregelt sei, welche Urkunde dem Gerichtsvollzieher bei einem entsprechenden Zustellungsauftrag auszuhändigen seien. Da danach die Urschrift des zuzustellenden Schriftstückes auszuhändigen sei, brauche daher der Gerichtsvollzieher, wenn ihm nur eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstückes vorgelegt wird, die Zustellung nicht durchzuführen.
7Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gläubigerin vom 24.01.1989, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt vertieft.
8Die Beschwerde ist gemäß § 793 ZPO zulässig, aber unbegründet.
9Die Beschwerde hätte nur Erfolg, wenn aufgrund des § 750 Abs. 2 ZPO der § 169 ZPO so auszulegen ist, daß statt der „Urschrift“ dem Gerichtsvollzieher eine „beglaubigte Abschrift“ zu überreichen ist.
10Die Antwort hierzu hat sich an Sinn und Zweck des § 169 ZPO und an der hoheitlichen Funktion des Gerichtsvollziehers zu orientieren.
11Zunächst regelt § 750 Abs. 2 ZPO materiell die Voraussetzungen, wann die Zwangsvollstreckung beginnen darf. Danach muß eine „Abschrift der Urkunde“ zugestellt sein (gemeint ist „beglaubigte Abschrift“ vgl. Wieczorek, ZPO, 2. Auflage, § 750 C II c).
12Wie die Zustellung vorzunehmen ist, ist in § 170 Abs. 1 ZPO geregelt. Dort heißt es, daß die Zustellung in der Übergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstückes besteht. Insofern decken sich §§ 750 Abs. 2 und 170 Abs. 2 ZPO. Daß durch die Fassung in § 750 Abs. 2 ZPO („Abschrift“), während sonst in § 750 Abs. 2 ZPO von Zustellung des „Urteils“ die Rede ist, obwohl doch auch nur die „Ausfertigung“ (§170 Abs. 1 ZPO) zugestellt wird, der § 169 ZPO abgeändert werden soll, ist nicht zwingend und deckt sich auch nicht mit dem Sinn des § 169 ZPO.
13§ 169 ZPO ist von Bedeutung wegen der Beglaubigung der Abschriften durch den Gerichtsvollzieher. Da der Gerichtsvollzieher eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstückes zustellen muß, kann er gegebenenfalls nach § 256 GVGA selbst eine herstellen; hierzu benötigt er aber die Urschrift. § 169 ZPO ist ferner wesentlich wegen § 190 Abs. 2 ZPO. Danach muß die Urschrift mit der Urkunde über die Zustellung verbunden werden. Dies allein dient als Nachweis der Zustellung. Soll zum Beispiel die Zwangsvollstreckung betrieben werden und könnte der Gläubiger den Nachweis der Zustellung nicht gemäß § 190 Abs. 2 ZPO (also mit der Urschrift) führen, würde jedes Vollstreckungsorgan die Zwangsvollstreckung ablehnen.
14Im übrigen verbietet sich eine derartige von der Gläubigerin vorgenommene Auslegung des § 169 ZPO aus der Stellung des Gerichtsvollziehers als hoheitliches Organ der Zwangsvollstreckung. Dieser muß in der Lage sein, zu überprüfen, ob das Schriftstück, das er zustellen soll, mit der Urschrift übereinstimmt. Dies ist zwar gesetzlich nicht geregelt, entspricht aber doch seiner Stellung. Diese Überprüfungsmöglichkeit fehlt dem Gerichtsvollzieher, wenn er aber nicht die Urschrift ausgehändigt bekommt, sondern nur eine beglaubigte Abschrift.
15Nach alledem ist der angefochtene Beschluß zu Recht ergangen. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
16Unterschriften
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