Urteil vom Landgericht Münster - 02 O 268/05
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin erwarb aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 07.05.2004 das im Grundbuch von Z Blatt #### verzeichnete Grundstück Z Flur X, Flurstück ### zur Größe von 928 qm, hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den in Fotokopie zu den Gerichtsakten eingereichten notariellen Kaufvertrag des Notars Dr. F, N - Urkundenrolle Nr. ###/2004 - verwiesen.
3Mit "Heranziehungsbescheid zum Entwässerungsbeitrag" der Stadt N vom 29.10.2004 ist die Klägerin zu einem Entwässerungsbeitrag in Höhe von 6.282,56 € veranlagt worden, es wird insoweit im Einzelnen auf den in Fotokopie zu den Gerichtsakten eingereichten Heranziehungsbescheid vom 29.10.2004 - Bl. 12/13 d. GA - Bezug genommen. Auf Anfrage erteilte die Stadt N unter dem 22.12.2004 - Bl. 16/17 d. GA - der Klägerin die Auskunft, dass gemäß § 8 KAG in Verbindung mit der Entwässerungsbeitragssatzung die Stadt N zum Ersatz ihres durchschnittlichen Aufwandes für die Anschaffung, Herstellung und Erweiterung des öffentlichen Kanalnetzes Entwässerungsbeiträge erhebe.
4Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Erstattung des Entwässerungsbeitrages in Höhe von 6.282,56 € gemäß Heranziehungsbescheid der Stadt N zum Entwässerungsbeitrag in Anspruch. Sie meint, dass der Beklagte auf der Grundlage des § 436 BGB zur Erstattung dieser Beiträge verpflichtet sei. Wie die Stadt N in dem Heranziehungsbescheid und dem Erläuterungsschreiben ausführe, setzte die Heranziehung zum Anschlussbeitrag einerseits voraus, dass eine technische Möglichkeit bestehe, dass Grundstück an die öffentliche Entwässerungsanlage anzuschließen. Diese technische Möglichkeit sei im Bereich der Straße "C." seit 1975 gegeben. Die Beitragspflicht sei demgegenüber erst im Jahre 2003 mit Inkrafttreten des Bebauungsplanes entstanden. Bis zu dessen Inkrafttreten hätten die Grundstücke im Außengereich gelegen. Es entspräche allgemeiner Auffassung, dass § 436 BGB auch Kanalanschlussbeiträge erfasse. Bautechnisch sei im vorliegenden Fall die Maßnahme, nämlich die abwassermäßige Erschließung der Grundstücke in dieser Straße, bereits im Jahre 1975 abgeschlossen. Der Anschlussbeitrag entstehe, sobald das Grundstück an diese öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden könne. Nach § 436 Abs. 1 BGB müsse mit der Maßnahme begonnen worden sein, für die ein Anliegerbeitrag entstehe, es sei nicht erforderlich, dass die Baumaßnahme abgeschlossen sein müsse.
5Die Klägerin beantragt,
6den Beklagten zur Zahlung von 6.282,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2005 zu verurteilen.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Er ist der Auffassung, dass die Vorschrift § 436 BGB auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde. § 436 BGB bestimme nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut ausdrücklich, dass der Verkäufer die entsprechenden Beiträge nur für solche Maßnahmen zu tragen habe, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen seien. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages, somit am 07.05.2004, seien entsprechende Baumaßnahmen betreffend das Kanalnetz der Stadt N in Bezug auf das vorliegende Grundstück nicht begonnen. § 436 BGB betreffe nur die Fälle, in denen mit den entsprechenden Baumaßnahmen bereits begonnen worden sei, aber lediglich die Abrechnung noch nicht erfolgt sei. Ob die grundsätzliche technische Möglichkeit des Anschlusses seit 1975 gegeben sei oder nicht, sei irrelevant, im Übrigen seien diese bereits abgerechnet. Ob grundsätzlich die Abwassertechnik in der Straße liege, sei unbedeutend, die Grundstücke, allein darauf käme es ausschließlich an, seien zum damaligen Zeitpunkt nicht angeschlossen worden. Auch sei der Anschluss der Grundstücke derzeit nach wie vor nicht begonnen worden, so dass § 436 BGB nicht eingreife. Auch gehe es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um die Differenzierung zwischen Kostenerstattungsanspruch und Anschlussbeitrag ausweislich der Auskunft der Stadt N gehe es vorliegend um die "geschätzten Investitionen kommender Jahre", so dass § 436 BGB schon nach dem Wortlaut nicht anwendbar sei.
10Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
12Die Klage ist unbegründet.
13Der Klägerin steht der gegen den Beklagten geltend gemachte Erstattungsanspruch des Entwässerungsbeitrags in Höhe von 6.282,56 € gemäß Heranziehungsbescheid zum Entwässerungsbeitrag der Stadt N vom 29.10.2004 nicht zu, § 436 BGB.
14Nach dieser Bestimmung ist der Verkäufer eines Grundstücks, soweit nichts anderes vereinbart ist, verpflichtet, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen sind, unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld, § 436 Abs. 1 BGB.
15Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Begriff der "Maßnahme" ergibt sich im Beitragsrecht nach § 133 Abs. 2 Satz 1 Bundesbaugesetz sowie in § 8 IV 1 und VIII NWKAG (Wilhelms, Öffentliche Beitragslasten beim Grundstückskauf NJW 2003, 1420, 1432 m. w. N.). Eine Maßnahme sei im Sinne des Gesetzes gegeben, wenn durch sie ein Aufwand entstehe, der als Kostenbestandteil in eine Beitragsschuld eingehe. Die Verpflichtung aus § 436 Abs. 1 BGB bestehe deshalb in diesen Fällen nur insoweit, als beim Vertragsschluss bautechnische Maßnahmen begonnen worden seien, welche den einzelnen Teil der Einrichtung oder Anlage betreffe. Dabei müsse eine bautechnische Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Ausführung nicht darauf ausgerichtet gewesen sein, Aufwand für diese Erschließungsanlage zu werden. Jedenfalls sei auf den bautechnisch tatsächlichen Beginn der konkreten, die Beitragspflicht auslösenden Maßnahme, nicht auf Planung oder Auftragsvergabe abzustellen.
16Nach dem Inhalt des Heranziehungsbescheides zum Entwässerungsbeitrag der Stadt N vom 29.10.2004 und der Auskunft mit Schreiben vom 22.12.2004 ergibt sich die Beitragspflicht der Klägerin nicht auf die bis zum Tage des Vertragsschlusses, hier des notariellen Kaufvertrages vom 07.05.2004, bautechnisch begonnene Maßnahmen. Das Grundstück ist zu dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht an den in der Straße liegende Abwasserkanalisationssystem angeschlossen worden. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 436 BGB muss dagegen die entsprechende Maßnahme bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen worden sein, was vorliegend nicht der Fall ist. Vielmehr werden ausweislich des Schreibens der Stadt N vom 22.12.2004 die tatsächlichen Investitionen vergangener Jahre und die geschätzten Investitionen kommender Jahre veranschlagt und auf die in diesem Zeitraum neu anschließbaren Grundstücke umgelegt.
17Die Klage war danach abzuweisen.
18Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
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Referenzen
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