Urteil vom Landgericht Münster - 11 O 352/05
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin zu erklären, daß die Auflassungserklärung und die Eintragungsbewilligung zu Ziffer VI des Kaufvertrages vom 26.06.2003 (Urk.-Nr. 121/2003 des
Notars x in y sich nicht auf den im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts y von y Blatt ##### eingetragenen 43,80/10.000 Miteigentumsanteil an dem in Ziffer I des Kaufvertrages bezeichneten Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. A 27 des Aufteilungsplans, sondern auf den im Wohnungsgrundbuch von y Blatt ##### eingetragenen 43,80/10.0000 Miteigentumsanteil an diesem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung A ## des Aufteilungsplans beziehen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist und noch entsteht, daß die Beklagten der Klägerin das Eigentum und den C an der tatsächlichen Wohnung Nr. ## im Hause K ### in y nicht zum 31.01.2005 verschafft haben.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 4/5 und die Klägerin zu 1/5.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 25 % vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Immobilienkaufvertrag in Anspruch.
3Die Parteien schlossen am 26.06.2003 einen notariellen Kaufvertrag vor dem Notar H in G1 - UR-Nr.: ### -. Die Klägerin erwarb danach die Eigentumswohnung an der Wohnung Nr. ## des Aufteilungsplanes, eingetragen im Grundbuch von G1 Blatt ####1. Die Beklagten hatten diese Wohnung mit den selben Bezeichnungen am 28.09.2000 von Dr. M erworben. Dieser wiederum hatte die Wohnung am 28.07.1998 von Herrn T gekauft. Herr T hatte seinerseits die Wohnung am 21.11.1979 im Zwangsversteigerungsverfahren erworben. Bei sämtlichen vorangegangenen Erwerbsvorgängen bis zum Ersterwerb durch einen Herrn N2 wurde die Wohnung bezeichnet mit "A ##", eingetragen im Grundbuch von G1, Blatt ####1. In dem Gebäude der T-L-Straße L-Straße in G1 befindet sich unter anderem eine weitere Wohnung, eingetragen im Grundbuch von G1 Blatt ####2. Diese Wohnung ist ferner bezeichnet im Aufteilungsplan mit "A ##". Diese Wohnung ist zwischenzeitlich im Zwangsversteigerungsverfahren am 26.10.2005 dem Erwerber, Drs. N, zugeschlagen worden.
4Die Probleme, die u.a. die Parteien miteinander wegen der Wohnung haben, resultieren daraus, daß die Wohnungsbezeichnungen bei den jeweiligen Erwerbsvorgängen vertauscht worden sind. Die richtige Bezeichnung oder Unterscheidung der Wohnungen in der Örtlichkeit hätte anders stattfinden müssen. Die Wohnung, über die der Kaufvertrag vom 26.06.2003 geschlossen wurde, wäre richtigerweise mit Wohnung N. ##, eingetragen im Grundbuch unter Blatt ####2 zu bezeichnen gewesen. Die Wohnung ## liegt in der Örtlichkeit links hinten. Dagegen liegt die Wohnung A ## in der Örtlichkeit links in der Mitte.
5Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß sich der Kaufvertrag vom 26.06.2003 auf die Wohnung A ## bezog, die örtlich in der betreffenden Etage links hinten liegt. Diese Wohnung war Gegenstand der Besichtigung durch die Klägerin. In dieser Wohnung hatten die Beklagten vorher gewohnt. Die Verwechselung der beiden Wohnungsbezeichnungen miteinander zieht sich hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung durch Mieter oder Eigentümer von Anfang an durch sämtliche Eigentums- oder Besitzverhältnisse. Zwischen den Parteien besteht nach jetzt erfolgter Klärung der Bezeichnungen kein Streit darüber, daß die links hinten befindliche Wohnung verkauft werden sollte und worden ist.
6Die falsche Bezeichnung der beiden Wohnungen bei den jeweiligen Begründungen der C- bzw. Eigentumsverhältnisse wurde entdeckt im Januar 2005 im Rahmen der Zwangsversteigerung der "Wohnung Nr. ##" des Eigentümers Wettering. Die Klägerin zog deshalb am 19.01.2005 aus der tatsächlichen Wohnung Nr. ## aus. Sie wird weiterhin auf finanzielle Leistungen für die Wohnung Nr. ## wie beispielsweise Grundsteuer von seiten des Finanzamtes und Wohngeld von seiten des Wohnungsverwalters in Anspruch genommen.
7Die Klägerin ist in erster Linie der Auffassung, daß die Beklagten verpflichtet seien, ihr den Miteigentumsanteil an der Wohnung A ## zu verschaffen. Hilfsweise dazu begehrt sie eine Identitätserklärung. Sie hält die Beklagten ferner für verpflichtet, ihr jeglichen Schaden zu ersetzen.
8Die Klägerin beantragt,
91.
10die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin das Eigentum an dem im Wohnungsgrundbuch von G1 Blatt ####2 eingetragenen 43,80/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück bestehend aus den Flurstücken der G1 245 Flurstück X (=Gebäude- und Freifläche, L-L-Straße, 133, 135, 137, 139, 141, F-L-Straße, 18, 20, 22, 24), groß 2.114 m² und Flurstück X (= Gebäude- und Freifläche, L-L-Straße, 133, 135, 137, 139, 141, F-L-Straße, 18, 20, 22, 24), groß 16.832 m², verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung A ## des Aufteilungsplans sowie den C an dieser Wohnung zu verschaffen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche, die der Klägerin möglicherweise hinsichtlich der im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts G1 von G1 Blatt ####1 eingetragenen 43,80/10.000 Miteigentumsanteil an dem bezeichneten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung A ## des Aufteilungsplans zustehen, hilfsweise dazu, die Beklagten als Gesamtschuldner zu der Erklärung zu verurteilen, daß die Auflassungserklärung und die Eintragungsbewilligung zu Ziffer VI des Kaufvertrages vom 26.06.2003 (UR-Nr. ### Notar K in G1) sich nicht auf den im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts G1 von G1 Blatt ####1 eingetragenen 43,80/10.000 Miteigentumsanteil an dem in Ziffer I des Kaufvertrages bezeichneten Grundstücks, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. A ## des Aufteilungsplans, sondern auf den im Wohnungsgrundbuch von G1 Blatt ####2 eingetragenen 43,80/10.0000 Miteigentumsanteil an diesem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung A 28 des Aufteilungsplans beziehen,
112. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und noch entsteht, daß die Beklagten der Klägerin das Eigentum und den C an der vorbezeichneten Wohnung nicht zum 31.01.2005 verschafft haben.
12Die Beklagten beantragen,
13die Klage abzuweisen.
1415
Die Beklagten sind der Auffassung, sie könnten gemäß § 275 Abs. 2 BGB die Leistung verweigern, soweit diese einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Diese Bestimmung müsse auch eingreifen, soweit ein Aufwand zu erbringen sei, den sie nicht erbringen könnten. Sie behaupten, zumindest zur Zeit könnten sie die verlangte Leistung verweigern, da sie nicht die finanziellen Mittel besäßen, die Wohnung W zu erwerben. Dieses gelte für den Erwerb in der Zwangsversteigerung zum Preise von ca. 21.000,00 Euro. Das gelte erst recht für den jetzigen Zeitpunkt nach dem Zuschlag der Wohnung an Drs. v. Die finanzielle Leistungsunfähigkeit beruht nach der Ansicht der Beklagten darauf, daß sie - unstreitig - den Erlös aus der streitgegenständlichen Wohnung verwendet haben für den Erwerb einer neuen Wohnung zum Kaufpreis von 68.000,00 Euro, den sie mit 25.000,00 Euro finanziert hätten. Ihre niedrige monatliche Rente erlaube ihnen, gerade die Belastung ihrer jetzigen Wohnung zu tragen.
16Die Beklagten haben in der Zwischenzeit ihren Veräußerer Dr. M klageweise in Anspruch genommen.
17Das Begehren von Schadensersatz scheitert nach der Auffassung der Beklagten ferner daran, daß sie keinerlei Verschulden treffe.
18Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19 2021
Entscheidungsgründe:
22Die Klage ist begründet hinsichtlich der hilfsweise begehrten Identitätserklärung und der Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz zu leisten. Darüber hinaus ist die Klage nicht begründet.
23Der Kaufvertrag zwischen den Parteien ist wirksam. Die Parteien waren sich einig über die Veräußerung und den Erwerb der Wohnung, die in der Örtlichkeit die richtige Bezeichnung A ## trägt. Die Parteien haben richtige und übereinstimmende Vorstellungen von der tatsächlichen M2 der Wohnung in der Örtlichkeit gehabt. Sie waren sich deshalb über den Kaufgegenstand einig, auf die falsche Bezeichnung desselben kommt es für die Wirksamkeit des Kaufvertrages nicht an.
24Die Klägerin ist nicht Eigentümerin der Wohnung Nr. ## geworden. Sie ist im Grundbuch als Eigentümerin der Wohnung A ## eingetragen worden. Nach dem Kaufvertrag vom 26.06.2003 hat die Klägerin jedoch - trotz der falschen Bezeichnung der Wohnung - unter Bezugnahme auf den Aufteilungsplan und die Eintragung im Grundbuch - einen Anspruch auf Auflassung der Wohnung Nr. A ##. Dieses ist zwischen den Parteien als solches nicht streitig. Streitig ist lediglich der Weg, auf dem die Korrektur der fehlerhaften Bezeichnung der beiden betreffenden Wohnungen zu erfolgen hat.
25Nach der Auffassung des Gerichts ist für den vorliegenden Fall einschlägig die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, MDR 2001, 1046. Danach besteht bei einer irrtümlichen Verwechselung der Bezeichnung einer Grundstücksparzelle - hier des Wohnungseigentums - lediglich ein Anspruch auf Erteilung einer der Form von § 90 GBO entsprechenden, die Falschbezeichnung richtig stellenden Erklärung (Identitätserklärung). Mehr steht der Klägerin nicht zu. Einen solchen Anspruch auf die Identitätserklärung hat die Klägerin jedoch. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sämtliche Probleme der Parteien miteinander und mit Dritten durch diese Identitätserklärung gelöst werden können. In der Tat haben es die Klägerin einerseits und die Beklagten andererseits allein nicht in der Hand, in Übereinstimmung miteinander den Kaufvertrag vom 26.06.2003 auch nur grundbuchlich umzusetzen. Dazu kommt beispielsweise auch eine Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB in Betracht, denn die Verwechselungen der Wohnungsbezeichnung haben auch zu entsprechend fehlerhaften Eintragungen im jeweiligen Grundbuch der beiden Wohnungen geführt. Die Entscheidung durch das jetzige Urteil regelt nur einen Teilbereich. Entsprechend würde dieses genauso gelten bei einer Verurteilung der Beklagten im Sinne des diesbezüglichen Hauptantrages der Klägerin.
26Die weitere Abwicklung des Kaufvertrages ist für die Beklagten nicht unzumutbar. Dabei kommt es nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Beklagten sofort liquide Mittel zur Verfügung haben, um ihre Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag vom 26.06.2003 zu erfüllen. Maßgeblich für die Frage der Zumutbarkeit ist lediglich der Vergleich zwischen Aufwand und Ertrag. Hier hatten die Beklagten die Möglichkeit, im Zwangsversteigerungsverfahren der Wohnung W/Drs. v einen relativ geringen Betrag aufzuwenden. Die Aufwendungen werden jetzt höher sein; dabei ist entsprechend dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin davon auszugehen, daß Drs. v bereit ist, die Wohnung zu veräußern. Die Beklagten sind im übrigen materiell-rechtlich gehalten, ihr gesamtes Vermögen einzusetzen. Dieses besteht in dem - veräußerlichen - Eigentum an der von den Beklagten neu erworbenen Eigentumswohnung. Die Grenze der Zumutbarkeit im Rechtssinne ist für die Beklagten dadurch nicht überschritten.
27Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig und begründet. Den Beklagten ist seit Januar 2005 bekannt, daß die Verwechselung stattgefunden hat. Von diesem Zeitpunkt an hatten sie die erforderliche Kenntnis dahin, daß ihre kaufvertraglichen Verpflichtungen noch nicht vollständig erfüllt waren und die Klägerin ihrerseits rechtliche und tatsächliche Probleme hatte, weil sie in der "falschen" Wohnung wohnte. Die Verantwortlichkeit der Beklagten für Schäden der Klägerin beginnt somit mit der Kenntnis dieser Umstände. Entsprechend der zeitlichen Begrenzung durch diesen Klageantrag sind damit die Schäden verbunden, die der Klägerin ab dem 01.02.2005 entstehen.
28Die Klage war im übrigen abzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf
29§§ 92, 709, 894 ZPO.
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