Urteil vom Landgericht Münster - 012 O 484/05
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 82.166,73 EUR (in Worten: zweiundachtzigtausendeinhundertsechsundsechzig 73/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 60.894,86 EUR seit dem 22.09.2005 und aus einem Betrag in Höhe von 21.271,87 EUR seit dem 22.12.2005 zu zahlen.
Wegen des weiteren Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für den Rechtsstreit wird festgesetzt auf 82.166,73 EUR.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin nimmt den Beklagten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführerhaftung auf Schadensersatz in Anspruch.
3Die Klägerin wurde am 12.07.1995 gegründet und am 16.10.1995 in das Handelsregister eingetragen. Die Geschäftsführung, die Aufgaben der Geschäftsführer/Prokuristen etc. sind in einer Geschäftsordnung geregelt. Wegen der Einzelheiten der Geschäftsordnung wird auf Blatt 476 – 480 d. GA Bezug genommen. Der Beklagte war vom 12.07.1995 bis zum 13.09.1999 Geschäftsführer der Klägerin und zugleich Gemeindedirektor der Gemeinde I. Danach waren Geschäftsführer bis zum 31.12.2002 der Zeuge P und seit dem 01.01.2003 der Zeuge S. Zwischen den Parteien existiert eine Geschäftsführervereinbarung, bezüglich deren Inhalts auf Blatt 264/265 d. GA verwiesen wird. Neben dem Beklagten waren noch zwei Prokuristen bestellt, nämlich die Zeugen S1. und O. Bei diesen handelte es sich um technisch versierte Mitarbeiter, die jeweils Handwerksmeister sind. Zwischen den beiden Zeugen und der Klägerin existiert eine Prokuristenvereinbarung. Insoweit wird Bezug genommen auf Blatt 266/267 d. GA. Mit Schreiben vom 13.09.1999 (Bl. 20 d. GA) legte der Beklagte gegenüber der Klägerin seine Geschäftsführeraufgaben nieder. Die Niederlegung wurde im Handelsregister B eingetragen unter dem 07.12.1999 (Bl. 160 d. GA). Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist u. a. der Handel mit Strom und Wärme, der Bau und Betrieb einer Wärme – bzw. Stromerzeugungsanlage, ferner der Bau und Betrieb von Versorgungs- und Verteilanlagen für Strom und Wärme sowie der Betrieb von Hausinstallationseinrichtungen. Die Klägerin sollte vorwiegend im Auftrag der Gemeinde I das Baugebiet "B1." gemäß der Wärmeversorgungssatzung der Gemeinde I vom 02.11.1995 mit Fernwärme versorgen. Die Erschließung des Baugebietes übertrug die Gemeinde I mit Erschließungsvertrag vom 27.06.1995 auf die Firma N GmbH und die Firma S5. Wegen der Einzelheiten des Erschließungsvertrages wird Bezug genommen auf Blatt 377 – 383 d. GA. Dem Erschließungsvertrag liegt zu Grunde eine "beschränkte Ausschreibung" seitens des Architektur- und Ingenieurbüros Q. (Bl. 384 – 438 d. GA). Mit der Planung der zentralen Wärmeversorgungsanlage des Versorgungsgebiets B1. wurde die Firma S6 in P2 beauftragt. Diese erteilte unter dem 10.07.1995 (Bl. 31 d. GA.), dem 30.05.1995 (Bl. 345 d. GA) und dem 13.06.1996 (Bl. 33 d. GA) Angebote. Mit von dem damaligen Prokuristen der Klägerin, dem Zeugen O, unterzeichnetem Schreiben vom 07.08.1995 stellte die Klägerin einen Antrag auf Subventionsbewilligung nach dem Landesprogramm Fernwärme für das von ihr geplante Blockheizkraftwerk. Wegen der Einzelheiten des Antrags wird Bezug genommen auf Blatt 34 – 42 d. GA. Das zuständige Landesoberbergamt Nordrhein-Westfalen (im folgenden: LOBA) fragte mit Schreiben vom 19.09.1995 bei der Klägerin nach (Bl. 57 ff. d. GA). Mit Bescheid des LOBA vom 22.11.1995 bewilligte das LOBA eine Subvention für den Ausbau der Fernwärmeverteilung in I, Bereich B1. in Höhe von 253.000 DM (Bl. 59- 63 d. GA). Der Bewilligung lagen zu Grunde die allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung – ANBest-P -, bezüglich deren Inhalts Bezug genommen wird auf Blatt 64/64R d. GA. Die Firma S6 erstellte in der Folgezeit ein Leistungsverzeichnis "Fernwärmeleitung" (Bl. 69 – 105 d. GA) und wandte sich zum Zwecke der Abgabe von Angeboten an die diverse Firmen. Dieses teilte sie der Klägerin mit Schreiben vom 07.09.1995 mit (Bl. 65/66 d. GA). Dem Vorhaben der Klägerin lag ein Terminplan 1995/1996 zu Grunde (Bl. 263 d. GA). Die Ausschreibungsunterlagen für die Gewerke "Fernwärme" wurden auch an die Firma C AG & Co. KG übersandt. Die Firma C machte 2 Angebote, nämlich eines vom 19.09.1995 (Bl. 67 d. GA) über einen Betrag in Höhe von 793.955 DM netto und ein solches vom 30.10.1995 (Bl. 106 d. GA) über einen Betrag in Höhe von 692.224,36 DM netto. Anlässlich einer Gesellschafterversammlung der Stadtwerke GmbH I vom 08.11.1995 erläuterte der Beklagte den Sachstand, er teilte insbesondere die Vereinbarungen mit der Firma C mit (Bl. 110/110 R d. GA). Am 14.11.1995 fand eine Besprechung statt, an der auf Seiten der Firma C der Zeuge S3 sowie auf Seiten der Klägerin deren damaliger Prokurist, der Zeuge S1., teilnahmen. Gegenstand waren Einzelheiten zur Ausführung des Fernleitungsnetzes etc. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf ein Besprechungsprotokoll der Firma S6 vom selben Tage (Bl. 111 ff. d. GA). Mit Schreiben vom 12.12.1995 (Bl. 113 d. GA) wurde der Auftrag an die Firma C seitens des Beklagten vergeben. Anlässlich einer Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 23.04.1996 (Bl. 115 – 116 R d. GA) stimmte die Gesellschafterversammlung einstimmig einer weiteren Auftragsvergabe an die Firma C zur Herstellung von Stufengräben für die Versorgungsleitungen auf der Basis eines Angebots vom 20.06.1995 zzgl. eines 3 %igen Aufschlags zu, ohne dass insoweit eine öffentliche Ausschreibung erfolgte. Hintergrund der weiteren Beauftragung der Firma C war, dass die ursprünglich damit beauftragte Firma S5 GmbH aus S4 die Durchführung der Erdarbeiten zwischenzeitlich abgelehnt hatte. Es sind weitere Niederschriften von Gesellschafterversammlungen der Klägerin zur Gerichtsakte gereicht worden, nämlich solche über Gesellschafterversammlungen vom 19.07.1995 (Bl. 347 d. GA.), 23.04.1996 (Bl. 259 ff. d. GA.), 21.11.1996 (Bl. 146 d. GA.), 17.12.1997 (Bl. 149 d. GA.) und vom 01.12.1999 (Bl. 214 ff. d. GA). Mit Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 11.12.2003 widerrief die Bezirksregierung B den zu Gunsten der Klägerin erteilten Zuwendungsbescheid und forderte einen Betrag in Höhe von 60.894,86 EUR zurück. Dem Bescheid lag zur Berechnung des Erstattungsbetrages eine Anlage 1 bei (Bl. 439 – 442 d. GA). Die Bezirksregierung B begründete den Widerruf im Wesentlichen mit einer angeblichen Verletzungen der Mitteilungspflichten gemäß Nr. 5 ANBest-P seitens der Klägerin sowie auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen vergaberechtliche Bestimmungen der VOB. Wegen der Einzelheiten des Widerrufs- und Rückforderungsbescheides wird Bezug genommen auf Blatt 119 – 128 d. GA. Die Klägerin behauptet, sie habe dem Beklagten mit Anschreiben vom 08.01.2004 (Bl. 135 d. GA) den vorliegenden Bescheid in Kopie mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Beklagte bestreitet den Zugang des vorgenannten Schreibens. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 08.01.2004 Widerspruch ein und begründete diesen mit Schreiben vom 11.02.2004 (Bl. 188 – 190 d. GA). Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung B vom 16.03.2004 (Bl. 129 – 134 d. GA) zurückgewiesen. Die Widerspruchsbehörde begründete die Rechtmäßigkeit des Widerrufs- und Rückforderungsbescheides im Wesentlichen mit schweren Vergabeverstößen sowie einer unzureichenden Dokumentation der Vergabehandlungen. Die Klägerin übersandte den Widerspruchsbescheid dem Beklagten mit undatiertem Schreiben, zur Post gegeben am 20.04.2004 (Bl. 136 d. GA). Der Widerspruchsbescheid ist mittlerweile rechtskräftig, Klage wurde nicht erhoben. Ein Niederschlagungsantrag der Klägerin vom 18.06.2004 (Bl. 163 d. GA.) war erfolglos, wie die Bezirksregierung B mit Schreiben vom 12.05.2005 (Bl. 137 ff. d. GA) der Klägerin mitteilte. Mit Zinsfestsetzungsbescheid vom 25.10.2005 (Bl. 228 – 229 d. GA) setzte die Bezirksregierung B zum Nachteil der Klägerin den Zinsbetrag auf 21.271,87 EUR fest. Der Zinsbescheid ist mittlerweile rechtskräftig.
4Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte hafte ihr unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführerhaftung aus § 43 Abs. 2 des GmbHG. Sie ist der Ansicht, er habe ihr gegenüber seine Obliegenheiten schuldhaft verletzt, weshalb er sich schadensersatzpflichtig gemacht habe. So habe er den Vorgaben widersprechend ein falsches Vergabeverfahren gewählt, unter Verstoß gegen die VOB/A. Weiterhin habe er gegen Dokumentations- und Nachweispflichten verstoßen. Insoweit habe die Bezirksregierung B den Zuwendungsbescheid auch zurecht zurückgefordert.
5Die Klägerin beantragt,
6wie erkannt.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Er ist der Auffassung, ihm sei eine Pflichtverletzung nicht anzulasten. Das Vergabeverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Firma S6 habe die Vergabe ordnungsgemäß durchgeführt, so dass den Beklagten eine Verantwortlichkeit nicht treffe. Auch ein Verstoß gegen Dokumentationspflichten sei ihm nicht anzulasten, da erst nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer bei der Klägerin eine mangelhafte Dokumentation gegeben gewesen sei, für die er nicht verantwortlich zu machen sei.
10Der Beklagte ist des weiteren der Auffassung, ihm sei als Geschäftsführer der Klägerin wirksam Entlastung erteilt worden, der Zuwendungsbescheid vom 22.11.1995 sei seitens des Beklagten in einer Sitzung der Stadtwerke GmbH vorgebracht worden und diesbezüglich auch diskutiert worden. Schon im August 1995 habe es ein Gespräch bei dem LOBA gegeben, wo seitens des LOBA bestätigt worden sei, dass der zu diesem Zeitpunkt bestehende Planungsgrad unschädlich sei. Weil der Bewilligungsbescheid im November 1995 ergangen sei und eine Ausschreibung erfolgt sei, sei der Beklagte gutgläubig davon ausgegangen, dieses sei unschädlich. Der Beklagte behauptet, er habe die Überprüfung der Firma S6 auf Prokuristen delegiert, und sei insoweit von der Haftung frei. Er habe insoweit bereits die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewandt, da zwei besonders versierte Fachleute als Prokuristen bestellt worden seien. Im Übrigen ist der Beklagte der Auffassung, jedenfalls soweit der Rückforderungsbescheid gestützt sei auf Mitteilungspflichten bezüglich des Anschlusses eines Rheinhauses außerhalb des Fördergebietes, habe er dafür nicht einzustehen, weil zu diesem Zeitpunkt seine Geschäftsführertätigkeit bereits beendet gewesen sei. Im Übrigen behauptet der Beklagte, eine öffentliche Ausschreibung sei auf Grund des Zeitplans der Firma S6 bereits zeitlich unmöglich gewesen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 01.12.2005 (Bl. 244 ff. d. GA.). Der Beklagte ist des weiteren der Auffassung, der an ihn zu stellende Sorgfaltsmaßstab sei zu mindern, da er, was zwischen den Parteien unstreitig ist, die Geschäftsführerfunktion lediglich im Nebenamt ausgeführt habe. Der Beklagte beruft sich im Übrigen auf rechtmäßiges Alternativverhalten und behauptet dazu, eine Ausschreibung sei aus planungstechnischen und kalkulatorischen Gründen nicht mehr möglich gewesen. Dieses sei allen Gesellschaftern auch bekannt gewesen. Der Beklagte sei gleichwohl davon ausgegangen, dass dieses aber auch unbeachtlich sei, da die öffentliche Ausschreibung im Vorfeld bereits erfolgt sei. Dieses sei auch der Firma S6 entsprechend bekannt gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den oben genannten Schriftsatz Bezug genommen. Der Beklagte ist im Übrigen der Ansicht, der Klägerin sei bereits ein Schaden nicht entstanden, da die auf Grund der Rückforderung entstandenen Kosten anteilig auf die Anlieger umgelegt werden könnten.
11Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten folgt aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Danach haften Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. Im Rahmen dieser Anspruchsgrundlage muss die Gesellschaft einen Schaden darlegen und beweisen, der auf ein Verhalten des Geschäftsführers in seinem Pflichtenkreis zurückzuführen ist und sich deshalb als möglicherweise pflichtwidrig darstellt; gelingt dieser Beweis, muss der Geschäftsführer darlegen und beweisen, seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen zu sein oder schuldlos gehandelt zu haben oder dass der Schaden auch bei einem pflichtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wäre (OLG Hamm Urteil vom 20.02.2006, Az: 8 U 143/04 mit weiteren Nachweisen). Die Sorgfaltspflichten des GmbH-Geschäftsführers gehen über diejenigen eines ordentlichen Kaufmanns hinaus; verlangt wird diejenige Sorgfalt, die ein ordentlicher Geschäftsmann in leitender Position bei selbstständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zu beachten hat, wobei der Vorteil für die GmbH zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden ist (vgl. OLG Zweibrücken NZG 1999, 506 ff.; OLG Rostock, OLGR Rostock 2006, 106 ff.).
14Unter Beachtung dieser Grundsätze musste der Beklagte dafür Sorge tragen, dass die Subvention ordnungsgemäß beantragt, die Subventionsbedingungen vollumfänglich eingehalten werden und dass im Übrigen alles weitere zu tun bzw. zu unterlassen war, welches eine etwaige Rückforderung der Zuwendung begründen könnte. Diesen Anforderungen ist der Beklagte nicht nachgekommen.
15Es kann letztlich offen bleiben, ob dem Beklagten Verstöße gegen Mitteilungs- und Dokumentationspflichten anzulasten sind, da jedenfalls besonders schwerwiegende Verstöße gegen die Grundsätze öffentlicher Ausschreibung bezüglich der Gewerke Fernwärme und Erdarbeiten nach der VOB/A festzustellen sind. Die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen öffentlichen Ausschreibung folgt aus den der Subventionsbewilligung zu Grunde liegenden ANBest-P Ziffer 3. Dass eine ordnungsgemäße öffentliche Ausschreibung der Gewerke Fernwärme/Erdarbeiten stattgefunden hat, hat der Beklagte nicht ansatzweise substantiiert dargelegt. Das Gewerk Fernwärmeleitungen ist nach dem gesamten Akteninhalt einschließlich sämtlicher vorliegender Ausschreibungsunterlagen überhaupt nicht ausgeschrieben worden. Die von dem Architektur- und Ingenieurbüro Q. durchgeführte "beschränkte Ausschreibung" enthält das Gewerk "Fernwärme" nicht. Eine öffentliche Ausschreibung im Sinne der VOB/A des Gewerks "Fernwärme" ist nicht substantiiert dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Der Beklagte ist offensichtlich nicht in der Lage substantiiert darzulegen und zu dokumentieren, dass und wie eine öffentliche Ausschreibung des Gewerks "Fernwärme" stattgefunden haben soll. Aus den zur Gerichtsakte unterreichten Unterlagen ergibt sich insbesondere nicht, wie bezüglich der Gewerke "Erdarbeiten" und "Fernwärme" eine Ausschreibung erfolgt sein soll und dass diese den besonderen Anforderungen der VOB/A entsprochen haben soll. Darüber hinaus sind die Erschließungsarbeiten am Baugebiet "B1." seitens des Architektur- und Ingenieurbüros Q. auch lediglich beschränkt ausgeschrieben worden, ohne dass die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 VOB/A vorgelegen hätten.
16Grundsätzlich schreibt die nach den Bestimmungen des Bewilligungsbescheides zu Grunde zu legende VOB/A vor, dass öffentlich auszuschreiben ist (§§ 3 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 2 VOB/A). Das Verfahren setzt unter anderem voraus, Bekanntmachungen in Tageszeitungen etc. (vgl. § 17 Nr. 1 VOB/A). Dass im vorliegenden Fall eine öffentliche Ausschreibung stattgefunden hätte, hat der Beklagte nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Darlegungs- und Beweisbelastet dafür, dass der Geschäftsführer seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, ist der Geschäftsführer (BGHZ 152, 280; OLG Hamm NZG 1999, 1221 ff.), weil der Geschäftsführer das Risiko der Unaufklärbarkeit trägt.
17Der Beklagte hat auch keine Umstände vorgetragen, die ausnahmsweise ein Abweichen von dem Grundsatz der Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung rechtfertigen würden. Er hat insbesondere keine Tatsachen behauptet, die etwa eine freihändige Vergabe gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A rechtfertigen würden. Der Beklagte hat deswegen sowohl gegen die Vorschriften der VOB/A als auch gegen Nr. 3 der der Bewilligung zu Grunde liegenden ANBest-P verstoßen.
18Soweit Angebote der Firma C vom 19.09. und 20.10.1995 vor dem Bewilligungsbescheid vom 22.11.1995 vorlagen, hätte der Beklagte diese Angebote nicht ohne weiteres mit Schreiben vom 12.12.1995 (Bl. 113 d. GA) annehmen dürfen, da er spätestens nach Zugang des Bewilligungsbescheides Kenntnis von den ANBest-P hatte bzw. hätte haben können und es ihm somit hätte bewusst sein müssen, dass eine formelle öffentliche Ausschreibung erfolgen musste. Insoweit ist es unerheblich, dass - was angesichts des später tatsächlich erfolgten Widerrufs sehr unwahrscheinlich erscheint – Mitarbeiter des LOBA angeblich vor Erlass des Bewilligungsbescheides mitgeteilt hätten, die Planung und Realisierung des Objekts könne schon erfolgen, da dem Beklagten jedenfalls nach Zugang des Bewilligungsbescheides hätte klar sein müssen, dass eine öffentliche Ausschreibung notwendig war und dass eine Annahme der Angebote der Firma C durch ihn nicht mehr ohne weiteres erfolgen durfte.
19Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Es liegt zumindest ein fahrlässiger Verstoß gegen die VOB/A und die ANBest-P vor, da der Beklagte hätte wissen müssen, dass die zuvor genannten Vorschriften der Subventionsbewilligung zu Grunde lagen und daher zu beachten waren. Dementsprechend hat der Beklagte auch mit dem, dem Schreiben an das LOBA vom 30.09.1996 beigefügtem Zwischennachweis ausdrücklich bestätigt, dass die allgemeinen und besonderen Bestimmungen des Zuwendungsbescheides beachtet wurden (Bl. 117/118 d. GA.). Das Verschulden des Beklagten ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil er die Ausschreibung auf die Prokuristen delegiert hätte. Zum einen kann sich der Geschäftsführer zu seiner Entlastung nicht auf schuldhafte Mitverursachungsbeiträge unterstellter Mitarbeiter oder anderer Geschäftsführer berufen (vgl. OLG Köln Urteil vom 11.07.2000, Az: 15 U 181/99). Zum anderen verbleiben dem Geschäftsführer auch nach einer erfolgten Delegation besondere Beobachtungs- und Überwachungspflichten (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Auflage, § 43, RdZiff. 17). Derartige Kontroll- und Aufsichtspflichten bestehen im vorliegenden Fall erst recht deshalb, weil die Subventionsbewilligung für die Klägerin im vorliegenden Fall erkennbar von ganz besonderer wirtschaftlicher Bedeutung war. Insoweit musste der Beklagte als Geschäftsführer die Einhaltung der dem Bewilligungsbescheid zu Grunde liegenden Bestimmungen besonders gründlich überwachen und überprüfen. Er kann sich nicht darauf berufen, diesen Tätigkeitsbereich vollumfänglich auf die Prokuristen übertragen zu haben. Dass der Beklagte den oben genannten Anforderungen gerecht geworden ist, trägt er nicht substantiiert vor. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die Beauftragung der Firma S6. Auch insoweit erforderte es die Geschäftsführertätigkeit des Beklagten, diese Firma engmaschig zu überwachen, daraufhin, ob die Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid tatsächlich auch eingehalten werden. Dies gilt umso mehr, als aus dem Schreiben der Firma S6 vom 07.09.1995, gerichtet an die Klägerin zu Händen des Beklagten, folgt, dass die Firma S6 offenbar eine öffentliche Ausschreibung im Sinne der VOB/A nicht beabsichtigte, sondern sich vielmehr an bestimmte Firmen wenden wollte. Die bloße Verfügung des Beklagten, wonach eine Abschrift des Bewilligungsbescheides an die Firma S6 übersandt werden sollte (Bl. 191 d. GA) wird diesen Anforderungen ersichtlich nicht gerecht, zumal der Beklagte rechtlich auch verpflichtet war, die Firma S6 in Bezug auf die Einhaltung der dem Bewilligungsbescheid zu Grunde liegenden Bestimmungen auch tatsächlich zu überprüfen.
20Der Beklagte ist zur Überzeugung des Gerichts auch nicht gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG entlastet. Entlastung hätte zur Folge, dass die GmbH mit Ersatzansprüchen ausgeschlossen wäre, die der Gesellschafterversammlung bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte erkennbar sind oder von denen alle Gesellschafter privat Kenntnis haben (bgl. BGH WM 1998, 387 – 390; Hansiatisches OLG Hamburg, OLGR Hamburg 2000, 434 – 435). Diese Voraussetzung hat der Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesellschafterversammlung sämtliche Materialien bzw. Fakten bekannt waren, auf Grund derer sie den drohenden Widerruf des Zuwendungsbescheides hätten erkennen können. Derartige Hinweise ergeben sich insbesondere nicht aus den zur Gerichtsakte überreichten Protokollen über die Gesellschafterversammlungen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Hinweis erfolgt sei, darauf, dass eine öffentliche Ausschreibung entgegen denen der Bewilligung zu Grunde liegenden Bestimmungen nicht erfolgt sei. Ein entsprechender Hinweis scheint auch nur wenig logisch nachvollziehbar, zumal der Beklagte nach eigenen Behauptungen auf Grund der Delegation konkrete Kenntnisse des Ausscheidungsverfahrens gar nicht gehabt haben will. Eine entsprechende Kenntnis der Gesellschaft bzw. der entsprechenden Organe ist nicht ausreichend vorgetragen. Darauf hat die Klägerseite auch bereits mit Schriftsatz vom 31.10.2005 (Bl. 207 d. GA) hingewiesen. Darüber hinaus ist auch nicht vorgetragen bzw. aus dem Akteninhalt zu entnehmen, dass für die übrigen Gesellschafter die Gründe für den Widerruf und die Rückforderung in irgendeiner Form erkennbar waren. Insbesondere ergeben sich entsprechende Hinweise nicht aus dem zur Gerichtsakte gereichten Bericht zur Prüfung des Jahresabschlusses der Wiesmann & Partner GmbH vom 01.12.1997, der über die Höhe des Zuschusses hinaus keine weiteren Informationen über dessen Inhalt mitteilt, insbesondere nichts über die der Bewilligung zu Grunde liegenden Nebenbestimmungen.
21Der Beklagte hat auch keine Umstände substantiiert dargelegt, die geeignet wären eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens entfallen zu lassen. Insbesondere ist nicht ausreichend dargelegt, dass eine ordnungsgemäße öffentliche Ausschreibung im Sinne der VOB/A zeitlich unmöglich gewesen wäre, zumal es ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Auftragsvergabe an die Firma C zunächst zurück zu stellen, eine ordnungsgemäße öffentliche Ausschreibung durchzuführen und danach die entsprechenden Gewerke zu vergeben. Dass dies aus zeitlichen Gründen ausschied bzw. für die Klägerin unzumutbar gewesen sei, hat der Beklagte nicht ausreichend dargelegt.
22Der geltend gemachte Schadensersatz besteht auch in vollem Umfang, da der zurückgeforderte Betrag ausweislich der dem Widerrufsbescheid beiliegenden Anlage 1 (Bl. 439 ff. d. GA) der Höhe nach ausschließlich auf Zahlungen entfällt, die an die Firma C AG erfolgt sind. Die Rückforderung bezieht sich ausschließlich auf Positionen, die auf die schwerwiegenden Vergabeverstöße zurückzuführen sind. Soweit der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 11.12.2003 unter Ziffer I., 2. auch auf Verstöße gegen Mitteilungspflichten gestützt wird, die gegebenenfalls außerhalb der Amtszeit des Beklagten erfolgt sind, so haben sich diese Verstöße nicht auf die Höhe der Rückforderung ausgewirkt. Zurückgefordert wurden ausweislich der Anlage 1 zum Widerrufsbescheid lediglich die Beträge, die entfielen auf die Firma C AG aufgrund der fehlenden öffentlichen Ausschreibung.
23Der Einspruch der Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB zu kürzen oder zu versagen. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die – streitige – Nichtbeteiligung des Beklagten an dem Verwaltungsverfahren bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung eine Vergrößerung des Schadens bewirkt hätte. Nach dem oben dargelegten wäre es dem Beklagten nämlich ebenso wenig im Verwaltungsverfahren wie im vorliegenden Rechtsstreit gelungen, darzulegen, dass eine ordnungsgemäße öffentliche Ausschreibung im Sinne der VOB/A und der allgemeinen Nebenbestimmungen tatsächlich erfolgt ist. Die Verwaltungsbehörde hätte dementsprechend auch bei tatsächlicher Beteiligung des Beklagten seitens der Klägerin genau denselben Widerrufs- und Rückforderungsbescheid erlassen.
24Das Gericht hält sowohl den Widerrufs- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung B vom 11.12.2003 als auch den Widerspruchsbescheid vom 16.03.2004 für rechtmäßig, mithin die Rückforderung für zutreffend. Insbesondere geht die Kammer mit den Verwaltungsbehörden davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um schwere Vergabeverstöße handelt, die im Regelfall den Widerruf der Zuwendung nach sich ziehen können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zutreffenden Ausführungen der Bezirksregierung B im Widerspruchsbescheid vom 16.03.2004 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
25Der Beklagte hat der Klägerin mithin den entstandenen Schaden, also die mit Rückforderungsbescheid zurückgeforderte Summe in Höhe von 60.894,86 EUR sowie die mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirksregierung B vom 25.10.2005 festgesetzten Zinsen in Höhe von 21.271,87 EUR als Schadensersatz zu ersetzen.
26Die geltend gemachten Zinsen folgen als Rechtshängigkeitszinsen aus §§ 286, 288, 291 BGB. Dass der Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt in Verzug gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich bzw. vorgetragen, so dass insoweit die Klage im Hinblick auf die weiter geltend gemachten Zinsen abzuweisen war.
27Die Nebenentscheidungen begründen sich auf § 91, 709 ZPO.
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