Beschluss vom Landgericht Münster - 05 T 600/06 LG Münster - 71 IN 18/04 AG Münster
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Wert: bis 60.000,00 Euro
1
G r ü n d e
2Der Schuldner hat am 13. Februar 2004 beim Amtsgericht beantragt, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Er beantragte gleichzeitig die Erteilung der Restschuldbefreiung. In dem Antrag ist angegeben, dass der Antragsteller ein Unternehmen betreibt, welches sich mit der Durchführung von Eisenflechtarbeiten sowie einem Büroservice beschäftige. Das Unternehmen des Antragstellers sei zahlungsunfähig. Unter dem 26. Februar 2004 stellte der Schuldner gesonderten Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 287 InsO.
3Unter dem Stichwort "Zusätzliche Angaben" befindet sich auf dem Antragsformular die Frage: "Haben Sie zur Zeit Ansprüche, wie sie in der Abtretungserklärung und den Erläuterungen angegeben sind, bereits an einen Dritten abgetreten oder verpfändet?" Diese Frage hat der Schuldner mit nein angekreuzt. Unter dem Stichwort Abtretungserklärung heißt es auf der ersten Seite des Formulars:
4"Für den Fall der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht trete ich hiermit meine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von 6 Jahren ... ab." Unter Erläuterung des Gerichts zur Abtretungserklärung heißt es weiter: "Die Formulierung Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge umfasst jede Art von Arbeitseinkommen ..." Das Gericht ordnete die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter dem 01.03.2004 an. Mit Schreiben vom 02.08.2005 übersandte der Insolvenzverwalter Schlussbericht und Schlussrechnung wie Antrag auf Anberaumung eines Schlusstermins. Darin heißt es, dass eine Lohn- und Gehaltsabtretung zugunsten der Gläubigerin zu 1) bestehe. Der Schuldner unterzeichnete unter dem 04.03.2003 einen Kreditvertrag der Gläubigerin zu 1). Dort heißt es unter "Bestellung von Sicherheiten durch die Kreditnehmer":
5"1) Bankenpfandrecht...
62) Abtretung pfändbarer Anteile von Lohnzahlungen, Renten und sonstigen SGB-Leistungen gemäß besonderer Erklärung."
7In der rechten Spalte heißt es sodann unter der Überschrift Abtretung von Ansprüchen auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen:
8"Wir treten hiermit den pfändbaren Teil unserer Lohn-, Gehalts-, Pensions- und sonstigen Entgeltansprüche aus unseren gegenwärtigen und künftigen Arbeitsverhältnissen gegen die jeweiligen Arbeitgeber ... an die Citibank ab."
9Das Amtsgericht beraumte Schlusstermin für den 24. Januar 2006 an. Die Insolvenzgläubiger beantragten, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen und nahmen zur Begründung auf die ausführlichen Darstellungen des Insolvenzverwalters in seinem Schlussbericht Bezug, da der Schuldner unter anderem seinen Mitwirkungs- und Auskunftspflichten nicht nachgekommen sei.
10Der Schuldner trat dem Versagungsantrag entgegen. Zur Begründung führte er aus, dass Gegenstand des Schlusstermins noch nicht die endgültige Erteilung der Restschuldbefreiung gewesen sei. Darüber hinaus habe der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung schriftlich erst nach dem Termin, nämlich am 30. Januar 2006, bei dem Amtsgericht vorgelegen. Den Beteiligten sei daher nicht möglich gewesen, sich vor dem Termin auf diesen Antrag einstellen zu können. Für den Gemeinschuldner sei es darauf angekommen, rechtliches Gehör zu erlangen und nicht im Termin von dem Antrag überrascht zu werden.
11Darüber hinaus sei der Versagungsgrund nicht ordnungsgemäß glaubhaft gemacht worden durch den Verweis auf die Ausführungen des Insolvenzverwalters.
12Ferner sei eine wirksame Abtretung in dem Kreditvertrag mit der Insolvenzgläubigerin zu 1) vom 17. März 2004 nicht vereinbart worden. Der Schuldner vertritt hierzu die Auffassung, dass die Tatsache, dass von einer besonderen Vereinbarung im Zusammenhang mit der Abtretung der pfändbaren Anteile von Lohnzahlungen die Rede ist, dazu führe, dass mangels einer solchen besonderen Vereinbarung eine Abtretung nicht erfolgt sei. Zumindest handele es sich um eine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c BGB, da durch die Formulierung der Eindruck erweckt werde, dass eine besondere Erklärung für die Abtretung noch erforderlich sei. Darüber hinaus fehle es am Vorsatz oder der groben Fahrlässigkeit hinsichtlich der Verletzung der Auskunftspflicht.
13Mit dem angefochtenen Beschluss versagte das Amtsgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung. Zur Begründung führte es aus, dass der Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 6 InsO gegeben sei. Der Schuldner habe unrichtige beziehungsweise unvollständige Angaben gemacht. Er habe fälschlich angegeben, dass Ansprüche nicht abgetreten seien.
14Dagegen hat der Schuldner am 13. Juni 2006 sofortige Beschwerde eingelegt und sein vorheriges Vorbringen vertieft.
15Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese nebst Sachakten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
16Die nach § 289 Absatz 2 InsO zulässige sofortige Beschwerde des Schuldners hat keinen Erfolg.
17Das Amtsgericht hat ihm die Restschuldbefreiung zu Recht versagt. Der Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 6 InsO liegt vor, denn der Schuldner hat in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens zumindest grob fahrlässig unvollständige beziehungsweise falsche Angaben gemacht.
18Der Antrag der Insolvenzgläubigerin zu 1) war zunächst zulässig, sie hat im Schlusstermin in zulässiger Weise die Versagung beantragt, § 289 Absatz 2 Satz 1 InsO. Insbesondere war es nicht erforderlich, die Versagung zuvor schriftlich zu beantragen, da sich aus § 289 Absatz 2 Satz 1 InsO ergibt, dass die Versagung der Restschuldbefreiung im Schlusstermin zu beantragen ist. Darüber hinaus ist auch die ordnungsgemäße Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes gegeben. Grundsätzlich kann eine Glaubhaftmachung auch durch Vorlage einfacher Kopien erfolgen, wenn der Schuldner die behaupteten und in den vorgelegten Kopien dargestellten Umstände nicht in Abrede stellt, vergleiche Münchener Kommentar-Stephan, Insolvenzordnung; § 290 InsO, Randziffer 20. So liegt der Fall hier, denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Schuldner den Kreditvertrag vom 17. März 2004 unterzeichnet hat. Darüber hinaus käme es auf die Vorlage einfacher Kopien nicht einmal an, da der Versagungsgrund auf unstreitige Tatsachen gestützt wird, vergleiche Münchener Kommentar a.a.O.. Wie das Amtsgericht ausgeführt hat, hatte der Schuldner auch ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme zur Versagung der Restschuldbefreiung zwischen dem Schlusstermin und dem angefochtenen Beschluss. Dass der Schuldner bereits vor dem Schlusstermin Gelegenheit zur Stellungnahme zum Restschuldbefreiungsversagungsantrag erhalten muß, findet in § 289 Absatz 2 InsO keine Stütze, im Gegenteil wird dort von der Antragstellung erst im Termin ausgegangen.
19Es ist auch die Unrichtigkeit der Angaben des Schuldners in seinem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung vom 26. Februar 2004 festzustellen. Er hatte mit dem Kreditvertrag vom 17. März 2004 den pfändbaren Teil seiner Lohnansprüche an die Insolvenzgläubigerin zu 1) abgetreten.
20Es bestehen keine Zweifel hinsichtlich der ausreichenden Bestimmtheit der Abtretung gemäß § 398 BGB. Voraussetzung für eine wirksame Abtretung ist die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung, vergleiche Palandt-Heinrichs, § 398 BGB, Randziffer 14. Unbedenklich ist insbesondere eine Gehaltsabtretung in Höhe der jeweils pfändbaren Bezüge, vergleiche Palandt-Heinrichs, a.a.O., Randziffer 16.
21Eine wirksame Abtretung der pfändbaren Gehaltsansprüche scheitert auch nicht etwa daran, dass in dem Vertragsformular von einer besonderen Erklärung betreffend die Abtretung die Rede ist. Unter der Überschrift "Bestellung von Sicherheiten durch die Kreditnehmer" ist zum einen das Pfandrecht und zum anderen die Abtretung pfändbarer Anteile aufgeführt, und zwar ohne einen etwaigen Zusatz von "gegebenenfalls" oder ähnlichem. Die Anmerkung "gemäß besonderer Erklärung" ist lediglich als Verweis auf die näheren Umstände der Abtretung der pfändbaren Anteile von Lohnzahlungen zu verstehen. Aus dieser Klausel ist für den Kreditnehmer eindeutig zu entnehmen, dass er mit seiner Unterschrift die Bestellung der beiden Sicherheiten bereits vornimmt. Auch die Formulierung der Erläuterungen auf der rechten Seite, dass hiermit der pfändbare Teil abgetreten werde, lässt eindeutig darauf schließen, dass die Abtretung der pfändbaren Gehaltsanteile bereits mit der Unterzeichnung des Kreditvertrages erfolgt.
22Es handelt sich bei der Erläuterung zur Abtretung auf der rechten Seite auch nicht um eine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c BGB. Erforderlich dafür ist, dass es sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handelt, was nach den Gesamtumständen zu beurteilen ist, vergleiche Palandt-Heinrichs, § 305 c BGB, Randziffer 3. Aus der Tatsache, dass auf der linken Seite von einer Sicherheitenbestellung in Form einer Lohnabtretung die Rede ist, ergibt sich bereits, dass die tatsächliche Vereinbarung einer Lohnabtretung dann nicht überraschend sein kann. Allein die räumlich getrennte Gestaltung von der Aufzählung der bestellten Sicherheiten und der einzelnen Erklärungen auf der rechten Seite kann nicht dazu führen, dass die Abtretung unwirksam ist.
23Die unrichtige Angabe im Vermögensverzeichnis hinsichtlich der abgetretenen Gehaltsansprüche erfolgte auch grob fahrlässig. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist definiert als ein besonders schwerer Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt, die im gegebenen Fall jedem einzuleuchten hat, vergleiche BGH in NJW 1997, Seite 1012.
24Dass der Schuldner die betreffende Abtretung hätte angeben müssen, versteht sich von selbst, denn unter der Rubrik "Zusätzliche Angaben des Antrags auf Restschuldbefreiung" ist eindeutig die Frage gestellt, ob zur Zeit Ansprüche, wie sie in der Abtretungserklärung und den Erläuterungen angegeben sind, gepfändet seien. Auf der ersten Seite ist unter den Stichworten "Abtretungserklärung und Erläuterungen" hierzu eindeutig formuliert, dass es um Bezüge aus einem Dienstverhältnis gehe, wodurch jede Art von Arbeitseinkommen umfasst sei. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass dem Schuldner die vor 11 Monaten vorgenommene Abtretung seiner Gehaltsansprüche hätte präsent sein müssen, als er den Antrag auf Restschuldbefreiung unterzeichnete. Dies ergibt sich auch bereits daraus, dass große Teile des Antrages und der Erläuterungen sich mit der Frage von Lohnabtretungen befassen. Der Zeitraum von 11 Monaten ist auch nicht ausreichend lang, um eine solche Lohnabtretung zu vergessen. Bei dem Schuldner handelt es sich auch nicht um einen Verbraucherschuldner, so dass ein abweichender Maßstab betreffend die Fahrlässigkeit nicht angezeigt ist.
25Entgegen der Auffassung des Schuldners ist es auch nicht erforderlich, dass die falschen oder unvollständigen Angaben im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 6 InsO die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigen müssen. Auf eine solche Wirkung kommt es nicht an, wie von der herrschenden Rechtsprechung ausgeführt wird, vergleiche hierzu BGH im Beschluss vom 23. Juli 2004, Rechtspfleger 2004, Seite 725. Dieser Auffassung der Rechtsprechung schließt sich die Kammer an. Wäre die Versagung der Restschuldbefreiung von einer Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger abhängig, müsste das Insolvenzgericht das Vorliegen dieser Voraussetzung stets prüfen, insofern kann das Insolvenzgericht jedoch in vielen Fällen keine verbindliche Entscheidung treffen. Darüber hinaus ist der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 290 Absatz 1 Nummer 6 InsO, den Schuldner dazu anzuhalten, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen, die dem Gericht und den Gläubigern einen Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners ermöglichen. Wenn Angaben, nach denen ausdrücklich gefragt wird, sanktionslos zurückgehalten werden dürften, so kann das nicht ohne Auswirkungen auf die subjektiven Elemente des Tatbestandes sein. Es darf nicht der Beurteilung des Schuldners unterliegen, Angaben zu unterlassen, weil sie vermeintlich für die Gläubiger uninteressant sind, vergleiche BGH a.a.O..
26Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen
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Referenzen
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