Urteil vom Landgericht Münster - 014 O 547/08
Tenor
Das Versäumnisurteil der Kammer vom 20.11.2008 wird aufrechterhalten.
Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 % vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur fortgesetzt werden, wenn diese Sicherheit geleistet ist.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 11.02.2005 einen Kreditvertrag. Danach wurden der Beklagten von der Klägerin 7.902,87 Euro als Netto-Kreditsumme zwecks Ablösung eines Vorkredites von 1.402,87 Euro und einem Auszahlungsbetrag von 6.500,-- Euro zur Verfügung gestellt sowie 1.374,70 Euro zum Ausgleich des Betrages für eine ebenfalls am 11.02.2005 abgeschlossene Kreditlebensversicherung, mithin insgesamt 9.277,57 Euro Kreditnennbetrag. Dieser und die Bearbeitungsgebühr von 278,33 Euro sollten bei Anfall laufender und auf den jeweiligen Kapitalsaldo zu berechnender und berechneter Zinsen in Höhe von 13,48 % p. a. mit 70 Monatsraten, erstmals fällig am 15.02.2005 zu 197,-- Euro und einer letzten Rate zu 124,15 Euro getilgt werden.
3Ab Oktober 2007 kam die Beklagte ihrer Ratenzahlungsverpflichtung nicht nach. Nach mehreren vergeblichen Mahnungen kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 15.01.2008 an, bei Nichtzahlung des Ratenrückstandes von zum damaligen Zeitpunkt 591,00 Euro binnen 14 Tagen die gesamte Restforderung in einer Summe fällig zu stellen. Nach fruchtlosem Fristablauf kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 18.02.2008 den Darlehensvertrag, vergeblich stellte den an diesem Tag bestehenden Sollsaldo in Höhe von 6.669,98 Euro fällig und forderte zur entsprechenden Zahlung auf.
4Nachdem nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens keine Verteidigungsbereitschaft angezeigt wurde, erging gegen die Beklagte am 20.11.2008 ein Versäumnisurteil, in dem die Beklagte entsprechend dem von der Klägerin gestellten Antrag verurteilt wurde, an die Klägerin 6.669,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2008 zu zahlen.
5Gegen dieses Versäumnisurteil legte die Beklagte fristgerecht Einspruch ein.
6Die Klägerin beantragt nunmehr,
7das Versäumnisurteil vom 20.11.2008 aufrechtzuerhalten.
8Die Beklagte beantragt,
9das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte vertritt die Auffassung, bei dem Darlehensvertrag und bei dem Kreditlebensversicherungsvertrag handele es sich um ein verbundenes Geschäft mit der Folge, dass die Widerrufsbelehrung auf dem Kreditvertrag nicht ausreichend ist, so dass die Frist zur Erklärung des Widerrufs nicht zu laufen begonnen habe. Dementsprechend erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.12.2008 den Widerruf des Kreditvertrages und des Versicherungsvertrages.
11Des Weiteren vertritt die Beklagte die Auffassung, der Darlehensvertrag verbunden mit dem Versicherungsvertrag sei sittenwidrig, da die Bruttokreditsumme von 13.924,15 Euro nahezu doppelt so hoch sei wie der Nettokredit von 7.902,87 Euro.
12Des Weiteren verstoße der Kredit gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil Kredite nicht bonitätsabhängig vergeben werden dürften. Die Beklagte behauptet des Weiteren, die Kreditvergabe sei von dem gleichzeitigen Abschluss des Versicherungsvertrages abhängig gemacht worden. Schließlich verstoße die Klausel über die Bestellung von Sicherheiten gegen das Bestimmtheitsgebot.
13Schließlich erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen in Höhe der bisher geleisteten Zinsen und Zinseszinsen von 3.326,82 Euro, Erinnerungskosten und Gebühren von 23,10 Euro, der Bearbeitungsgebühr von 278,33 Euro, des Betrages der Restschuldversicherung von 1.374,70 Euro sowie der weiteren gezahlten Versicherungsbeiträge von 1.290,-- Euro.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist begründet.
17Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 488 BGB Anspruch auf Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrages in Höhe der geltend gemachten 6.669,98 Euro.
18Dieser Kreditvertrag ist nicht durch den mit Schriftsatz vom 16.12.2008 erklärten Widerruf wirksam widerrufen worden, denn der Widerruf erfolgte nicht innerhalb der Widerrufsfrist. Das Gericht folgt der Argumentation der Beklagten nicht, dass es sich bei der Kreditlebensversicherung und dem Darlehensvertrag um ein verbundenes Geschäft handelt mit der Folge, dass wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung im Hinblick auf § 358 Abs. 5 BGB i.V.m. Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB das Widerrufsrecht noch nicht erloschen wäre.
19Es ist schon fraglich, ob die Regelung über das Widerrufsrecht nach den §§ 355, 358 BGB auf die von der Beklagten abgeschlossenen Restschuldversicherung anwendbar ist, da § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG in der gem. Art. 1 Abs. 1 EGWG bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung für den Versicherungsvertrag ein gesondertes Widerrufsrecht vorsieht, das nach § 8 Abs. 4 Satz 5 VVG alte Fassung entfällt, wenn der Versicherer sofortigen Versicherungsschutz gewährt. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Regelung des § 358 BGB als Spezialvorschrift den Regelungen der §§ 8, 48c VVG vorgehe, liegt im vorliegenden Fall keine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vor, denn beide Verträge stellen kein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB dar.
20Die Frage, ob bei der vorliegenden Konstellation ein verbundenes Geschäft anzunehmen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilt. Mit gewichtigen Argumenten wird teilweise vertreten, dass ein verbundenes Geschäft anzunehmen ist; die Kammer schließt sich jedoch im Ergebnis den Argumenten an, die gegen die Annahme eines verbundenes Geschäftes sprechen. Insofern bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Darlehensvertrag und der Restschuldversicherung vorliegt. Ein Fall der – unwiderleglichen – Vermutung der wirtschaftlichen Einheit nach § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB ist nicht gegeben, denn im vorliegenden Fall bediente sich die Klägerin als Darlehensgeberin nicht der Anbieterin der Restschuldversicherung zum Abschluss des Darlehensvertrages, sondern die Anbieterin der Restschuldversicherung bediente sich bei Abschluss der Restschuldversicherung der Dienste der Beklagten als Darlehensgeberin.
21Aus den Vertragsformularen und aus den sonstigen Umstände sind zwar genügende Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die Darlehensverträge und die Restschuldversicherung so eng miteinander verknüpft sind, dass sie als Teilstücke einer wirtschaftlichen Einheit anzusehen sind. Zu berücksichtigen ist aber auch der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB. Danach ergibt sich die wirtschaftliche Einheit zwischen Drittleistung und Darlehnsaufnahme dadurch, dass einerseits der Kunde ohne die Drittleistung kein Darlehen benötigt, andererseits die Darlehensaufnahme dem Darlehensnehmer die Inanspruchnahme der Drittleistung erst ermöglicht. Ein solcher Fall ist bei dem Abschluss einer aus dem Darlehen finanzierten Restschuldversicherung nicht gegeben. Der Darlehensvertrag wurde im vorliegenden Fall gerade nicht deshalb abgeschlossen, um den Abschluss der Restschuldversicherung zu ermöglichen. Vielmehr kam es zum Abschluss des Darlehensvertrages allein aufgrund des Finanzierungsbedarfs der Klägerin, die einen Vorkredit ablösen und im Übrigen sich 6.500,- Euro auszahlen lassen wollte. Die Restschuldversicherung diente allein dem Zweck, die Zahlung der Darlehen zu gewährleisten. Als sogenanntes reines Sicherungsmittel stellt die Restschuldversicherung deshalb keine andere Leistung im Sinne des § 358 Abs. 1 BGB dar (vgl. u.a. OLG Oldenburg vom 15.01.2009 Az: 8 U 122/08).
22Die Kammer folgt auch den weiteren zur Rechtsverteidigung der Beklagten vorgebrachten Ansicht nicht. Das in Rede stehende Darlehen ist nicht sittenwidrig.
23Eine sittenwidrige finanzielle Überforderung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht Mithaftende ist, sondern Darlehensnehmerin, die eigenständig über die Verwendung des Darlehensbetrages entscheiden konnte. Der Kredit war auch nicht sittenwidrig überteuert. Es besteht kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in der Form, dass eine Überschreitung von 90 % bis 100 % vorliegt. Der effektive Jahreszins betrug laut Vertrag 15,65 % und lag damit nicht 100 % über dem im Februar 2005 marktüblichen Effektivzins.
24Soweit die Beklagte in die Effektivzinsberechnung die Versicherungskosten einrechnet, hat sie zwar behauptet, dass ihr der Abschluss des Versicherungsvortrages zwingend vorgeschrieben worden sei, Beweis hat sie aber hierfür nicht angetreten. Im Übrigen ist aus zahlreichen anderen Verfahren gerichtsbekannt, dass die Klägerin eine Kombination von Darlehens- und Versicherungsvertrag nicht in allen Fällen zur Bedingung macht und Darlehensverträge auch dann abschließt, wenn der Kunde keine Versicherung wünscht.
25Auch verstößt die Klausel über die Bestellung der Sicherheiten nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Argumente für diese Ansicht trägt die Beklagte nicht vor und ist auch sonst für das Gericht nicht erkennbar.
26Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Bonität eines Kunden ein bedeutendes Kriterium für jede Kreditvergabe und ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung, da das Kreditrisiko höher ist.
27Die Forderung ist nicht durch die erklärte Aufrechnung erloschen, da der Darlehensvertrag wirksam ist und die Zahlungen ihren Rechtsgrund in dem Vertrag haben.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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Referenzen
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