Urteil vom Landgericht Münster - 014 O 289/09
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Beklagen gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann, Herrn K, M, keine Restforderung aus dem Hypothekendarlehen - ###### - in Höhe von 18.623,50 EUR zzgl. Nebenkosten zusteht.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 961,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.04.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts P verursachten Mehrkosten werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagten aus einem Hypothekendarlehen die von der Beklagten reklamierte Restforderung in Höhe von 18.623,50 Euro nicht zusteht.
3Die Klägerin klagt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns, des Zeugen K. Die Klägerin und ihr Ehemann beabsichtigten 1988 eine Baufinanzierung. Der Zeuge N, Steuerberater des Ehemanns der Klägerin, wies den Zeugen K darauf hin, dass für ihn der Abschluss eines sog. Policendarlehens sinnvoll sein könne. Bei dieser nach damaligem Recht steuerlich attraktiven Form der Baufinanzierung wurden bei planmäßiger Durchführung des Darlehensvertrages und des Kapitallebensversicherungsvertrages nur die Darlehenszinsen gezahlt, daneben aber keine Tilgungszahlungen auf das Darlehen geleistet, sondern nur Beiträge zur Kapitallebensversicherung, die bis zu einer Höchstgrenze als Sonderausgaben von den steuerpflichtigen Einkünften abgezogen werden konnten.
4Die Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährte der Klägerin und ihrem Ehemann 1988 ein Hypothekendarlehen in Höhe von 215.000,00 DM zur Finanzierung des Bauvorhabens. Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen ferner mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zwei Kapitallebensversicherungsverträge über insgesamt 120.000,00 DM (vorübergehend 128.000,00 DM). Mit Schreiben vom 26.05.1988 (Anlage K4) erklärte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre grundsätzliche Finanzierungsbereitschaft unter der Bedingung des Abschlusses zweier Lebensversicherungsverträge über insgesamt 128.000,00 DM. In dem Schreiben heißt es: "Die Lebensversicherungen sind uns als Tilgungsersatz abzutreten." Mit weiterem Schreiben vom 20.06.1988 (Anlage K1) bewilligte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Hypothekendarlehen. In dem Schreiben heißt es: "Tilgung: Als Tilgungsersatz werden die nachstehenden Lebensversicherungen an uns abgetreten." Mit weiterem Schreiben vom 30.11.1988 (Anlage K14) wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten an die Klägerin und ihren Ehemann und rechnete den noch auszuzahlenden Darlehensbetrag ab. In dem Schreiben heißt es u.a.: "Die Höhe der künftigen Leistungen und die Zahlungstermine entnehmen Sie bitte den im Betreff enthaltenen Angaben." Im Betreff findet sich folgender Passus: "Tilgung: durch Lebensversicherungen L ###### und L #######."
5Die Klägerin und ihr Ehemann traten die Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Rechtsvorgängerin der Beklagten ab. Zudem bestellten sie der Rechtsvorgängerin der Beklagten Grundschulden und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung.
6Sämtliche Verträge wurden über die Agentur der W Versicherung des Zeugen G vermittelt. Der Zeuge G bestimmte die Höhe der Versicherungssummen der Lebensversicherungsverträge so, dass am Ende der 20jährigen Darlehenslaufzeit nach dem damaligen Erwartungshorizont aus den Ablaufleistungen und den Überschussbeteiligungen der Lebensversicherungsverträge das Darlehen voll getilgt werden konnte. Darauf, dass unter Umständen die Summe aus den Ablaufleistungen und Überschussbeteiligungen nicht ausreichen könnte, um am Ende der Laufzeit eine vollständige Tilgung des Darlehens zu ermöglichen, wies der Zeuge G den Zeugen K nicht hin.
7Da die Zinsbindung des Darlehens nach 10 Jahren auslief, wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 27.05.1998 (Anlage K6) an die Klägerin und deren Ehemann und führte u.a. aus, am 30.06.1998 ende die Vereinbarung über die Höhe des Zinssatzes. Gleichzeitig wurde die Fortsetzung des Vertrages zu geänderten Zinskonditionen angeboten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 27.05.1998 verwiesen. Dem Schreiben war eine von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorformulierte Einverständniserklärung (Anlage K5) beigefügt, die die Klägerin und ihr Ehemann unterzeichneten und an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zurücksandten. In der Einverständniserklärung heißt es u.a.: "Die übrigen vertraglichen Kreditbedingungen gelten weiterhin, soweit nichts anderes schriftlich vereinbart ist." Die Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandte der Klägerin und ihrem Ehemann sodann eine Prolongationsvereinbarung (Anlage K7), die die Klägerin und ihr Ehemann unterzeichneten. In ihr heißt es unter Punkt 3.3.2: "Sollten die abgetretenen Lebensversicherungsansprüche bei Fälligkeit zur Verrechnung mit dem Nettokreditbetrag bzw. dem vorhandenen Restkapital nicht ausreichen, so ist der verbleibende Restbetrag der Rückzahlungsforderung unverzüglich in einer Summe zurückzuzahlen."
8Mit Schreiben vom 07. und 28.05.2008 (Anlagen K9 und K10) rechnete die Beklagte die Lebensversicherungsverträge ab. Die Versicherungsleistungen und Überschussanteile blieben hinter der offenen Darlehensvaluta zurück. Die Beklagte forderte die Klägerin und ihren Ehemann mit Schreiben vom 02.05.2008 (Anlage K8) auf, den Differenzbetrag von 18.623,50 Euro bis zum 01.08.2008 zu zahlen.
9Die Klägerin behauptet, sie habe mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vereinbart, dass am Ende der Vertragslaufzeit das Darlehen allein durch die Erlöse aus den abgetretenen Lebensversicherungsverträgen habe getilgt sein sollen. Das sei gemeinsames Verständnis der Vertragsparteien bei Vertragsschluss gewesen.
10Vorsorglich erklärt die Klägerin gegenüber der behaupteten Darlehensforderung der Beklagten die Aufrechnung mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch. Hierzu behauptet sie mit näheren Ausführungen, sie hätte den Vertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht geschlossen, wenn sie über eine am Ende der Vertragslaufzeit eventuell verbleibende Deckungslücke aufgeklärt worden wäre.
11Die Klägerin hat die Klage zunächst bei dem Landgericht P erhoben. Durch Beschluss des Landgerichts P vom 17.06.2009 hat dieses sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht N1 verwiesen.
12Die Klägerin beantragt,
13- festzustellen, dass der Beklagten gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann, Herrn K, keine Restforderung aus dem Hypothekendarlehen -#######- in Höhe von 18.623,50 EUR zzgl. Nebenkosten zusteht,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.177,62 EUR zzgl. Zinsen hieraus seit dem 18.10.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie behauptet, dass eine Aufklärung über eine mögliche Unterdeckung durch den Zeugen N erfolgt sei. Die Beklagte meint, auch unabhängig von einer ausdrücklichen Aufklärung habe der Klägerin und ihrem Ehemann bewusst sein müssen, dass ein am Ende der Vertragslaufzeit verbleibender Differenzbetrag habe ausgeglichen werden müssen. Zudem hätten sich die Klägerin und ihr Ehemann spätestens mit Unterzeichnung des Vertrages vom 23.06.1998 verpflichtet, etwaige Deckungslücken bei Ablauf der Verträge auszugleichen. Gegenüber dem behaupteten Schadensersatzanspruch der Klägerin erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
17Wegen des weiteren Sach- und Streitgegenstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, N und G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2009 verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Beklagten steht aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 18.623,50 Euro nebst Zinsen nicht zu. Denn sämtliche Darlehensrückzahlungsansprüche aus dem im Jahre 1988 geschlossenen Darlehensvertrag sind dadurch erloschen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Klägerin und deren Ehemann vereinbart hat, die am Ende der Vertragslaufzeit erfolgenden Auszahlungen aus den Lebensversicherungsverträgen an Erfüllungs statt anzunehmen, § 364 Abs. 1 BGB. Gegenteiliges ist durch die Prolongationsvereinbarung nicht wirksam vereinbart worden.
211.
22Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Vertragsparteien bei Abschluss des Darlehensvertrages im Jahr 1988 darüber einig waren, dass die Tilgung des Darlehens am regulären Ende der vereinbarten Laufzeit ausschließlich durch die Leistungen aus den Lebensversicherungsverträgen erfolgen sollte. Hatte das Gericht zunächst noch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der Formulierung "Tilgungsersatz" allein möglicherweise nicht hinreichend sicher auf eine Annahme der Leistungen aus den Lebensversicherungsverträgen an Erfüllungs statt schließen lasse, sind diese Zweifel nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Vorlage des Schreibens der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 30.11.1988 ausgeräumt.
23Der Zeuge K hat bekundet, der Zeuge G habe die Versicherungsverträge so ausgestaltet, dass am Ende der Vertragslaufzeit kein Rest mehr habe offen, sondern mit der Zahlung der letzten Rate das Haus habe schuldenfrei sein sollen. Der Zeuge G habe ihm gesagt, die Ausgestaltung der Versicherungsverträge erfolge durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten, damit das Haus am Ende der Vertragslaufzeit schuldenfrei sei. Es könne sogar sein, dass am Ende noch ein Überschuss zugunsten der Eheleute K erzielt werde. Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit dieser Aussage bestehen nicht. Zwar handelt es sich bei dem Zeugen um den Ehemann der Klägerin, der als solcher und als Vertragspartner der Beklagten ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Das Gericht hat jedoch zum einen aufgrund des persönlichen Eindrucks von dem Zeugen keinen Anlass, an der Richtigkeit seiner Bekundungen oder seiner persönlichen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Zum anderen wird die Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen K gestützt durch die Aussagen der weiteren Zeugen. Der Zeuge N hat ausgesagt, es sei in der damaligen Zeit generell so gewesen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Lebensversicherungsverträge so ausgestaltet habe, dass in den erstellten Modellrechnungen am Ende der Laufzeit nie ein Minus herausgekommen sei, eher ein geringfügiges Plus. Über am Ende der Vertragslaufzeit möglicherweise verbleibende Deckungslücken sei nie gesprochen worden, weil alle davon ausgegangen seien, dass solche Deckungslücken nicht auftreten würden. Zwar sei möglicherweise auf Modellrechnungen ausgewiesen gewesen, dass diese auf bestimmten Annahmen zur zukünftigen Entwicklung beruhten, diese Annahmen aber nicht unbedingt eintreten müssten. Erzählt worden sei aber damals immer Gegenteiliges, so dass alle davon ausgegangen seien, die Annahmen würden auch eintreten. Der Zeuge G hat bestätigt, die Versicherungsverträge seien so ausgerechnet gewesen, dass das in der Regel am Ende gepasst habe, also der Betrag aus der Hypothek voll gedeckt gewesen sei. Im Rahmen des streitgegenständlichen Finanzierungsmodells habe es gewisse Vorgaben gegeben. Bei einem Finanzierungsbedarf von 100.000,00 DM sei es z.B. so gewesen, dass Lebensversicherungen über mindestens 50.000,00 DM hätten abgeschlossen werden müssen, weil später durch die Dividende die Hypothek komplett habe abgelöst werden sollen. Es sei eher nicht darüber gesprochen worden, dass am Ende der Vertragslaufzeit auch mal weniger dabei herauskommen könne. Auf die Frage, warum es in den Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten "Tilgungsersatz" und nicht "Tilgungsaussetzung" heiße, hat der Zeuge bekundet, das sei so, weil das auch so habe sein sollen. Die Lebensversicherungen hätten nach Ablauf der Laufzeit jeweils die Hypothekenforderungen tilgen sollen.
24Nach den Bekundungen der Zeugen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nicht nur die Klägerin und ihr Ehemann, sondern auch die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Vertragsschluss im Jahr 1988 sicher davon ausgegangen ist, dass die von ihr angenommenen Rahmenbedingungen, auf denen die Ausgestaltung der Lebensversicherungsverträge fußte, auch eintreten würden. Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch, dass der Zeuge G als Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beklagten den Zeugen K unstreitig nicht über mögliche Deckungslücken am Ende der Vertragslaufzeit aufgeklärt hat: Einer Aufklärung bedurfte es aus Sicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht, weil sie selbst eine Deckungslücke nicht erwartete. Danach und nach den weiteren Bekundungen des Zeugen G ist es gerechtfertigt, aus der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst gewählten Formulierung "Tilgungsersatz" zu schließen, dass bei regulärer Vertragsdurchführung die Annahme der abgetretenen Leistungen aus den Versicherungsverträgen an Erfüllungs statt erfolgen sollte. Erst recht drängt sich dieser Schluss aufgrund der Formulierung im Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 30.11.1988 auf. Wenn es dort heißt "Tilgung: durch Lebensversicherungen..." so ist das aus dem maßgeblichen Empfängerhorizont dahingehend zu verstehen, dass über die Abtretung der Rechte aus den Lebensversicherungsverträgen hinaus keine Tilgungsleistungen zu erbringen sein sollen. Hätte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das zum damaligen Zeitpunkt anders gesehen, hätte es nahegelegen einen entsprechenden Hinweis in das Schreiben aufzunehmen und klarzustellen, dass eventuelle Deckungslücken am Ende der Vertragslaufzeit auszugleichen sein würden. Ein solcher Hinweis fehlt, obwohl sich das Schreiben explizit über "die Höhe der künftigen Leistungen und die Zahlungstermine" verhält. Es kommt hinzu, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin und ihrem Ehemann das Finanzierungsmodell aus einer Hand anbot. Die Übernahme eines Unterdeckungsrisikos durch den Darlehensgeber ist zwar nicht üblich. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war aber in ihrer Doppelrolle als Darlehensgeberin und Versicherungsgesellschaft in besonderem Maße in der Lage, das Risiko einer Unterdeckung einzuschätzen.
25Dass der Zeuge G in einem Schreiben an die Beklagte ausgeführt hat, er habe "eine Garantie der Ablaufleistung" nie gegeben, ist unerheblich. Maßgeblich ist, dass nach dem Empfängerhorizont der Darlehensnehmer bei der hier gegebenen regulären Vertragsbeendigung die Tilgung allein durch die Leistungen aus den Lebensversicherungen erfolgen sollte.
26Dass sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht nur die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen hat abtreten lassen, sondern sich darüber hinaus auch bankübliche Sicherheiten hat einräumen lassen, steht der Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt nicht entgegen. Einer solchen Absicherung bedurfte es schon für sämtliche Fälle nicht regulärer Vertragsdurchführung, etwa der Nichtzahlung der Versicherungsbeiträge. Aber auch für den Fall des vorzeitigen Versterbens eines Darlehensnehmers bestand für die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Sicherungsbedürfnis.
272.
28Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, der Darlehensvertrag sei in dem hier maßgeblichen Punkt jedenfalls durch den Prolongationsvertrag vom 23.06.1998 dahingehend geändert worden, dass die Klägerin und ihr Ehemann am Ende der Vertragslaufzeit vorhandene Deckungslücken ausgleichen müssten. Bei den Regelungen zu Ziffer 2. und 3. des Prolongationsvertrages handelt es sich schon dem äußeren Erscheinungsbild nach ersichtlich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Bestimmung in Ziffer 3.3.2 ist nach dem gemäß Art. 229 § 5 EGBGB anwendbaren § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden, weil sie nach den hier gegebenen Umständen so ungewöhnlich ist, dass die Klägerin und ihr Ehemann als Vertragspartner des Verwenders mit ihr nicht zu rechnen brauchten. Die Ungewöhnlichkeit ergibt sich aus dem Widerspruch zum Inhalt der vorangegangenen Vertragsverhandlungen: Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte sich mit Schreiben vom 27.05.1998 wegen der Vereinbarung eines neuen Zinssatzes nach Auslauf der Zinsbindung an die Klägerin und ihren Ehemann gewandt. Gegenstand der Verhandlungen war nach der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorformulierten Einverständniserklärung die "Fortsetzung des Kreditverhältnisses", nicht die Abänderung des Darlehensvertrages in wesentlichen Punkten. Auch der von der Rechtvorgängerin der Beklagten verwendete Begriff Prolongationsvertrag impliziert, dass ein bestehender Vertrag lediglich zu geänderten Konditionen fortgesetzt, nicht aber in grundlegenden Fragen abgeändert wird. Da die Klausel nach dem Verlauf der Vertragsverhandlungen keinesfalls zu erwarten war, brauchten die Klägerin und ihr Ehemann mit ihr auch nicht zu rechnen. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten in der Einverständniserklärung formuliert hatte "Die übrigen vertraglichen Kreditbedingungen gelten weiterhin". Dem sich anschließenden Zusatz "soweit nichts anderes schriftlich vereinbart ist" mussten die Klägerin und ihr Ehemann in dem gegebenen Kontext keine Bedeutung beimessen, zumal die Formulierung "vereinbart ist" sich nach dem verwendeten Tempus auf bereits getroffene Vereinbarungen bezieht, nicht auf solche, die künftig erst noch getroffen werden sollen.
293.
30Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin einer nicht bestehenden Forderung berühmt und damit ihre Pflichten aus dem Schuldverhältnis schuldhaft verletzt. Der Anspruch ist aber nur in der ausgeurteilten Höhe begründet, so dass die Klage wegen der weitergehenden Forderung abzuweisen war: Bei dem hier gegebenen Gegenstandswert von bis zu 19.000,00 Euro beträgt eine Gebühr 606,00 Euro netto (Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG). Die 1,3fache Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) beträgt folglich 787,80 Euro netto. Hinzuzusetzen sind 20,00 Euro Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG, so dass sich ein Nettogesamtbetrag von 807,80 Euro ergibt. Unter Berücksichtigung von 19 % Mehrwertsteuer errechnet sich der ausgeurteilte Betrag von 961,28 Euro.
31Da die Klägerin zu einer Verzugslage der Beklagten nicht vorgetragen hat, waren ihr Zinsen erst ab Rechtshängigkeit (17.04.2009) zuzusprechen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB), während die weitergehende Zinsforderung abzuweisen war.
324.
33Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 281 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus 709 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.