Beschluss vom Landgericht Münster - 05 T 206/09
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Beschwerdeführer, das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in C, ist als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Seinen Angaben zufolge hat er dieses und weitere ihm gehörende Grundstücke in das von der Kapitalanlagegesellschaft J GmbH mit Sitz in F verwaltete Spezial-Sondervermögen "RABW" als Sacheinlage nach den Bestimmungen des Investmentgesetzes (InvG) eingebracht, wobei er – der Beschwerdeführer - einziger Anleger dieses Spezial-Sondervermögens ist und in den Vertragsbedingungen zwischen ihm und der Kapitalanlagegesellschaft die Vorschrift des § 75 InvG, wonach zum Immobilien-Sondervermögen gehörende Vermögensgegenstände nur im Eigentum der Kapitalanlagegesellschaft stehen können, abbedungen wurde.
4Unter dem 23.12.2008/20.01.2009 bewilligte und beantragte der Beschwerdeführer folgende Eintragungen im Grundbuch:
5- Gemäß § 31 Abs. 1 InvG ist die J GmbH mit Sitz in F über die Grundstücke verfügungsberechtigt.
- Verfügungen über die Grundstücke bedürfen der Zustimmung der jeweiligen Depotbank für das Sondervermögen "RABW".
Mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers vom 04.02.2009, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wurde beim Grundbuchamt in N der Vollzug dieses Antrags im Grundbuch beantragt und dazu im wesentlichen ausgeführt: Mit dem Abdingen des § 75 InvG habe man die sog. Miteigentumslösung gewählt mit der Folge, dass das verfahrensgegenständliche in das Spezial-Sondervermögen eingebrachte Grundstück im Eigentum des Beschwerdeführers als Anleger verblieben sei, über das Grundstück aber kraft Gesetzes (§ 31 Absatz 1 InvG) ausschließlich die Kapitalanlagegesellschaft verfügungsbefugt sei, die wiederum nur mit Zustimmung der Depotbank verfügen dürfe (§ 26 Absatz 1 Nummer 3 InvG). Diese Verfügungsbeschränkungen seien notwendigerweise im Grundbuch einzutragen.
7Mit Beschluss vom 24.02.2009 wies das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung beider Verfügungsbeschränkungen, nämlich sowohl die des Übergangs der Verfügungsbefugnis auf die Kapitalanlagegesellschaft nach § 31 InvG als auch die der Zustimmungsbedürftigkeit nach § 26 InvG, zurück mit der Begründung, dass sich aus dem Investmentgesetz nicht die alleinige Verfügungsbefugnis der Kapitalanlagegesellschaft im Falle der sog. Miteigentumslösung ergebe.
8Mit der dagegen gerichteten Beschwerde vom 23.03.2009 wird der Antrag, die beiden genannten Eintragungen im Grundbuch zu vollziehen, weiterverfolgt, hilfsweise wird der Antrag auf die Eintragung nur des Sperrvermerks nach § 26 InvG beschränkt. Die Beschwerde macht geltend, dass die alleinige Verfügungsbefugnis zu Gunsten der Kapitalanlagegesellschaft sich aus der Systematik des Investmentgesetzes ergebe. Gemäß § 31 Absatz 1 InvG sei die Kapitalanlagegesellschaft berechtigt, im eigenen Namen über die zu einem Sondervermögen gehörenden Gegenstände zu verfügen und alle Rechte aus ihnen auszuüben. Die Anleger hingegen seien nicht verfügungsbefugt, denn ihre Rechte seien in Bezug auf die Vermögensgegenstände auf die Rechte aus den Anteilscheinen gemäß § 33 Absatz 1 InvG beschränkt. Sie könnten auch im Falle der Miteigentumslösung gemäß § 33 Absatz 2 Satz 3 InvG weder über die Vermögensgegenstände verfügen noch hätten sie ein Besitzrecht, § 24 InvG. Einzelverfügungen des Anlegers über die in das Sondervermögen eingebrachten Grundstücke schieden dementsprechend aus, ebenso wie eine Abtretung von Rechten, die sich aus den Grundstücken herleiten. Unabhängig davon hätte das Grundbuchamt jedenfalls den Depotbanksperrvermerk eintragen müssen, wie sich aus §§ 26 Absatz 1 Nummer 3, 76 Absatz 1 Satz 1 InvG ergebe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die rechtlichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift verwiesen.
9II.
10Das vorliegende Beschwerdeverfahren beurteilt sich gemäß § Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-Reformgesetz nach dem bis zum 01.09.2009 geltenden Verfahrensrecht.
11Die Beschwerde ist gemäß §§ 71 Absatz 1, 73 Grundbuchordnung (GBO), § 11 Absatz 1 Rechtspflegergesetz (RPflG) zulässig. Der Beschwerdeführer ist als eingetragener Eigentümer antragsberechtigt im Sinne des § 13 Absatz 1 Satz 2 GBO und damit bei Ablehnung seines Antrags beschwerdebefugt.
12In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat die in Rede stehenden Eintragungsanträge 1. betreffend den Übergang der Verfügungsbefugnis auf die Kapitalanlagegesellschaft nach § 31 InvG und 2. betreffend den Sperrvermerk nach § 26 InvG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, wie sich aus folgendem ergibt:
13Gemäß § 30 Absatz 1 Satz 1 InvG können die zum Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Vertragsbedingungen entweder im Eigentum der Kapitalanlagegesellschaft stehen (sog. Treuhandlösung) oder im Miteigentum der Anleger (sog. Miteigentumslösung). Für Immobilien-Sondervermögen gilt grundsätzlich die Spezialregelung des § 75 InvG, wonach für diesen Fondstyp nur die Treuhandlösung zulässig ist. Gemäß § 91 Absatz 3 InvG kann aber von der Regelung des § 75 InvG abgewichen und auch für Immobilien-Spezial-Sondervermögen die Miteigentumslösung vereinbart werden.
14Wird (wie hier geschehen) die Miteigentumslösung vereinbart, so hat das zunächst zur Folge, dass die in das Sondervermögen eingebrachten Grundstücke (hier das verfahrensgegenständliche Grundstück in N), weil sie eben nicht auf die Kapitalanlagegesellschaft übertragen wurden, im Eigentum des Anlegers (hier des Beschwerdeführers) verbleiben. Insbesondere setzt § 30 Absatz 1 Satz 1 InvG nicht zwingend voraus, dass es mehrere Anleger und mehrere Eigentümer geben muss. Dass (wie hier) ein einzelner Anleger Alleineigentümer des Sondervermögens bleibt, das er im Sinne des § 30 InvG einbringt, ist investmentrechtlich zulässig.
15Die Verfügungsbefugnis an den zum Sondervermögen gehörenden Gegenständen hingegen geht auf die Kapitalanlagegesellschaft (hier die J GmbH) über. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes ergibt sich die alleinige und ausschließliche Verfügungsbefugnis der Kapitalanlagegesellschaft auch im Falle der sogenannten Miteigentumslösung unmittelbar aus dem Investmentgesetz, nämlich aus dem Zusammenspiel von § 31 und § 33 InvG. § 31 Absatz 1 InvG besagt, dass die Kapitalanlagegesellschaft berechtigt ist, im eigenen Namen über die zum Sondervermögen gehörenden Grundstücke zu verfügen und alle Rechte aus ihnen auszuüben. Aus § 33 InvG folgt, dass dem Anleger nur bestimmte Rechte aus den Anteilscheinen, in denen seine Anteile am Sondervermögen verbrieft sind, zustehen, er aber in anderer Weise über seine Anteile an den zum Sondervermögen gehörenden Gegenständen – und damit über die Gegenstände selbst - nicht verfügen kann. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Verfügungsbefugnis über die zum Sondervermögen gehörenden Gegenstände allein bei der Kapitalanlagegesellschaft liegt, was sich aus Sicht des Anlegers als eine Verfügungsbeschränkung in Form eines vollständigen Verlustes der Verfügungsbefugnis darstellt.
16Die Verfügungsbefugnis der Kapitalanlagegesellschaft wiederum ist gemäß § 26 Absatz 1 Nummer 3 InvG insofern beschränkt, als nach dieser Vorschrift die Kapitalanlagegesellschaft die Verfügung über zum Sondervermögen gehörende Immobilien nur mit Zustimmung der Depotbank durchführen darf.
17Sowohl die für den Anleger und Eigentümer mit § 31 Absatz 1 InvG verbundene Verfügungsbeschränkung wie auch die für die Kapitalanlagegesellschaft mit § 26 Absatz 1 Nummer 3 InvG verbundene Verfügungsbeschränkung hält die Kammer für grundsätzlich eintragungsfähig.
18Verfügungsbeschränkungen sind nämlich insbesondere dann eintragungsfähig, wenn das Gesetz ihre Eintragung vorschreibt oder zulässt oder wenn das materielle Recht an ihre Eintragung bzw. Nichteintragung eine rechtliche Wirkung, insbesondere die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs knüpft (vgl. Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 69. Auflage 2010 Überblick vor § 873 Randnummern 7 und 8 und Demharter Grundbuchordnung 27. Auflage 2010 Anhang zu § 13 Randnummern 20 und 33 jeweils mit weiteren Nachweisen).
19Gemessen an diesen Grundsätzen ist die sich aus § 31 InvG ergebende Verfügungsbeschränkung eintragungsfähig, weil bei Nichteintragung des Übergangs der Verfügungsbefugnis vom Eigentümer auf die Kapitalanlagegesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs besteht, wenn entgegen § 31 InvG Verfügungen das Grundstück betreffend vom Eigentümer selbst getroffen werden.
20Auch der Vermerk nach § 26 Absatz 1 Satz 3 InvG, wonach Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft über zum Sondervermögen gehörende Immobilien der Zustimmung der Depotbank bedürfen, ist grundsätzlich eintragungsfähig deshalb, weil zum einen eine Verfügung ohne Zustimmung der Depotbank gemäß § 26 Absatz 2 Satz 3 InvG den Anlegern gegenüber unwirksam ist, insoweit aber (im Falle der Nichteintragung der Verfügungsbeschränkung) gemäß § 26 Absatz 2 Satz 4 InvG die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs besteht, und zum anderen die Eintragung der Verfügungsbeschränkung nach § 26 Absatz 1 Nummer 3 InvG in das Grundbuch gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist, indem § 26 Absatz 3 InvG der Depotbank auferlegt, die Eintragung der Verfügungsbeschränkung in das Grundbuch zu überwachen, und § 76 Abs. 1 Satz 1 InvG der Kapitalanlagegesellschaft vorschreibt, für eine Eintragung der Verfügungsbeschränkung im Grundbuch Sorge zu tragen. § 26 InvG gehört zu den allgemeinen Vorschriften des Investmentgesetzes und ist damit grundsätzlich auch auf die Miteigentumslösung anzuwenden, zumal § 91 InvG, der die Miteigentumslösung ermöglicht, ein Abdingen von § 26 InvG nicht vorsieht. § 76 InvG ist über die Verweisung in § 91 Absatz 2 InvG anwenbar.
21Allerdings ist der Beschwerdeführer wegen des Übergangs der Verfügungsbefugnis ausschließlich auf die Kapitalanlagegesellschaft hinsichtlich der Eintragung von Verfügungsbeschränkungen nicht bewilligungsbefugt, so dass eine Anweisung an das Grundbuchamt, die Eintragungen wie beantragt zu vollziehen, nicht in Betracht kommt, sondern der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss des Grundbuchamtes im Ergebnis der Erfolg zu versagen ist:
22Eine Eintragung im Grundbuch ist gemäß § 19 GBO von demjenigen zu bewilligen, dessen Recht von der Eintragung betroffen ist. Die Eintragungsbewilligung muss von demjenigen ausgehen, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird. Ob er die Bewilligungsberechtigung selbst ausüben kann, ist eine Frage der Bewilligungsbefugnis. Dabei stellt die Eintragungsbewilligung als reine Verfahrenshandlung keine rechtsgeschäftliche, sondern lediglich eine verfahrensrechtliche Verfügung über das betroffene Recht dar. Die Befugnis hierzu leitet sich von der Befugnis zur sachlich rechtlichen Verfügung über das Recht ab, d.h. die verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis knüpft als Ausfluss der sachlich rechtlichen Verfügungsbefugnis an diese an. So wie der materiell Verfügungsberechtigte als Inhaber des Rechts regelmäßig die Verfügungsbefugnis darüber hat, ist grundsätzlich der Bewilligungsberechtigte auch bewilligungsbefugt. Die sachlich rechtliche Verfügungsbefugnis kann aber durch das Erfordernis der Zustimmung Dritter beschränkt sein oder gar gänzlich fehlen. In diesen Fällen ist dementsprechend auch die verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis beschränkt oder fehlt ganz (vgl. Demharter a.a.O. § 19 Randnummern 44 und 56 mit weiteren Nachweisen). Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass, weil die Verfügungsbefugnis (wie ausgeführt) allein der Kapitalanlagegesellschaft zusteht, nur diese die Eintragung der Verfügungsbeschränkungen bewilligen kann. Die hier vorgelegte Bewilligung des Beschwerdeführers genügt dem nicht. Jedenfalls mangels Bewilligung durch die Kapitalanlagegesellschaft war der Eintragungsantrag daher zurückzuweisen.
23III.
24Die Kostenfolge ergibt sich aus dem Gesetz. Die Voraussetzungen des § 13a FGG für die Anordnung einer Kostenerstattung liegen nicht vor. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 130 Absatz 2, 30 Absatz 2 KostO.
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