Urteil vom Landgericht Münster - 015 O 317/10
Tenor
1. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 1) einen Betrag in Höhe von 248.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 1.12.2007 bis 20.12.2010 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 1) aus der Beteiligung an der O mit einem Beteiligungsbetrag von 200.000,00 €.
2. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 2) einen Betrag in Höhe von 432.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 29.11..2007 bis 20.12.2010 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 2) aus der Beteiligung an der O mit einem Beteiligungsbetrag von 320.000,00 €.
3. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 3) einen Betrag in Höhe von 56.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 28.11.2007 bis 20.12.2010 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 3) aus der Beteiligung an der O mit einem Beteiligungsbetrag von 40.000,00 €.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Annahme der Gegenleistung gemäß den vorstehenden Ziffern zu 1,2,3 in Annahmeverzug befinden.
5. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger verlangen von den Beklagten Rückzahlung der im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung im Rahmen eines Steuersparmodells an der O in U geleisteten Beträge.
3Die Beklagte zu 1) ist eine „gemischte Sozietät“ aus Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Die Beklagten zu 2) und 3) waren bis ins Jahr 2009 hinein Mitgesellschafter der Beklagten zu 1). Die Beklagten zu 2) und 3) führten schon 2007 den Geschäftsbereich „Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung“.
4Die Beklagte zu 1) ist über ihre Beteiligungsgesellschaft T zu etwa 46 % an einer
5P beteiligt.
6Die Unternehmensberatungs- und Wirtschaftsberatungsfirma P (Vorstand:N, G,I; Aufsichtsrat: Beklagter zu 2), Beklagter zu 3), N1) initiierte ein Steuersparmodell, das es Anlegern durch Beteiligung an einer ausländischen O in U- im Folgenden : O1- und durch Ausnutzung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen ermöglichen sollte, ihren Einkommenssteuersatz und ihre Sozialabgaben zu senken, d.h. in den Genuss von Steuerersparnissen zu kommen. Den Anlegern sollten im Jahr 2007 Verluste in Höhe ihres zu versteuernden Einkommens zugewiesen werden. Später sollten Gewinne zugewiesen werden, die in Deutschland als solche steuerfrei und lediglich progressionserhöhend sein sollten.
7Bei der O1 handelt es sich um eine Personengesellschaft T2- Rechts, die einer deutschen GmbH & Co KG vergleichbar ist. Sie wurde am 21.8.2007 im Handelsregister von B eingetragen; Gesellschafter und Geschäftsführer der O2 ist seit dem 19.7.2007 Herr H1 und Inhaber der O1 waren je zur Hälfte G (damaliger Vorstand der P) und N (damaliger Mitvorstand der P).
8Die P requirierte Anleger und übersandte auch den Klägern sowie deren Vermögensverwalterin, der Firma C, für die deren Mitarbeiter T1 und O2 tätig wurden, die Werbebroschüre K 4 (Vorstellung einiger Beteiligter und Partner, Kurzinformation zur O1, Zeichnungsunterlagen und Treuhandvertrag).
9In einem Schreiben vom 10.10.2007 „An alle Zeichner der O“ teilte die P mit, dass sie und ihre Partner „im Falle von Steuerrechtsstreitigkeiten“ als Ansprechpartner zur Verfügung stünden. „Unsere Muttergesellschaft“, die Beklagte zu 1), stehe ihr im Falle von Gerichtsverfahren „komplett zur Verfügung“. Als ihre „Partner“ gab die P u.a. die Beklagte zu 1) an.
10In der Folgezeit erhielten die Kläger wie andere Anleger einen mehrseitigen, von dem Beklagten zu 2) erstellten Fragebogen „G1“ (Bl. 113-119 GA), in der das Stimmrecht der beteiligten Kommanditisten und die Aufgaben der Gesellschafterversammlung beschrieben sind. Weiterhin ist ausgeführt, dass durch die O1 für alle deutschen Gesellschafter eine einzige gesonderte und einheitliche Steuererklärung beim Finanzamt G2-Mitte abgegeben werden solle. Als Antwort auf die Frage: „Wer vertritt die Gesellschaft steuerlich?“ ist ausgeführt: „Für die Belange der deutschen Steuer ist die Sozietät M1 aus H, NRW, zuständig“. Die einzelnen Anleger hingegen müssten nicht den Steuerberater wechseln, sondern erhielten lediglich einen weiteren gesonderten, einheitlichen Steuerbescheid über die Einkünfte aus der O1.
11Der Kläger zu 1) trat mit Zeichnungsschein vom 29.10.2007 (K 8) mit einer Einlage in Höhe von 800.000,00 € der O1 bei und wählte – wie die übrigen ca. 40 Anleger - die Option, der O1 nicht als Direktkommanditist mit Eintragung im Handelsregister beizutreten, sondern als Treuhandkommanditist. Mit weiterem Zeichnungsschein vom 1.12.2007 trat er mit einer weiteren Einlage von 200 000,00 € bei. Das Agio war in beiden Fällen mit 6% vereinbart.
12Der Kläger zu 2) unterzeichnete am 29.11.2007 eine Beitrittserklärung mit einem Beteiligungsbetrag von 1.600 000,00 €, der Kläger zu 3) am 28.11.2007 mit einem Betrag von 200.000,00 €. Gleichzeitig schlossen die Kläger jeweils mit der „M2-Steuerberatungsgesellschaft“ als Treuhänderin einen Treuhandvertrag über ihren Anteil nach den in diesem Vertrag abgedruckten Vertragsbestimmungen. Dieser Geschäftsbesorgungsvertrag war darauf gerichtet, für die Kläger die Beteiligung als Kommanditist an der O1 zu erwerben und zu verwalten.
13Einziger Aktionär der M2 war zu diesem Zeitpunkt Herr X (ein Mitglied der Beklagten zu 1), Vorstand bzw. Geschäftsführer war der Beklagte zu 3). Die M2 jetzt M2 Steuerberatungsgesellschaft mbH, war unter der gleichen Adresse geschäftsansässig, wie die Beklagte zu 1). Aufsichtsratsvorsitzender war RA C, Mitglied der Beklagten zu 1).
14Der Kläger zu 1) überwies an die M2 am 29.10.2007 einen Betrag von 208.000,00 € und am 4.12.2007 weitere 40.000,00 €.
15Der Kläger zu 2) zahlte an die Treuhänderin am 4.12.2007 entsprechend seiner Beitrittserklärung insgesamt 432.000,00 € in Form von 320.000,00 € Beteiligung an der O1 und 112.000,00 € Agio.
16Der Kläger zu 3) überwies der Treuhänderin am 28.11.2007 insgesamt 56.000,00 €.
17Die Beklagte zu 1) kümmerte sich um die steuerlichen Belange der O1 in Deutschland. Sie erhielt hierfür am 20.12.2007 von der O1 340.000,00 €. Unter dem 31.12.2007 stellte der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) auf dem Briefpapier der Beklagten zu 1) der O1 „laut StBGebV“ eine Rechnung für „Rechtliche und wirtschaftliche Beratung 2007 lt. Vereinbarung“ über 340.000,00 €.
18Anlagekonzept der O1 war ursprünglich die Anschaffung und Veräußerung von Edelmetallen, insbesondere Gold.
19Wegen Risiken des Metallgeschäfts stellte die Beklagte zu 1) im Auftrag der O1 auf einer Gesellschafterversammlung am 02.12.2007 in L den Anlegern ein neues Anlagekonzept vor, das „D1-Konzept“, das den Kauf und Verkauf von D1-Systemen und den Betrieb solcher Systeme (nur) in T2 vorsah. Es handelt sich hierbei um interaktive Werbesysteme, die in Geschäften oder an öffentlichen Plätzen eingesetzt werden können und Eigenwerbung, Gewinnspiele zur Kundenakquise, aber auch die Bewerbung von Partnern des Aufstellers oder überregionaler Produktanbieter ermöglichen.
20Die Kläger waren auf der Versammlung selbst nicht anwesend, sondern wurden durch ihren Vermögensverwalter Herrn T1 vertreten.
21Ausweislich des Protokolls über die Gesellschafterversammlung (K 15), das unter dem 21. Januar 2008 an die Anleger versandt wurde und auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, erläuterte zunächst der Beklagte zu 2) den versammelten Anlegern bzw. deren Vertretern die Gründe für die Abwendung vom Edelmetall-Konzept. Anschließend stellte der Geschäftsführer C1 der D das D1-System vor. Schließlich hielt der Beklagte zu 3) einen Vortrag zum beabsichtigten neuen Geschäft der O1.
22Im Versammlungsprotokoll heißt es zum Vortrag des Beklagten zu 3), dass der Kauf von 4.350 D1-Systemen durch die O1 von der D-GmbH noch im Jahr 2007 zu einem Gesamtkaufpreis von 20.010.000,00 € geplant sei. Der Kaufpreis solle aus Eigen- bzw. Fremdkapital der Gesellschafter in Höhe von 1.150.000,00 € und aus Fremdkapital von Banken in Höhe von 18.860.000,00 € erbracht werden. Die Bankdarlehen sollten im Dezember 2007 ausgezahlt und von der O1 als (steuerlich wirksame) Anzahlung auf künftige Lieferungen an die Fa. D weitergeleitet werden. Weiter heißt es im Protokoll wörtlich: „Für die Bankdarlehen stehen derzeit bereit die W, das N2, G3 sowie die V-AG.“
23Weiterhin heißt es im Protokoll zum Vortrag des Beklagten zu 3), dass die besagten 1.150.000,00 € und weitere 500.000,00 € Gesellschafter-Kapital im Risiko stünden, ein Vollverlust sei insoweit denkbar. In steuerlicher Hinsicht drohe die Nichtanerkennung des beabsichtigten steuerlichen Effekts, die entsprechende Auffassung der Finanzverwaltung basiere jedoch auf einer veralteten Rechtslage und widerspreche der Rechtsprechung des EuGH. Die Ablehnung des negativen Progressionsvorbehalts durch die Finanzverwaltung und die Notwendigkeit einer Anrufung der Finanzgerichte seien als sicher zu erwarten.
24Der Vortrag des Beklagten zu 3) ging einher mit einer PowerPoint-Präsentation (K16.). Die einzelnen Seiten der Präsentation enthielten oben rechts die Angabe „M1“ sowie unten die Angabe „L-Str., H, Internet: www.M1“. Die Seite „Handelsgeschäft“ enthielt zur Frage der Finanzierung des Kaufs der D1-Systeme die Angabe „davon Fremdkapital EUR 18.860.000,00“ sowie eine dazugehörige Fußnote: „Finanzierungszusage durch W. liegt vor“.
25Zum Ende der Gesellschafterversammlung vom 02.12.2007 wurde das neue Geschäftsmodell der O1 zur Abstimmung gestellt und durch Handzeichen einstimmig angenommen. Laut Protokoll wurde den Anlegern das Recht eingeräumt, durch Erklärung per Telefax an den Beklagten zu 3) bis spätestens 03.12.2007, 18.00 Uhr, noch den Rücktritt zu erklären. Wer den Rücktritt erkläre, erhalte in wenigen Tagen seine Einlage zurück. Die Klägerin machte hiervon keinen Gebrauch.
26In der Folge fand sich die W nur zu einem Kredit in Höhe von 6.000.000,00 € bereit.
27Am 12.12.2007 teilte der Zeuge U, Abteilungsdirektor Vermögensberatung des N2, dem Beklagten zu 3) mit, dass die Geschäftsabteilung des Bankhauses den Kredit abgelehnt habe. Ein Kredit der V war nicht realisierbar, weil nicht darstellbar.
28Daraufhin sandte der Beklagte zu 3) eine E-Mail an die Gesellschafter der Beklagten zu 1) C, C2 und X: „ Scheiße, jetzt muß Plan „B“ her!“
29Den von der W gezahlten Betrag überwies die O1 im Dezember 2007 aufgrund eines Kauf- und Liefervertrags vom 18.12.2007 (K 19.) als Kaufpreis-Vorauszahlung an die D-GmbH. Dieser Vertrag sieht unter „§ 2 Preis, Zahlungsmodalitäten“ als Absatz 5 vor, dass die Konten und ihre Guthaben nachrangig zur Absicherung des Anspruchs des Käufers auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung an den Käufer zu verpfänden sind.
30In § 4 ist eine Befristung des Vertrages bis zum 31.12.2009 vorgesehen, zudem ein Kündigungsrecht des Käufers u.a. für den Fall, dass die finanzierenden Banken den für jeweils 6 Monate gewährten Kredit nicht verlängern, mit einer Frist von 14 Tagen jeweils zum Kalenderhalbjahr. Im Falle einer solchen Kündigung muss der Käufer die noch nicht gelieferten Geräte nicht mehr abnehmen, und der Verkäufer muss die noch nicht verbrauchte Anzahlung zurücküberweisen.
31Der Beklagte zu 2) und die O1 schlossen einen Vertrag (K21), mit dem der Beklagte zu 2) der O1 ab dem 20.12.2007 bis zum 30.06.2008 ein Darlehen i.H.v. 5.500.000,00 € zu 4,5 % Zinsen p.a. gewährte. Einen entsprechenden Darlehensvertrag (K22) schlossen auch der Beklagte zu 3) und die O1. Weiterhin schlossen die „X-GbR“ und die O1 einen Darlehensvertrag über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 4.200.000,00 € durch die GbR zu gleichen Konditionen. Die Beklagten zu 2) und 3) und die X1-GbR nahmen ihrerseits bei der D-GmbH entsprechende Darlehen zu 4,1 % Zinsen p.a. auf. Die O1 wiederum überwies die erhaltenen Darlehensbeträge sogleich als weitere Kaufpreis-Vorauszahlung an die D-GmbH, so dass ein Zahlungskreislauf entstand.
32Spätestens am 18.12.2007 – die Kläger behaupten früher – erwarben die Beklagten zu 2) und 3) jeweils einen 4,6-prozentigen Anteil an der D-GmbH.
33Die Beklagte zu 1) reichte für die O1 die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 2007 beim Finanzamt ein und gab die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2007 für die O1 beim zuständigen Finanzamt L1 ab.
34Mit Bescheid vom 12.12.2008 setzte das Finanzamt N3 für Körperschaften die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Gemeinschaft der inländischen Beteiligten an der O1 auf „0“ € fest.
35Die Beklagte zu 1), handelnd durch den Beklagten zu 2), legte hiergegen am 06.01.2009 als Prozessbevollmächtigte der O1 Einspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den das Finanzamt zurückwies.
36Sodann beantragte die Beklagte zu 1), handelnd durch die Beklagten zu 2) und 3), beim Finanzgericht N3 die Aussetzung der Vollziehung (AZ: 7 V 355/09), was das Gericht mit Beschluss vom 05.05.2009 ablehnte. Es begründete seine Entscheidung damit, dass angesichts der sofortigen Kaufpreiszahlung an die D-GmbH keine Gewinnerzielungsabsicht der O1 bestehe und die Darlehensgestaltungen zudem für eine Umgehungsabsicht im Sinne von § 42 AO sprächen.
37Die Klagen anderer Anleger gegen den Feststellungsbescheid des Finanzamtes sind derzeit noch bei dem Finanzgericht N3 anhängig.
38Die Kläger behaupten, die Beklagte zu 1) habe das unternehmerische, betriebswirtschaftliche, steuerliche und juristische Konzept der O1 entwickelt, und zwar maßgeblich durch die Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagten zu 2) und 3) seien insbesondere am 2.12.2007 auch als Gesellschafter der Beklagten zu 1) aufgetreten und hätten die Realisierung von Steuervorteilen für die Anleger als sicher und seriös dargestellt. Das O1-Konzept habe sich in keiner Weise als tragfähig erwiesen, insbesondere wegen der unbesicherten Vorauszahlung an die D-GmbH und wegen der fehlenden Fremdfinanzierung. Eine echte Fremdfinanzierung habe zu keiner Zeit existiert, obwohl der Beklagte zu 3) am 02.12.2007 von einer entsprechenden „Zusage“ der Banken gesprochen habe. Auf eine ordnungsgemäße Abwicklung durch eine Großbank hätten sie vertraut; sie seien auch davon ausgegangen, dass das neue Konzept der O1 durch drei Banken geprüft und für betriebswirtschaftlich tragfähig und risikoarm befunden worden sei. Risikohinweise seien damals –entgegen dem Protokoll, das nicht einmal durch einen Hinweis auf die geänderten Finanzierungsbedingungen ergänzt worden sei – nicht erteilt worden; insbesondere sei nicht auf Bedenken im Hinblick auf § 42 AO hingewiesen worden, vielmehr seien die Steuervorteile als gesichert dargestellt worden. Der Beklagte zu 3) habe die Möglichkeit eines Totalverlustes ausdrücklich verneint. Nur aufgrund dieser Zusage seien die Kläger bereit gewesen, sich an dem Steuermodell zu beteiligen. Bei Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse und der „abenteuerlichen Finanzierung“ hätten sie die Beträge stattdessen sofort festverzinslich zu 4 % angelegt.
39Die Beklagten zu 2) und 3) seien schon am 02.12.2007 an der D-GmbH beteiligt gewesen. Ebenso sei die unbesicherte Anzahlung über 22.770.000,00 € nicht mitgeteilt worden. Die Anerkennung steuerlicher Verluste sei nicht mehr zu erwarten. Ferner sei verschwiegen worden, daß die Beklagte zu 1) auch die D-GmbH zugleich berate.
40Das D1-Konzept erreicht unstreitig die dargestellten Absatzzahlen bei weitem nicht. Die Kläger behaupten, die Beteiligung an der O1 sei wertlos, da die Darlehen der Treugeber – wie der Kläger - nicht einmal hinsichtlich der Zinslast aus der Vermarktung der D bedient werden könnten, die Konten der O1 gepfändet seien und sogar die Mieträume mangels Mietzahlungen gekündigt worden seien.
41Die Treuhänderin habe 400.000,00 €, die P 8% von 20 Mio Euro als Agio eingenommen.
42Der Kläger zu 1) hat die Klage in Höhe von 12.000,00 € zurückgenommen.
43Die Kläger beantragen noch,
441.die Beklagten zu 1) bis 3) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger zu 1) einen Betrag in Höhe von 248.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 1.12.2007 bis Rechtshängigkeit und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
45Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 1) aus der Beteiligung an der O mit einem Beteiligungsbetrag von 200.000,00 €.
462.die Beklagten zu 1) bis 3) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger zu 2) einen Betrag in Höhe von 432.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 29.11..2007 bis Rechtshängigkeit und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
47Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 2) aus der Beteiligung an der D mit einem Beteiligungsbetrag von 320.000,00 €.
483.die Beklagten zu 1) bis 3) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger zu 3) einen Betrag in Höhe von 56.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 28.11.2007 bis Rechtshängigkeit und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
49Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 3) aus der Beteiligung an der D mit einem Beteiligungsbetrag von 40.000,00 €.
504.festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der Gegenleistung gemäß den vorstehenden Anträgen zu 1,2,3 in Annahmeverzug befinden.
51Die Beklagten beantragen,
52die Klage abzuweisen.
53Die Beklagte zu 1) behauptet, das Konzept der O1 sei von der P-AG entwickelt worden; sie selbst habe für die P-AG Beratungsleistungen erbringen sollen, wie sich dies aus der Kurzinformation der P – K 4 – ergebe. Im Übrigen habe sie als Steuerberaterin für die O1 nur soweit die Belange der deutschen Steuer betroffen seien tätig werden sollen und insbesondere die einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungserklärungen für die O1 abgeben sollen. Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass sämtliche Aktivitäten und Erklärungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Gesellschafterversammlung vom 02.12.2007 für die O1, die M2AG oder die P-AG erfolgt seien; Beratungsverträge zwischen den Beklagten und den Anlegern / Treugebern seien nicht zustande gekommen. Auch habe sie kein besonderes Vertrauen in Anspruch genommen. Im Übrigen sei auch die Sicherung der Anzahlung durch Verwahrung und Verpfändung auf einem Konto der kreditgebenden Bank erörtert worden.
54Die Beklagten behaupten, die Beklagten zu 2) und 3) hätten die Geschäftsanteile an der D-GmbH erst am 18.12.2007 übernommen, um die vertragsgerechte Verwendung der Anzahlungen besser kontrollieren zu können. Zuvor habe es lediglich einen isolierten Beratungsauftrag der D-GmbH in anderer Angelegenheit gegeben. Die Beklagten zu 2) und 3) ergänzen insoweit, sie selbst und ihre Mandanten hätten deutlich vor dem 2.12.2007 einen siebenstelligen Betrag in D1-Systeme investiert. Die O1 sei lediglich in deren Interesse als Großhändlerin integriert worden, nachdem die ursprüngliche Planung wegen der Goldpreisentwicklung steuerlich riskant geworden sei.
55Sie sind der Ansicht, dass der Beschluss des Finanzgerichts N3 vom 05.05.2009 evident unrichtig sei; Die Beklagten zu 2) und 3) behaupten hierzu, eine vergleichbare Struktur habe das Hessische Finanzgericht am 29.10.2010 – 11 V 252/10 akzeptiert. Letztlich sei mit einer Anerkennung der steuerlichen Konstruktion zu rechnen, wodurch ein Schaden der Kläger entfalle.
56Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 3) habe auf der O1-Gesellschafterversammlung in L2 am 02.12.2007 nicht von einer Finanzierungs-„Zusage“ der im Versammlungsprotokoll genannten Banken, sondern lediglich von einem „Bereitstehen“ für die Finanzierung gesprochen. Diese Darstellung sei damals auch richtig gewesen, da jedenfalls die W tatsächlich zur vollständigen Finanzierung bereit gewesen sei. Erst später sei die Kreditmaximalgrenze von 6 MIO € genannt worden. Auch das Bankhaus N2 habe diesen Eindruck vermittelt. Die Beteiligung der Beklagten zu 2) und 3) an den Kauf- und Darlehnsverträgen sei im Interesse der O1 erfolgt, um das Geschäft in T2 anzukurbeln. Die hohe Anzahlung noch im Jahr 2007 sei sowohl wegen der erstrebten Steuerersparnis für 2007 als auch um der O1 ein Alleinvertriebsrecht zu sichern erforderlich gewesen. Wegen des Sicherheitssystems in Verbindung mit der W-Bank habe die D-GmbH über den Anzahlungsbetrag nicht frei verfügen können; sie habe die Anzahlung jedoch durch verzinsliche Darlehnsvergabe investieren können.
57Die Beklagten zu 2) und 3) behaupten weiter, den Anlegern sei die Art der Finanzierung völlig egal gewesen; die Kläger hätten bei einem Rückzug aus der O1 ein Mehrfaches der Beteiligungssumme an Steuern abführen müssen. Im Übrigen hätte für die steuerliche Anerkennung eine beliebige Novation genügt.
58Das in der Versammlung vom 2.12.2007 angesprochene Rücktrittsrecht habe sich nicht auf das Agio bezogen. Schließlich müssten sich die Kläger ein Mitverschulden ihres Vermögensberaters zurechnen lassen.
59Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
60ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
61Die Klage ist zulässig und begründet.
62Die Kläger haben Anspruch auf Schadensersatz in Höhe ihrer jeweiligen Zahlungen gegen die Beklagte zu 1) aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Beratungsvertrag. Die Beklagten zu 2) und 3) haften im gleichen Umfang jedenfalls akzessorisch als damalige Gesellschafter der Beklagten zu 1).
63Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) kam spätestens im Zuge der Gesellschafterversammlung am 02.12.2007 ein Beratungsvertrag zustande.
64Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) handelten die Beklagten zu 2) und 3) auf dieser Versammlung aus der – insoweit maßgeblichen – Sicht der Klägerin zumindest auch für die Beklagte zu 1). Dies folgt zunächst daraus, dass aus Sicht der Anleger einschließlich des Protokollführers C gleich drei damalige Sozien der Beklagten zu 1) in L2 vor Ort waren und tätig wurden. Dies deutete auf ein erhebliches Interesse der Beklagten zu 1) an der Veranstaltung und deren Ergebnissen hin. Wesentlich kommt hinzu, dass die in L2 gezeigte, den Vortrag des Beklagten zu 3) begleitende PowerPoint-Präsentation nur als Produkt der Beklagten zu 1) verstanden werden konnte. Insbesondere der oben auf jeder Seite der Präsentation wiederholte Text „M1 (...)“ war so groß und prominent platziert, dass bei den Anlegern und auch dem Vertreter der Kläger der klare Eindruck entstehen musste, dass die Beklagte zu 1) für den Inhalt der Präsentation verantwortlich zeichnete. Dass es sich um eine Gesellschafterversammlung der O1 handelte, machte diese noch nicht zum rechtlichen Urheber aller auf der Versammlung abgegebenen Erklärungen, zumal die O1 wie auch die M2-AG aus Sicht der Anleger eindeutig eine Zweckschöpfung war, die für sich kein Vertrauen in Anspruch nehmen konnte, wohingegen die Sachkunde der drei Beklagten für die Anleger zweifellos von Bedeutung war.
65Dass ein Beratungsvertrag konkludent abgeschlossen wurde, ergibt sich daraus, dass die Beklagte zu 1) – vertreten durch die Beklagten zu 2) und 3) – mit ersichtlichem Rechtsbindungswillen Rat (z.B. „Packen wir es an!!!“ am Ende der Präsentation zum D1-Konzept) und Auskunft gegeben hat. Aus Sicht der Beklagten war klar, dass ihre Auskünfte und Einschätzungen für die Anleger / Treugeber von erheblicher Bedeutung und Grundlage einer wesentlichen Entscheidung waren, nämlich der Entscheidung über die Änderung des Geschäftsmodells der O1 oder – alternativ – den Rückzug der Anleger aus der O1. Hierin liegt ein wesentliches Indiz für einen Rechtsbindungswillen der Beteiligten (vgl. Palandt-Sprau, 70. Aufl. 2011, § 675 Rn. 36, m.N. zur Rechtsprechung des BGH). Ein weiteres Indiz liegt in der besonderen Sachkunde der Beklagten bezüglich der am 02.12.2007 interessierenden, insbesondere steuerlichen Fragen (vgl. Palandt-Sprau a.a.O. m.w.N.). Zudem mussten die Anleger aus dem Auftreten von gleich drei Sozien auf ein wesentliches wirtschaftliches Eigeninteresse der Beklagten zu 1) am Fortgang der O1 schließen, worin ein weiteres Indiz für den Rechtsbindungswillen der Beklagten zu 1) liegt (vgl. Palandt-Sprau a.a.O. m.w.N.).
66In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass die Kläger bereits zuvor - eventuell aufgrund der noch zu der Vorgängerversion der O1 erteilten Informationen - beigetreten waren. Die Kläger haben sich bei der Versammlung am 2.12.2007 unstreitig durch einen Mitarbeiter ihrer Vermögensverwalterin vertreten lassen und damit ihr Beratungsinteresse aufgrund der neuen Konzeption deutlich gemacht.
67Die Beklagte zu 1) verstieß schuldhaft gegen ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag, indem sie – vertreten durch den Beklagten zu 3) – am 02.12.2007 unzutreffende Aussagen zur Fremdfinanzierung des D1-Konzepts machte.
68Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der Beklagte zu 3) sagte, Banken würden zur Fremdfinanzierung i.H.v. 18.860.000 € „bereitstehen“ - so die Beklagten und das Versammlungsprotokoll- oder ob er erklärte, die Fremdfinanzierung sei „zugesagt“ --so die Fußnote in der begleitenden PowerPoint-Präsemtation-. Das Wort „bereitstehen“ wird nämlich gemeinhin so verstanden, dass die entsprechende Tätigkeit lediglich abgerufen werden muss, die Entscheidung des Bereitstehenden zum Tätigwerden also bereits gefallen ist. Eine hiervon abweichende Darstellung behaupten die Beklagten nicht. Aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 3) nicht exakt die Wendung der Power-Point-Präsentation benutzte, mussten die Teilnehmer wegen der Feinheit der semantischen Differenz nicht auf eine sachliche Änderung schließen. Dass keine Rückfragen gestellt wurden, belegt nach Auffassung der Kammer nur, dass die Anwesenden keinen Widerspruch und keine Änderung erkannten. Auch soweit der Beklagte zu 3) zusätzlich zwei weitere Banken als Finanzierer benannte, ergab sich hieraus für die Teilnehmer der Versammlung kein Anlass, dies nicht dahin zu verstehen, dass die O1 unter nunmehr drei verbindlichen Finanzierungsangeboten wählen konnte. Inhaltlich war der Vortrag des Beklagten zu 3) also aus der maßgeblichen Sicht der Anleger / Treugeber in jedem Fall dahingehend zu verstehen, dass die Fremdfinanzierung gesichert war.
69Der hierdurch erweckte Eindruck war falsch.
70Schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten gab es seitens der W, mit der die Kreditverhandlungen wohl am Weitesten gediehen sein sollen, keine verbindliche Kreditzusage:
71Der Zeuge K von der W soll dem Beklagten zu 3) lediglich gesagt haben, dass eine Prüfung durch den „Genossenschaftlichen Prüfungsverband“ ergeben habe, dass die „Prüfungs-Probleme und Absicherungen eines ‚Großkredites nach dem KWG‘“ im Fall O1 aufgrund der geplanten besonderen Absicherungskonstruktion nicht zu beachten seien. Die Prüfer hätten dem Zeugen das Ergebnis ihrer Prüfung mündlich mitgeteilt und ihm eine kurzfristige schriftliche Bestätigung des Prüfungsergebnisses zugesagt.
72Dies als richtig unterstellt, hatte also lediglich eine interne Vorprüfung bereits stattgefunden, und dies mit einem Ergebnis, das selbst intern unverbindlich war. Die eigentliche Kreditentscheidung stand in jedem Fall noch aus.
73Ähnliches gilt für den (im Übrigen unsubstantiierten) Beklagtenvortrag zum Bankhaus N2, von dessen Seite lediglich „großes Interesse signalisiert“ und eine „grundsätzliche Finanzierungsbereitschaft versichert“ worden sein soll. Der Beklagtenvortrag zur V schließlich lässt nicht einmal ein dortiges Finanzierungsinteresse erkennen und ist zudem substanzlos.
74Die unrichtige Darstellung war objektiv pflichtwidrig.
75Es liegt auf der Hand, dass die Frage der Fremdfinanzierung für die Anleger / Treugeber von großer Bedeutung war. Zum einen wurde durch die Darstellung, die Fremdfinanzierung i.H.v. immerhin 18.860.000 € sei bereits gesichert, der Eindruck erweckt, das angestrebte neue O1-Konzept sei banklich geprüft und für betriebswirtschaftlich tragfähig und risikoarm befunden worden. Aufgrund des Hinweises des Beklagten zu 3), die Anlage sei für die Banken völlig risikolos, mussten die Anleger oder ihre Vertreter nicht davon ausgehen, dass keinerlei bankmäßige
76Prüfung erfolgt sei. Generell prüfen Banken zumindest ihre eigenen Risiken selbst und verlassen sich nicht auf Einschätzungen ihrer Vertragspartner oder Dritter. Auch bei Zahlungen ausschließlich auf an die Bank verpfändete Konten im eigenen Haus bestand noch Klärungsbedarf im Hinblick auf Nebenkosten wie Zinsen und Bearbeitungsgebühren. Immerhin spricht auch der Umstand, dass die Beklagten trotz der vorgetragenen Risikolosigkeit keine finanzierende Bank für die volle Kreditsumme finden konnten, dafür, dass eine Sichtung des Konzepts notwendig und üblich ist. Des Weiteren spielte die Fremdfinanzierung für die (letztlich entscheidende) steuerliche Funktionsweise des O1-Modells eine erkennbar wesentliche Rolle: Es war klar, dass die angestrebten Verluste noch in 2007 durch eine Kaufpreisvorauszahlung seitens der O1 an die D-GmbH anfallen mussten und dass die Vorauszahlung zuvor finanziert werden musste. Es lag auch auf der Hand, dass eine „echte“, bankenmäßige Fremdfinanzierung für die anstehende Prüfung der Ernsthaftigkeit des D1-Konzepts durch Finanzbehörden und -gerichte von wesentlicher Bedeutung sein würde. Ob die steuerrechtliche Auffassung der Finanzverwaltung und des Finanzgerichts N3 letztlich zutreffend ist – dies kann die Kammer nicht abschließend beurteilen – kann dahinstehen.
77Nach dem Gesagten wäre eine wahrheitsgemäße, ungeschönte und umfassende Aufklärung der Anleger zur Fremdfinanzierungssituation geboten gewesen, um diesen eine sachgerechte, von Willensmängeln unbeeinflusste Entscheidung über den Fortgang der O1 zu ermöglichen.
78Bestätigt wird dies durch folgende Überlegung: Hätten die Beklagten am 02.12.2007 den später realisierten „Zahlungskreislauf“ aus Darlehen und Kaufpreisvorauszahlungen als Mittel der „Fremdfinanzierung“ präsentiert, und sei es nur als „Plan B“, so hätte dies auf die Anleger in hohem Maße unseriös und steuerlich riskant gewirkt und wäre – hiervon ist das Gericht überzeugt – auf Widerstand gestoßen.
79Der objektive Pflichtverstoß der Beklagten zu 1) geschah auch schuldhaft, jedenfalls ist für das Gegenteil nichts ersichtlich (die Darlegungs- und Beweislast liegt bei den Beklagten, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Zumindest der Beklagte zu 3) kannte den Stand der Finanzierungsbemühungen. Die Bedeutung einer wahrheitsgemäßen Information der Anleger lag auch für ihn auf der Hand.
80Ob seitens der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin noch weitere Pflichtverletzungen begangen wurden, kann dahinstehen.
81Hätte der Beklagte zu 3) wahrheits- und pflichtgemäß erklärt, dass die Fremdfinanzierung am 02.12.2007 noch nicht gesichert war, so hätte ein Großteil der Anleger der Beschlussvorlage nicht zugestimmt; insoweit ist bereits nicht ersichtlich, dass es zu einer Durchführung dieses Anlagekonzepts gekommen wäre. Die Beklagten zu 2) und 3) lassen nachvollziehbar darauf hinweisen, dass ihnen Unprofessionalität vorgeworfen worden wäre, wenn sie nicht ein fertiges Alternativkonzept hätten präsentieren können. Dazu gehört als wesentliches Element die Frage der Finanzierung. Dann aber hätte die Vermögensverwalterin der Kläger von einer O1-Beteiligung Abstand genommen und von dem am 02.12.2007 eingeräumten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht, zumindest für den Fall, dass eine bankenmäßige Fremdfinanzierung nicht in voller Höhe gelingt. Hiervon ist das Gericht nach den oben gemachten Ausführungen ohne Weiteres überzeugt, zumal auch die einschlägige Vermutung des aufklärungsgerechten Verhaltens hierfür spricht.
82Der gerichtlichen Überzeugung steht die Überlegung, dass es den Klägern sicherlich in erster Linie um steuerliche Vorteile ging und ein anderes Steuersparmodell für 2007 möglicherweise nicht mehr zu realisieren gewesen wäre, nicht entgegen. Es ist nämlich zu beachten, dass das D1Konzept für die Anleger in hohem Maße betriebswirtschaftlich riskant war. Diesem Risiko musste aus ihrer Sicht eine hohe steuerliche „Erfolgschance“ entgegenstehen, da andernfalls das Gesamtpaket unvernünftig gewesen wäre. Zwar wies der Beklagte zu 3) am 02.12.2007 auf bestehende steuerliche Risiken hin, diese sollten aber beherrschbar sein, da die steuerrechtliche Auffassung des Beklagten zu 3) die richtige sei und sich letztlich durchsetzen werde. Die Gefahr eines Scheiterns der Fremdfinanzierung hätte sich demgegenüber, und zwar bei natürlicher wie rechtlicher Betrachtung, als eine zusätzliche, erhebliche und gänzlich andersartige Gefahr für das steuerliche Gelingen dargestellt.
83Die Kläger sind so zu stellen, als wäre der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten, als wären sie also spätestens am 02.12.2007 ordnungsgemäß über die Fremdfinanzierungssituation informiert worden. In diesem Fall wären sie nach dem oben Gesagten von ihrer O1-Beteiligung zurückgetreten.
84Für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs geht das Gericht davon aus, dass die Kläger die 2007 eingezahlten Beträge in voller Höhe zurückerhalten hätten. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Versammlungsprotokoll in Aussicht gestellte Einlagenrückgewähr im Rücktrittsfall tatsächlich nicht erfolgt wäre. Weiterhin geht das Gericht gemäß § 287 ZPO davon aus, dass die Kläger auch ihr Agio zurückerhalten hätten. Von einer vollständigen Rückgewähr ist auszugehen, schon weil das Angebot vom 02.12.2007 aus Sicht der Anleger so zu verstehen war und weil der Beklagte zu 3) hier ersichtlich eine „kulante“ Möglichkeit der vollständigen Loslösung ohne Vorbehalte und Hintergedanken eröffnen wollte. Auf die Frage, gegen wen und in welcher Höhe die Kläger rechtliche Rückgewähransprüche gehabt hätten, kommt es nicht an. Im Übrigen aber hatte auch die P mit dem Schreiben vom 10.10.2007 bereits eine Rückzahlung des Agios bis auf 1% für den Fall angeboten, dass es nicht fristgemäß zu einer Eintragung der O1 in T2 kommen sollte. Eine derartige Einschränkung hat der Beklagte zu 3) nicht erklärt.
85Gemäß § 249 BGB können Geschädigte nur verlangen, so gestellt zu werden, wie sie ohne die Pflichtverletzung stünden. Ein Schadensersatzanspruch ist danach von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herauszugeben sind, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen ( BGH NJW-RR 05,170). Hierzu gehören grundsätzlich auch Steuervorteile, die der Geschädigte infolge der Schädigung erspart hat, (BGH NJW 06,499). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 1990, 571; BGH Urteil vom 15.7.2010, III ZR 337/08 ) sind Steuervorteile regelmäßig nicht anzurechnen, wenn der Geschädigte die Ersatzleistung wiederum versteuern muss und der darin liegende Nachteil den Vorteil in etwa ausgleicht; eine exakte Berechnung der Vor- und Nachteile erübrigt sich dann wegen der Regelung des § 287 ZPO. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen Gesellschafter einer Personengesellschaft in dieser Eigenschaft die Geschädigten waren. Werden ihre Schäden durch Ersatzleistungen ausgeglichen, so erhöhen sich die Gewinne, die sie nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern haben. Gibt der Gesellschafter Zug um Zug gegen die Ersatzleistung seine Beteiligung auf, so erzielt er hinsichtlich der Differenz zwischen Buchwert des Anteils und Ersatzleistung einen Veräußerungsgewinn, den er nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG versteuern muss. Diese Rechtsprechung ist im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 287 ZPO zum Teil durch den Gedanken ergänzt worden, eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage würde angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Daher sei eine nähere Berechnung nur dann erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Geschädigte außergewöhnliche Steuervorteile erzielt habe. An dieser - gerade auch im Zusammenhang mit so genannten Steuersparmodellen entwickelten - Rechtsprechung ist nach der Entscheidung BGH Urteil vom 15.7.2010, III ZR 337/08 festzuhalten, da sie die Zivilgerichte in die Lage versetzt, über Schadensersatzansprüche abschließend zu erkennen, ohne sich mit steuerlich außerordentlich komplexen Gestaltungen im Detail auseinandersetzen und die nur schwer abzusehende künftige Besteuerung der Ersatzleistung vorwegnehmen zu müssen.
86Die Kläger sind lediglich wirtschaftlich an der O1 beteiligt, während die M2 als Kommanditistin eingetragen ist. Die Kläger müssen damit nur ihre Rechte aus dem Treuhandverhältnis zur M2 und der Treuhandkommanditbeteiligung übertragen. In diesem Sinn sind die Anträge auch zu verstehen, denn vernünftigerweise werden nur die Rechtspositionen angeboten, die aufgrund der Zeichnung erworben sind. Etwaige Schwierigkeiten bei der Übertragung der Beteiligung im Hinblick auf etwaige Zustimmungserfordernisse stehen der angebotenen Zug-um –Zug-Leistung nicht entgegen. Mit der Übertragung können die Beklagten die Zustimmung selbst einfordern; etwaige Schwierigkeiten fallen in den Risikobereich der schadenersatzpflichtigen Beklagten, (OLG Hamm, Urteil vom 10.5.2011 – I 34 U 14/10).
87Die Beklagten können sich nicht auf ein Mitverschulden des Vertreters der Kläger gem. §§ 254 BGB berufen. Der Informationspflichtige kann dem Geschädigten grundsätzlich nicht gem. § 254 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Derjenige, der einen Sachkundigen hinzuzieht, gibt nämlich damit zu erkennen, dass er auf dem betreffenden Fachgebiet nicht die erforderlichen Kenntnisse hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so dass sein Vertrauen besonderen Schutz verdient (BGH WM 82,90).
88Für die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) haften die Beklagten zu 2) und 3) als damalige Sozien, jedenfalls akzessorisch, § 128 HGB analog.
89Die Beklagten zu 2) und 3) haften analog § 128 Satz 1 HGB untereinander als Gesamtschuldner. Das Verhältnis der Beklagten zu 1) zu den Beklagten zu 2) und 3) ist kein echtes Gesamtschuldverhältnis, es sind jedoch grundsätzlich Gesamtschuldregeln anwendbar (vgl. Palandt-Sprau § 714 Rn. 15). Insbesondere können die Kläger von den Beklagten insgesamt selbstverständlich nur einmal Leistung fordern.
90Die Kläger haben gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.12.2010. Die Klageschrift wurde der Beklagten zu 1) am 20.12..2010 zugestellt, die Beklagten zu 2) und 3) haften auch insoweit akzessorisch.
91II.
92Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
93Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.