Urteil vom Landgericht Münster - 115 O 303/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Leistungen aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag.
3Der Kläger unterhält bei der Beklagten zur Versicherungsschein Nr. XXX einen Versicherungsvertrag für Landwirtschafts-und Verkehrs-Rechtsschutz. Die Parteien haben die Geltung der allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der Beklagten mit Stand 10.96 vereinbart (ARB 94) sowie 200,00 DM Selbstbeteiligung je Leistungsart. § 27 Abs. 1 ARB 94 lautet wie folgt:
4„Versicherungsschutz besteht für den beruflichen Bereich des Versicherungsnehmers als Inhaber des im Versicherungsschein bezeichneten Land-oder forstwirtschaftlichen Betriebes sowie für den privaten Bereich und die Ausübung nicht selbstständiger Tätigkeiten.“
5Der Kläger ist Gesellschafter einer landwirtschaftlichen Kartoffelgemeinschaftsbrennerei, der „Kartoffelgemeinschaftsbrennerei C“. Diese Beteiligung des Klägers wurde bei Abschluss des Versicherungsvertrages nicht erörtert. Nach Ausscheiden von 23 Mitgesellschaftern zum 30.06.2009 wurde der Kläger gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaftern von den ausgeschiedenen Gesellschaftern auf restliche Abfindung bzw. restliches Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von insgesamt 832.841,70 € in Anspruch genommen, nachdem sie diesen Gesellschaftern eine solche Abfindung lediglich in Höhe des Buchwertes von 17.000,00 € gezahlt hatten.
6Zweck der Gesellschaft war die bestmögliche Verwertung der von den Gesellschaftern erzeugten Kartoffeln und anderer zugelassener Rohstoffe zu Alkohol in einer Brennerei. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts hielt ein Brennrecht im Sinne des Branntweinmonopolgesetzes, für das ihr im Falle der Rückgabe ein Ausgleichsbetrag i. H. v. 1.044.836,85 € zustand, zahlbar in fünf jährlichen Raten. Maßgeblicher Posten der Auseinandersetzungsbilanz war dieser Ausgleichsbetrag. Die Ausgleichssumme wurde in einem Betrag ausgezahlt und betrug nach Abzinsung der fünf Jahresraten 997.835,73 €. Im Rahmen der Auseinandersetzung stritten die Gesellschafter darüber, ob das Brennrecht bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens mit einem abgezinsten Wert oder mit dem Buchwert laut Gesellschaftsvertrag zu berücksichtigen sei.
7Nachdem dem Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht Münster zum Az. 10 O 1/10 die Klage zu einem Streitwert von 832.461,70 € zugestellt wurde, ließ er die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 05.03.2010 auffordern, Deckungszusage für die Verteidigung gegen die Klage zu erteilen. Die Beklagte bat zunächst schriftlich um Mitteilung, wie die Einkünfte aus dem Brennereibetrieb besteuert würden und um Übersendung des Gesellschaftsvertrages. Nach Erhalt der Auskünfte und Unterlagen lehnte die Beklagte die Deckungszusage mit Schreiben vom 20.12.2010 endgültig mit der Begründung ab, dass es sich um eine vertragliche Streitigkeit im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Gewerbes oder als freiberuflich Tätiger handele. Auch im sich anschließenden Schriftverkehr blieb die Beklagte bei ihrer Auffassung, zuletzt mit Schreiben vom 03.12.2012.
8Der Kläger unterlag erstinstanzlich vor dem Landgericht Münster und musste an die obsiegenden Gegner insgesamt Kosten i. H. v. 8.050,81 € zahlen. An seinen Prozessbevollmächtigten zahlte er auf die Rechnung vom 24.08.2010 8.931,07 € sowie eine weitere Vergütung i. H. v. 3.129,58 €.
9Für das zweitinstanzliche Verfahren vor dem OLG Hamm zahlte der Kläger an seine Prozessbevollmächtigten einen Vorschuss in Höhe von 3.875,59 €. Auch im Berufungsverfahren vor dem OLG Hamm unterlag der Kläger. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.02.2013 legte er Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein.
10Der Kläger begehrt Rechtsschutz für sämtliche Instanzen.
11Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, ihm Rechtsschutz für die streitgegenständlichen Verfahren zu gewähren. Versichert sei die Wahrnehmung rechtlicher Interessen hinsichtlich vertraglicher Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit dem im Versicherungsschein bezeichneten landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers stünden. Die Abwehr von Abfindungsansprüchen der ausgeschiedenen Mitgesellschafter weise einen solchen Zusammenhang mit seinem Landwirtschaftsbetrieb auf, da seine Beteiligung an der landwirtschaftlichen Kartoffelgemeinschaftsbrennerei lediglich einen untergeordneten landwirtschaftlichen Nebenbetrieb darstelle. Der Kläger vertritt die Ansicht, Nebenbetriebe seien solche, die dem Hauptbetrieb zu dienen bestimmt seien und nicht einen selbstständigen Gewerbebetrieb darstellten. Nach den Vorgaben des Branntweinmonopolgesetzes müssten die Gesellschafter der Gemeinschaftsbrennerei Landwirte sein, die die Rückstände aus dem Betrieb der Brennerei in ihren eigenen Betrieben verwenden. Zudem müssten grundsätzlich die Rohstoffe für die Brennerei aus den landwirtschaftlichen Betrieben stammen. Versicherungsschutz bestehe lediglich dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer in nicht unerheblichem Umfang einen deutlich von der Landwirtschaft abgegrenzten Nebenbetrieb betreibt, in dem die im Hauptbetrieb gewonnenen Erzeugnisse verwertet oder abgesetzt werden. Die streitgegenständliche Brennerei sei weder deutlich von der Landwirtschaft abgegrenzt noch betreibe er diesen Nebenbetrieb in erheblichem Umfang. Da in der Brennerei hohe Anteile seiner eigenen Erzeugnisse verwertet würden, habe diese ihre Produktionsgrundlage nach wie vor in seinem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb. Der Umfang des auf ihn jährlich entfallenden Gewinnanteils habe sich regelmäßig lediglich auf einen dreistelligen Eurobetrag belaufen.
12Der Kläger trägt weiter vor, im Versicherungsschein sei keine Eingrenzung des Versicherungsschutzes auf einen konkreten Betrieb unter einer konkreten Anschrift erfolgt. Vielmehr seien als Versicherungsgegenstand „70 ha Nutzfläche“ bezeichnet. Dies spiegele die tatsächlichen Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wider, da er bereits zu dieser Zeit nicht nur die in seinem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen in Velen bewirtschaftet, sondern schon immer weitere landwirtschaftliche Flächen und Wirtschaftsgebäude an anderen Standorten gepachtet habe. Demgemäß habe es schon immer Betriebsteile gegeben, die sich an einer anderen Adresse befunden hätten.
13Der Kläger behauptet, der den Vertrag vermittelnde Vertreter der Beklagten, F, habe ihm bei Vertragsschluss ausdrücklich bestätigt, dass die Versicherung für „Alles, was mit Landwirtschaft zu tun“ habe, gelte. Diese Aussage sei so zu verstehen, dass eine umfassende Rechtsschutzversicherung für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb angestrebt worden sei. Sollte die streitgegenständliche Brennerei nicht vom Versicherungsumfang erfasst sein, sei der Kläger darüber nicht vom Vertreter der Beklagten aufgeklärt worden. Diese unvollständige Aufklärung müsse die Beklagte im Sinne einer Erfüllungshaftung gegen sich gelten lassen.
14Der Kläger beantragt,
151) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Rechtsschutz für den Versicherungsfall vom 11.01.2010 (Klageverfahren: Erster Instanz, LG Münster, Aktenzeichen: 10 O 1/10, zweiter Instanz: OLG Hamm, I-8 U 196/10 und dritter Instanz, BGH, Az.: II ZR 85/13; Schadennummer der Beklagten: S – 3461000840-7 1) aufgrund des zwischen den Parteien unter dem Versicherungsschein Nummer: 26947066-7 abgeschlossenen Versicherungsvertrages für das gerichtliche Verfahren erster, zweiter und dritter Instanz zu gewähren, soweit die zu erstattenden Kosten nicht Gegenstand der Klageanträge zu 2) bis 4) sind
162) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.050,81 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 13.07.2010 gemäß dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Münster vom 17.08.2010 (Az. 10 O 1/10) zu zahlen;
173) die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 8.931,07 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.09.2010 zu zahlen;
184) die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 3.875,59 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13.02.2013 zu zahlen;
195) die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 3.129,58 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13.02.2013 zu zahlen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte ist der Auffassung, Rechtsschutz sei dem Kläger nicht zu gewähren. Dieser sei lediglich als Inhaber des mit seiner Anschrift im Versicherungsschein bezeichneten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes „XXX, versichert. Der Vertrag erstrecke sich hingegen nicht auf den Brennereibetrieb der GbR am gesellschaftsvertraglichen Sitz in XXX S. Die erwähnten Pachtflächen stellten keinen selbstständigen landwirtschaftlichen Betrieb dar, sondern seien Betriebsteile des einheitlichen, von der Wohnadresse des Klägers ausgeführten Betriebes. Dies sei durch die Flächenangabe im Versicherungsschein klargestellt worden. Insoweit sei der Kläger nur als Inhaber seines eigenen Betriebes versichert. Inhaber der Brennerei sei allerdings die GbR. Als Inhaber seines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes sei der Kläger nicht betroffen. Der vorliegende Streit betreffe vielmehr das Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern des nicht versicherten GbR-Betriebes. Daran ändere die Tatsache nichts, dass Gesellschafter der GbR nur ein Landwirt sein könne. Dies sei eine bloße Voraussetzung für die Anerkennung und Behandlung der Brennerei und habe insofern ausschließlich branntweinmonopolrechtliche Bedeutung. Die streitgegenständliche Brennerei sei auch kein Nebenbetrieb des versicherten Hauptbetriebes. Hierfür sei zunächst die steuerliche Einstufung unerheblich. Voraussetzung sei vielmehr eine Unterordnung des Nebenbetriebs unter den Hauptbetrieb sowie dass der Nebenbetrieb nicht durch in den Betrieb einbezogene gewerbliche Betätigungen geprägt wird. Die von der GbR betriebene Brennerei sei allerdings kein dem Betrieb des Klägers untergeordneter Nebenbetrieb, sondern ein eigenständiger Hauptbetrieb mit dem eigenen Unternehmensgegenstand Branntweinbrennerei.
23Das für den landwirtschaftlichen Betrieb einschließlich untergeordneter eigener Nebenbetriebstätigkeit statistisch kalkulierbare Rechtsschutzrisiko würde unkalkulierbar ausgeweitet, wenn es sich nicht auf die Herstellung und Vermarktung eigener Erzeugnisse beschränkte, sondern im Außenverhältnis gegenüber Abnehmern auf eine nach ihrem Umfang nach unbeschränkte und unbeschränkbare Vielzahl von Produkten aus beliebig vielen weiteren Betrieben erweitert würde. Erst recht gelte dies, wenn sich das versicherte Risiko zusätzlich auf Rechtsstreitigkeiten im Innenverhältnis zwischen deren Inhabern erstrecken sollte, die es beim typischen inhabergeführten landwirtschaftlichen Betrieb nicht gebe.
24Im Übrigen sei nach den Rechtsschutzbedingungen ein Innenrechtsstreit zwischen mehreren Inhabern eines Betriebs nicht versichert. Dies gelte sowohl für den Hauptbetrieb als auch für einen etwaigen hinzuzuziehenden Nebenbetrieb.
25Entscheidungsgründe:
26Dem Kläger steht kein Anspruch auf den begehrten Rechtsschutz gemäß § 1 VVG i. V. m. §§ 27 u. 2 Buchst. d) ARB 94 zu, weil die streitgegenständliche Brennerei weder seinem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zuzuordnen, noch als diesem zugehöriger Nebenbetrieb anzusehen ist.
27Eine Zuordnung der Brennerei zum landwirtschaftlichen Hauptbetrieb des Klägers scheidet schon aus dem Grunde aus, dass die Brennerei durch den Aufkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitung zu Industriealkohol nicht landwirtschaftlich, sondern gewerblich tätig wird. Diese gewerbliche Tätigkeit wird nicht dadurch zu einer landwirtschaftlichen, dass sämtliche Gesellschafter der Brennerei Landwirte sind und sein müssen. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, dass dies lediglich eine gesetzliche Voraussetzung für die Erlangung der Brennrechte im Sinne des Branntweinmonopolgesetzes darstellt. Eine Zuordnung der Brennerei zum Hauptbetrieb des Klägers kommt des Weiteren nicht in Betracht, weil der Kläger nicht alleiniger Inhaber der Brennerei ist, sondern eine GbR mit - jedenfalls ursprünglich - insgesamt 36 Gesellschaftern. Nach allgemeiner Verkehrsanschauung ist Voraussetzung der Annahme eines einheitlichen Betriebes wenigstens, dass beide Betriebsteile den gleichen Inhaber haben.
28Die von der „Kartoffelgemeinschaftsbrennerei C“ betriebene landwirtschaftliche Kartoffelgemeinschaftsbrennerei ist auch kein Nebenbetrieb des klägerischen landwirtschaftlichen Betriebes.
29Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe, d. h. Unternehmen, die ein Land- oder Forstwirt neben seiner Land- oder Forstwirtschaft unterhält und die sich häufig auch nicht überwiegend auf die Verwertung und den Absatz der im Hauptbetrieb gewonnenen Erzeugnisse beschränken, sind durch § 27 in der Regel nicht abgedeckt. Sie müssen als gewerbliche Tätigkeit eigens über § 24 versichert werden (Stahl, in: Walter Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Auflage 2010, § 27 ARB 94, Rdnr. 4)
30Für die Abgrenzung, ob ein Nebenbetrieb dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb noch zuzuordnen ist, wird üblicherweise darauf abgestellt, ob die gewonnenen Erzeugnisse in einem vom landwirtschaftlichen Betrieb deutlich abgegrenzten Nebenbetrieb von nicht nur unerheblichem Umfang verwertet oder abgesetzt werden (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage 2010, § 27 ARB 2008 Rdnr. 2; Stahl, in: Walter Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Auflage 2010, § 27 ARB 94, Rdnr. 22; Landgericht Flensburg, Urteil vom 06.09.1993, Az. 2 O 532 / 92, r + s 1994, Seite 101).
31Danach handelt es sich bei der streitgegenständlichen Brennerei nicht um einen Nebenbetrieb des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes des Klägers. Auch hierfür ist nach allgemeiner Anschauung zu fordern, dass Haupt- und Nebenbetrieb den gleichen Inhaber haben. Als nicht ausreichend ist es anzusehen, wenn der Inhaber des Hauptbetriebes lediglich Mitinhaber des Nebenbetriebes ist. Dies wird insbesondere vor dem Hintergrund deutlich, dass die streitgegenständliche Brennerei nicht nur Erzeugnisse des Klägers verwendet, sondern auch Erzeugnisse der anderen Mitgesellschafter, gegebenenfalls sogar Erzeugnisse aller anderen Mitgesellschafter. Daraus ergibt sich allerdings ein für die Brennerei charakteristisches eigenes gewerbliches Bild, das nicht mit einer Unterordnung als Nebenbetrieb unter den Hauptbetrieb des Klägers vereinbar ist.
32Auch die gesellschaftliche Beteiligung des Klägers an der Brennerei ist isoliert betrachtet nicht als eigenständiger Nebenbetrieb anzusehen. Dies führte dazu, dass die Brennerei tatsächlich nicht ein Betrieb wäre, sondern eine Gesamtheit von 36 Nebenbetrieben. Es liegt auf der Hand, dass nicht die Belieferung der Brennerei mit Erzeugnissen aus der Landwirtschaft deren Betriebscharakter prägt, sondern die gemeinsame Weiterverarbeitung zu einem neuen Produkt. Die Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft ist deswegen nicht landwirtschaftlicher Natur, wie er meint, sondern schwerpunktmäßig handelsrechtlicher bzw. gesellschaftsrechtlicher Natur.
33Der vom Kläger begehrte Anspruch auf Rechtsschutz ergibt sich zudem nicht aus einer etwaigen Falschberatung durch den Vermittler F. Nach dem streitigen Vortrag des Klägers soll dieser gesagt haben, dass alles versichert sei, „was mit Landwirtschaft zu tun habe“. Dies habe er so verstanden, dass eine umfassende Rechtsschutzversicherung für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb angeboten werde. Die so verstandene Äußerung des Vermittlers kann als wahr unterstellt werden. Wie dargelegt, gehört die streitgegenständliche Brennerei nicht zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Es wäre völlig fern liegend, anzunehmen, dass der Rechtsschutz sich auch auf Innenrechtsstreitigkeiten einer Gesellschaft beziehen soll, die lediglich die Erzeugnisse des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zur Weiterverarbeitung erwirbt. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist nicht entscheidungserheblich und eine Beweisaufnahme entbehrlich.
34Der Kläger kann den von ihm begehrten Rechtsschutz schließlich nicht auf die Grundsätze der Erfüllungshaftung stützen, da der die streitgegenständliche Versicherung vermittelnde Vertreter der Beklagten nicht seine Beratungspflichten verletzte, indem er den Kläger nicht darüber aufklärte, dass die von der „Kartoffelgemeinschaftsbrennerei C“ betriebene Brennerei nicht vom Versicherungsschutz erfasst ist.
35Im Rahmen der Beratung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages besteht keine spontane Beratungspflicht. Vielmehr bedarf es eines Anlasses, und zwar sowohl für die Pflicht zur Bedarfsermittlung als auch für die Pflicht zur Beratung. Ein Beratungsanlass besteht nur im Hinblick auf die Risiken, deren Versicherung der Versicherungsnehmer wünscht (Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage 2010, § 6, Rdnr. 3 ff).
36Unstreitig wurde über die Beteiligung des Klägers an der Gemeinschaftsbrennerei vor und bei Vertragsschluss nicht gesprochen. Nach dem Obenstehenden ist die streitgegenständliche Beteiligung des Klägers an der Gemeinschaftsbrennerei schon nach allgemeiner Anschauung nicht seinem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zuzuordnen, und zwar weder als Teil des Hauptbetriebes, noch als Nebenbetrieb. Das Beratungsgespräch bezog sich jedoch auf den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Nur insoweit schuldete die Beklagte und in der konkreten Situation ihr Versicherungsvertreter Beratung. Unstreitig ist für den Vertreter der Wunsch des Klägers, auch die Beteiligung an der Gemeinschaftsbrennerei in das versicherte Risiko einzuschließen, nicht erkennbar geworden. Er musste den Kläger daher diesbezüglich nicht spontan und von sich aus beraten.
37Die Brennereibeteiligung war vielmehr ein so fern liegender Umstand, dass der Kläger selbst gehalten war, konkret nach diesbezüglichem Versicherungsschutz zu fragen, wenn er hierauf Wert legte. Dies hat er unstreitig nicht getan.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
39Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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