Urteil vom Landgericht Münster - 012 O 332/12
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt,
1.
an den Kläger 13.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.09.2012 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des am XXX geborenen braunen Wallachs „H“, Lebensnummer DE XXX, Abstammung von H1.
2.
an den Kläger 4.192,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2012 zu zahlen,
3.
an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 961,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass
a)
sich der Beklagte seit dem 22.09.2012 mit der Annahme des im Klageantrag zu 1) näher bezeichneten Pferdes „H“ in Verzug befindet.
b)
der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle anfallenden notwendigen Unterbringungs- und Versorgungskosten für das im Klageantrag zu 1) näher bezeichnete Pferd „H“ vom 15.09.2011 bis zur Übergabe an den Beklagten zu erstatten, soweit diese Kosten nicht bereits im Klageantrag zu 2) beziffert wurden (Insbesondere Unterbringungs-, Futter-, Tierarzt-, Hufschmied- und Versicherungskosten).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 87 % und der Kläger zu 13 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers tragen zu 13 % der Kläger, im Übrigen der Streithelfer selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Von dem Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten und des Streithelfers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht der Beklagte bzw. der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrages und Schadensersatz in Anspruch.
3Die Parteien schlossen am 15.09.2011 einen mündlichen Kaufvertrag über den damals 5-jährigen braunen Wallach „H“ zum Kaufpreis von 13.000,00 €. Das Pferd, das aus der eigenen Zucht des Beklagten stammt und dort altersentsprechend angeritten und ausgebildet wurde, wollte der Kläger als Spring- und Turnierpferd einsetzen.
4Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen einigten sich die Parteien darüber, dass hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Pferdes eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung vom Beklagten in Auftrag gegeben werden sollte. Diese wurde sodann auch in der Tierklinik C, dessen Inhaber der Streithelfer des Beklagten ist, durchgeführt. Dabei wurden ausweislich des Untersuchungsprotokolls vom 15.09.2011 keinen besonderen gesundheitlichen Auffälligkeiten festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopien des Protokolls (Blatt 46 – 48 der Akten) verwiesen.
5Für diese Untersuchung und den anschließenden Transport des Pferdes bis N, wo die Übergabe stattfand, zahlte der Kläger weitere 1.000,00 € an den Beklagten.
6Der Kläger behauptet, ihm sei bereits beim Probetermin eine Schrittverkürzung hinten links aufgefallen. Diese sei aber seitens des Beklagten als unbedeutend und nicht beeinträchtigend verharmlost worden.
7Bereits unmittelbar nach der am 15.09.2011 erfolgten Übergabe habe sich in seiner Obhutszeit aber herausgestellt, dass das Pferd unter dem Reiter nach wie vor eine Schrittverkürzung der linken Hinterhand aufweise. Diese habe bis heute nicht behoben werden können und sei umgehend bei dem Beklagten gerügt worden. Diese Schrittverkürzung sei Ausfluss einer chronischen Erkrankung des Pferdes und schränke die Nutzbarkeit als Reit- und Turnierpferd ein.
8Im Rahmen der durchgeführten tierärztlichen Untersuchungen der Schrittverkürzung habe sich dann ein weiterer erheblicher Sachmangel des Pferdes herausgestellt, nämlich eine Undichtigkeit der Herzklappe zwischen linker Kammer und Vorkammer. Es handele sich um eine länger bestehende Mitralinsuffizienz durch rheumatoide Veränderungen der Herzklappen. Seit diesem durch die Veterinärmedizinische Universität X festgestellten Herzfehler handele es sich um einen irreparabelen chronischen pathologischen Zustand, so dass damit zu rechnen sei, dass das Pferd nicht mehr als Reit- und Turnierpferd einsetzbar sei.
9Der Kläger verweist insoweit auf den Untersuchungsbefund der Uniklinik X vom 02.12.2011 (Blatt 98 der Akten) und den Besitzerbrief vom 03.02.2012 (Blatt 11 – 12 der Akten), auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
10Der Kläger übermittelte mit E-Mail vom 04.12.2011 dem Beklagten den Befundbericht und bat um eine „tragbare Lösung“. Mit E-Mail vom 10.12.2011 schlug er dem Beklagten vor, gegen Zahlung von 10.000,00 € das Pferd behalten zu wollen. Da sich der Beklagte bis dahin nicht gemeldet hatte, fragte der Kläger mit E-Mail vom 14.12. nach. Darauf antwortete der Beklagte am 15.12., es tue ihm leid, dass der Kläger Probleme mit der Gesundheit von H habe. Am Tag der Untersuchung sei das Pferd in Ordnung gewesen. Deshalb solle er sich bei Rückfragen an die Domäne Karthaus (Streithelfer) wenden.
11Mit Schreiben vom 20.12.2011 ließ der Kläger durch seine inzwischen eingeschalteten Anwälte mitteilen, er biete an, das Pferd gegen ein gleichwertiges auszutauschen oder aber den Kauf rückabzuwickeln. Er solle bis 30.12.2011 mitteilen, welche Variante er akzeptiere. Diese Frist verlängerte der Kläger mit Schreiben vom 03.01.2012 bis zum 23.01.2012.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Schriftverkehrs wird auf die Kopien Blatt 13 – 16 und 49/50 der Akten verwiesen.
13Nach Fristablauf erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und ließ unter dem 08.03.2012 zunächst Klage beim Landesgericht Klagenfurt (Österreich) einreichen. Aufgrund einer Unzuständigkeit des Gerichts wurde die Klage später zurückgenommen.
14Der Kläger macht nunmehr bei dem angerufenen Gericht die Rückabwicklung des Kaufvertrages geltend.
15Neben der Rückzahlung des Kaufpreises verlangt er Aufwendungsersatz in Höhe von 6.962,40 €. Dieser Betrag setzt sich aus folgenden Positionen zusammen:
16-Kaufuntersuchung 500,00 €
17-Transport nach N 500,00 €
18-Transport von N nach L1 600,00 €
19-Tierarztkosten 492,00 €
20-Hufschmiedekosten 400,00 €
21-Kardiologische Untersuchung 270,00 €
22-Unterbringung und Versorgung
2304.10. – 02.11.2011 380,00 €
24von November 2011 bis September 2012 3.300,00 €
25-Transport zur Uniklinik X 520,00 €
26Summe 6.962,00 €
27Der Kläger beantragt,
281.
29den Beklagten zu verurteilen, an ihn 13.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2011 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des am 05.04.2006 geborenen braunen Wallachs „H“, Lebensnummer DE XXX, Abstammung von H1,
302.
31den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.962,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.660,00 € seit dem 04.10.2011 und aus weiteren 2.302,40 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
323.
33festzustellen, dass
34a)
35sich der Beklagte seit dem 31.12.2011 mit der Annahme des im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Pferdes „H“ in Verzug befindet,
36b)
37der Beklagte verpflichtet ist, ihm alle anfallenden notwendigen Unterbringungs- und Versorgungskosten für das im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Pferd „H“ vom 15.09.2011 bis zur Übergabe an den Beklagten zu erstatten, soweit diese Kosten nicht bereits im Klageantrag zu 2. beziffert wurden (insbesondere Unterbringungs-, Futter-, Tierarzt-, Hufschmied- und Versicherungskosten),
384.
39den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.176,91 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
40Der Beklagte und sein Streithelfer beantragen,
41die Klage abzuweisen.
42Der Beklagte ist der Ansicht, auf den vorliegenden Sachverhalt fänden die Regelungen des UN-Kaufrechts (CISG) Anwendung, da der Kläger in Österreich wohnhaft und österreichischer Staatsbürger sei. Der Anwendungsausschluss des Artikels 2 CISG greife nicht, da der Kläger – so die Behauptung des Beklagten - das Pferd jedenfalls nicht ausschließlich für den privaten Gebrauch erworben habe. Jedenfalls sei ihm die ausschließlich private Nutzung des Pferdes durch den Kläger weder bekannt noch erkennbar gewesen.
43Der Beklagte und sein Streithelfer bestreiten den Vortrag des Klägers und behaupten, die geltend gemachten Mängel hätten jedenfalls nicht im Zeitpunkt der Übergabe am 15.09.2011 vorgelegen. Insbesondere hätten sich während der Besitzzeit des Pferdes beim Beklagten nicht einmal ansatzweise Anzeichen einer Beeinträchtigung in der vom Kläger behaupteten Form gezeigt.
44Hilfsweise macht sich der Beklagte den Vortrag des Klägers zu Eigen, wonach ihm schon beim Probetermin die Schrittverkürzung aufgefallen sei. Er ist deshalb der Ansicht, seine Haftung sei wegen Kenntnis des Mangels durch den Kläger gemäß § 442 BGB ausgeschlossen.
45Der Beklagte ist weiter der Ansicht, es fehle an einem ordnungsgemäßen Nacherfüllungsverlangen gemäß § 439 BGB. Jedenfalls habe er im Falle einer Rückabwicklung des Vertrages die Nutzungen des Pferdes herauszugeben.
46Den geltend gemachten Aufwendungsersatz bestreitet der Beklagte sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
48Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen T sowie Anhörung dieses Sachverständigen im Termin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 20.06.2013 und das Terminsprotokoll vom 11.09.2013 (Blatt 165 ff. der Akten) verwiesen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch hinsichtlich des Feststellungsantrages. Dieser ist entgegen der Ansicht des Beklagten hinreichend bestimmt.
51Die Klage ist auch im Wesentlichen begründet.
52I.
53Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes aus §§ 437 Nr. 2, 323 Satz 1, 346 Abs. 1, 348 Satz 1 BGB.
54Die Anwendbarkeit des deutschen BGB ist gegeben. Zwar wäre grundsätzlich das UN-Kaufrecht (CISG) gemäß Artikel 1 einschlägig, da es um den Kauf einer beweglichen Sache zwischen Vertragsparteien geht, die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in verschiedenen Vertragsstaaten haben und es auf die Staatsangehörigkeit nicht ankommt. Doch greift der Anwendungsausschluss gemäß Artikel 2 a CISG ein, da nach den Gesamtumständen davon auszugehen ist, dass der Kläger das Pferd für seinen persönlichen Gebrauch gekauft hat.
55Der Kläger hat überzeugend dargelegt, dass er nicht mit Pferden handelt, sondern als pensionierter Beamter nur dem Hobby des Reitsports nachgeht und noch nie ein Pferd verkauft hat. Der Beklagte hat keine Umstände dargelegt, die gegen die Richtigkeit dieses Vortrags sprechen. Die besondere Sachkunde, die der Kläger bei den Kaufverhandlungen gezeigt hat, stehen ohne Weiteres im Einklang mit der Tatsache, dass er nach seinen Darlegungen seit mehr als 30 Jahren dem Hobby des Reitsports nachgeht, und lässt als solches keinen Rückschluss auf eine gewerbliche Tätigkeit zu.
56Der Kläger ist zu Recht vom Kaufvertrag zurückgetreten, da das streitbefangene Pferd „H“ nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in doppelter Hinsicht Sachmängel im Sinne des § 434 BGB aufweist.
57Gemäß § 434 Satz 2 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
58Im vorliegenden Fall leidet das Pferd sowohl an einer Schrittverkürzung hinten links mit der Folge einer Taktstörung des Bewegungsablaufs als auch an einer Herzklappeninsuffizienz der Mitralklappe. Wegen der medizinischen Einzelheiten kann auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. T vom 20.06.2013 und das Ergebnis seiner mündlichen Anhörung im Termin vom 11.09.2013 verwiesen werden.
59Der Sachverständige hat auch deutlich gemacht, dass es bei beiden gesundheitlichen Auffälligkeiten um Normabweichungen handelt, die für den Einsatz des Pferdes beim Springreiten von einiger Bedeutung sein können. Zwar ist die Schrittverkürzung, deren Ursache noch ungeklärt ist, beim Springen nicht so bedeutsam wie beim Dressurreiten, wo das Pferd in diesem Zustand absolut ungeeignet ist. Allerdings findet beim Training für den Springsport ein Großteil der Übungen, nämlich die Grundlagen, auch im Dressurbereich statt. Auch für das Springen ist eine gute und saubere Bewegung ohne Taktstörungen für die richtige Distanz des Pferdes vor dem Hindernis beim Absprung, für Richtungsänderungen etc. von nicht unerheblicher Bedeutung.
60Bei der stattgefundenen Ausbildung des Pferdes, den schon gezeigten Leistungen und dem vereinbarten Kaufpreis von immerhin 13.000,00 € war es auch vollkommen klar und deshalb eine nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, dass der Kläger mit dem Pferd nicht nur Spazierenreiten, sondern dieses als ambitionierter Reiter auch auf Turnieren einsetzen wollte.
61Auch die Herzklappeninsuffizienz führt zu einer eingeschränkten Verwendbarkeit. Aufgrund dieses pathologischen Befundes besteht nicht nur die abstrakte, sondern die konkrete Gefahr, dass sich entweder dieser pathologische Zustand als solcher verschlechtert oder bei intensiverem Training und dem Einsatz in höheren Leistungsklassen eine erhebliche Leistungsbeeinträchtigung eintritt. Auch wenn nach den Angaben des Sachverständigen zurzeit noch keine Leistungsbeeinträchtigung festzustellen ist und wegen der höheren Kompensationsfähigkeit eines Pferdeherzens die Gefahr nur relativ gering ist, liegt doch eine Abweichung von der Norm vor, die nicht üblich ist und mit der ein Käufer nicht zu rechnen braucht. Gerade der vereinbarte Kaufpreis von immerhin 13.000,00 € und die Tatsache, dass der Kläger auf eine tierärztliche Untersuchung bei Kaufabschluss bestand, zeigt deutlich, wie bedeutsam der Gesundheitszustand des Pferdes für den Kläger als Käufer war und dass er deutliche Abweichungen des Gesundheitszustandes von der Norm nicht bereit war hinzunehmen.
62Es liegen deshalb Mängel im Sinne des § 434 BGB vor, die auch nicht unerheblich sind im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.
63Es ist auch davon auszugehen, dass die beschriebenen Mängel schon im Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 15.09.2011 vorlagen, wie dies § 434 BGB voraussetzt.
64Was die Schrittverkürzung angeht, ergibt sich schon aus den vom Kläger vorgelegten Fotos, die unstreitig bei der Erstbesichtigung vor dem Kauf des Pferdes gemacht worden sind, dass die vom Sachverständigen Dr. T beschriebene haarlose Stelle in der Sporenlage mit der Hautverdickung etc. schon zu der Zeit vorhanden war. Wie der Sachverständige erläutert hat, ist dies ein typisches Zeichen, dass der Reiter, welcher das Pferd trainiert hat, versucht hat, mit seinen Hilfestellungen der Schrittverkürzung entgegenzuarbeiten.
65Was die Herzklappeninsuffizienz angeht, spricht schon der relativ enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Übergabe des Pferdes am 15.09. und den Feststellungen der Universitätsveterinärklinik X am 02.12.2011 dafür, dass dieser pathologische Befund schon im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war.
66Selbst wenn man das nicht annehmen würde, wäre aufgrund der Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB davon auszugehen, dass die festgestellten Mängel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden waren.
67Da ein Verbrauchsgüterkauf (§§ 474,13 BGB) vorliegt, müsste der Beklagte nachweisen, dass das Pferd am 15.09.2011 noch absolut gesund war, insbesondere nicht die genannten Auffälligkeiten aufwies. Diesen Nachweis kann er nicht führen. Insbesondere die Tatsache, dass bei der Ankaufsuntersuchung durch den Mitarbeiter des Streithelfers keine Auffälligkeiten dieser Art festgestellt wurden, lässt nicht den Schluss zu, dass die Besonderheiten damals noch nicht gegeben waren.
68Der Sachverständige Dr. T hat erläutert, dass die Schrittverkürzung nur unter bestimmten Umständen zu erkennen ist und erst richtig deutlich wird, wenn das Pferd geritten wird. Das wird aber bei einer Ankaufsuntersuchung üblicherweise nicht gemacht. Das Herzgeräusch, welches durch die Herzklappeninsuffizienz herbeigeführt wird, ist nur an einer bestimmten Stelle der linken Toraxseite durch Auskultation des Herzens festzustellen. Es kann deshalb als wahr unterstellt und braucht nicht durch Zeugenbeweis aufgeklärt zu werden, dass der untersuchende Tierarzt Dr. L keine Auffälligkeit diesbezüglich festgestellt hat, wie er es auch in seinem Protokoll vom 15.09. niedergelegt hat. Dies beweist aber noch keineswegs, dass keine Herzklappeninsuffizienz vorgelegen hat.
69Es liegt auch ein wirksames Nacherfüllungsverlangen im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB vor, soweit man dies überhaupt in einem solchen Fall für notwendig erachtet. Insoweit kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 09.01.2013 verwiesen werden.
70Das Rücktrittsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 442 BGB ausgeschlossen, auch wenn ihm die Schrittverkürzung bei dem Pferd bereits bei der Besichtigung vor dem Kauf aufgefallen ist. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger diesem Umstand keine besondere Bedeutung beigemessen hat, als bei der Ankaufsuntersuchung keine Auffälligkeiten festgestellt wurden. Danach hätte es sich durchaus um eine Eigenart des Pferdes handeln können, welche durch reiterliche Einwirkung ohne Weiteres in den Griff zu bekommen war. Die Kammer hält es nach den Gesamtumständen für ausgeschlossen, dass der Kläger dieses Pferd zu diesem Kaufpreis erworben hätte, wenn er die durch den Sachverständigen festgestellte Bedeutung der Schrittverkürzung und deren fehlende Korrigierbarkeit vor Kaufabschluss gekannt hätte.
71Nach dem wirksam erklärten Rücktritt sind somit die empfangenen Leistungen gemäß § 346 Abs. 1, 348 Satz 1 BGB Zug-um-Zug zurückzugewähren.
72Einen Ersatz für gezogene Nutzungen braucht sich der Kläger nicht anrechnen zu lassen, da nicht ersichtlich ist, welche Nutzungen er tatsächlich gezogen hat. Nach seinem unwiderlegten Vortrag hat der Kläger, als er die Auffälligkeiten an dem Pferd festgestellt hatte, dieses nicht mehr benutzt, sondern auf der Weide laufen lassen.
73II.
74Der Kläger hat weiterhin einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 4.412,00 € aus §§ 437 Nr. 3, 284 BGB.
75§ 284 BGB soll Schaden erfassen, der durch Aufwendungen entsteht, die im Vertrauen auf eine mangelfreie Sache vorgenommen werden und in Folge der Mangelhaftigkeit der gekauften Sache vollständig oder teilweise nutzlos geblieben sind (BGH NJW 2005, 2848; BGH NJW 2008, 2837).
76Hier ist bei den einzelnen vom Kläger geltend gemachten Positionen zu differenzieren und teilweise zu korrigieren.
771.
78Was die Kosten der Kaufuntersuchung angeht, die der Höhe nach mit 500,00 € unstreitig und von der Klägerin gezahlt worden sind, kann der Beklagte mit dem Einwand, es handele sich insoweit um Sowieso-Kosten, nicht gehört werden. Es ist nachvollziehbar und plausibel, dass der Kläger diesen Betrag nicht gezahlt hätte, wenn die tierärztliche Untersuchung negativ ausgefallen und der Kaufvertrag nicht endgültig zustande gekommen wäre. Das gilt besonders, da nicht der Kläger, sondern der Beklagte diese Untersuchung bei dem Streithelfer in Auftrag gegeben hat.
792.
80Die Transportkosten nach N in Höhe von 500,00 €, die der Kläger ebenfalls an den Beklagten gezahlt hat, sind typische ersatzfähige Aufwendungen.
813.
82Dies gilt grundsätzlich auch für die Transportkosten von N nach L1 zum Wohnsitz des Klägers, allerdings erscheinen diese Kosten der Höhe nach übersetzt. Da der Beklagte die Höhe der Kosten bestritten und der Kläger nichts Weiteres dazu dargelegt hat, kann das Gericht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO nur einen Teilbetrag in Höhe von 200,00 € insoweit anerkennen.
834.
84Die geltend gemachten Tierarztkosten in Höhe von 492,00 € sind in vollem Umfang erstattungsfähig. Der Kläger hat die betreffenden Rechnungen vom 09.03.2012 in Höhe von 420,00 € und 03.09.2012 in Höhe von 72,40 € vorgelegt. Das Gericht geht auch mangels anderer Anhaltspunkte davon aus, dass der Kläger diese Tierarztkosten bezahlt hat.
855.
86Das gilt auch für die Hufschmiedekosten, die allerdings nur in Höhe von 270,00 € durch Rechnung von März 2012 (Blatt 27 der Akten) nachgewiesen worden sind.
876.
88Die Kosten für die kardiologische Untersuchung vom 02.12.2011 bei der Uniklinik X i.H.v. 270 € ergeben sich aus dem Untersuchungsbericht vom gleichen Tage (Blatt 98 der Akten). Es ist hinreichend plausibel und glaubhaft, dass diese Kosten vom Kläger auch gezahlt worden sind.
897.
90Die Kosten für Unterbringung und Versorgung für die Zeit vom 04.10. – 02.11.2011 auf dem E sind durch die Rechnung vom 01.10.2011 (Blatt 26 der Akten) nachgewiesen. Auch die Zahlung ist dort bereits aufgeführt, so dass dieser Betrag anerkannt werden kann.
918.
92Dass auch in der Folgezeit für die Unterbringung auf dem eigenen Hof Kosten entstanden sind, ist nachvollziehbar. Allerdings erscheint die Höhe mit 300,00 € monatlich nach den Erfahrungen der Kammer überhöht. Für die Versorgung auf dem eigenen Hof kann mangels näherer Angaben nur ein Betrag von 150,00 € monatlich anerkannt werden, was für die streitbefangenen elf Monate einen Betrag von 1.650,00 € ausmacht.
939.
94Die Transportkosten zur Uniklinik X erscheinen mit 520,00 € ebenfalls überhöht. Mangels näherer Anhaltspunkte kann das Gericht diesen Kostenbetrag nur auf 150,00 € schätzen.
95Damit ergibt sich eine ersatzfähige Gesamtsumme an Aufwendungen von 4.412,00 €.
96III.
97Die Feststellungsanträge sind ebenfalls begründet.
98a)
99Der Beklagte befindet sich seit dem 31.12.2011 mit der Annahme des streitbefangenen Pferdes in Verzug aufgrund des Anwaltsschreibens des Klägers vom 20.12.2011 unter Fristsetzung bis zum 30.12.2011.
100b)
101Der Beklagte ist auch verpflichtet, dem Kläger alle weiteren bis zur Rückgabe des Pferdes entstehenden Kosten als Aufwendungen im Sinne des § 437 Nr. 3 in Verbindung mit § 284 BGB zu ersetzen.
102IV.
103Der Anspruch auf Zinsen für die Zahlungsanträge und die vorgerichtlichen Anwaltskosten rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286, 288 BGB. Bei der Höhe der vorgerichtlichen Anwaltskosten war allerdings der Gegenstandswert entsprechend den gekürzten berechtigten Forderungen herabzusetzen. Außerdem erschien die Geschäftsgebühr von 1,3 entsprechend dem normalen Mittelwert ausreichend, da besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten im Vorfeld des Prozesses weder dargelegt noch ersichtlich sind.
104V.
105Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
106Unterschrift
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Referenzen
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