Urteil vom Landgericht Münster - 08 O 271/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen anwaltlicher Falschberatung in Anspruch.
3Der Kläger begab sich im April 2010 in die anwaltliche Beratung der Beklagten. Beratungsgegenstand war die Prüfung von Ansprüchen des Klägers gegen seine Mutter S1 sowie seinen Bruder S2. Der genaue Umfang des Beratungsauftrages ist zwischen den Parteien streitig.
4Der Beratung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
5Die Eltern des Klägers, S 3 und S 1, waren Inhaber eines in der Gemeinde B gelegenen landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne der Höfeordnung mit einer Eigentumsfläche von 6.16.28 Hektar und einer Pachtfläche von 6.75.00 Hektar. Mit Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976 räumten die Eltern des Klägers dem Kläger das alleinige Nutzungsrecht an dem gesamten land- und forstwirtschaftlichen Vermögen für die Dauer von 10 Jahren ein. Dem Vertrag lag zu Grunde, dass sich seine Laufzeit automatisch um ein Jahr verlängern sollte, wenn der Vertrag nicht von einer Vertragspartei fristgerecht gekündigt wird. Für die Kündigung sah § 7 des Betriebsüberlassungsvertrages die Übersendung eines eingeschriebenen Briefes vor. Die vom Kläger zu entrichtende monatliche Pacht betrug zunächst 450,- Deutsche Mark und später – nach einem Ergänzungsvertrag vom 24.4.1981 – 700,- Deutsche Mark. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Kopie des Betriebsüberlassungsvertrages vom 3.11.1976 (Bl. 10 bis 14 d. A.) sowie des Ergänzungsvertrages zum Betriebsüberlassungsvertrag (Bl. 15 d. A.) Bezug genommen.
6Der Kläger und seine Eltern waren sich (zunächst) darüber einig, dass der Kläger dauerhaft und damit auch über den Tod der Eltern hinaus den Hof übernehmen sollte. Der Kläger tätigte in den Hof einige Investitionen (nach seinen Angaben ca. 350.000,- Euro), auch in Form des Zukaufs von Flächen. Im Jahr 1995 entwickelten sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern einerseits und dem Kläger andererseits. Die Eltern des Klägers mischten sich zunehmend in die betriebswirtschaftlichen Aspekte der Hofführung ein.
7Die Banken forderten für die Gewährung von Darlehen eine Übertragung des Hofes auf den Kläger, damit dieser Sicherheiten stellen kann. Der Kläger forderte seine Eltern daraufhin zur Hofübertragung auf. Diese stimmten jedoch nicht zu.
8Mit persönlich übergebenem – nicht eigenhändig unterzeichnetem – Schreiben vom 31.3.1994 erklärte der Kläger gegenüber seinen Eltern Folgendes:
9„Betr. Kündigung des Betriebsüberlassungsvertrages
10Hiermit kündige ich S4 den Betriebsüberlassungsvertrag (…) zum 31.10.1995.
11Sollte bis zum 1.8.1994 keine Einigung od. Hofübergabe stattfinden, gehe ich davon aus, dass diese auch nicht erfolgen soll und wir somit Gebäude und bauliche Anlagen, die sich in meinem Besitz befinden abbauen und mit der Betriebsauflösung beginnen.“
12Die Eltern des Klägers wandten sich an den Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband e. V., der den Kläger mit Schreiben vom 14.12.1994 über das Gespräch mit seinen Eltern informierte und weiter ausführte:
13„Ihrem vorzitierten Kündigungsschreiben meine ich entnehmen zu können, dass Sie mit Ihrer derzeitigen betrieblichen Situation wenig zufrieden sind und es Ihnen nach den Gründen dieses Schreibens entscheidend darauf ankommt, den landwirtschaftlichen Betrieb Ihrer Eltern übergeben zu bekommen, um in erster Linie entsprechende Sicherheiten hinsichtlich Ihrer weiteren betrieblichen und persönlichen Situation zu haben.
14Ihre Eltern haben mir mitgeteilt, dass sie ein entsprechendes Testament zu Ihren Gunsten verfasst haben. Ich habe Ihre Eltern darauf hingewiesen, dass hierdurch keinesfalls zu Ihren Gunsten eine Sicherheit vorhanden wäre, da ein Testament jederzeit abänderbar ist. Es wurde sodann die Möglichkeit eines Erbvertrages erörtert, durch den eine Übergabe des Betriebes zum jetzigen Zeitpunkt entsprechend den Vorstellungen Ihrer Eltern zwar nicht erfolgt, der jedoch insofern Sicherheiten bieten würde, als ein solcher Erbvertrag nach Abschluss nicht mehr einseitig abänderbar ist.
15Ich darf Sie bitten, die aufgezeigte Möglichkeit zu durchdenken. (…)“
16Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Schreibens vom 14.12.1994 (Bl. 17, 18 d. A.) Bezug genommen.
17Der Kläger verkaufte den vorhandenen Tierbestand und verließ Ende des Jahres 1995 den Hof. Die Eltern schlossen daraufhin noch im selben Jahr einen Betriebsüberlassungsvertrag mit einem Bruder des Klägers, Herrn S2, ab, der in der Folgezeit landwirtschaftliche Flächen durch Lohnunternehmer bewirtschaftete, jedoch keine Viehwirtschaft betrieb und die Hofstelle nicht bewohnte.
18Am 30.9.2007 verstarb der Vater des Klägers. Mit Hofübergabevertrag vom 10.11.2008 übertrug die Mutter des Klägers den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf Herrn S2. Der Hofübergabevertrag beinhaltete ein Wohnrecht und weitere Betreuungsleistungen für die Mutter des Klägers. Das Amtsgericht Steinfurt genehmigte den vorgenannten Vertrag mit Beschluss vom 20.11.2009 – wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie des Beschlusses vom 20.11.2009 (Bl. 19, 20 d. A.) Bezug genommen. Die Geschwister des Klägers erhielten eine Abfindung.
19Im Rahmen der nachgesuchten anwaltlichen Beratung nahm die Beklagte gegenüber dem Kläger in einem Schreiben vom 20.4.2010 Stellung. Darin teilte sie dem Kläger mit, dass sie hinsichtlich einer Klage auf Übergabe des elterlichen Hofes bzw. einer Anfechtung des Hofübergabevertrages, den die Mutter des Klägers mit seinem Bruder geschlossen hatte, keine Erfolgsaussicht sehe. Die Beklagte fasste den vom Kläger mitgeteilten Sachverhalt zusammen und verwies im Rahmen der rechtlichen Begründung ihrer Einschätzung zunächst darauf, dass der Kläger den Betriebsüberlassungsvertrag gekündigt habe und vom Hof abgezogen sei. Sie führte des Weiteren aus, dass die Bestimmungen der Höfeordnung (§§ 6, 7, 8) einen Anspruch des Klägers auf Übergabe des Hofes nicht stützen könnten. Für den Fall, dass der Kläger trotz des Prozessrisikos eine Klage wolle, bat die Klägerin um Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 3.009,96 Euro. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 20.4.2010 wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Schreibens (Bl. 21 bis 27 d. A.) Bezug genommen.
20Der Kläger reagierte auf das vorgenannte Schreiben der Beklagten nicht. Er ließ sich in der Folgezeit noch von zwei weiteren Rechtsanwälten beraten, die ihm ebenfalls eine Aussichtslosigkeit seines Begehrens bescheinigten. Gegenüber seiner Mutter und/oder seinem Bruder machte er sein Begehren nicht geltend.
21Der Kläger bezahlte das ihm von der Beklagten berechnete Anwaltshonorar zunächst nicht. Die Beklagte erhob erfolgreich Zahlungsklage – wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des Landgerichts Münster – Berufungskammer – vom 30.4.2012 (Bl. 83 bis 85 d. A.) und vom 17.4.2012 (Bl. 86 bis 89 d. A.) Bezug genommen.
22Der Kläger behauptet, er habe der Beklagten im Zusammenhang mit der nachgefragten Beratung auch sein Schreiben vom 31.3.1994 sowie das Schreiben des Westfälisch-Lippischen Landschaftsverbands e. V. vom 14.12.1994 übergeben; er habe der Beklagten mitgeteilt, dass es ihm auch um die Prüfung von Schadensersatzansprüchen gehe. Er ist der Ansicht, die Beratung durch die Beklagte sei rechtlich falsch gewesen; ihm hätten zum Zeitpunkt der Beratung im April des Jahres 2000 ein Anspruch auf Rückübertragung des Hofes auf seine Mutter und anschließend auf ihn bzw. auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe des Hofwertes im Zeitpunkt der Übertragung auf den Bruder sowie weitere Schadensersatzansprüche in Form entgangenen Gewinns in Höhe von monatlich 5.616,- Euro – auf Grund der fehlenden Möglichkeit, den Hof zu bewirtschaften – zugestanden; gemäß § 7 Abs. 2 HöfeO sei die Testierfreiheit seiner Mutter dahingehend eingeschränkt gewesen, dass eine Übertragung auf eine dritte Person nicht mehr möglich gewesen sei, mit der Folge eines Rückübereignungsanspruchs auf die Mutter und schließlich den Kläger; der Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976 bestehe in Ermangelung einer Kündigung fort.
23Der Kläger beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 500.000,- Euro sowie die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 3.198,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie erhebt die Einrede der Verjährung und behauptet, der Kläger habe ihr gegenüber nicht über die beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen berichtet; der Kläger habe ihr im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beratung ausschließlich das Schreiben des Amtsgerichts Steinfurt vom 26.11.2008 (Geschäftsnummer #######/##), den notariellen Vertrag vom 10.11.2008 (Betriebsüberlassungsvertrag), das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.2.1994, den Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976, den Ergänzungsvertrag vom 24.4.1981, ein Schreiben der Rechtsanwälte S5 vom 11.3.2010 nebst Anlage, das Schreiben des Amtsgerichts Steinfurt vom 22.1.2010 sowie ein Schreiben der Rechtsanwälte L vom 4.9.2009 nebst Beschluss des Amtsgerichts Steinfurt vom 20.8.2009 überlassen, nicht jedoch ein Exemplar des Kündigungsschreibens des Klägers vom 31.3.1994 sowie des Schreibens des Westfälisch-Lippischen Landschaftsverbands e. V. vom 14.12.1994.
28Entscheidungsgründe:
29Die zulässige Klage ist unbegründet.
30Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz auf Grund der Verletzung von Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) des zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrages (vgl. §§ 611, 675 BGB).
31Hierzu fehlt es bereits an dem Nachweis einer Pflichtverletzung der Beklagten, die hier nur in einer fehlerhaften Beratung des Klägers hätte liegen können. Die Kammer ist im Gegenteil davon überzeugt, dass die Beklagte den Kläger vollumfänglich ordnungsgemäß beraten hat. Dem Kläger standen in der Sache keinerlei Ansprüche gegen seine Mutter oder seinen Bruder S2 zu; hierauf hat die Beklagte den Kläger mit ihrem Schreiben vom 20.4.2009 zu Recht hingewiesen.
32I.
33Der Kläger hatte auf Basis des von ihm selbst mitgeteilten Sachverhaltes keinen Anspruch gegen seine Mutter bzw. seinen Bruder auf Rückübertragung des Hofes.
341.
35Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus dem Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976. Denn dieser Vertrag entfaltete zum Zeitpunkt der Beratung durch die Beklagte keine Wirksamkeit mehr zwischen den Vertragsparteien.
36a)
37Der Kläger hat den Vertrag vom 3.11.1976 mit Schreiben vom 31.3.1994 wirksam gekündigt.
38Entgegen der auch im Verhandlungstermin vom 1.4.2015 geäußerten Ansicht des Klägers brachte seine Erklärung vom 31.3.1994 den Willen, den Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976 durch Kündigung beenden zu wollen, im ersten Absatz des vorgenannten Schreibens klar zu Ausdruck. Soweit im zweiten Absatz des Schreibens die Möglichkeiten einer „Einigung oder Hofübergabe“ angesprochen werden, berührt dies die Verbindlichkeit der Kündigungserklärung nicht, sondern war gemäß §§ 133, 157 BGB (lediglich) als Angebot des Klägers auszulegen, die Wirkungen der Kündigung nachträglich durch einvernehmliche Regelung zu beseitigen. Für diese Auslegung spricht neben dem klaren Wortlaut des Schreibens die weitere Mitteilung des Klägers, dass er ohne eine solche einvernehmliche Regelung – nach Ausspruch einer Kündigung konsequent – „Gebäude und bauliche Anlage abbauen“ und „mit der Betriebsauflösung“ beginnen werde. Auch das nachfolgende Verhalten des Klägers stützt die Annahme, dass der Kläger mit Schreiben vom 31.3.1994 verbindlich kündigen wollte: Als der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband e. V. später im Schreiben vom 14.12.1994 auf das „Kündigungsschreiben“ des Klägers Bezug nahm, widersprach der Kläger dem nicht, sondern zog später wie von ihm angekündigt vom Hof ab.
39Dass § 7 des Betriebsüberlassungsvertrages vom 3.11.1976 eine Kündigung „durch eingeschriebenen Brief“ vorsah, steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Der Schutzzweck der vorgenannten Vereinbarung bestand – in Ermangelung von Anhaltspunkten für eine weitergehende Auslegung – allein darin, den Zugang der Kündigungserklärung sicherzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 23.1.2013, Az. XII ZR 35/11, bei juris; BGH, Urteil vom 21.1.2004, Az. XII ZR 214/00, bei juris). Der Kläger hat die Kündigung persönlich überreicht. Damit war der Zugang der Erklärung zumindest ebenso sicher gewährleistet wie mittels eingeschriebenem Brief.
40Auf eine fehlende Schriftform der Kündigung gemäß §§ 594f, 125, 126 BGB i. V. mit Art. 219 EGBGB konnte sich der Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Jahr 2010 nicht mehr berufen. Er hatte den Hof nach Aussprechen der Kündigung zum Kündigungszeitpunkt verlassen und damit eindeutig zu verstehen gegeben, dass er die von ihm selbst erklärte Kündigung – obwohl nicht eigenhändig unterschrieben (vgl. § 126 Abs. 1 BGB) – ernst nimmt. Die Eltern des Klägers haben sich auf diesen Umstand eingestellt. Sie haben den Abzug vom Hof unter Einstellung der auf Grund des Betriebsüberlassungsvertrages geschuldeten Zahlungen – für den Kläger ersichtlich – hingenommen und den Betrieb auf Basis eines weiteren Betriebsüberlassungsvertrages dem Bruder des Klägers überlassen. Nach Auffassung der Kammer wäre es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar, wenn der Kläger im Jahr 2010 nach Ablauf von zirka 15 Jahren – ohne zwischenzeitlichen Kontakt zu seinen Eltern und dem Betrieb – die Formalie der nicht eigenhändigen Unterzeichnung der Kündigung hätte zum Anlass nehmen können, den Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976 – unter Ausschluss seines Bruders – weiterzuführen.
41b)
42Jedenfalls haben der Kläger und seine Eltern den Betriebsüberlassungsvertrag konkludent aufgehoben.
43Der Kläger hat mit Schreiben vom 31.3.1994 die Kündigung des Betriebsüberlassungsvertrages zum 31.10.1995 erklärt und die Hofstelle Ende des Jahres 1995 – entgegen der für die Vertragsparteien ersichtlich bedeutsamen Verpflichtung aus § 4 des Betriebsüberlassungsvertrages vom 3.11.1976, seinen Hauptwohnsitz auf dem Hof zu nehmen und diesen im Hauptberuf zu bewirtschaften – verlassen. Vereinbarte Pachtzahlungen und Zahlungen auf öffentliche Abgaben und Lasten (vgl. §§ 3 und 4 des Betriebsüberlassungsvertrages) erbrachte er seit seinem Abzug vom Hof nicht mehr. Damit hat der Kläger seinen Eltern gegenüber gemäß §§ 133, 157 BGB eindeutig zu verstehen gegeben, dass er den Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976 – auch auf Dauer – nicht weiter fortsetzen wollte. Die Eltern des Klägers haben seinen Abzug vom Hof einschließlich des Verkaufs des Tierbestandes durch den Kläger akzeptiert, wie der Kläger im Rahmen seiner Anhörung vor der Kammer im übrigen auch ausdrücklich bestätigt hat. Die Einstellung der auf Grund des Betriebsüberlassungsvertrages vom Kläger geschuldeten Zahlungen haben sie in der Folgezeit nicht gerügt. Stattdessen haben sie den landwirtschaftlichen Betrieb im unmittelbaren zeitlichen Anschluss auf Basis einer verbindlichen vertraglichen Vereinbarung auf den Bruder des Klägers übertragen. Auch sie haben damit gegenüber dem Kläger klar zu verstehen gegeben, dass sie das Vertragsverhältnis vom 3.11.1976 – auf Basis der Erklärung des Klägers vom 31.3.1994 sowie seines nachfolgenden Verhaltens – als beendet ansahen.
44Eine Schriftform hatten der Kläger und seine Eltern für eine übereinstimmend gewollte Aufhebung des Vertrages vom 3.11.1976 nicht vorgesehen. Dem – auf unbedingte Vertragsaufhebung gerichteten – Verhalten des Klägers und seiner Eltern wäre jedoch gemäß §§ 133, 157 BGB auch der Wille zu entnehmen, ein etwaiges Schriftformerfordernis aufheben zu wollen.
452.
46Auf Rechtswirkungen aus § 7 Abs. 2 der Höfeordnung konnte sich der Kläger – ob nun im Zusammenhang mit der Vertragsabschlussfreiheit oder der Testierfähigkeit seiner Mutter – nicht berufen. Zum Zeitpunkt der Übertragung des landwirtschaftlichen Hofes auf seinen Bruder hat der Kläger diesen – aus eigenem Antrieb – tatsächlich nicht mehr bewirtschaftet.
47Auch in rechtlicher Hinsicht hatte der Betriebsüberlassungsvertrag vom 3.11.1976 nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien – wie vorstehend erläutert – bereits ab Ende des Jahres 1995 keine Wirkungen mehr entfaltet.
48Auf den im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22.2.1994 (Az. BLw 66/93, bei juris) betonten Vertrauensschutz desjenigen, dem die Bewirtschaftung eines Hofes auf Dauer übertragen worden ist, konnte der Kläger sich schon deshalb nicht berufen, weil er Ende des Jahres 1995 selbst unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass er an der Fortführung des Betriebes kein Interesse mehr hatte. Darüber hinaus geht es in dem vorbenannten Beschluss des Bundesgerichtshofs primär um eine Auslegung im Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HöfeO, der den Fall einer Bewirtschaftung zum Zeitpunkt des – für den Hoferben relevanten – Erbfalls betrifft.
49II.
50In Ermangelung eines im April 2010 bestehenden Anspruchs auf Rückübertragung der Hofstelle konnte der Kläger auch keine Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung dieses Anspruchs geltend machen, die Beklagte dem Kläger eine darauf gerichtete Rechtsverfolgung mithin nicht anraten. Unabhängig davon steht der Vortrag des Klägers, er hätte mit der Fortführung des Betriebs monatliche Gewinne in Höhe von 5.616,- Euro erzielt, mit dem Umstand, dass er die Hofstelle Ende des Jahres 1995 (freiwillig) verlassen hat, im Widerspruch. Auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob der beauftragte Pflichtenkreis der Beklagten die Prüfung von Schadensersatzansprüchen überhaupt umfasste, kommt es deshalb schon nicht an.
51III.
52Bei Fehlen eines Hauptanspruchs besteht kein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten und Zinsen.
53IV.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
55Unterschriften |
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