Urteil vom Landgericht Münster - 014 O 336/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger € 11.806,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.11.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits haben die Kläger zu 35 % und die Beklagte zu 65 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% abwenden, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufes mehrerer Darlehensverträge.
3Unter dem 27.12.2006 schlossen die Kläger als Darlehensnehmer mit der Beklagten als Darlehensgeberin insgesamt drei Darlehensverträge über nominal € 89.000,- (Knt.-Nr. 666), € 45.000,- (Knt.-Nr. 777) sowie € 11.500,- (Knt.-Nr. 888). Bei dem Darlehensvertrag mit der Knt.-Nr. 666 vereinbarten die Parteien einen Zinssatz in Höhe von 5,07%. Bei den beiden anderen Darlehensverträgen handelte es sich um zweckgebundene Darlehen aus Mitteln der L.
4Die Widerrufsbelehrungen zu den jeweiligen Darlehensverträgen waren identisch. Es befand sich auf jeder Belehrung ein schwarz umrandeter Kasten, in dem es zu Beginn u.a. heißt:
5„Widerrufsrecht
6Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen²
7ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. per Brief, Telefax oder E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung […].“
8Unterhalb des schwarzen Kasten befand sich noch folgende Fußnote:
9„²Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“
10Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie der Widerrufsbelehrungen, Anlage K 1 (Bl. 12 d.A.), Anlage K 2 (Bl. 16 d.A.) und Anlage K 3 (Bl. 21 d.A.), verwiesen.
11Die gesamte Darlehensvaluta der jeweiligen Darlehensverträge wurde vollständig zurückerstattet, wobei die Darlehensverträge mit den Knt.-Nr. 666 und 777 vorzeitig zurückgezahlt wurden. In diesem Zusammenhang zahlten die Kläger an die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 11.806,88 als Vorfälligkeitsentschädigung. Den entsprechenden Zahlungen ging der Abschluss zweier Vereinbarungen mit Datum vom 18.09.2012 bzw. 22.11.2012 voraus.
12In den Vereinbarungen heißt es jeweils u.a.:
13„Für das o.g. Darlehen wurde eine Festzinsvereinbarung bis zum 30.11.2016 [bzw.: 30.12.2016] getroffen. Der Zinsbindungszeitraum ist noch nicht abgelaufen. Die Sparkasse macht die Annahme einer außerplanmäßigen Rückzahlung von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von […] abhängig.“
14Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopien der Vereinbarungen, Anlage K 6 (Bl. 28 d.A.) und Anlage K 7 (Bl. 29 d.A.) verwiesen.
15Mit Schreiben vom 28.10.2014 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss des jeweiligen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen. Die Beklagte wies die Widerrufe zuletzt mit Schreiben vom 14.11.2014 zurück.
16Die Kläger behaupten, sie haben an die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von € 11.897,86 gezahlt.
17Sie sind der Ansicht, dass die Darlehensverträge gem. § 138 BGB nichtig seien, da bei Abschluss der Darlehensverträge die Klägerin zu 2.) finanziell krass überfordert gewesen sei. Zudem sei bei Abschluss der Darlehensverträge keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht erfolgt, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe und sie zum Widerruf berechtigt gewesen seien. Der Fristbeginn ergebe sich aus der jeweiligen Widerrufsbelehrung nicht eindeutig. Zudem könne sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV berufen, da sie die Musterbelehrung inhaltlich verändert habe.
18Die Kläger beantragen,
191.) die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 11.897,86 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.10.2014 zu zahlen,
202.) festzustellen, dass der von den Klägern am 06.01.2015 erklärte Widerruf der Darlehensverträge vom 27.12.2006 mit den Kontonummern 666, 777 und 888 wirksam war und ein Rückgewährschuldverhältnis zwischen den Parteien besteht,
213.) festzustellen, dass der Beklagten als Nutzungsersatz für die Darlehensvaluta aus dem Darlehensvertrag vom 27.12.2006 mit der Kontonummer 666 nur Effektivzinsen in Höhe von 4,6% statt der vereinbarten 5,07% zustehen,
224.) die Beklagte zu verurteilen, die Kläger als Gesamtschuldner von den Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit des Unterzeichners in Höhe von € 1.416,10 freizustellen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie ist der Ansicht, den Klägern stehe im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen mit den Knt.-Nr. 777 und 888 gem. § 491 Abs, 2 Nr. 3 BGB a.F. kein Widerrufsrecht zu. Zudem haben die Kläger ihr Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages verwirkt. Die Ausübung des Widerrufsrechtes durch die Kläger sei mangels schutzwürdigem Interesse rechtsmissbräuchlich.
26Der Beklagten war im Rahmen der mündlichen Verhandlung Schriftsatznachlass gewährt worden bis zum 08.09.2015. Mit Schriftsatz vom 18.09.2015 hat sie gegenüber dem Klageantrag zu 1.) ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
27Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vollinhaltlich Bezug genommen.
28Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2015 hat das Gericht die Kläger darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der mit Schriftsatz vom 27.07.2015 angekündigten Anträge zu 2.) und 3.) bestünden. Trotz der vom Gericht erteilten Hinweise, deren Protokollierung versehentlich unterblieb, stellte der Klägervertreter die angekündigten Anträge.
29Entscheidungsgründe
30I.
31- 32
1. Die Klage ist nur hinsichtlich des Antrages zu 1.) zulässig.
a) Dem Klageantrag zu 2.) fehlt es bereits an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, worauf die Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.08.2015 vom Gericht hingewiesen worden waren.
34Die Frage der Wirksamkeit der erklärten Widerrufe wird bereits inzident im Rahmen des Klageantrages zu 1.) geprüft. Ein darüber hinaus gehendes Feststellungsinteresse ist vorliegend nicht ersichtlich.
35b) Auch dem Klageantrag zu 3.) fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Dem Feststellungsinteresse steht, worauf der die Kläger ebenfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden waren, das Vorhandensein einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit in Form der Leistungsklage entgegen. (sog. Vorrang der Leistungsklage; vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO, 30. Auflage, § 256 Rn. 7a) Die Kläger hätten vorliegend die sich im Rahmen einer Rückabwicklung ergebenden gegenseitigen Ansprüche unter Zugrundelegung der aus ihrer Sicht geschuldeten Zinssätze beziffern und saldieren und einen gegebenenfalls ermittelten Überschuss zu Gunsten der Kläger im Wege der Leistungsklage geltend machen können.
36- 37
2. Der zulässige Klageantrag zu 1.) ist nur zum Teil begründet.
Die Kläger können von der Beklagten Zahlung in Höhe von € 11.806,88 verlangen. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
39a) Unstreitig haben die Kläger an die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 11.806,88 gezahlt, wodurch die Beklagte einen vermögenswerten Vorteil erlangt hat.
40Die Kläger haben zwar behauptet, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 11.897,86 gezahlt zu haben. Diese Behauptung wurde von der Beklagten bestritten. Ihrer Beweislast hinsichtlich der Zahlung dieses Betrages sind die Kläger nicht nachgekommen.
41b) Die Zahlung durch die Kläger erfolgte mit dem Ziel, eine vermeintliche Zahlungspflicht zu erfüllen und stellt somit eine Leistung i.S.d. Vorschrift dar.
42c) Diese Leistung durch die Kläger erfolgte auch ohne Rechtsgrund.
43aa) Ein solcher Rechtsgrund ergibt sich nicht aus den jeweiligen Darlehensverträgen. Denn diese sind infolge der Erklärung des Widerrufes am 28.10.2014 beendet worden und haben sich jeweils in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, § 357 BGB a.F.
44Den Klägern stand unstreitig ein Widerrufsrecht gem. § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB a.F. zu.
45Dieses Widerrufsrecht konnten die Kläger unter dem 28.10.2014 noch wirksam ausüben.
46(1) Das Widerrufsrecht ist gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. nicht erloschen, da die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 355 BGB a.F. entsprach.
47(a) Ziel der Regelung über das Widerrufsrecht ist der Schutz des Verbrauchers. Um diesen Schutzzweck zu verwirklichen ist eine umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht erforderlich. Durch eine solche Belehrung soll der Verbraucher nicht nur Kenntnis von seinem Recht zum Widerruf als solchem erlangen. Vielmehr soll er auch in die Lage versetzt werden, sein Recht zum Widerruf auszuüben. Aus diesem Grund ist der Verbraucher gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren.
48Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, da die verwendete Formulierung nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes „frühestens“ ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist „jetzt oder später“ beginnen wird, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche weiteren Umstände dies sind. (BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10)
49(b) Die Beklagte kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz nach § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der Fassung vom 02.12.2004 (gültig bis 31.03.2008) berufen. Sie hat für die Belehrung kein Formular verwendet, was dem Muster Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der Fassung vom 02.12.2004 (gültig bis 31.03.2008) in jeder Hinsicht voll entsprach.
50Ausweislich des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 01.03.2012 – Az. III ZR 83/11 setzt eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 voraus, dass für die Belehrung ein Formular verwendet wurde, dass dem Muster der Anlage in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Die insofern eindeutige Formulierung „in jeder Hinsicht vollständig“ lässt keine Ausnahmen und Wertungen zu.
51Die den Klägern erteilten Belehrungen entsprechen, wie sich aus einem Vergleich der jeweiligen Texte ohne weiteres feststellen lässt, ihrem Inhalt nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damals gültigen Fassung.
52Die verwendete Belehrung enthält einen nicht im Muster vorgesehen Fußnotenverweis („²Frist im Einzelfall prüfen“). Dieser Zusatz ist für den Verbraucher - auch wenn es darauf hier nicht ankommt - zudem verwirrend. Denn eine solche Fußnote kann beim Verbraucher offensichtlich zu weiteren Unklarheiten hinsichtlich des Fristbeginns führen, weil sie die Fehlvorstellung wecken könnte, dass der Verbraucher selbst die Frist im Einzelfall noch prüfen solle (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 17.10.2012, Az. 4 U 194/11; OLG München Urteil vom 21.10.2013, Az. 19 U 1208/13)
53(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Kläger ihr Recht zum Widerruf auch nicht verwirkt.
54Die Beklagte kann vorliegend kein schutzwürdiges Vertrauen darauf für sich in Anspruch nehmen, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nicht ausüben werden. Denn die Beklagte hat durch die fehlerhafte Belehrung die vorliegende Situation selbstgeschaffen. Zudem ist hier nicht erkennbar, dass und aus welchem Grund die Beklagte, die spätestens nach dem Urteil des Bundesgerichteshofes vom 29.04.2010 – I ZR 66/08 ohne Weiteres erkennen konnte, dass die von ihr verwendete Belehrung fehlerhaft ist, darauf vertraut haben will, dass die Kläger den Darlehensvertrag nicht auch noch Jahre nach dem Abschluss widerrufen werden. Zumal es für die Beklagte ohne Weiteres möglich gewesen wäre, die Kläger ordnungsgemäß nachzubelehren. (OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014 – 31 U 74/14)
55Nicht zuletzt ist auch vor dem Hintergrund der gesetzgeberische Entscheidung, die vormalige sechsmonatige Frist, innerhalb derer das Widerrufsrecht auch bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung erlöschen sollte, nicht in das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz aufzunehmen, hier kein Raum für die Annahme von Verwirkung. Denn diese gesetzgeberische Entscheidung darf hier nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Beklagten zugebilligt wird, die Ausübung des Widerrufsrechtes durch die Kläger hier mittels Berufung auf § 242 BGB zu verhindern. (OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014 – 31 U 74/14)
56(3) Aus denselben rechtlichen Erwägungen kann sich die Beklagte vorliegend auch nicht darauf berufen, dass die Kläger sich durch die Ausübung des Widerrufsrechtes rechtsmissbräuchlich verhalten hätten.
57(4) Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Darlehensverträge nicht schon bereits nichtig gem. § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit infolge einer krassen Überforderung der Klägerin zu 2.). Insofern haben die Kläger bereits eine Überforderung der Klägerin zu 2.) nicht schlüssig vorgetragen, worauf sie seitens des Gerichtes bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.08.2015 hingewiesen worden sind.
58bb) Ein entsprechender Rechtsgrund für die erfolgte Zahlung der Kläger ergibt sich auch nicht aus den zwischen den Klägern und der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen vom 18.09.2012 bzw. 21.11.2012. Denn in dieser Vereinbarung ist gem. §§ 133, 157 BGB nicht die Begründung eines Rechtsgrundes für das Behaltendürfen der Vorfälligkeitsentschädigung zu sehen. Nach Auffassung des Gerichtes haben die Parteien durch den Abschluss dieser Vereinbarung lediglich den Erfüllungszeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens vorverlegt, §§ 133, 157 BGB.
59Tritt der Darlehensnehmer an den Darlehensgeber mit dem Wunsch nach einer vorzeitigen Kreditabwicklung gegen Zahlung einer angemessenen Vorfälligkeitsentschädigung heran, so hat dieses Begehren nicht eine Beseitigung der vertraglichen Bindung, sondern letztlich nur eine vorzeitige Erbringung der geschuldeten Leistung zum Ziel. Der Darlehensgeber soll durch die vorzeitige Rückzahlung der Darlehensvaluta und die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung im wirtschaftliche Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Die vom Darlehensnehmer in solchen Fällen angestrebte Änderung des Darlehensvertrages erschöpft sich somit letztlich in der Beseitigung der vertraglichen - zeitlich begrenzten - Erfüllungssperre, d. h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunktes. (vgl. BGH Urteil vom 01.07.1997, Az. XI ZR 267/96)
60d) Das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 18.09.2015 geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht sowie die im gleichen Schriftsatz erklärte, hilfsweise Aufrechnung waren gem. § 286a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen
61II.
62Die Kläger können Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erst seit dem 15.11.2014 verlangen. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB. Mit Schreiben zuletzt vom 14.11.2014 hat die Beklagte die von den Klägern erklärten Widerrufe zurückgewiesen und eine Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung an die Kläger ernsthaft und endgültig verweigert, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
63Ein Anspruch auf Zinsen in der geltend gemachten Höhe für den Zeitraum vor dem 15.11.2014 besteht indes nicht.
64Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 357, 346 Abs. 1 BGB. Insoweit haben die Kläger die Höhe des Zinsanspruches nicht schlüssig vorgetragen. Die von den Klägern zitierte Vermutung findet auf die vorliegenden Realkredite keine Anwendung. (vgl. BGH Urteil vom 19.09.2006, Az. XI ZR 242/05; OLG Jena Urteil vom 19.10.2010, 5 U 821/08)
65Desweiteren ergibt sich ein solcher Anspruch auch nicht aus Verzugsgesichtspunkten. Denn die Beklagte befand sich, wie bereits dargestellt, erst ab dem 14.11.2014 in Verzug.
66III.
67Die Kläger haben keinen Anspruch auf Freistellung von der Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
68Ein solcher Anspruch ergibt nicht aus Verzugsgesichtspunkten, denn die Beklagte befand sich erst ab dem 14.11.2014 und damit nach Beauftragung des Parteivertreters durch die Kläger in Verzug.
69Zudem ergibt sich ein Anspruch nicht aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte infolge der fehlerhaften Belehrung auch eine zum Schadensersatz führende Pflicht verletzt hat. Denn vorliegend handelte die Beklagte nicht schuldhaft, da die Rechtslage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 2006 in Bezug auf die Frage, ob die Widerrufsbelehrung der Beklagten ausreichend ist, unklar war und keine Anzeichen dafür gegeben sind, dass die Beklagte ihre Rechtsauffassung nicht sorgfältig gebildet hat. (vgl. Grüneberg in Palandt, Kommentar zum BGB, § 276 Rn. 23)
70IV.
71Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.
72V.
73Der Streitwert wird auf € 18.296,25 festgesetzt.
74Dieser setzt sich zusammen aus dem Streitwert für den Klageantrag zu 1.) i.H.v. € 11.897,86 und dem Streitwert für den Klageantrag zu 3.) i.H.v. € 6.398,39. Letzterer bestimmt sich nach der Differenz der Gesamtzinsbeträge, welche sich für eine Laufzeit von 10 Jahren (Zeitraum der Zinsfestschreibung) unter Zugrundelegung der beiden Zinssätze ergeben. Der Klageantrag zu 2.) hat keinen eigenen Streitwert.
75Unterschrift
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