Urteil vom Landgericht Münster - 010 O 177/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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10 O 177/15
2T a t b e s t a n d
3Die Klägerin begehrt aufgrund eines mit dem Vater des Beklagten abgeschlossenen Diensteleistungsvertrages ein restliches Honorar für die Monate August bis Dezember 2012.
4Die Klägerin hat sich in ihrer geschäftlichen Tätigkeit darauf spezialisiert, Dienstleistungen für Hotel- und Gaststättenbetriebe zu erbringen.
5Bei dem Beklagten handelt es sich um den Inhaber des Hotels „L“ in H, welches er von seinem Vater übernommen hat.
6Die Klägerin bietet im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit neben einer regelmäßig monatlich versandten Managementmappe, externe Schulungen, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch, Teilnahmemöglichkeit an ca. 100 Seminaren jährlich, Fortbildungslehrgänge, Netzwerktreffen, sowie weitere Leistungen zu Marketing und Betriebsorganisation bis hin zu einer Telefonhotline in einem zusammengefassten Leistungspaket an. Die Parteien haben am 15.09.2009 eine Vereinbarung über externe Schulungen, Seminare und Erfahrungsaustausch zu einem Monatspreis von 895,-- € netto getroffen (Anlage K 1, Bl. 16 d.A.).
7Weiter bietet die Klägerin sogenannte interne Schulungen, Beratung und Coaching-Termine vor Ort an. Die Durchführung dieser Maßnahmen wird individuell gestaltet und erfolgt entsprechend den Kundenwünschen. Hierzu vereinbarten die Parteien ausweislich Anlage K 5 (Bl. 24 d. A.), interne Schulungen, Beratung und Coaching-Termine vor Ort zum Preis von 489,-- € monatlich.
8Sowohl die Nutzungsvereinbarung (Anlage K 1, Bl. 16 d.A.) als auch die Vereinbarung für interne Schulungen, Beratung und Coaching-Termine vor Ort (Anlage K5, Bl. 24 d.A.) wurden am 15.09.2009 zeitgleich geschlossen. In beiden Vereinbarungen ist eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende der Erstlaufzeit vereinbart, danach kann die Vereinbarung jeweils mit dreimonatiger Frist zum Quartalsende gekündigt werden. Ferner vereinbarten die Parteien ein Sonderkündigungsrecht (Anlage B1, Bl. 52 d.A.), welches mit „Sondervereinbarung zur Vereinbarung vom 15.09.09…“ übertitelt ist.
9Ausweislich des in der Verhandlung vom 02.05.2016 überreichten Ordners agiert die Klägerin unter dem sogenannten „GeMax-Konzept“, dass der Geschäftsführer der Klägerin entwickelt hat. Dabei handelt es sich um ein Management-Konzept, welches der Umsatzsteigerung bei den Kunden dienen soll. Die Klägerin veranstaltet Monat für Monat zeitlich festgelegte Schulungsveranstaltungen. Für diese Schulungsveranstaltungen können sich die Kunden anmelden. Diese Schulungsveranstaltungen sind in der monatlichen Pauschale von 895,-- € netto bereits enthalten. Bezüglich der internen Schulungen, Beratungen und Coaching-Termine vor Ort setzt die Klägerin bei ihr im freien Mitarbeiterverhältnis beschäftigte Berater ein. Die Klägerin verfügte über ein bundesweites Netzwerk von externen Beratern, die regional eingesetzt waren. Sie hatten jedoch keine festen Bezirke. Monatlich erhalten die Kunden eine sogenannte Managementmappe, aus der sich die ca. zwei Monate im Voraus stattfindenden Schulungsveranstaltungen und Inhalte dieser Schulungsveranstaltungen aufzeigen. Diese Managementmappen hat auch der Beklagte erhalten. Der Beklagte hat während der Vertragslaufzeit nur an ungefähr drei externen Schulungen teilgenommen. Insbesondere hat er aber die persönlichen Beratungsgespräche in Anspruch genommen, die schließlich durch den Berater T durchgeführt wurden. Der Beklagte hat nach Übernahme des Hotels von seinem Vater Beratungsbedarf gehabt, deshalb hat er die Beratungstätigkeit des Beraters T beansprucht. Bei dieser Tätigkeit hat der Berater T einen Einblick in die betrieblichen Verhältnisse sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten und seiner Familie genommen. Das Marketing-Konzept der Klägerin hat der Beklagte ausweislich des unbestrittenen Vortrags in der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2016 kaum in Anspruch genommen. Im Laufe des Jahres 2012 kündigten ca. 90 % der Berater die Zusammenarbeit mit der Klägerin zum Ende des Monats Juli 2012, weil sie zu einem Konkurrenzunternehmen wechselten, welches von dem ehemaligen zweiten Geschäftsführer der Klägerin gegründet worden war. Auch der Berater T, der den Beklagten betreut hatte, wechselte in dieses Konkurrenzunternehmen, was den Beklagten dazu veranlasste, am 01.08.2012 die fristlose Kündigung gegenüber der Klägerin auszusprechen (Anlage K 2). Der Beklagte begründete die Kündigung damit, dass langjährige Mitarbeiter der Klägerin das Unternehmen verlassen hätten und der Beklagte nicht wisse, ob er zu neuen Beratern ein Vertrauensverhältnis aufbauen könne.
10Die Klägerin forderte am 19.10.2012 unter Fristsetzung bis zum 26.10.2012 den Beklagten zur Zahlung auf.
11Eine Zahlung der monatlichen Entgelte für die Monate August bis Dezember 2012 erfolgte nicht, daraus macht die Klägerin zuzüglich Mehrwertsteuer den Betrag in Höhe von 8.237,80 € geltend.
12Die Klägerin ist unter anderem der Auffassung, dass das Vertragsverhältnis nicht fristlos gekündigt worden ist und zumindest bis zum 31.12.2012 weiterlaufe. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit stelle keine Dienste höherer Art dar, so dass eine Kündigung gemäß § 620 BGB nicht in Betracht komme. Sie behauptet hierzu, dass sie auch, nachdem ca. 90 % der Mitarbeiter ihr Unternehmen verlassen hätten, in der Lage gewesen sei, die Leistungen vertragsgemäß zu erbringen. Herr K habe sich am 18.09.2012 als Berater bei dem Beklagten vorgestellt, jener habe gesagt, kein Interesse zu haben.
13Nachdem am 21.07.2015 Mahnbescheid gegen den Beklagten erlassen wurde und am 25.07.2015 zugestellt wurde und der Beklagte gegen diesen Mahnbescheid am 05.08.2015 Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Klägerin,
141.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.237,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2013 zu zahlen.
152.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 603,70 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16Der Beklagte beantragte,
17die Klage abzuweisen.
18Er ist der Ansicht, dass ihm ein Kündigungsrecht gemäß § 627 BGB sowohl für die Nutzungsvereinbarung, als auch für die Beratungsvereinbarung zusteht, hierzu behauptet er, dass es sich bei diesen Vereinbarungen um ein Gesamtpaket handele, denn alle Inhalte seien darauf abgestimmt, dass sie gemeinsam in Anspruch genommen würden. Dem Beklagten sei bei der Vertragsanbahnung nicht angeboten worden, entweder die eine oder die andere Vereinbarung abzuschließen; die Mitarbeiter der Kläger hätten beide Vereinbarungen als Gesamtpaket verkauft. Die Klägerin habe seit August 2012 abgesehen von der Übersendung von Managementmappen, keine Leistungen mehr angeboten. Bei Abschluss der Vereinbarung sei dem Beklagten ein persönlicher Berater zugesichert worden. Auf das eingeräumte Sonderkündigungsrecht hätten der Beklagte und sein Vater nur verzichtet, weil ihnen Herr T als fester Berater zugesagt worden sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe dem Beklagten telefonisch nach der Kündigung mitgeteilt, dass er ihm aktuell keinen auf seine Bedürfnisse spezialisierten Berater zur Verfügung stellen könne; der Zeuge T habe im Rahmen seiner Beratungstätigkeit einen intensiven Einblick in die betrieblichen Verhältnisse sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten und seiner Familie erhalten; aufgrund dieser Basis sei eine Beratung möglich gewesen. Außerdem habe die Klägerin nach der Kündigung durch den Beklagten Aufwendungen dadurch erspart, dass Berater nicht eingesetzt werden mussten. Ferner bestreitet der Beklagte die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,70 € mit Nichtwissen.
19Außerdem erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung, weil seit dem Mahnbescheid Anfang 2013 nichts veranlasst worden sei und am 21.07.2015 ein neuer Mahnbescheid erlassen worden sei. Außerdem erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung, weil sich der Mahnbescheid gegen G richtete, seinem Vater, der das Hotel auf ihn übertragen hatte.
20Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Außerdem wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2016 Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Klage ist unbegründet.
23I.
24Das Landgericht Münster ist örtlich zuständig. Die Klägerin hat durch Benennung des Landgerichts Münster im Mahnbescheid, dieses als das zur Abgabe des streitigen Verfahrens zuständige Landgericht benannt und somit ihr Wahlrecht aus § 35 ZPO endgültig und unwiderruflich ausgeübt (Thomas-Putzo, ZPO Kommentar, § 35, Rdnr. 2).
25II.
26Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Vergütungsanspruch aus §§ 611, 675 BGB.
27Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis zur Klägerin wirksam gemäß § 627 BGB gekündigt.
281.
29Bei dem Vertrag zwischen den Parteien handelt es sich um einen Dienstleistungsvertrag gemäß § 611 BGB, der unter den Voraussetzungen des § 627 Abs. 1 BGB gekündigt werden kann. Gemäß § 627 Abs. 1 BGB ist hierzu Voraussetzung, dass die Kündigung eines Dienstverhältnisses erfolgt, welches kein Arbeitsverhältnis darstellt, soweit der zur Dienstleistung Verpflichtete Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf-grund besonderen Vertrauens übertragen werden, sofern es sich nicht um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Dienstleistungen der Klägerin haben eine Geschäftsbesorgung im Sinne der §§ 611, 675 BGB zum Gegenstand. Ein Arbeitsverhältnis liegt in Ermangelung einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin im arbeitsrechtlichen Sinne ebenso wenig vor, wie ein dauerhaftes Verhältnis mit festen Bezügen.
30a)
31Ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen erfordert, dass das Dienstverhältnis ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Erheblichkeit mit persönlicher Bindung für den Dienstverpflichteten mit sich bringt, um ein schützenswertes und gegenüber der Entschließungsfreiheit des Dienstberechtigten vorrangiges Vertrauen auf die Fortsetzung des Dienstverhältnisses begründen zu können. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalls (BGH, Urt. v. 22.09.2011, Az. III ZR 95/11 bei Juris). Bei Betrachtung der diesem Fall zugrunde liegenden Umstände ist ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen nicht anzunehmen. Feste Bezüge stellen ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Erheblichkeit nicht nur der Höhe, sondern auch der Laufzeit nach, dar. Entscheidend für die Annahme fester Bezüge ist, ob der Dienstberechtigte sich darauf verlassen kann, dass ihm auf längere Sicht bestimmte von vornherein festgelegte Beträge als Dienstbezüge zufließen werden (BGH, Urt. v. 23.02.1995, Az. IX ZR 29/94, Rdnr. 69, Juris), welche die Grundlage seines wirtschaftlichen Daseins bilden können (BGH, Urt. v. 11.02.2010, Az. IX ZR 114/09, Rdnr. 20 bei Juris). Bei einen monatlichen Betrag von 489,-- € und 895,-- € bei der Unternehmensgröße von - im Jahre 2009 - 15 freiberuflichen und 20 festen Mitarbeitern, reichen diese Beträge nicht aus, um die Grundlage des wirtschaftlichen Daseins der Klägerin bilden zu können. Obwohl die Klägerin nach eigenem Vorbringen bis Ende Juli 2012 ca. 140 Kunden hatte und nach der großen Abwanderungswelle der Mehrzahl ihrer Berater und auch vieler Kunden nur noch ca. 36 Kunden hatte, ist nicht davon auszugehen, dass diese monatlichen Beträge die Grundlage des wirtschaftlichen Daseins der Klägerin bilden können, da die Klägerin aufgrund des vertraglich eingeräumten dreimonatigen Rechts zur Kündigung zum Quartalsende schon nach eigenem Vortrag damit rechnen musste, dass ihr diese Bezüge nicht dauerhaft zufließen.
32Es fehlte aber auch an der erforderlichen persönlichen Bindung für die Annahme eines dauernden Dienstverhältnisses. Wie der BGH hierzu entschieden hatte, muss zwar keine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit des Dienstverpflichteten vorliegen (BGH, Urt. v. 22.09.2011, Az. III ZR 95/11 Rdnr. 13). Dementsprechend ist erforderlich, dass das Dienstverhältnis die sachlichen und persönlichen Mittel des Dienstverpflichteten nicht nur unerheblich beansprucht. Eine nicht unerhebliche Beanspruchung der sachlichen Mittel lag hier nicht vor. Die Klägerin hat lediglich Managementmappen an den Beklagten versandt. Der Inhalt dieser Mappen beschränkte sich weitgehend auf die Darstellung der künftigen Schulungsveranstaltungen. Diese Schulungsveranstaltungen hat der Beklagte nach unbestrittenem Vortrag allerdings nicht mehr als ca. drei Mal in Anspruch genommen und somit die sachlichen Mittel der Klägerin unerheblich beansprucht. Auch lag keine erhebliche Beanspruchung der persönlichen Mittel vor, denn die Dienstverpflichtete ist in personeller Hinsicht durch den Auftrag des Beklagten nicht gebunden gewesen. Beim Wegfall des Dienstverhältnisses hatte sie kaum nachteilige Überkapazitäten, denn die Berater waren freiberuflich angestellt, so dass sie deren Leistungen einfach nicht mehr abzurufen brauchte und hierfür keinerlei Aufwendungen hatte. Hinter dieser persönlichen Bindung steht insbesondere der Gedanke, dass die Dienstverpflichtete womöglich Personal, welches in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zu ihr steht, bei der Dienstberechtigten einsetzt und durch eine Kündigung in die Gefahr kommt, dieses Personal ohne Auftrag weiterhin beschäftigen zu müssen, weil aufgrund arbeitsrechtlicher Vorschriften die Trennung von Arbeitnehmern besondere Hürden hat. Dieses Risiko hat die Klägerin hier offensichtlich durch den Einsatz freier Mitarbeiter – inwiefern dies arbeitsrechtlich zulässig ist, sei an dieser Stelle dahingestellt – ausgeschlossen.
33b)
34Es handelt sich nach Auffassung des Gerichts auch um Dienste höherer Art. Das sind solche, die überdurchschnittliche Kenntnisse und Fertigkeiten verlangen oder den persönlichen Lebensbereich betreffen. Erforderlich ist, dass die Dienste im Allgemeinen, ihrer Art nach, möglicherweise nur in Folge besonderen, d. h. persönlichen Vertrauens, übertragen zu werden, pflegen. Entscheidend ist die typische Lage und nicht der konkrete Einzelfall (Palandt/Weidenkaff, BGB Kommentar, 75. Auflage 2016, § 627 Rdnr. 2). Wirtschafts- und Werbeberater sind üblicherweise als Erbringer von Diensten höherer Art einzustufen (BGH, Urt. v. 31.03.1967, OLG München, Urt. v. 10.01.2001, OLG-Report München 2001, S. 127; Staudinger/Ulrich Preis (2012), BGB, § 627, Rdnr. 19). Bei einer solchen Beratung, wie im hiesigen Fall, deren erklärtes Ziel auch die Umsatzsteigerung durch persönliches Coaching ist, sind Einblicke in die Geschäfts-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse notwendig und dies betrifft bei einem Einzelkaufmann wie dem Beklagten, von der Natur der Sache zugleich die persönlichen Verhältnisse, deshalb haben besondere Diskretion, Zuverlässigkeit und Loyalität einen erhöhten Stellenwert. Dies gilt auch bei der Beauftragung eines Unternehmens, weil sich das damit verbundene persönliche Vertrauen auf eine entsprechende Auswahl, Zusammensetzung und Überwachung der Mitarbeiter und Organe bezieht (BGH, Urteil vom 22. September 2011 – III ZR 95/11 –, juris).
35Es kann damit dahinstehen, dass dem Beklagten bzw. dessen Vater versprochen worden ist, dass ihn Herr T als persönlicher Berater betreuen wird, denn es kommt nicht auf den konkreten Einzelfall an, sondern auf die Frage, ob bei Geschäften dieser Art üblicherweise ein solches Vertrauen angenommen werden kann.
36Dass die Klägerin in den externen Schulungen Werbekonzepte mit recht simplen Werbesprüchen wie beispielsweise „Heute schon Schwein gehabt“, „Boa hey, Frischer Fisch, Frisch geangelt“, „Hier tanzt die Tomate“ jeweils unter Heranziehung von teilweise anzüglichen Bilddarstellungen vermittelt, wie sich aus dem in der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2016 vorgelegten Ordner mit Werbematerial ergibt, führt nicht dazu, dass das Gericht die Erbringung von Diensten höherer Art verneint. Diese Werbemaßnahmen stellen nur ein Mittel zur Umsatzsteigerung dar, dahinter steckt ein von der Klägerin angebotenes Gesamtkonzept, dessen Schwerpunkt auf der Beratung der Unternehmen liegt, die sich ausweislich des Leitfadens für die Verlängerung von Verträgen für die Berater (Anlage B 8, Bl. 215 ff.d.A.) auf inhaltlich hohem Niveau befindet, was als Dienst höherer Art einzustufen ist. Dies belegt auch der beim Beklagten durchgeführte Finanzcheck, der die Unternehmenszahlen beleuchtete. Auch hat der Beklagte vorgetragen, dass er tatsächlich den Berater T in Finanzierungsfragen bei der Umstrukturierung seines Unternehmens herangezogen hat, was die hohe Qualität der Dienstleistung unterstreicht.
372.
38Das Gericht ist ferner der Auffassung, dass es sich bei den Vereinbarungen, die die Parteien miteinander getroffen haben, um ein und dasselbe Rechtsgeschäft handelt, obwohl diese in zwei separaten Urkunden festgehalten sind. Zwei Vereinbarungen können als einheitliches Rechtsgeschäft ausgelegt werden, wenn sie nach der Vorstellung der Parteien miteinander „stehen oder fallen“ sollen, was vorliegend der Fall ist. Deshalb durfte der Beklagte beide Vereinbarungen als ein Rechtsgeschäft behandeln und einheitlich kündigen. Dies folgt daraus, dass die Nutzungsvereinbarung und die Beratungsvereinbarung in einem sehr engen zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang stehen. Der enge zeitliche Zusammenhang ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass die Verträge am selben Tag praktisch zeitgleich unterschrieben worden sind. Der sachliche Zusammenhang ergibt sich aus dem Inhalt der Vereinbarungen, so ist in der Nutzungsvereinbarung von externen Fortbildungslehrgängen die Rede, während es bei der Beratungsvereinbarung um interne Schulungen geht. Das deutet auf ein inhaltlich ineinandergreifendes Gesamtkonzept hin. Zudem haben nach Auffassung des Gerichts beide Parteien diese Vereinbarungen auch ihrer Vorstellung nach als ein Rechtsgeschäft betrachtet. Bei der Gewährung des Sonderkündigungsrechts zum 01.10.2010 (Bl. 52 d. A.) hat die Klägerin nicht zwischen den Verträgen im Einzelnen differenziert. Dort hießt es lediglich „Sondervereinbarung zur Vereinbarung vom 15.09.2009 zwischen:“. Die Klägerin behandelte die abgeschlossene Nutzungsvereinbarung demnach auch als ein einheitliches Rechtsgeschäft, zu welchem sie ein Sonderkündigungsrecht gewährte. Auch folgerichtig ist in dem Schreiben der Klägerin vom 19.10.2012 (Bl. 21 d. A.) nur von „einem Vertragsverhältnis“ die Rede. Die Klägerin unterscheidet auch hier nicht in Nutzungs- und Beratungsvereinbarung. Unerheblich war, dass die Klägerin wiederholt behauptete, dass es eine Vielzahl von Kunden gäbe die entweder die eine oder die andere Vereinbarung abgeschlossen hätten, denn es kommt nur auf den vorliegenden Einzelfall an, nicht auf vergleichbare Fälle. Außerdem ist die Klägerin dem Einwand des Beklagten, ihm sei nicht angeboten worden die eine Vereinbarung ohne die andere Vereinbarung abzuschließen, nicht ausreichend entgegengetreten, indem sie nur vorgetragen hat, dass bei der Vertragsanbahnung Telefonate geführt worden waren. Was konkret Inhalt der Telefonate war, wurde auch mit dem nachgelassenen Schriftsatz, trotz Hinweises in der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2016, nicht dargelegt.
39III.
40Mangels Hauptforderung bestehen auch Nebenforderungen nicht.
41IV.
42Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
43Unterschrift
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