Beschluss vom Landgericht Münster - 8 O 218/16
Tenor
Der Antrag der Gläubigerin vom 16.08.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Gläubigerin auferlegt.
Der Verfahrenswert wird auf 1.352.814,65 EUR festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Durch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Münster vom 18.05.2018 wurde die Schuldnerin verurteilt, an die Gläubigerin Sicherheit gemäß § 648a BGB a.F. in Verbindung mit §§ 232 ff BGB in Höhe von 1.352.814,65 EUR zu leisten. Zudem wurde entschieden, dass das Urteil hinsichtlich der Stellung der Sicherheit vorläufig vollstreckbar sei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 325.036 EUR.
4Die Gläubigerin hat bislang keine Sicherheit geleistet. Sie ist der Ansicht, eine Sicherheitsleistung sei entsprechend § 720a ZPO auch nicht erforderlich.
5Die Gläubigerin beantragt,
61) sie zu ermächtigen, die in dem Titel bezeichnete, der Schuldnerin obliegende Handlung, nämlich die Stellung einer Sicherheit gemäß § 648a BGB i.V.m. §§ 232 ff BGB in Höhe von 1.352.814,65 EUR durch Hinterlegung von Geld zu leisten,
72) anzuordnen, dass die Schuldnerin den erforderlichen Betrag in Höhe von 1.352.814,65 EUR zu Gunsten der Gläubigerin zum Zwecke der Hinterlegung an die Hinterlegungsstelle des AG Berlin Mitte vorauszuzahlen hat.
8II.
9Der zulässige Antrag ist unbegründet.
101. Da die Gläubigerin bislang noch nicht die ihr auferlegte Sicherheit geleistet hat, darf gemäß § 751 Abs. 2 ZPO mit der Vollstreckung nicht begonnen werden. Die Gläubigerin darf die Zwangsvollstreckung auch nicht ausnahmsweise gemäß § 720a Abs. 1 S. 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung betreiben.
11a) Eine unmittelbare Anwendung des § 720a ZPO scheidet aus, und zwar sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen wie auch hinsichtlich der Rechtsfolgen.
12Seinem Wortlaut nach gilt § 720a Abs. 1 S. 1 ZPO nur für nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbare Urteile, durch die der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist. Die Schuldnerin wurde jedoch zur Leistung einer Sicherheit verurteilt.
13§ 720a ZPO ermöglicht die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung insoweit, als bewegliches Vermögen gepfändet wird oder im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen eine Sicherungshypothek oder Schiffshypothek eingetragen wird. Die Gläubigern möchte jedoch weder bewegliches Vermögen pfänden noch eine Hypothek eintragen lassen, sondern begehrt eine Ermächtigung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 ZPO.
14b) Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 720a ZPO liegen nicht vor. Jedenfalls mangelt es an einer vergleichbaren Interessenlage.
15Mit der Sicherungsvollstreckung nach § 720 a ZPO sollte für den Gläubiger bereits auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils eine dem Arrest vergleichbare Sicherung geschaffen werden (vgl. BT-Drs. 7/2729, S. 45 und BT-Drs. 7/5250, S. 16). Die Vorschrift vervollständigt den Schutz des Gläubigers vor wirtschaftlichen Verlusten, die ihm durch ein Beiseiteschaffen der Haftungsmasse durch den Schuldner oder durch einen Vermögensverfall des Schuldners drohen. Der Gläubiger soll nach § 720 a ZPO auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Titels – auch ohne vorherige Sicherheitsleistung – das Schuldnervermögen arrestieren können (vgl. BGH, NJW 2013, 3786, 3788). Der BGH hat aufgrund dieses Zwecks eine entsprechende Anwendung auf Urteile für geboten erachtet, durch die der Schuldner zur Duldung der Zwangsvollstreckung wegen eines auf Zahlung gerichteten Anspruchs verurteilt worden ist (s. BGH, a.a.O.).
16Der vorliegende Fall ist jedoch gänzlich anders gelagert als der von dem BGH entschiedene. Die Gläubigerin begehrt nämlich keine einem Arrest vergleichbare Sicherung eines letztlich auf Geldzahlung gerichteten Anspruchs. Ihr Anspruch ist gerichtet auf Stellung einer Sicherheit. Durch die von ihr beabsichtigte Anordnung wird dieser Anspruch nicht gesichert, sondern erfüllt. Damit würde sie entgegen § 720a Abs. 1 S. 2 ZPO durch die von ihr beabsichtigte Vollstreckung befriedigt, ohne Sicherheit geleistet zu haben.
17Der von der Gläubigerin zitierte Beschluss des Kammergerichts vom 11.07.2018 (Az. 7 U 111/17) führt zu keinem anderen Ergebnis. Dieser Beschluss verhält sich offenbar zu der Frage, ob im Falle der Verurteilung zur Stellung einer Sicherheit die vorläufige Vollstreckbarkeit von einer Sicherheitsleistung abhängig ist oder nicht. Das OLG Hamm beantwortet diese Frage offenkundig anders (s. etwa OLG Hamm, Teilurteil vom 09.01.2019, Az. 12 U 123/18). Jedenfalls wurde diese Frage im hiesigen Urteil vom 18.05.2018 bereits entschieden.
182. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 891 S. 3, 91 ZPO.
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