Beschluss vom Landgericht Neubrandenburg (4. Zivilkammer) - 4 T 133/06

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) vom 09.06.2006 gegen die Kostenrechnungen des Beteiligten zu 2.) vom 29.07.2004 mit der NI. G …-2004 und vom 18.10.2004 mit der NI. G …/0/2-2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 4.173,16 Euro

Gründe

1.

1

Der Beteiligte zu 1.) war alleiniger Gesellschafter der Dienstleistungs GmbH  mit Sitz in H. Am 24.06.2004 beurkundete der Beteiligte zu 2.) zur UR …/2004 eine Kauf- und Abtretungsvertrag, mit dem der Beteiligte zu 1.) seine Gesellschaftsanteile an die Herren P. und S. übertrug. Im Vertrag ist u.a. folgendes geregelt:

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§ 3 Kauf/Abtretung

3

Herr W. - nachfolgend "der Veräußerer" genannt - verkauft und überträgt hiermit

4

a) den vorgenannten Geschäftsanteil zu A in Höhe von 112.500,- Euro an den dies annehmenden Herrn P.

5

b) die vorgenannten Geschäftsanteile zu Bund C in Höhe von 87.500,- Euro und 25.000,- Euro an den dies annehmenden Herrn S.

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jeweils auch mit sofortiger dinglicher Wirkung - Herr P. und Herr S. nachfolgend je "der Erwerber" genannt.

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Sie nehmen je die Übertragung und die dingliche Abtretung an. Der Notar empfahl, die dingliche Abtretung erst nach Genehmigung der DKB vorzunehmen.

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§ 4 Kaufpreis, weitere Gegenleistung

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(l) Der durch Herrn P. bar zu zahlende Kaufpreis an den Geschäftsanteil zu A beträgt 1,- Euro (ein EUR).

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(2) Der durch Herrn S. bar zu zahlende Kaufpreis für die Geschäftsanteile zu Bund C beträgt 1,- Euro (ein EUR).

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(3) Der Kaufpreis ist bereits bezahlt.

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(4) Weitere Gegenleistungen ist die nachstehend vereinbarte Schuldübernahme.

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§ 5 Schuldübernahme

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(1) Der Erwerber stellt den Veräußerer hiermit als hauptsächliche Gegenleistung von allen Darlehnsverbindlichkeiten des Veräußerers gegenüber der DKB AG, frei, welche in Anlage im einzelnen aufgeführt sind. Weitere Bankgläubiger existieren nach beiderseitiger Angabe nicht. Der Erwerber übernimmt vorgenannte - teilweise dinglich gesicherte - Verbindlichkeiten nach Maßgabe der Schuldurkunden mit den Zinsen und allen sonstigen Nebenleistungen vom heutigen Tag an als eigene Schuld, gleichwohl ob die Gläubigerin den Veräußerer aus der Schuldhaft freigibt oder nicht. Nach Angabe liegt bereits eine schriftliche Einigung mit dieser Gläubigerin vor, wonach gegen pauschale Zahlung von 900.000,- Euro diese Kreditforderungen auf die Erwerber übergehen und sämtliche Sicherungsübereignungen zugunsten der Erwerber erlöschen. Außerdem ist n.A. vereinbart, dass der Veräußerer auch nicht mehr aus persönlichen Schuldanerkenntnissen in Verbindung mit diesen Grundschulden von der DKB in Anspruch genommen werden kann. Dies ist nach Angabe sämtlichst mit der Pauschalzahlung abgegolten.

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(2) Soweit die übernommenen Verbindlichkeiten zusätzlich durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder Schuldversprechen gesichert werden soll, übernimmt der Erwerber auch diese Verbindlichkeit im Nennbetrag der Grundpfandrechte und seiner Nebenleistungen. Soweit dies von den Gläubigem gefordert wird, verpflichten sich die Erwerber, gesondert ein Schuldanerkenntnis bzw. eine persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung zu erklären.

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Nachdem Herr P. zwischenzeitlich seine Anteile aus dem vorgenannten Vertrag an Herrn S. übertragen hat, haben die Beteiligten des O.g. notariellen Vertrages vom Beteiligten zu 2.) am 18.10.2004 zur UR …/2004 des Beteiligten zu 2.) einen Nachtrag beurkunden lassen, mit dem entsprechende Änderungen zum o.g. Vertrag und ein Gesellschafterbeschluss beurkundet wurden.

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Mit Kostenrechnung vom 29.07.2004 stellte der Beteiligte zu 2.) den Beteiligten zu 1.) offene Gebühren in Höhe von 3.205,72 Euro in Rechnung. Diesen Betrag berechnete er wie folgt:

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Kostenberechnung G …/1 - 2004

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Wert Gebühr
§ 36 Abs. 2, 39 Abs. I (Satz I) Beurkundung Gesellschaftervertrag 900.000,00 EUR 2.814,00 EUR
§ 47, 26 Abs. 4 (I), 27 Abs. I Gesel1schafterbeschluß 150.000,00 EUR 564,00 EUR
Geschäftsführerwechsel 25.000,00 EUR
Entlassung Geschäftsführer 25.000,00 EUR
Zustimmung Teilung/Übertragung Geschäftsanteile (Teilwert) 100.000,00 EUR
§ 136 Abs. ], 2, 4 und § ] 52 Abs. ] Dokumentenpauschale 39,10 EUR
§§ 137 Nr. I u. 152 Abs. 2 Nr. 2 Auslagen für Post u. Telekommunikationsdienste 18,00 EUR
Zwischensumme 3.435,10 EUR
16.00% Mehrwertsteuer § 15 Abs. 1 a 549,62 EUR
Summe 3.984,72 EUR
davon noch offen (inkl. 442,17 EUR Mehrwertsteuer) 3.205,72 EUR

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Desweiteren stellte er mit Rechnung vom 18.10.2004 weitere 967,44 EUR in Rechnung. Dieser Betrag wurde von ihm wie folgt berechnet.

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Kostenberechnung zur Urkunde G … - 2004

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Wert Gebühr
§ 42, Nachtrag/Änderung/Ergänzung 200.000,00 EUR 357,00 EUR
§ 47, 26 Abs. 4 (I), 27 Abs. 1 Gesel1schafterbeschluß 30.000,00 EUR 192,00 EUR
Geschäftsführungswechsel 25.000,00 EUR
Zustimmung Anteilsübertragung (Teilwert) 5.000,00 EUR
§§ 145 Abs. 1 S. 1,38 Abs. 2, Nr. I, Entwurf Zustimmung S. 200.000,00 EUR 178,50 EUR
§§ 145 Abs. I S. 1,38 Abs. 2, Nr. I, Entwurf Zustimmung P. (Teilwert) 50.000,00 EUR 66,00 EUR
§ 136 Nr. I u. 152 Abs. 2 Nr. 2, Auslagen für Post- 22,50 EUR
 u. Telekommunikationsdienste 18.00 EUR
Zwischensumme 834,00 EUR
16.00 % Mehrwertsteuer § 152 Abs. la 133,44 EUR
Summe 967,44 EUR
davon noch offen (inkl. 133,44 EUR Mehrwertsteuer) 967,44 EUR

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Gegen diese Kostenrechnungen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) vom 09.06.2006 mit der Begründung, dass diese nicht nachzuvollziehen seien.

24

Insbesondere sei der Gegenstandswert in Höhe 900.000,00 Euro nicht nachvollziehbar. Der Kaufpreis, den beide Parteien bezogen auf den Wert der Gesellschaft als angemessen angesetzt hätten, betrage 1,00 Euro. Dies habe letztlich aus der katastrophalen Überschuldungssituation der Gesellschaft resultiert. Von der Überschuldung habe auch der Beteiligte zu 2.) Kenntnis gehabt.

25

Der Beteiligte zu 2.) bestreitet eine derartige Kenntnis bzw. Mitteilung durch die Vertragschließenden.

26

Die Kammer hat die Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts und die Stellungnahme der Ländernotarkasse eingeholt und den Beteiligten hierzu rechtliches Gehör gewährt.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

28

Die Beschwerde ist gemäß § 156 Abs. 1, 4 KostO zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

29

Für die Bewertung eines notariellen Vertrages, der die Veräußerung eines Geschäftsanteils einer GmbH zum Gegenstand hat, ist § 39 Abs. 2 KostO maßgebend.

30

Nach § 39 Abs. 2 KostO ist bei Verträgen, die wie hier gegeben - den Austausch von Leistung zum Gegenstand haben, nur der Wert der Leistung des einen Teils und, wenn der Wert der Leistung verschieden ist, der höhere Wert maßgebend. Als Geschäftswert für die Beurkundung eines notariellen Vertrages über die Veräußerung des Gesellschaftsteils einer GmbH, mit der faktisch das gesamte Unternehmen veräußert wird, ist nur in der Regel der nach den Verhandlungen erzielte Kaufpreis zugrundezulegen. Die bloße Einigung der Vertragsparteien, dass den überlassenen Geschäftsanteilen kein Verkehrwert zukommt, stellt jedoch keinen ausreichenden Anhaltspunkt für die Wertlosigkeit der Anteile dar. Zumindest dann nicht, wenn wie im vorliegenden Fall, als Gegenleistung für die Geschäftsanteile an den Käufer, eine Freistellung des Verkäufers von Darlehensverbindlichkeiten erfolgen soll.

31

Da in Ermangelung anderer Feststellungen den Behauptungen des Beschwerdeführers entsprechend davon ausgegangen werden muss, dass das Unternehmen, dessen Gesellschaftsteile er veräußert hat, in der behaupteten schlechten wirtschaftlichen Lage gewesen ist, kann nur die Gegenleistung der Erwerber als der höhere Wert im Sinne der vorgenannten kostenrechtlichen Bestimmung angesehen werden. Nach der vertraglichen Regelung bestand die Gegenleistung der Erwerber jedoch nicht nur in dem in § 4 genannten Barpreis, sondern vor allem auch, wie sich aus § 4 Abs. 4 des Vertrages ergibt, in der sich aus § 5 ergebenen Schuldübernahme. Da nach Angabe der Vertragsschließenden die Kreditforderungen, deren Verbindlichkeit die Erwerber hiernach übernehmen sollten, nach einer schriftlichen Einigung mit der Gläubigerin gegen pauschale Zahlung von 900.000,00 Euro erlöschen soll, kann mit der Auffassung des Beteiligten zu 2.) übereinstimmend nur davon ausgegangen werden, dass die Schuldübernahme mit einem derartigen Betrag für die Gegenstandswertfeststellung zugrundezulegen ist. Einerseits ist nicht nachvollziehbar, dass die Erwerber eine Schuldübernahme in einem derartigen Umfang auf sich genommen hätten, wenn sie nicht davon ausgegangen wären, dass die erworbenen Geschäftsanteile dementsprechend über einen Wert verfügt hätten. Anderseits käme es letztlich auf den Wert der Geschäftsanteile selbst nicht an, wenn davon auszugehen wäre, dass sie einen geringeren Wert hätten als die Gegenleistung. Für die Gegenstandswertbestimmung kann insoweit für die Beurkundung des Geschäftsanteilsveräußerungsvertrages nur der vom Beteiligten zu 2.) zugrundelegte Wert als Berechnungsgrundlage genommen werden. Soweit der Beteiligte zu 2.) in seinen Kostenrechnungen gleichzeitig fur entsprechende Gesellschaftsbeschlüsse bzw. für die Änderung des Vertrages entsprechende niedrigere Teilwerte zugrundelegt, so sind auch diese nicht zu beanstanden, da für ihre Bestimmungen der vorgenannte Wert von 900.000,00 Euro als Ausgangswert zugrundezulegen ist. Die betreffenden, in den angefochtenen Rechnungen zugrundelegten Werte erscheinen unter Berücksichtigung des Wertes der jeweiligen Beurkundungsmaßnahmen ausgehend vom O.g. Ausgangswert angemessen. Anhaltspunkte dafür, dass für die betreffenden Beurkundungsteile andere Werte zugrundezulegen sind, wurden weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch sind ansonsten solche aus der Verfahrensakte ersichtlich.

32

Unabhängig davon, dass auch die auf der Grundlage dieser zugrundegelegten Werte vorgenommene konkrete Kostenberechnung vom Beschwerdeführer nicht angegriffen wurde, sind auch insoweit keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Berechnung vorhanden, so dass die Beschwerde im vollen Umfang zurückzuweisen war.

33

Die Entscheidungen ergehen nach § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nach § 13 a FGG nicht zu erstatten.

34

Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, da es sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO).

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