Beschluss vom Landgericht Ravensburg - 6 T 41/02

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Tettnang von 30.7.2002 in Ziff. 2 aufgehoben und in Ziff. 1 und 2 wie folgt neu gefasst:

Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für folgenden Klagantrag bewilligt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.198,34 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank vom 11.12.2001 bis 31.12.2001 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1.1.2002 zu bezahlen.

2. Hinsichtlich des beabsichtigten weitergehenden Klagantrags (0,64 EUR) werden die Beschwerde und das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen.

3. Die Gebühr nach Nr. 1956 KV zum GKG ist nicht zu erheben.

Gründe

 
I.
1. Der wesentliche Sachverhalt stellt sich unstreitig wie folgt dar:
Die Antragstellerin hatte, um ihre Verbindlichkeiten aus einer Scheidungsfolgenvereinbarung erfüllen zu können, am 8.12.1995 mehrere grundschuld-besicherte Darlehen bei der Antragsgegnerin aufgenommen. Die Darlehen waren endfällig und sollten ursprünglich zum 30.11.1996 (durch Verkauf eines Wohnhauses) getilgt werden. Die Darlehen wurden zweimal verlängert, letztmals bis 30.9.1997. Mit Schreiben vom 10.9.1997 (Anlage K 3, Bl. 32) wies die Antragsgegnerin ausdrücklich darauf hin, dass eine erneute Verlängerung der Darlehen nicht mehr in Frage komme.
Die Darlehensverträge enthalten jeweils folgende Klausel: "Soweit nichts anderes vereinbart wurde, werden fällige Beträge (z.B. Zinsen oder Leistungsraten) dem Belastungskonto Nr. 22 0091 005 belastet." Bei diesem Konto handelte es sich um das Girokonto der Antragstellerin, für welches ein Überziehungskredit von 1.000,00 DM vereinbart war.
Unter Zugrundelegung der vertraglichen Zinssätze buchte die Antragsgegnerin vom Girokonto der Antragstellerin am 30.12.1997 (als Darlehenszinsen für das Quartal IV/1997) und am 1.4.1998 (als Darlehenszinsen für das Quartal I/1998) jeweils 5.089,00 DM (jeweils zusammengesetzt aus zwei Teilbeträgen) ab. Das Girokonto der Antragstellerin wurde bereits vor diesen Zeitpunkten und in der Folgezeit stets im Soll geführt, und zwar mit Beträgen weit jenseits der eingeräumten Kreditlinie von 1.000,00 DM (vgl. Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.9.1997).
Nach Abwicklung des Wohnhausverkaufs, der sich hinzog, rechnete die Antragsgegnerin zum 7.9.2000 die Konten der Antragstellerin ab. Die Darlehensbeträge wurden dabei vollständig unter Zugrundelegung vertraglicher Zinssätze verzinst, also mit Zinssätzen zwischen 6,4 % und 7,8 % (vgl. Schreiben der Antragsgegnerin vom 29.1.2001, vorgelegt als Anlage A 15 im Vorprozess beim AG Tettnang, Az. 8 C 302/01); Details hierzu sind nicht vorgetragen. Die u.a. durch die streitgegenständlichen Zinsabbuchungen vom 30.12.1997 und 1.4.1998 bedingten Sollstände auf dem Girokonto der Antragsgegnerin wurden bis 7.9.2000 mit 15,75 % Überziehungszinsen verzinst.
2. Die Antragstellerin macht nun geltend, die Abbuchung der Vertragszinsbeträge vom debitorisch geführten Girokonto habe nicht erfolgen dürfen. Die Antragsgegnerin habe nur noch Verzugsschaden verlangen können, zu berechnen in Höhe des durchschnittlichen Bruttosollzinssatzes; diesen gibt die Antragstellerin (unbestritten) für den Verzugszeitraum mit allenfalls 6,75 % an.
Die Antragstellerin möchte Schadensersatz verlangen und begehrt für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe. Ihren Schaden berechnet sie als Zins-Differenz von 9 Prozentpunkten: Die am 30.12.1997 bzw. 1.4.1998 abgebuchten jeweils 5.089,00 DM hätten bis 7.9.2000 jeweils nur mit 6,75 % verzinst werden dürfen, nicht aber - aufgrund unzulässiger Abbuchung vom debitorischen Girokonto - mit 15,75 %.
3. Das Amtsgericht hat der Antragstellerin Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der beabsichtigten Klage bewilligt, das PKH-Gesuch im übrigen aber wegen Verjährung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Nach dem unstreitigen Sachverhalt kann die Antragstellerin von der Antragsgegnerin im beantragten Umfang (mit einem minimalen Abzug) aufgrund Schlechterfüllung des Darlehensvertrages (hier: fehlerhafte Belastungsbuchung) Schadensersatz verlangen.
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1. Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, für die Quartale IV/1997 und I/1998 Zinsen auf die ausgereichten Darlehen zulasten des Girokontos der Antragstellerin abzubuchen.
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Eine in Darlehensverträgen enthaltene - bankübliche - Vereinbarung über ein Girokonto (Belastungskonto) zur Abwicklung der auf das Darlehenskonto bezogenen Geldbewegungen bewirkt nicht, dass die Bank uneingeschränkt Buchungen zulasten des Girokontos vornehmen darf; wenn nämlich durch die Belastungsbuchung das Girokonto über den Betrag einer vereinbarten Überziehung hinaus ins Soll geriete (oder gar schon ist), bedarf es zu einer Belastungsbuchung einer ausdrücklichen Weisung des Kunden.
12 
Der Wortlaut der Vertragsregelung zum Belastungskonto dürfte an sich die vorgenommenen Belastungsbuchungen ohne weiteres tragen.
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Die fraglichen Regelungen über das Belastungskonto bedürfen jedoch der Auslegung unter Berücksichtigung des Zwecks solcher Regelungen und der Interessenlage der Vertragsparteien. Diese Auslegung führt gegenüber dem Wortlaut zu erheblichen Einschränkungen der Reichweite der Regelungen.
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a) Zweck der Vereinbarung eines Belastungskontos ist zunächst lediglich die Klarstellung der technischen Seite der Geldbewegungen bzgl. des Darlehenskontos. Es spricht deshalb einiges dafür, die Vereinbarung dahingehend einschränkend auszulegen, dass sie nur für die plangemäße Abwicklung des Darlehensverhältnisses gelten soll; nur insoweit besteht bei Bank und Kunde ein Bedürfnis nach einer Regelung über ein Belastungskonto. Das bedeutet, dass plangemäße Zins- oder Tilgungsraten abgebucht werden können, desgleichen bei einem endfälligen Darlehen der Gesamtbetrag nach Abschluss der Darlehenslaufzeit. Die Abbuchung von Verzugszinsen dagegen ist dann von vornherein nicht von der Regelung über das Belastungskonto gedeckt.
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Bereits eine solche einschränkende Auslegung hätte zur Folge, dass die vorgenommenen Buchungen unzulässig waren. Denn jedenfalls zum 30.9.1997 sollten die jeweiligen Darlehensbeträge - ohne dass es einer Kündigung bedurfte - fällig sein. Eine stillschweigende Fortsetzung der Darlehensabrede über diesen Zeitpunkt hinaus scheidet allein schon aufgrund des Schreibens der Antragsgegnerin vom 10.9.1997 aus. Ab dem 1.10.1997 konnten folglich keine Vertragszinsen mehr verlangt werden, sondern lediglich (aufgrund Kalenderfälligkeit) Verzugszinsen (vgl. BGHZ 104, 337).
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Einer abschließenden Entscheidung über eine derartige Auslegung bedarf es jedoch nicht.
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(2) Denn die Regelung über das Belastungskonto ist in jedem Fall dahingehend einschränkend auszulegen, dass eine Belastungsbuchung dann nicht mehr zulässig ist, wenn das Belastungs-Girokonto bereits über einen eingeräumten Kreditrahmen hinaus belastet ist oder durch die Buchung belastet würde.
18 
Beim Abschluss eines Girovertrages wird gewöhnlich bei zu erwartenden regelmäßigen Zahlungseingängen zwischen Bank und Kunde ein Kreditrahmen vereinbart, bis zu dem der Kunde das Girokonto grundsätzlich ohne weiteres überziehen, also ins Soll bewegen darf; hierfür gilt ein bestimmter, vorab zu vereinbarender Zinssatz ("vereinbarter Überziehungskredit", "Dispositionskredit", "Kontokorrentkredit" - hier 1.000,00 DM; Zinssatz hier: 11,75 %). In ihren AGB regeln die Banken darüber hinaus, dass bei Girokontoüberziehungen über einen etwa vereinbarten Kreditrahmen hinaus Zinsen anfallen, und zwar deutlich über den Zinsen für eine vereinbarte Überziehung ("geduldeter Überziehungskredit"; Zinssatz hier: 15,75 %); die Bank ist aber - wie der Begriff "geduldet" verdeutlicht - keineswegs verpflichtet, eine solche Kontoüberziehung hinzunehmen. Bei Verbraucherdarlehen haben beide Formen eine gewisse gesetzliche Regelung erfahren in § 5 VerbrKrG, nunmehr § 493 BGB n.F.
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Soweit der Kunde einen bestimmten Dispositionsrahmen mit der Bank ausdrücklich vereinbart hat, liegt in einer darlehensvertraglichen Regelung über das Girokonto als Belastungskonto zugleich die (ansonsten mit Daueraufträgen oder Einzelweisungen verbundene) Zustimmung zu entsprechender Belastungsbuchung und damit die Inanspruchnahme eines Darlehens bis zur Höhe des Dispositionsrahmens. Hieran hat der Kunde auch ein erhebliches Interesse: Denn wäre eine Belastungsbuchung nur möglich, wenn das Girokonto im Haben geführt wird, würde bei mangelnder Deckung die vorzeitige Kündigung des Darlehens durch die Bank drohen. Gerade zur Überbrückung vorübergehender oder zwar länger dauernder, aber begrenzter Liquiditätsengpässe dient aber die Vereinbarung eines bestimmten Überziehungskredits auf dem Girokonto.
20 
Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn das Girokonto bereits jenseits eines etwa vereinbarten Dispositionsrahmens im Soll geführt wird oder durch eine Belastungsbuchung dahin geriete. In diesem Fall kann die in der Kontoüberziehung liegende Inanspruchnahme eines Kredits weder auf eine allgemeine hierauf bezogene Einigung (wie beim vereinbarten Kreditrahmen) noch auf eine konkrete Einzelweisung zurückgeführt werden. Der Zugriff auf das Girokonto erfolgt hier nicht durch den Kunden selbst, auch nicht durch Dritte mit Einwilligung des Kunden - sondern als rein interner Vorgang allein durch die Bank. Sofern jegliche Umstände, die es erlauben könnten, die Kontoüberziehung dem Kunden als von seinem Willen getragen zuzurechnen, fehlen, stellt sich das Verhalten der Bank als aufgedrängte Kreditgewährung dar (der an sich naheliegende Begriff der "Selbstbedienung" passt nur deshalb nicht, weil ein Guthaben nicht vorhanden ist).
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Es ist daher unbedingt eine ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung des Kunden erforderlich, dass er einen Überziehungskredit in Anspruch nehmen wolle (vgl. Ulmer, in: Münchner Kommentar, BGB 3. Aufl. 1995, § 5 VerbrKrG Rn. 31; Kessal-Wulf, in: Staudinger, BGB 13. Aufl. 1997, § 5 VerbrKrG Rn. 33 m.w.N.; von Rottenburg, in: von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. 1996, § 5 Rn. 44). Eine solche könnte hier allenfalls in der darlehensvertraglichen Regelung über das Belastungskonto gesehen werden.
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Die damit aufgeworfene Frage (die - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Kommentarliteratur bislang nicht erörtert wird), ob nämlich die Vereinbarung über das Belastungskonto als vorab abstrakt erklärte Darlehensinanspruchnahme verstanden werden kann, ist nach Auffassung der Kammer bei der gebotenen Berücksichtigung der Interessenlage von Bank und Kunde jedoch zu verneinen:
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Ein wie auch immer geartetes generelles Interesse des Kunden an einer Belastungsbuchung in diesem Fall ist nicht zu erkennen. Wenn nämlich keine regelmäßigen Zahlungseingänge zu verzeichnen sind und deshalb ein Dispositionskredit gar nicht eingeräumt wurde oder wenn nicht einmal ein eingeräumter Dispositionskredit ausreicht, um fällige Zahlungen auf den Darlehensvertrag zu erbringen, dann sind in der Regel die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden so angespannt, dass die vertragsgemäße Erfüllung der Pflichten aus dem Darlehensvertrag ohnehin gefährdet sein dürfte bzw. dass eine solche Gefährdung zumindest nahe liegt. Dem Kunden hilft in dieser Situation die Inanspruchnahme eines weiteren Darlehens zu überaus schlechten Konditionen typischerweise nicht. Dies gilt ganz besonders dann, wenn es sich beim Darlehensvertrag um einen Realkredit handelt: Welches allgemeine Interesse soll ein Kunde haben, der die vergleichsweise günstigen Zinsen eines Realkredits nicht (mehr) mit vorhandenen Mitteln begleichen kann, diese Zinsen durch die Überziehung seines Girokontos aufzubringen und hierfür drastisch höhere Überziehungszinsen zu zahlen?
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Will dagegen der Kunde ausnahmsweise, etwa weil er hofft, in überschaubarer Zeit wieder Liquidität zu gewinnen, doch die Kündigung des Darlehens vermeiden und dafür den hohen Preis der Girokonto-Überziehungszinsen zahlen, dann wird er ohnehin mit der Bank das Gespräch suchen und ihr eine ausdrückliche Weisung erteilen.
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Ein Interesse der Bank, in einer solchen Situation fällige Zahlungen vom Girokonto abzubuchen, auch wenn dieses im nur noch geduldeten Soll geführt wird, ist ebenso wenig zu erkennen. Sie ist nicht verpflichtet, bei fehlender Deckung weitere Belastungsbuchungen vorzunehmen; bei Eintritt der gesetzlichen bzw. vertraglichen Voraussetzungen kann sie das Darlehen zur sofortigen Rückzahlung fällig stellen. Will sie dies jedoch vermeiden und - aus welchen Gründen auch immer - das Engagement weiterführen, ist es ihr ohne weiteres zuzumuten, sich für eine Belastungsbuchung trotz fehlender Deckung eine ausdrückliche Weisung des Kunden einzuholen. Dann kann der Kunde nämlich selbst entscheiden, ob er für besonders hohe Zinsen sein Darlehen zu retten versucht (s.o.) - oder ob er sein finanzielles Scheitern akzeptiert und nun nur noch auf eine Abwicklung unter Vermeidung unnötiger Zusatzkosten bedacht ist.
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2. Zur Schadenshöhe
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a) Die Antragstellerin hat ihren aus der unzulässigen Buchung entstandenen Schaden jedenfalls nicht zu hoch berechnet.
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Die Schadensberechnung wird von der Antragsgegnerin nicht angegriffen. Soweit die Antragsgegnerin allgemein darauf verweist, dass sie sogar die gesamte Darlehensvaluta zu dem mit 15,75 % zu verzinsenden Soll des Girokontos hätte stellen dürfen, ist dies aufgrund der dargelegten Erwägungen nicht zutreffend.
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b) Tatsächlich dürfte die Antragstellerin ihren Schaden sogar etwas zu niedrig berechnet haben.
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Hätte sich die Antragsgegnerin korrekt verhalten, wäre die Abbuchung der Zinsbeträge vom Girokonto unterblieben. Grundsätzlich könnte daher die Antragstellerin geltend machen
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jeweils 15,75 % Zinsen

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    - aus              5.089,00 DM von 30.12.1997 bis 7.9.2000
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    - und aus weiteren 5.089,00 DM von 1.4.1998 bis 7.9.2000.
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Wenn die Antragsgegnerin durch die streitgegenständlichen
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Zinsabbuchungen vom 30.12.1997 und 1.4.1998 und durch die
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Schlussabrechnung zum 7.9.2000 die Darlehensvaluta für den gesamten
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Verzugszeitraum von 1.10.1997 bis 7.9.2000 mit Zinssätzen
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jedenfalls nicht unter dem durchschnittlichen Brutto-Sollzinssatz
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von 6,75 % verzinst bekommen hat, dann ist ihr Verzugsschaden voll
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und ganz ersetzt. Unter diesem Gesichtspunkt muss sich die
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Antragstellerin dann nichts abziehen lassen.
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Die Antragstellerin bräuchte auch die abgebuchten Zinsbeträge für
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die Quartale IV/1997 und I/1998 nicht zu verzinsen, und zwar
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überhaupt nicht, auch nicht - wie von ihr ihrer Berechnung
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zugrundegelegt, vgl. Seite 3 unten des Klageentwurfs - mit dem
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Verzugszinssatz von 6,75 %.
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Denn die Antragsgegnerin könnte im Hinblick auf die geschuldeten
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Verzugszinsen wegen des Zinseszinsverbots lediglich Ersatz ihres
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konkreten Verzugsschadens verlangen; eine abstrakte Berechnung
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scheidet insoweit aus.
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Nachdem die Antragstellerin aber ihr Begehren von vornherein
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entsprechend begrenzt hat, bedarf es zu diesen Fragen keiner
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weiteren Ausführungen.
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3. Der Schadensersatzanspruch der Antragstellerin ist ihr nicht
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unter dem Gesichtspunkt des Saldoanerkenntnisses abgeschnitten.
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Zugunsten der Antragsgegnerin kann - obgleich Einzelheiten hierzu
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nicht vorgetragen bzw. streitig sind - unterstellt werden, dass die
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Antragstellerin jeweils vierteljährliche Rechnungsabschlüsse
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erhielt und dass die in den Girovertrag wirksam einbezogenen AGB
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der Antragsgegnerin für den Fall, dass nicht innerhalb bestimmter
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Frist ein Widerspruch erfolgt, eine diesbezügliche
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Genehmigungsfiktion enthalten.
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Auch ein derartiges Saldoanerkenntnis kann nämlich kondiziert
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werden, es hat im Ergebnis daher nur eine Beweislastumkehr zur
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Folge (vgl. BGH NJW 1995, 320 unter II.2.b) der Gründe; Claussen,
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Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl. 2000, § 5 Rn. 66ff = S. 154ff;
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Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 8. Aufl. 1997, § 10 Nr. 5
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Rn. 15; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. 1999, § 10 Nr.
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5 Rn. 14 u. 30).
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Da vorliegend der Sachverhalt unstreitig ist und bei zutreffender
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rechtlicher Bewertung die vorgenommenen Belastungsbuchungen sich
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als unzulässig erweisen, kann die Antragstellerin ungeachtet eines
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etwaigen Saldoanerkenntnisses ihren Schaden ersetzt verlangen.
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4. Der Schadensersatzanspruch der Antragstellerin ist - anders als
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das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss meint - nicht zur Hälfte
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verjährt, sondern lediglich mit einem minimalen Teil.
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Völlig zurecht weist die Antragstellerin mit der Beschwerde darauf
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hin, dass sie gerade nicht die Rückzahlung der am 30.12.1997 und
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1.4.1998 jeweils abgebuchten 5.098,00 DM verlangt (denn ihre
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Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen auch für die jeweils
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betroffenen Quartale ist unbestritten), sondern lediglich Ersatz
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der auf diese Beträge aufgrund unzulässiger Abbuchung vom Girokonto
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dort ab 30.12.1997 bzw. ab 1.4.1998 gezahlten überschüssigen
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Zinsen.
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Da Schadensersatz hier in Form von Zinsen auf ein Kapital verlangt
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wird, beträgt die Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung von
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§ 197 BGB a.F. vier Jahre.
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Maßgeblich für den Verjährungsbeginn gem. § 201 BGB a.F. ist
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freilich nicht der Zeitpunkt, in dem durch die Antragstellerin eine
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tatsächliche Leistung erfolgte (also etwa im Zuge der
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Kontenabrechnung im September 2000), sondern der Zeitpunkt, in dem
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die jeweiligen Überziehungszinsen auf dem Girokonto anfielen. Denn
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bereits in diesem Zeitpunkt entstand für die Antragstellerin ein
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entsprechender Zinsschaden. Den korrespondierenden Anspruch auf
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Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 S. 1 BGB
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hätte sie mit einem Antrag auf Neuverbuchung bzw. Saldenkorrektur
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bereits geltend machen können. Ob und wann sich ein solcher
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Schadensersatzanspruch irgendwann später, etwa bei der Abrechnung
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des Kontos, in einen Zahlungsanspruch umwandelt, ist für den
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Verjährungsbeginn unerheblich. Dies bestätigt ein Blick auf die
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ratio des früheren § 197 BGB: Das gefährliche Aufsummieren von
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Zinsbeträgen über längere Zeiträume sollte im Interesse des
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Schuldners verhindert werden. Dieser Normzweck ist gleichermaßen
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berührt, ob nun der auf Zinsen bezogene Anspruch zunächst nur auf
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Rückgängigmachen einer Buchung oder dergleichen gerichtet ist oder
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sogleich auf Zahlung.
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Soweit Zinsen bezogen auf das Jahr 1997 geltend gemacht werden, war
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folglich die gem. § 201 BGB a.F. am 1.1.1998 in Gang gesetzte
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vierjährige Verjährungsfrist bei Einreichung des PKH-Antrags am
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15.5.2002 bereits abgelaufen. Dies betrifft - nachdem für 1997
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bezogen auf die Abbuchung von 5.089,00 DM am 30.12.1997 ein
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Zinsbelastungstag geltend gemacht wird - einen Betrag von
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5.089,00 DM x 9 % x 1/365 = 1,26 DM (= 0,64 EUR).
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Insoweit waren die Beschwerde und das PKH-Gesuch zurückzuweisen.
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Die auf die Folgejahre bezogenen Zinsschäden waren allerdings am
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15.5.2002 noch nicht verjährt, da die Verjährung für die
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Zinsschäden aus 1998 erst am 1.1.1999 zu laufen begonnen hatte, für
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die späteren Jahre entsprechend noch später.

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