1. Auf die Beschwerde der Betreuerin wird der Beschluss des Notariats Sulz a. N. - Betreuungsgericht - vom 01.12.2016, VG 37/2016, abgeändert:
Auf Antrag der Betreuerin wird dieser eine Vergütung aus der Staatskasse nach §§ 4, 5 VBVG in Höhe von 594,- EUR bewilligt.
Der weitergehende Antrag der Betreuerin und die weitergehende Beschwerde der Betreuerin werden zurückgewiesen.
2. Auslagen werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
|
|
| Die Betreuerin / Beschwerdeführerin, Frau A., wurde mit Beschluss des Notariats Sulz a. N. vom 08.08.2016 (Bl. 16 d. A.) zur Berufsbetreuerin des Betroffenen bestellt. |
|
| Mit Antrag vom 17.11.2016 (Bl. 28 d. A.) hat sie für die Zeit vom 11.08. bis 10.11.2016 für ihre Tätigkeit für den mittellosen Betroffenen eine Vergütungsbewilligung in Höhe von 924,- EUR beantragt, nämlich drei Monate zu je 7 Stunden (keine Heimunterbringung) zu je 44,- EUR. |
|
| Der Betroffene befindet sich aufgrund Mietvertrags vom 19.07.2016 in einer ambulant betreuten Wohngruppe im Haus BP. Die Gesamtmiete beträgt monatlich für das gemietete Zimmer 520,34 EUR einschließlich einer Pauschale von 150,- EUR auf Betriebskosten im Rahmen einer Wohngemeinschaft. Daneben hat der Betroffene einen Betreuungsvertrag unter dem Datum 19.07.2016 (Anlage 2 zum Mietvertrag) abgeschlossen. Das Entgelt für die Betreuungsleistungen beträgt monatlich 141,- EUR. Diese monatliche Pauschale ist die Gegenleistung für das Servicepaket der Betreuungsleistungen nach § 2 des Betreuungsvertrages. Die Betreuungsleistungen umfassen u. a. die Vorhaltung eines Hausnotrufdienstes, die Wäscheversorgung, die Reinigung von Zimmer und Gemeinschaftsräumen, die Förderung der Hausgemeinschaft und von sozialen Kontakten sowie individuelle Beratung (u. a. Beratung zu Fragen der alltäglichen Lebensführung, zu den Hilfemöglichkeiten, zu möglichen Sozialleistungen und zu betreuungsrechtlichen Problemen, Beratung und Hilfeleistung bei Kontakten mit Behörden, bei der Antragstellung zu Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung sowie für weitere Sozialleistungen und bei der ärztlichen Versorgung), Vermittlung von Service- und Hilfsdiensten (u. a. Dienstleistungen im hauswirtschaftlichen Bereich und zur Alltagsbewältigung) sowie sonstige Leistungen (u. a. Möglichkeit der Teilnahme am Mittagessen im Speisesaal der Einrichtung zu den jeweils gültigen Preisen, Erste Hilfe durch Krankenschwestern/Altenpflegerinnen, Beratung in Sachen Betreuung im Bedarfsfall). Zudem wird dem Bewohner eine bevorzugte Aufnahme im Haus BP oder in eine andere Einrichtung des Trägers ermöglicht, sofern eine sachgerechte Pflege und Betreuung in der ambulant betreuten Wohngruppe auch bei der Inanspruchnahme von ambulanten Dienstleistungen nicht mehr möglich ist. Wegen der Einzelheiten zur Vereinbarung wird auf den Mietvertrag und den Betreuungsvertrag (Bl. 27 d. A.) Bezug genommen. |
|
| Nach Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 24.11.2016 (Bl. 29 d. A.) hat das Notariat Sulz - Betreuungsgericht - mit Beschluss vom 01.12.2016, VG 37/2016, den Antrag der Betreuerin vom 17.11.2016 auf Zahlbarmachung einer Vergütung aus der Staatskasse nach §§ 4, 5 VBVG in Höhe von 924,00 EUR zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach Ansicht des Gerichts lediglich 4,5 Stunden pro Monat zu je 44,- EUR abzurechnen seien, da der Betroffene sich in einem Heim aufhalte. Wegen der näheren Begründung wird auf den Beschluss vom 01.12.2016 Bezug genommen. |
|
| Mit Schreiben vom 09.12.2016 hat die Betreuerin gegen den ihr am 06.12.2016 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt (Bl. 36 d. A.). Das Notariat Sulz a. N. - Betreuungsgericht - hat mit Beschluss vom 09.12.2016 der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 37 d. A.). |
|
| Die ergänzende Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 26.05.2017 (Bl. 41 f. d. A.) wurde mit Verfügung vom 02.06.2017 den Beteiligten mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Die Betreuerin hat daraufhin mit Schreiben vom 07.06.2017 mitgeteilt, dass sie die Beschwerde aufrechterhalte. Sowohl das Pflegeheim als auch die Pflegeversicherung und das Sozialamt würden die Wohngruppe nicht für eine heimähnliche Unterbringung ansehen (Bl. 44 d. A.). |
|
| Die Beschwerde der Betreuerin ist nach § 168 FamFG i.V.m. §§ 58 ff FamFG zulässig. Insbesondere übersteigt der Beschwerdewert nach § 61 Abs. 1 FamFG den Wert von 600,- EUR, da das erstinstanzliche Gericht den Vergütungsantrag über 924,- EUR insgesamt abgewiesen hat. |
|
| Die Beschwerde ist teilweise begründet. Nach §§ 4, 5 VBVG steht der Betreuerin für den Zeitraum 11.08.2016 bis 10.11.2016 ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse in Höhe von 594,- EUR zu, nämlich für drei Monate zu je 4,5 Stunden mit einem Stundensatz von 44,- EUR. Die weitergehende Beschwerde ist nicht begründet, da der Betreuerin ein Vergütungsanspruch in Höhe von 924,- EUR, nämlich für 7 Stunden pro Monat, nicht zusteht, da vorliegend vergütungsrechtlich eine Heimunterbringung vorliegt (§ 5 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 VBVG). |
|
| Maßgeblich für die Frage, ob der Betreuerin ein Stundenansatz von 4 1/2 Stunden für die ersten drei Monate der Betreuung oder ein Stundenansatz von 7 Stunden zusteht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VBVG) ist, ob der Betroffene in einem Heim untergebracht ist. Nach § 5 Abs. 3 VBVG sind Heime im Sinne dieser Vorschrift Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten und in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. § 1 Abs. 2 des Heimgesetzes gilt entsprechend. In § 1 Abs. 2 Heimgesetz ist geregelt, dass die Tatsache, dass ein Vermieter von Wohnraum durch Verträge mit Dritten sicherstellt, dass den Mietern Betreuung und Verpflegung angeboten werden, nicht allein die Anwendung des Gesetzes begründet. Dies gilt auch dann, wenn die Vermieter vertraglich verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen, wie Notrufdienste oder Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und das Entgelt hierfür im Verhältnis zur Miete von untergeordneter Bedeutung ist. |
|
| Die Differenzierung der Stundenansätze danach, ob der Betreute in einem Heim oder zu Hause lebt, hat seinen Grund darin, dass die der Bildung der Pauschalen zugrundeliegende rechtstatsächliche Untersuchung ergab, dass der durchschnittliche Betreuungsaufwand für einen Betreuten, der in einem Heim lebt und somit regelmäßig mehr oder weniger versorgt ist, signifikant geringer ist, als für eine Person, die zu Hause lebt (Maier in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 5 VBVG RN 13). Aus diesem Grund ist bei der Auslegung von § 5 Abs. 3 VBVG zu beachten, dass hier ein anderer Zweck verfolgt wird, als mit der Abgrenzung in § 1 Abs. 1 und 2 Heimgesetz. Während es bei der Frage der Anwendung des Heimgesetzes in erster Linie um die Frage geht, inwieweit eine Aufsicht veranlasst ist, ist bei der Frage der Stundenansätze für die Vergütung letztlich entscheidend, ob die Einrichtung dem Betreuer einen Großteil seiner Arbeit abnimmt oder nicht. Im Vergütungsrecht kommt es vor allem bei den unterschiedlichen Formen des betreuten Wohnens entscheidend darauf an, wie stark der Betreuer durch die konkrete Wohnform typischerweise von Betreueraufgaben entlastet ist. Systemkonform ist dabei eine abstrakte Betrachtung anzustellen ohne die Berücksichtigung der Belastung des Betreuers im konkreten Einzelfall. Kein Heim ist anzunehmen, wenn sich die angebotene Betreuung auf allgemeine Lebenshilfe beschränkt und weder Verpflegung, noch Gesundheitssorge, noch Pflegeleistungen angeboten werden (Fröschle in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, VBVG, § 5 RN 32 m.w.N.; Jaschinski in Herrberger/Martinek/Rüssmann u.a., Juri PK - BGB 8. Aufl. 2017, § 5 VBVG RN 13 ff; Bienwald in Bienwald/Sonnenfeld/Harm, Betreuungsrecht, 6. Aufl. 2016, § 1836 BGB, RN 116 f.). |
|
| Beim Wohnen des Betroffenen im Haus BP gem. dem von ihm abgeschlossenen Mietvertrag in Verbindung mit dem von ihm abgeschlossenen Betreuungsvertrags in einer ambulant betreuten Wohngruppe handelt es sich unter Zugrundelegung dieses Verständnisses des Heimbegriffs vergütungsrechtlich um ein Wohnen im Heim nach § 5 Abs. 3 VBVG. |
|
| Der Betroffene hat sich in einer ambulant betreuten Wohngruppe, die dem Pflegeheim BP unmittelbar angegliedert ist, zu Wohnzwecken bei einer Gesamtmiete incl. pauschaler Betriebskosten von 520,34 EUR monatlich eingemietet. Das Haus BP stellt dem Betroffenen aufgrund des Miet- und Betreuungsvertrages Wohnraum, Verpflegung und tatsächliche Betreuung zur Verfügung. Er kann sich darauf verlassen, dass er in allen Bereichen der Daseinsvorsorge Hilfe erhält, wenn er sie benötigt. Ob der Betroffene diese Leistungen tatsächlich in Anspruch nimmt, ist nicht maßgeblich (Fröschle in Münchener Kommentar, a.a.O., § 5 VBVG RN 30). |
|
| Der Betroffene zahlt für das Servicepaket nach § 2 des Betreuungsvertrages eine monatliche Pauschale von 141,- EUR. Dies sind ca. 27 % des Mietzinses für das Wohnen in der ambulant betreuten Wohngruppe. Dieses Entgelt ist im Verhältnis zur Miete mithin nicht von untergeordneter Bedeutung (vgl. § 1 Abs. 2 Heimgesetz). Für diesen Zusatzbeitrag erhält der Betroffene nach § 2 des Betreuungsvertrages umfassende Betreuungsleistungen. Dies sind neben der Vorhaltung eines Hausnotrufdienstes, die komplette Wäscheversorgung (Reinigung maschinenfähiger Wäsche) sowie Reinigung von Zimmer und Bad sowie aller Gemeinschaftsräume einschließlich Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftswohn- und Esszimmer. Zudem wird dem Betroffenen die Möglichkeit zusätzlicher individueller Beratungstermine gegeben. Diese Beratung findet statt zu Fragen der alltäglichen Lebensführung, zu den Hilfemöglichkeiten, zu möglichen Sozialleistungen und zu betreuungsrechtlichen Problemen. Es wird Beratung und Hilfeleistung gegeben bei Kontakten mit Behörden, bei der Antragstellung zu Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung sowie für weitere Sozialleistungen und bei der ärztlichen Versorgung. Eine umfassende Rechtsberatung und umfassende Sozialberatung erfolgt allerdings nicht. Des Weiteren werden auf Wunsch oder bei Bedarf Dienstleistungen und Hilfen vermittelt für Dienstleistungen im hauswirtschaftlichen Bereich und zur Alltagsbewältigung (Essenslieferung, Einkaufsdienste, Begleit- und Fahrdienste) und Hilfeleistung für den Not-, Krankheits- und Pflegefall. Zudem wird Hilfeleistung bei der Suche nach einem Heimplatz und beim Übergang ins Pflegeheim geleistet. Zudem hat der Betroffene Anspruch auf Teilnahme am Mittagessen im Speisesaal der Einrichtung zu den jeweils gültigen Preisen, Anspruch auf Erste Hilfe durch Krankenschwestern/Altenpflegerin und Beratung in Sachen Betreuung im Bedarfsfall. Schließlich wird in dem Betreuungsvertrag dem Bewohner eine bevorzugte Aufnahme im Haus BP oder in eine andere Einrichtung der A-Gesellschaft, soweit Pflegeplätze zur Verfügung stehen und eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, ermöglicht. Bei der Belegung freier Plätze wird dem Betroffenen Vorrang vor anderen Bewerbern eingeräumt. |
|
| Diese erheblichen Hilfs- und Beratungsleistungen, welche aufgrund des zusätzlichen Betreuungsvertrages in enger Verbindung mit dem Wohnen in der ambulant betreuten Wohngruppe dem Betroffenen zustehen, führen dazu, dass der durchschnittliche Betreuungsaufwand für ihn - ähnlich einem Heimbewohner - signifikant geringer für die Betreuerin ist als für einen zu Hause lebenden Betreuten. Durch diese konkrete Wohnform wird die Betreuerin bei der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise typischerweise von Betreueraufgaben entlastet. Denn mit den genannten Hilfs-, Versorgungs- und Beratungsleistungen stehen dem Betroffenen umfassende Unterstützungen zur Verfügung, bezüglich derer er sich andernfalls an die Betreuerin wenden würde, was zu erhöhtem Aufwand führen würde. |
|
| Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht (§ 307 FamFG). Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 35, 36, 61 GNotKG. |
|
| Gründe, für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1 und 2 FamFG bestehen nicht. |
|