Urteil vom Landgericht Siegen - 8 O 95/06
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Insolvenzverwalter über den Nachlass des am 18.06.2004 verstorbenen X. Der Beklagte ist der Sohn des Verstorbenen.
3X, geboren am 04.07.1912, war Inhaber des gleichnamigen Einzelunternehmens, das sich mit der Fertigung von Arbeitskleidung, Schürzen, Schuhen, Handschuhen und Spezialschürzen für Brauereien befasste. Der Beklagte sowie sein Bruder L und eine Schwiegertochter des Verstorbenen, X1, arbeiteten im Betrieb mit. Dem Beklagten war Prokura erteilt.
4Der Jahresabschluss per 31.12.1998 wies einen Verlust von 123.460,81 DM aus. Das wesentliche ausgewiesene Betriebsvermögen bestand aus dem Betriebsgrundstück S-Straße 27-29 in G1, das mit einem Betrag von 1.275.490,00 DM bewertet worden war (Blatt 7-13 der Akte). Auf Veranlassung des Insolvenzschuldners hatte der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige B den Verkehrswert des Betriebsgrundstückes am 11.11.1991 mit 1.900.000,00 DM bewertet (Blatt 51-82 der Akte).
5Der Insolvenzschuldner hatte ausweislich der Bilanz per 31.12.1998 Darlehensverbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mindestens 4 Jahren in Höhe von 533.694,67 DM und weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 404.055,64 DM. Gläubigerin ist die Stadtsparkasse G1.
6Am 15.12.1998 fand eine Besprechung bei der Stadtsparkasse G1 über die Zukunft des Unternehmens statt, an der unter anderem der Beklagte teilnahm. Es wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass der Verkauf des Betriebsgrundstücks S-Straße vorangetrieben werden sollte, um bei einer absehbaren Schließung des Gewerbebetriebes die vorhandenen Kreditverbindlichkeiten zurückführen zu können.
7Der Insolvenzschuldner war Eigentümer des Hausgrundstückes S-Straße/17a in G1, dessen Wert sich im Jahr 1999 auf 300.000,00 DM belief. Das Grundstück ist mit 2 Wohnhäusern und einer Doppelgarage bebaut. Das rückwärtige Wohnhaus, das vom Beklagten und seiner Familie bewohnt wird, ist in den Jahren 1999/1970 von diesem errichtet worden. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 10.04.1969, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 166 der Akte), hat der Insolvenzschuldner dem Beklagten den Bau des Wohnhauses auf seinem Grundstück ausdrücklich gestattet. Der Beklagte sollte "wirtschaftlicher Eigentümer" des Objektes sein. Ihm wurde ein lebenslängliches, unentgeltliches Nutzungsrecht an der im Neubau befindlichen Wohnung eingeräumt. Der Insolvenzschuldner verpflichtete sich, Verfügungen über das Grundstück nur mit vorheriger Zustimmung des Beklagten vorzunehmen. Im Falle einer Beendigung der Vereinbarung sollte der Insolvenzschuldner zur Leistung einer Entschädigung für das in sein Eigentum fallende Gelände (Einfamilienhaus) nicht verpflichtet sein.
8Auf dem Grundstück waren zugunsten der Stadtsparkasse G1 Grundpfandrechte in Höhe von 191.000,00 DM eingetragen. Sie dienten zur Absicherung von Darlehen, die der Beklagte zur Finanzierung des Hausbaus bei der Stadtsparkasse G1 aufgenommen hatte. Im Jahr 1999 valutierte dieses Darlehen mit höchstens 176.000,00 DM.
9Mit notariellem Vertrag vom 17.05.1999 übertrug der Insolvenzschuldner das Grundstück S-Straße/17a im Wege vorweggenommener Erbfolge auf den Beklagten. Dem Insolvenzschuldner wurde im Erdgeschoss des Wohnhauses ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt, für das ein monatlicher Mietwert von 500,00 DM angesetzt worden ist. Der Eigentümerwechsel ist am 22.07.1999 im Grundbuch eingetragen worden.
10Seit August 1999 wurden an den Beklagten und die im Unternehmen mitarbeitenden Familienangehörigen keine Gehälter mehr gezahlt.
11Mit Schreiben vom 28.11.2003, beim Insolvenzgericht eingegangen am 15.12.2003, beantragte der Insolvenzschuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Das Insolvenzverfahren ist am 24.03.2004 eröffnet worden. Nach dem Tod des Insolvenzschuldners am 18.06.2004 wurde das Verfahren am 16.09.2004 in ein Nachlassinsolvenzverfahren übergeleitet.
12Die Stadtsparkasse G1 hat die dem Insolvenzschuldner gewährten Kredite im Dezember 2003 gekündigt.
13Mit der am 24.03.2005 zugestellten Klage hat der Kläger die Übertragung des Grundstückes S-Straße/17a auf den Beklagten angefochten.
14Er ist der Auffassung, der Anfechtungsanspruch ergebe sich aus §§ 129, 133 InsO. Er behauptet: Die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 17.05.1999 unmittelbar bevorgestanden. Das Unternehmen habe seit 1991 nur noch Verluste ausgewiesen. Auch aus den Jahresabschlüssen 1999 und 2000 ergäben sich Fehlbeträge. In einer Vielzahl von Schreiben der Stadtsparkasse G1 aus der Zeit von 1996 bis Ende 1999 sei die Frage des Vermögensverzehrs der Firma, die Verschuldung und drohende Insolvenz angesprochen worden. Bei der Besprechung am 15.12.1998 sei der Beklagte darauf hingewiesen worden, dass die Stadtsparkasse G1 äußerstenfalls bereit sei, mit der Rückführung der Kredite bis 31.12.1999 zu warten, unter anderem unter der Bedingung, dass ein Maklerauftrag für die Betriebsimmobilie S-Straße erteilt werde. Die Gehaltszahlungen seien ab August 1999 mangels Liquidität eingestellt worden.
15Die massive Überschuldung sei in den Bilanzen seit Anfang der 90er Jahre dadurch kaschiert worden, dass die Immobilie S-Straße mit rund 1,3 Millionen DM bilanziert worden sei, obwohl der wahre wirtschaftliche Wert der Immobilie bei 10 % bis 20 % des Betrages gelegen habe. Das Grundstück sei unveräußerlich. Veräußerungsbemühungen des Insolvenzschuldners seien über einen Zeitraum von 10 Jahren ohne Erfolg geblieben. Die Unveräußerlichkeit des Grundstückes seien dem Insolvenzschuldner und dem Beklagten auch bekannt gewesen.
16Spätestens seit der Besprechung vom 15.12.1998 mit der Stadtsparkasse G1 hätten der Insolvenzschuldner und der Beklagte mit der Zahlungsunfähigkeit gerechnet.
17Die Übertragung des Hausgrundstückes S-Straße/17a auf den Beklagten sei angesichts dieser Umstände in der Absicht erfolgt, den Grundbesitz dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Für eine Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge habe angesichts des damaligen Alters des Insolvenzschuldners von 87 Jahren keine Veranlassung bestanden.
18Die Übertragung des Grundstücks habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung könne bei einem Verkehrswert von 300.000,00 DM unter Berücksichtigung der eingetragenen Belastungen von 191.000,00 DM die Insolvenzmasse um 109.000,00 DM (= 55.730,82 €) vermehrt werden. Der Kläger meint: Dieser Betrag vermindere sich nicht um den mit 19.410,00 DM anzusetzenden Wert des Wohnrechtes des Insolvenzschuldners. Dieses Wohnrecht sei nicht zu berücksichtigen, da es ebenfalls der Anfechtung unterlegen hätte, wenn es nicht durch den Tod des Insolvenzschuldners erloschen wäre.
19Mit Schriftsatz vom 19.03.2007 hat der Kläger die Übertragung des Hausgrundstückes S-Straße/17a auch gemäß § 134 InsO angefochten.
20Der Kläger beantragt,
21den Beklagten zu verurteilen, an ihn 55.730,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
22hilfsweise,
23den Beklagten zu verurteilen, wegen eines Betrages von € 55.730,82 nebst 6,21 % Zinsen von diesem Betrag für die Zeit vom 25.03.2005 bis 30.06.2005 und in Höhe von 6,17 % Zinsen für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 und in Höhe von 6,37 % Zinsen für die Zeit seit 01.01.2006 die Zwangsvollstreckung in dem im Grundbuch von G1 des Amtsgerichts Siegen, Blatt 601 eingetragenen Grundbesitzes G1, Flur X, Flurstück X, Gebäude- und Freifläche, S-Straße,17a mit einer Größe von 703 m² zu dulden,
24weiter hilfsweise,
25im Range des vorstehenden Hilfsantrages festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Wertersatz in Höhe des Betrages zu leisten, mit dem der Kläger bei der Zwangsvollstreckung gemäß dem oben genannten Antrag in den vorgenannten Grundbesitz wegen der in Abteilung III laufende Nummer 15 eingetragenen brieflosen Grundschuld über 50.000,00 DM mit 15 % Zinsen und 10 % einmaliger Nebenleistung ausfällt.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er ist der Ansicht: Falls ein Anfechtungstatbestand vorliege, stehe dem Kläger gemäß § 143 Absatz 1 Satz 1 InsO kein Zahlungsanspruch zu. Er könne lediglich die Rückgabe des Anfechtungsgegenstandes in die Insolvenzmasse verlangen. Alternativ bestehe ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Im Übrigen sei ein Anfechtungsanspruch nicht gegeben.
29Es fehle bereits an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Unter Berücksichtigung der auf dem Grundstück S-Straße/17a eingetragenen Grundpfandrechte habe weder bei einem freihändigen Verkauf noch bei einer Zwangsversteigerung mit einem übersteigenden Verwertungserlös gerechnet werden können. Es hätte sich kein Überschuss ergeben, der anderen Gläubigern des Insolvenzschuldners für einen Vollstreckungszugriff zur Verfügung gestanden hätte.
30Aufgrund der Vereinbarung vom 10.04.1969 zwischen dem Insolvenzschuldner und dem Beklagten sei dem Insolvenzschuldner eine freihändige Veräußerung des Grundstücks im Frühjahr 1999 kaum möglich gewesen. Er hätte hierzu nämlich die Zustimmung des Beklagten benötigt. Der Beklagte behauptet: Aufgrund dieser Beschränkungen wäre kein höherer Kaufpreis als 100.000,00 DM erzielbar gewesen. Dieser hätte nicht einmal zur Ablösung der eingetragenen Grundpfandrechte ausgereicht.
31Der Beklagte ist weiter der Auffassung: Auch im Rahmen einer Zwangsversteigerung hätte kein besseres Verwertungsergebnis erzielt werden können. Ihm sei mit der Vereinbarung vom 10.04.1969 ein entgeltliches Nutzungsrecht, also ein Mietrecht eingeräumt worden. Die von ihm für den Hausbau getätigten Aufwendungen stellten den bis zur Beendigung des Nutzungsrechts geleisteten Mietzins dar. Diese Aufwendungen seien daher als Mietvorauszahlung anzusehen. Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens wäre ein Ersteher nach § 57 ZVG aus dem zwischen dem Insolvenzschuldner und ihm abgeschlossenen, mindestens bis zu seinem Lebensende laufenden Mietvertrag gebunden gewesen. Einem Sonderkündigungsrecht des Erstehers gemäß § 57 a ZVG hätte er die getätigten Aufwendungen als Mietzinsvorauszahlung entgegenhalten können. Der Beklagte behauptet, diese Aufwendungen hätten sich einschließlich der Zinsbelastungen auf 458.800,00 DM belaufen. Nach Verrechnung mit einem ortsüblichen Mietzins von 235.200,00 DM wäre ein Betrag in Höhe von 189.320,00 DM verblieben, der es ermöglicht hätte, ein Sonderkündigungsrecht noch für mindestens 23 Jahre abzuwehren.
32Der Beklagte meint: Eine Gläubigerbenachteiligung sei auch deshalb nicht gegeben, weil ihm – dem Beklagten – im Falle eines ersatzlosen Untergangs seiner Rechte aus der Vereinbarung vom 10.04.1969 im Falle einer Zwangsversteigerung ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Insolvenzschuldner erwachsen wäre, der sich auf mindestens 138.00,00 DM belaufen hätte. Da der Insolvenzschuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übertragungsvertrages im Jahre 1999 neben den auf der Betriebsimmobilie voll abgesicherten Kreditverbindlichkeiten gegenüber der Stadtsparkasse G1 keine weiteren Verbindlichkeiten gehabt habe, wäre er selbst der einzige verbleibende Gläubiger des Insolvenzschuldners gewesen.
33Der Beklagte behauptet: Die vom Insolvenzschuldner vor der Übertragung unterschriebene Zweckerklärung habe nicht nur eine Haftung für das von ihm – dem Beklagten – für die Finanzierung des Neubaus aufgenommene Darlehen, sondern sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen der Stadtsparkasse G1 gegen den Insolvenzschuldner umfasst. Diese Forderungen hätten einschließlich Zinsen in Höhe von 305.600,00 DM bestanden und damit den Verkehrswert des Grundstücks überschritten.
34Auch eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht habe bei Übertragung des Grundstücks nicht bestanden. Der Beklagte ist der Ansicht: Bereits die wertausschöpfende Belastung des Grundstücks indiziere die fehlende Benachteiligungsabsicht. Zu berücksichtigen sei auch, dass Hauptmotiv der Parteien des Übertragungsvertrages gewesen sei, die privatrechtliche Eigentumssituation der wirtschaftlichen Eigentumssituation anzupassen.
35Der Beklagte behauptet: Für ihn sei auch nicht erkennbar gewesen, dass im Jahr 1999 die Gefahr bestanden habe, dass einer der Gläubiger des Insolvenzschuldners mit seinen Forderungen ausfallen sollte. Es habe für ihn kein Zweifel bestanden, dass bei einem Verkauf des Grundstücks S-Straße ein Verkaufserlös in Höhe des vom Sachverständigen B ermittelten Verkehrswertes hätte erzielt werden können.
36Der Beklagte meint: Der Kläger habe mangels Vorlage eines Liquiditätsplanes eine Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners im Mai 1999 nicht substantiiert dargelegt. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine fälligen Kreditverbindlichkeiten gegeben, die die Zahlungsunfähigkeit hätten beeinflussen können. Auch eine drohende Zahlungsunfähigkeit sei nicht ausreichend dargelegt, da auch hierfür die Vorlage einer Liquiditätsplanung von Mai 1999 bis Dezember 2000 erforderlich wäre. Im Hinblick darauf, dass der Insolvenzantrag erst im Jahr 2003 gestellt worden sei, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits im Mai 1999 eine Zahlungsunfähigkeit ernsthaft gedroht habe.
37Schließlich gehe aus den vom Kläger vorgelegten Dokumenten der Stadtsparkasse G1 hervor, dass auch diese bis zuletzt von einer Verwertbarkeit der Betriebsimmobilie und davon ausgegangen sei, dass durch den erzielbaren Verwertungserlös die Verbindlichkeiten zurückgeführt werden könnten.
38Hinsichtlich der auf § 134 InsO gestützten Anfechtung erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Im Übrigen ist er der Ansicht, dass das angefochtene Rechtsgeschäft früher als 4 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sei und eine Anfechtung gemäß § 134 InsO bereits deshalb ausscheide.
39Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
40Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 22.03.2006 (Blatt 186 der Akte) Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T und U. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.07.2006 (Blatt 194 der Akte), 24.01.2007 (Blatt 256 der Akte) und 11.07.2007 (Blatt 296 der Akte) Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42Die Klage ist unbegründet.
43Eine Anfechtbarkeit der Übertragung des Grundstückes S-Straße/17a in G1 durch Vertrag vom 17.05.1999 des Insolvenzschuldners mit dem Beklagten ist nicht gegeben. Voraussetzung einer Anfechtbarkeit gemäß § 133 Abs. 1 InsO wäre unter anderem neben einer objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 InsO, dass der Insolvenzschuldner die Rechtshandlung mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen hat und der Beklagte diesen Benachteiligungsvorsatz kannte.
44Es kann dahingestellt bleiben, ob die Übertragung des Grundstücks auf den Beklagten eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge hatte. Jedenfalls hat der Kläger das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes nicht bewiesen. Wesentliches Indiz für den Benachteiligungsvorsatz ist die Kenntnis des Insolvenzschuldners von seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit. Weiß der Schuldner, dass seine Zahlungsunfähigkeit droht, so muss ihm klar sein, dass er in Kürze nicht mehr alle seine Gläubiger wird befriedigen können (Münchener Kommentar – Kirchhof, § 133 InsO Rn.26). Der Kläger hat bereits die von ihm für Mai 1999 behauptete unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht schlüssig dargelegt. Grundsätzlich ist zum Nachweis der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Vorlage eines Finanzplanes erforderlich, aus dem sich ergibt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Absatz 2 InsO; Münchener Kommentar Drukarczyk § 18 InsO Rn.13). Einen derartigen Plan hat der Kläger nicht vorgelegt. Er hat vielmehr eingeräumt, dass der Schuldner im Mai 1999 noch in der Lage gewesen sei, seine Verpflichtungen zu erfüllen, insbesondere deshalb, weil die Kredite der Stadtsparkasse G1 noch nicht gekündigt und fällig gestellt waren.
45Für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners könnte somit allenfalls sprechen, dass dieser im Mai 1999 Kenntnis davon hatte, dass die in der Bilanz per 31.12.1998 mit 1.275.490,00 DM bewertete Betriebsimmobilie S-Straße nur einen Bruchteil dieses Betrages wert gewesen ist und daher als Sicherungsmittel für die gegenüber der Stadtsparkasse bestehenden Verbindlichkeiten ausfiel. Ein dahingehendes Wissen des Insolvenzschuldners hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Sie hat keineswegs ergeben, dass der Insolvenzschuldner seit Anfang der 1990er Jahre vergeblich versucht hat, das Betriebsgrundstück zu veräußern und dass dieses unveräußerlich ist. Der Zeuge U, der seit 1990 als Makler mit einem Verkauf des Grundstücks befasst war, hat ausgesagt: Nach seiner Einschätzung sei noch im Jahr 1995 ein Verkauf des Grundstücks an die Volksbank G1 zu einem Preis von 1,3 Millionen DM möglich gewesen. Verkaufsbemühungen seien an zu hohen Preisvorstellungen der Familie X gescheitert. Aus der vom Kläger vorgelegten Anlage K 39 geht hervor, dass der Makler U noch im September 1999 seine Verkaufsbemühungen fortgesetzt hat.
46Aufgrund dieses Geschehensablaufs kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Schuldner bei Abschluss des angefochtenen Rechtsgeschäfts im Mai 1999 damit gerechnet hat, dass die gegenüber der Stadtsparkasse G1 als einziger Gläubigerin bestehenden Verbindlichkeiten bei einer Verwertung des Betriebsgrundstücks nicht getilgt werden könnten. Dies entsprach auch dem Erwartungshorizont der Stadtsparkasse G1.
47Ein sonstiger Anfechtungstatbestand ist nicht ersichtlich. Die Anfechtbarkeit gemäß § 134 InsO scheidet bereits deshalb aus, weil das angefochtene Rechtsgeschäft vom 17.05.1999 früher als 4 Jahre vor dem am 15.12.2003 eingegangenen Insolvenzantrag vorgenommen worden ist.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO.
49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.