1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 22.04.2005 – 8 C 3464/04 – dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 872,48 Euro mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.12.2004 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger 3/4, der Beklagte trägt 1/4.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(Das Urteil ergeht abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO.)
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| | Die Berufung ist zulässig, sie ist in der Sache jedoch nur teilweise begründet. |
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| | 1. Das amtsgerichtliche Urteil ist insoweit abzuändern, als der Beklagte zum Ersatz von 25 % der am klägerischen Fahrzeug beim Unfall vom 21.04.2004 entstandenen Schäden zu verurteilen ist, weil er für seine normale Betriebsgefahr haftet. |
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| | 1.1 Zu Recht hat das Amtsgericht in seinem Urteil festgestellt, dass der Unfall ganz überwiegend auf das Verschulden der Zeugin ... zurückzuführen ist. Diese ist unter Missachtung der Vorfahrtsregelung, die sich aus den im V weg und auf der D straße befindlichen Verkehrszeichen ergibt, wonach sie dem Verkehr auf der D straße Vorfahrt gewähren musste, nach links abgebogen. |
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| | Die Regelung durch die Verkehrszeichen war nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass die rechts von der Zeugin befindliche Fußgängerampel zum Unfallzeitpunkt für den Autoverkehr in Fahrtrichtung des Beklagten rot zeigte. Dass die Schaltung dieser Ampel so mit derjenigen, die in Fahrtrichtung des Beklagten circa 34 m vorher aufgestellt ist, abgestimmt ist, dass der aus dem V weg in die D straße abbiegende Verkehr bei roter Fußgängerampel sicher sein kann, es komme kein Fahrzeug mehr, dessen Vorfahrt zu beachten ist, behauptet nicht einmal der Kläger. Sein Vortrag geht nur dahin, die Vorfahrtsregelung sei bezüglich solcher Fahrzeuge, die ihrerseits wegen Überfahren einer roten (nämlich der in 34 m Entfernung stehenden) Ampel einen Verkehrsverstoß begangen hätten, nicht zu beachten. Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht: Verkehrszeichen gelten für bzw. gegen alle Verkehrsteilnehmer, unabhängig davon, ob sich diese regelgerecht oder – widrig verhalten. Mit Fahrzeugen, die besonders langsam fahren bzw. solchen, die im Bereich zwischen den beiden Ampeln erst anfahren, müssen die Abbieger außerdem immer rechnen und schon wegen dieser Fahrzeuge muss die Vorfahrtsregelung beachtet werden. |
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| | 1.2 Das Verschulden der Zeugin war auch kausal für die eingetretenen Unfallschäden. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass diese Kausalität durch einen vom Beklagten seinerseits begangenen Verkehrverstoß unterbrochen worden ist. |
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| | Soweit der Kläger behauptet, der Beklagte müsse die vorgeschaltete Ampel bei rot überfahren haben, weil er bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h die Distanz zwischen den beiden Ampeln hätte durchfahren können, bevor die Fußgängerampel umschaltete, hat er den Nachweis dafür nicht erbracht. Der Beklagte bestreitet sowohl das Rot der vorgeschalteten Ampel als auch die behauptete Fahrgeschwindigkeit. Schon für die gefahrene Geschwindigkeit hat der Kläger keinen überzeugenden Beweis erbracht. Da am Unfallort keine brauchbaren Spuren vorhanden sind und zum Fahrverhalten des Beklagten vor dem Zusammenprall kein Vortrag vorliegt, kann allein aus der behaupteten Aufprallgeschwindigkeit nicht auf die Fahrgeschwindigkeit geschlossen werden. |
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| | 1.3 Der Beklagte seinerseits hat jedoch nicht den Nachweis erbracht, dass der Verkehrsunfall für ihn ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG war. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn es auch durch äußerste Sorgfalt nicht abgewendet werden kann (BGHZ 117, 337). Gefordert wird zwar nicht absolute Unvermeidbarkeit, aber doch ein an durchschnittlichem Verhaltensanforderungen gemessen ideales, also überdurchschnittliches Verhalten, d. h., sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus unter Berücksichtigung aller möglichen Gefahrenmomente (BGH NJW 91, 1771). |
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| | Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt: |
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| | Der Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass das Herausfahren der Zeugin für ihn so überraschend kam, dass er nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte. In Höhe der normalen Betriebsgefahr seines Pkw's ist dem Beklagten daher ein Mitverursachungsanteil in Höhe von 25 % des entstandenen Schadens anzurechnen. |
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| | 1.4 Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 872,48 Euro zu, da ihm insgesamt ein berücksichtigungsfähiger Schaden in Höhe von 3.489,92 Euro entstanden ist. |
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| | Der Kläger hat durch die vorgelegten Rechnungen und Fotos nachgewiesen, dass er sein Fahrzeug hat reparieren lassen. Aus dem Sachverständigengutachten der ... vom 08.05.2004 sind daher die Bruttowerte anzusetzen: |
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| | Das Fahrzeug war reparaturwürdig, da ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 4.800,00 Euro Reparaturkosten in Höhe von 4.293,24 Euro gegenüberstanden. Der Einwand des Beklagten, das Fahrzeug habe einen Restwert von 4.320,00 Euro laut Sachverständigenschätzung gehabt, dem Kläger stehe daher nur ein Anspruch in Höhe der Differenz zum Wiederbeschaffungswert zu, greift nicht durch. Auf die Höhe des Restwerts kommt es nur dann an, wenn ein Fahrzeug nicht mehr repariert werden kann bzw. ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, d. h., die zu erwartenden Reparaturkosten 130 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. Ist dies nicht der Fall, hat der Geschädigte immer einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten und braucht sich nicht auf den Restwert verweisen zu lassen. |
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| | Vermindert um Abzüge alt für neu (229,96 Euro + 573,63 Euro) ergibt sich ein berücksichtigungsfähiger Gesamtschaden in Höhe von 3.489,92 Euro, so dass sich der erstattungsfähige Anteil von einem Viertel auf 872,48 Euro beläuft. |
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| | Die zugesprochenen Zinsen stehen dem Kläger gemäß §§ 286, 288, 291 BGB zu, die Klage wurde ihm am 10.12.2004 zugestellt. |
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| | 2. Die Nebenentscheidung beruhen auf §§ 92, 97 und 708 Nr. 10, 713 ZPO. |
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| | Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ist die Revision nicht zuzulassen. |
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