1. Die sofortige Beschwerde der betreibenden Gläubigerin/Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 17.11.2008 (1 K 311/08) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
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| | Die Gläubigerin/Beteiligte Ziff. 1, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, beantragte wegen in zwei Vollstreckungsbescheiden titulierter Forderungen wegen rückständigem Wohn-/Hausgeld gegen die Schuldner/Beteiligte Ziff. 3 und 4, Eigentümer in Erbengemeinschaft zu je ½ eines Miteigentumsanteils der Wohnungseigentumsanlage verbunden mit dem Wohnungseigentum Nr. 11, die Anordnung der Zwangsversteigerung bezüglich des eingetragenen Wohnungseigentums. Hierbei beansprucht die Gläubigerin die Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, obgleich sie den Einheitswertbescheid des Wohnungseigentums nicht vorlegen kann. Unter Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 17.04.2008 - V ZB 13/08 - beantragt sie zunächst, die Zwangsversteigerung in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG anzuordnen und den Einheitswert bei der zuständigen Finanzbehörde zu erheben und diesen sodann der Gläubigerin mitzuteilen. |
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| | Hierauf ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 08.10.2008 die Zwangsversteigerung des vorbezeichneten Grundbesitzes wegen der näher bezeichneten persönlichen Ansprüche sowie der Kosten des Verfahrens an. Gleichzeitig teilte das Amtsgericht - Rechtspflegerin - mit Verfügung vom 08.10.2008 mit, dass das Amtsgericht entgegen der Annahme des BGH in der genannten Entscheidung das Finanzamt nur in denjenigen Fällen um Auskunft über den Einheitswert ersuche, in denen der Einheitswert der Gerichtskostenberechnung zugrunde zu legen ist, nämlich bei Aufhebung des Verfahrens, bevor der Verkehrswert festgesetzt ist. |
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| | Gegen diese Weigerung der Rechtspflegerin, den Einheitswert des von der Beschlagnahme erfassten Wohnungseigentums bei der zuständigen Finanzbehörde zu erheben und der Gläubigerin mitzuteilen, wandte sich die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung vom 15.10.2008, die das Amtsgericht mit Beschluss vom 17.11.2008 zurückgewiesen hat mit der Begründung, aus § 54 Abs. 1 S. 4 GKG folge keine Verpflichtung des Vollstreckungsgerichts, im derzeitigen Verfahrensstand beim Finanzamt eine Auskunft über die Höhe des Einheitswerts einzuholen, da nach Anordnung der Zwangsversteigerung eine Gebühr nach § 54 Abs. 1 GKG noch nicht fällig sei, somit auch eine entsprechende Nachfrage beim Finanzamt nicht veranlasst sei. |
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| | Gegen diese der Gläubigerin am 19.11.2008 zugestellte Entscheidung legte die Gläubigerin am 24.11.2008 beim Amtsgericht sofortige Beschwerde ein, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 28.11.2008 unter Vorlage der Akten an das Beschwerdegericht nicht abgeholfen hat. |
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| | Mit Beschluss vom 28.11.2008 wurde der Beitritt der Beteiligten Ziff. 2 wegen dinglicher Ansprüche sowie der Kosten dieses Verfahrens zugelassen. |
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| | Die Einzelrichterin hat das Beschwerdeverfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache der Kammer zur Entscheidung übertragen. |
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| | Die gemäß § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist in der Sache nicht begründet. |
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| | Das Amtsgericht hat die Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, nämlich die Weigerung der Rechtspflegerin, im gegenwärtigen Stadium des Zwangsversteigerungsverfahrens gem. § 54 Abs. 1 S. 4 GKG das Finanzamt um Auskunft über den Einheitswert zu ersuchen, mit dem Ziel, der Gläubigerin eine Anmeldung ihrer Forderungen in Rangklasse 2 gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG zu ermöglichen, mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. |
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| | Zwar führt der BGH mit seinen Rechtsbeschwerdeentscheidungen vom 17.04.2008 - V ZB 13/08 und V ZB 14/08 - (hierzu die Kommentierung in NJW-Spezial 2008, 419) in einem obiter dictum aus, nach erfolgter Anordnung der Zwangsversteigerung habe das Vollstreckungsgericht nach § 54 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 GKG die zuständigen Finanzbehörden um Übermittlung des Einheitswertbescheides zu ersuchen. Einem solchen Ersuchen könnten die Finanzbehörden, anders als nach geltendem Recht gegenüber einer Auskunftsbitte der Wohnungseigentümergemeinschaft, das Steuergeheimnis wegen § 54 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 GKG nicht entgegenhalten. Sodann sei ein Beitritt der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Rangklasse 2 nach § 27 ZVG zuzulassen, wenn sie dem Verfahren nach erfolgtem Nachweis beitrete. |
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| | Gleichwohl sieht die Kammer nach der gegenwärtigen Gesetzeslage und im vorliegenden Stadium des Verfahrens mit dem Amtsgericht keine Verpflichtung und Berechtigung des Amtsgerichts, das Finanzamt um Auskunft über den Einheitswert des zu versteigernden Grundbesitzes zu ersuchen. |
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| | Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht derzeit weder eine Veranlassung noch eine Verpflichtung des Amtsgerichts, das Finanzamt um Auskunft über den Einheitswert des zu versteigernden Grundbesitzes zu ersuchen (so auch LG Dortmund, Beschluss vom 20.11.2008 - 9 T 511/08 - zitiert nach juris). Nach der derzeitigen Gesetzeslage besteht auch lediglich eine Verpflichtung des Finanzamtes, im Rahmen eines Ersuchens nach § 54 GKG eine Mitteilung zu machen. |
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| | Die Verwendung der nach der Vorschrift des § 54 Abs. 1 S. 4 GKG zu offenbarenden Daten ist auf ihren gesetzlichen Zweck, nämlich die Kostenberechnung, beschränkt (FG Düsseldorf Urteil vom 12.11.2008 - 4 K 170/08 AO - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Urteil vom 15.12.1983 - BvR 209/83 u.a. - und die Kommentierung in der Fachliteratur, zitiert nach juris; Kommentierung zu der Entscheidung in NJW-Spezial 2009, 98). Aus § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG, nach dem die Höhe der gegenüber einem Wohnungseigentümer zu vollstreckenden Forderung 3 % des Einheitswerts übersteigen muss, ergibt sich nicht, dass das zuständige Finanzamt den gegenüber dem säumigen Miteigentümer für seine Eigentumswohnung erlassenen Einheitswertbescheid oder zumindest den nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG erforderlichen Inhalt der Einheitswertfestsetzung für die beabsichtigte Maßnahme der Zwangsversteigerung der Miteigentümergemeinschaft mitzuteilen hat (FG Düsseldorf aaO). Mithin kann auch aus dieser Vorschrift keine Berechtigung des Zwangsversteigerungsgerichts gelesen werden, für den hier relevanten Zweck, nämlich die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigte Zwangsversteigerung zu betreiben, eine entsprechende Auskunft zu verlangen. |
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| | Derzeit besteht, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Veranlassung für das Amtsgericht, den Einheitswert für die Kostenberechnung zu ermitteln. |
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| | Grundsätzlich ist für die Berechnung der Gerichtsgebühren des Zwangsversteigerungsverfahrens der gem. § 74 a Abs. 5 ZVG festgesetzte Verkehrswert des zu versteigernden Grundbesitzes maßgebend. Der Einheitswert ist nur heranzuziehen, wenn ein solcher Wert nicht festgesetzt wird. Der Verkehrswert wird im Zwangsversteigerungsverfahren regelmäßig in Form eines Gutachtens ermittelt und vom Gericht festgesetzt. Mithin ist es nur dann notwendig, auf den Einheitswert zurückzugreifen, falls das Verfahren vor Feststellung des Verkehrswertes endet. |
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| | Derzeit sind die Gebühren, für die der Verkehrswert maßgebend ist bzw. für die ersatzweise der Einheitswert zu ermitteln ist, noch nicht entstanden und damit auch noch nicht fällig. Für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung entsteht nach KV 2210 GKG eine Festgebühr, für die der Wert des Grundstücks nicht ermittelt werden muss. § 54 GKG regelt mithin die Wertermittlung für die Gebühren im weiteren Verfahren und für die Abhaltung des Versteigerungstermins nach KV 2211 - KV 2216 GKG. Diese (Wert-)Gebühren sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG erst fällig nach Erteilung des Zuschlags bzw. im Verteilungstermin. |
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| | Es ist im vorliegenden Verfahren im übrigen schon fraglich, ob das Verfahren vor Feststellung eines Verkehrswertes enden wird. Selbst wenn die Gläubigerin, die Wohnungseigentümergemeinschaft, ihren Antrag zurücknehmen sollte, würde wegen des Beitritts der dinglichen Gläubigerin hier das Zwangsversteigerungsverfahren fortgeführt. |
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| | Zutreffend weist das Amtsgericht mit der Erinnerungsentscheidung auch darauf hin, dass es der den Antrag stellenden Wohnungseigentümergemeinschaft im Wege einer Auskunfts- oder Zustimmungsklage - wovon in der Praxis erforderlichenfalls schon in Verbindung mit der Zahlungsklage teilweise Gebrauch gemacht wird - möglich sein müsste, bei den Schuldnern den Einheitswert selbst in Erfahrung zu bringen. Schließlich besteht zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus der Mitgliedschaft ein gesetzliches Schuldverhältnis und ergeben sich hieraus Treuepflichten wie insbesondere Informationspflichten zum Schutz von Verbandsinteressen (Bärmann-Wenzel, WEG, 10. Aufl., § 10 Rn. 46 ff). |
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| | Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. |
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| | Die Kammer lässt wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 17.04.2008 - V ZB 13/08 und V ZB 14/08 - die Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO zu. |
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