1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 25.03.2015, Az. 12 C 5534/14, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.249,37 EUR festgesetzt.
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| Die Parteien streiten um Ansprüche nach/aus einem beendeten Versicherungsverhältnis. |
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| Der Kläger schloss in 2007 mit der Beklagten einen Vertrag über eine fondsgebundene Rentenversicherung. Am 09.01.2007 übersandte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschein (Anlage K 1) sowie die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation. Der Versicherungsschein enthielt eine Belehrung über das Widerspruchsrecht (Bl. 10 d.A.). Der Kläger zahlte vom 01.02.2007 bis 31.03.2012 Prämien in Höhe von 4.425,- EUR an die Beklagte. |
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| Am 09.12.2011 nahm der Kläger eine Änderung der Fondaufteilung vor. Mit Schreiben vom 15.12.2011 beantragte der Kläger - vertreten durch seinen Versicherungsmakler - die Beitragsfreistellung des Vertrages. Am 01.03.2012 erklärte er - erneut vertreten durch seinen Versicherungsmakler - die Kündigung des Vertrages. Die Beklagte zahlte in der Folgezeit als Rückkaufswert 2.643,25 EUR an den Kläger aus. |
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| Mit Schreiben vom 28.08.2014 erklärte der Klägervertreter gegenüber der Beklagten den Widerspruch gem. § 5a VVG aF. |
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| Der Kläger hat in I. Instanz vortragen lassen, es fehle an einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung. Er sei drucktechnisch in nicht ausreichend deutlicher Form belehrt worden. Selbst wenn der Fall, sei die Belehrung unwirksam, weil gleichzeitig über das Widerspruchsrecht gem. § 5 VVG belehrt worden sei. Ebenso wie das Policenmodell verstoße § 5 VVG aF gegen Europarecht. Es läge kein wirksamer Vertragsschluss vor. Die Beklagte schulde Rückzahlung aller Prämien zzgl. Nutzungszinsen iHv 7 % iHv 1.467,52 EUR (abzüglich d. geleisteten Rückkaufwertes) sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. |
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| Die Beklagte hat demgegenüber im Wesentlichen eingewandt, dass eine ordnungsgemäße Belehrung vorliege. Selbst wenn nicht der Fall, könne sich der Kläger darauf nach Treu und Glauben nicht berufen. Der Kläger habe den Vertrag über 7 Jahre hinweg ausgeübt und durch einen Fondwechsel sowie eine Beitragsfreistellung ausdrücklich bestätigt. Auch sei sie nicht mehr bereichert. Der Sparanteil sei zum Erwerb der vom Kläger ausgewählten Fondsteile verwandt worden sowie Auszahlung des Rückkaufwertes; der Kosten- und Risikoanteil sei für Verwaltungskosten und Versicherungsleistungen verbraucht. Im Übrigen liege hinsichtlich der vor 2011 gezahlten Beiträge Verjährung vor. |
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| Der Kläger hat in I. Instanz beantragt, |
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| die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.249,37 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 282,03 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen. |
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| Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es im Wesentlichen an, dass das in Frage stehende Vertragsverhältnis wirksam nach dem sog. Policenmodell geschlossen worden sei. Dem Kläger stehe kein Widerspruchsrecht zu, auch wenn § 5a Abs. 2 S. 4 VVG aF nach der Entscheidung des europäischen Gerichtshofs europarechtswidrig und deshalb nicht anwendbar sei, da der Kläger mit der streitgegenständlichen Widerspruchsbelehrung ordnungsgemäß belehrt wurde, mithin sein Widerspruchsrecht bereits in 2007 endete und er einen solchen - ungeachtet der Kündigung in 2012 - deshalb in 2014 nicht mehr wirksam habe ausüben können. Letztlich könne auch dahinstehen, ob das Policenmodell europarechtswidrig sei, denn der Kläger könne sich auf diesen Umstand wegen § 242 BGB nicht berufen, da er sich andernfalls treuwidrig verhalten würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil Bezug genommen. |
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| Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger seine Klage unter Fortsetzung seiner bisherigen Argumentation weiter. Es liege keine Verjährung vor. Auch § 242 BGB greife vorliegend nicht ein, weil es bereits an einer ordnungsgemäßen Belehrung fehle. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 05.06.2015 Bezug genommen (Bl. 133 ff d.A.) sowie die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 12.08.2015 (Bl. 144 ff d.A.). |
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| Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil mit Schriftsatz vom 03.07.2015 u.a. als richtig (Bl. 141 ff, 148 ff d.A.). |
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| Der Kläger hat in II. Instanz - zuletzt - beantragt, |
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| unter Abänderung des am 18.02.2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Stuttgart, 12 C 5534/14, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.249,37 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 282,03 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen (Bl. 133/197 d.A.). |
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| die Berufung zurückzuweisen (Bl. 131/197 d.A.). |
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| Die Kammer hat zunächst beschlossen, gem. § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, und hat durch Hinweisbeschluss vom 24.11.2015 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen (Bl. 153 ff d.A.). Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 10.12.2015 beantragt, wegen Unvereinbarkeit der Regelungen in § 5 VVG aF mit Unionsrecht und der daraus folgenden Entscheidungserheblichkeit ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof durchzuführen, jedenfalls die Revision zuzulassen. Mit Übersendung des Versicherungsscheins sei kein Vertrag zustande gekommen; die Widerspruchsfrist gem. § 5a VVG aF müsse sich zwingend an die gem. § 5 VVG aF anpassen es bestehe ein unklare Lage, weshalb die vorliegende Widerspruchsbelehrung allein deshalb unwirksam sei. Auch die bisherigen Einwände wurden nochmals wiederholt (Bl. 163 ff und Bl. 199 ff d.A.). Die Beklagte ließ ergänzend vortragen, dass die Ordnungsgemäßheit der vorliegenden Widerspruchsbelehrung bereits mehrfach durch die Rechtsprechung bestätigt wurde. Auch sei bereits wiederholt entscheiden worden, dass § 5 VVG aF nicht zu einer Verschiebung des Laufs der Frist gem. § 5a VVG aF führe. Ohnehin sei ein etwaiger Anspruch verwirkt, selbst bei fehlerhafter Widerspruchsbelehrung. Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch überhöht (Bl. 172 ff d.A.). Die Kammer hat daraufhin zur Fortbildung des Rechts beschlossen, von einem weiteren Verfahren nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO Abstand zu nehmen und stattdessen gem. § 523 ZPO zu verfahren. |
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| Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf das angegriffene Urteil (Bl. 106 ff d.A.), das Protokoll der mündlichen Verhandlung in I. Instanz vom 18.02.2015 (Bl. 100 ff d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung in II. Instanz vom 24.02.2015 (Bl. 196 ff d.A.) sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen. |
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| Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers bleibt in der Sache der Erfolg versagt. |
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| Das angegriffene amtsgerichtliche Urteil ist richtig. Zwar liegt anders als die Beklagte meint, keine Verjährung vor. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Berufungsbegründung vom 05.06.2015, dort Ziff. 3 (Bl. 136 d.A.) verwiesen. Darauf kommt es aber auch nicht an. |
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| Zu Recht verweist das Amtsgericht in der angegriffenen Entscheidung darauf, dass der Kläger kein Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1 VVG aF für den Versicherungsvertrag aus dem Jahr 2007 (mehr) hat. Dem Klägerin sind unstreitig alle erforderlichen Unterlagen samt Widerspruchsbelehrung mit dem Versicherungsschein vollständig übersandt worden. Auch war/ist die Widerspruchsbelehrung ausreichend, mithin der Vertrag nach dem sog. Policenmodell wirksam zustande gekommen. Dem Kläger stand damit im Zeitpunkt seiner Widerspruchserklärung in 2014 ein Recht zum Widerruf dieses Vertrages nicht mehr zu, so dass der streitgegenständliche Versicherungsvertrag aufgrund der bereits in 2012 ausgesprochenen Kündigung beendet wurde. |
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| Hieran ändert sich im Ergebnis nichts, selbst wenn die in Frage stehende Widerspruchsbelehrung unwirksam sein sollte, da es dem Kläger aufgrund der vorliegenden Umstände jedenfalls gem. § 242 BGB verwehrt wäre, sich auf eine etwaige Unwirksamkeit zu berufen. |
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| 1. Soweit mit der Berufung die Auffassung vertreten wird, die amtsgerichtlichen Ausführungen dazu, dass die vorliegende Belehrung den gesetzlichen Anforderungen gem. § 5 a VVG aF (Geltungszeitraum 08.12.2004-31.12.2007) ausreiche, seien fehlerhaft, weil die erkannte Darstellung den Erfordernissen an eine optisch deutliche Hervorhebung des Textes anders als es das Amtsgericht meine, gerade nicht genügen würde, kann dem nicht gefolgt werden. |
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| Es ist eine Frage der Umstände des Einzelfalles, ob eine Belehrung gem. § 5 a VVG aF optisch drucktechnisch ausreichend gestaltet ist/war. |
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| Nach den Feststellungen des Amtsgerichts zu den vorliegenden Umständen ist hier von einer ausreichenden Ausgestaltung mit der Argumentation des Amtsgerichts auszugehen. Dass die streitgegenständliche Widerspruchsbelehrung beim Durchblättern dem Verbraucher nicht entgehen kann, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht, folgt daraus, dass der entsprechende Text - unstreitig - anders als der übrige Text auf dem lediglich zweiseitigen Versicherungsschein - wobei die zweite Seite oberhalb der Unterschriften lediglich einen Abschnitt, namentlich denjenigen mit der Überschrift „Abweichungen vom Antrag“ enthält und auf der Rückseite auf etwa der Hälfte der im Übrigen (bis auf die kleingedruckte Adresszeile am Blattende) leeren Blattseite eine Übersicht der garantierten Rentenfaktoren (vgl. Anlage K 1, Bl. 10 ff d.A.) - komplett im Fettdruck gehalten war/ist (vgl. Anlage K 1, Bl. 10 ff d.A.). |
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| Hieran ändert nichts, dass der für die Belehrung benutzte Fettdruck auch für die Überschriften der anderen bzw. jeweiligen Unterabschnitte bzw. Erläuterungen zum Versicherungsvertrag verwendet wird (wie „Versicherungsleistungen“, „Fondsaufteilung“, „Bezugsrecht“ u.dgl., vgl. Bl. 10 f d.A.), denn er hebt die in Frage stehenden Widerspruchsbelehrung bereits insofern von den sonstigen unterhalb einer solchen Überschriften stehenden Texten ab, als sich gerade durch den Fettdruck des gesamten Passus auch die Schriftart und/oder -größe zu ändern scheint (vgl. Bl. 10 f d.A.). |
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| Hinzu kommt, dass das Schreiben keineswegs durch Kleingedrucktes, enge Zeilenabstände und/oder fehlende Absätze einem einheitlichen Fließtext gleichkommt und sich die Widerspruchsbelehrung, wenn auch auf der Rückseite des ersten Blattes, dort jedoch innerhalb der dort angesiedelten vier Überschriftenblöcke, die sich wiederum jeweils - bis auf die streitgegenständliche Widerspruchsbelehrung - in einem bis max. drei kurzen Sätzen „erschöpfen“, wegen des Umfangs und Fettdrucks „auf den ersten Blick“ leicht sichtbar und gut aufzufinden war/ist (vgl. Anlage K 1, Bl. 10 ff d.A.). |
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| Die drucktechnisch gut sichtbare Belehrung im Vertrag aus dem Jahr 2007 ist damit nicht mit Entscheidungen in der Rechtsprechung vergleichbar, in denen Belehrungen inmitten von 8- oder 20-seitigem Kleingedruckten (Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen, sonstigen Hinweisen u.a.) zwar mit in den Unterlagen häufig verwendetem Sonderdruck hervorgehoben, indes durch die Platzierung oder die sonstige Gestaltung unauffällig angeordnet und versteckt wurden. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann in der hier im Rechtsstreit vorgelegten Belehrung nur von einer drucktechnisch hervorgehobenen Widerspruchsbelehrung gesprochen werden, die im Vergleich zu sonstigen Widerspruchsbelehrungen ausreichend ins Auge springt. Die Widerspruchsbelehrung war somit drucktechnisch ausreichend gestaltet und selbige damit nicht zu beanstanden (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 29.07.2015 - IV ZR 415/13; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.10.2014 - 7 U 256/13; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.12.2012 - 7 U 194/12; LG Stuttgart, Urt. v. 15.06.2012 - 22 O 597/11). |
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| 2. Soweit mit der Berufung gerügt wird, dass die Widerspruchsbelehrung jedenfalls insofern unzureichend sei, weil der Versicherungsvertrag durch die Beklagte lediglich unter Abweichungen angenommen wurde, mithin eine Widerspruchsfrist auch erst nach Annahme des geänderten Angebots durch den Kläger hätte eingeräumt werden müssen, sind Rechtsfehler der angegriffenen Entscheidung - unabhängig davon, ob der erstmals mit Schriftsatz vom 18.09.2015 im Berufungsverfahren erhobene Einwand (vgl. bis dahin hat der Kläger die Belehrung gem. § 5 VVG aF nur zur Begründung einer unzureichenden drucktechnischen Hervorhebung der Belehrung nach § 5a VVG aF angeführt) bereits mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO scheitern würde - ebenfalls nicht ersichtlich. Die von der Beklagten verwendete Widerspruchsbelehrung ist entgegen der Ansicht des Klägers vielmehr auch dann wirksam, wenn gleichzeitig § 5 Abs. 1 VVG aF eingreift (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.07.2015 - 9 U 25/15; LG Freiburg, Urt. v. 29.10.2015, 3 S 139/15; OLG Celle, Beschl. v. 08.02.2016, 8 U 233/15; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 5a Rn. 69 ff und 29. Aufl., § 5 Rn. 14). |
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| 2.1 Zwischen § 5 VVG aF und § 5a VVG aF besteht kein Konkurrenzverhältnis, wie schon aus § 5a Abs. 1 S. 3 VVG aF folgt. Beide Normen besitzen unterschiedliche Anwendungsbereiche. § 5 VVG statuiert eine Ausnahme von 150 Abs. 2 BGB und legt den Inhalt des Versicherungsvertragsverhältnisses rückwirkend auf den Zeitpunkt des Zugangs des Versicherungsscheins fest, weshalb die Belehrung über den Beginn der Widerspruchsfrist gem. § 5a VVG nicht falsch ist. Da sich beide Bestimmungen weder aufeinander beziehen noch sich inhaltlich ergänzen, muss sich die Frist gem. § 5a VVG aF auch nicht zwingend an die Frist gem. § 5 VVG aF anschließen. |
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| § 5 VVG aF wie § 5a VVG aF können - bei Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen - zum Nichtzustandekommen des Versicherungsvertrages führen, § 5 VVG aF bedingt aber keinen gestaffelten Fristenlauf nach § 5a VVG aF, wie der Kläger meint. |
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| Die Argumentation des Berufungsführers hierzu geht schon deshalb fehl, weil sie zu einer unklaren Lage führen würde und dem Sinn und Zweck der Belehrungspflicht gem. § 5a Abs. 2 VVG aF zuwiderlaufen. Dieser liegt darin, dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit zu geben, Vor- und Nachteile des Geschäfts in Ruhe zu überdenken und dieses innerhalb bestimmter Frist zu widerrufen. Um diesen Schutzzweck zu erreichen und zu verhindern, dass der Widerruf aus Unkenntnis der Rechtslage unterbleibt, ist/war nach der einschlägigen Gesetzesfassung allein erforderlich, den Versicherungsnehmer durch eine entsprechende Ausgestaltung auf sein Widerrufsrecht als solches sowie den Fristbeginn, die Fristdauer, die Fristwahrung durch rechtzeitige Absendung und die Textform unübersehbar hinzuweisen. Wird/wurde - wie hier der Fall - auf den Fristbeginn, die Fristdauer, die Fristwahrung durch rechtzeitige Absendung und die Textform verwiesen, genügt die Belehrung § 5a VVG aF (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2004 - IV ZR 58/03; vgl. aus der obergerichtlichen Rspr. z. B. auch OLG Celle, Urt. v. 09.02.2012 - 8 U 191/11; OLG Köln, Urt. v. 25.11.2011 - I-10 U 126/11). Nachdem sich auch die Rechtsfolge eines Widerspruchs aus dem Belehrungstext ergibt, indem dort ausführt wird, dass der Vertrag als abgeschlossen gelte, wenn nicht binnen der Frist widersprochen werde, folgt aus der Belehrung ohne Weiteres, dass allein bei fristgerechtem Widerspruch der Vertrag - ungeachtet etwaiger Abweichungen vom Antrag - nicht als abgeschlossen gilt. Es ist nicht ersichtlich, dass ein verständiger Versicherungsnehmer sich fragt, ob etwas anderes gilt, wenn er „nur“ den angezeigten Abweichungen vom Antrag widerspricht, mithin die Widerspruchsfrist dann womöglich noch gar nicht läuft oder aber, da er ja ausdrücklich darauf verwiesen wird, den Widerspruch binnen der genannten Frist erklärt, wenn er am Vertrag nicht festhalten und seines Widerspruchsrechts nicht verlustig gehen will. |
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| 2.2 Auch ein Widerspruch bzw. eine Abweichung zu Art. 15 EWGRL 619/90 iVm Art. 30, 31 EWGRL 96/92 ist nicht ersichtlich. Hiernach ist vorgeschrieben, dass der Versicherungsnehmer von dem Zeitpunkt an, zu dem er in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, innerhalb der genannten Fristen widersprechen kann. Kenntnis in diesem Sinne erlangt der Versicherungsnehmer aber nicht erst mit dem Zeitpunkt, ab dem er einer Abweichung nicht mehr widersprechen kann, sondern mit der Übersendung des Versicherungsscheins bzw. der maßgeblichen Unterlagen. Dementsprechend besteht kein Grund, die Sache bzw. die Fragen des Klägers zu bzw. zum Verhältnis von § 5 VVG aF/ § 5a VVG aF dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Dies auch insofern als die Erwägungen der zitierten Richtlinie(n) vorliegend letztlich nicht berührt werden, weil ein Anspruch des Klägers jedenfalls deshalb ausscheidet, weil vorliegend von einem widersprüchlichen Verhalten des Klägers auszugehen ist, dass ein schutzwürdiges Vertrauen bei der Beklagten geweckt hat und ihm infolgedessen die Berufung auf eine etwaige Unwirksamkeit verwehrt (hierzu sogleich im Einzelnen unter Ziff. 3). |
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| 3. Liegt eine ordnungsgemäße Belehrung - wie hier aus dargelegten Gründen der Fall - vor, dann kommt eine richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG aF nicht (mehr) in Betracht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 05.11.2014 - IV ZR 331/14 m.w.N.; BGH, Urt. v. 16.07.2014 - IV ZR 73/13; BGH, Urt. v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11 m.w.N.). |
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| Dies gilt im Ergebnis selbst dann, wenn es an einer ordnungsgemäßen Belehrung fehlen sollte, weil der Kläger vorliegend über die Tatsache einer über 7 Jahre hinweg stetigen Prämienzahlung hinaus gegenüber der Beklagten auch aus anderen Gründen (hierzu sogleich) mehrfach den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen (vgl. hierzu BGH , Beschl. v. 13.01.2016 - IV ZR 117/15). Missbräuchliches Verhalten darf auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs uneingeschränkt gem. dem nationalen Recht im Anwendungsbereich der vorliegend in Frage stehenden Richtlinien berücksichtigt werden (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 02.12.2014 - 2 BvR 655/14 = VuR 2015, 184). |
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| Soweit der Kläger mit der Berufung meint, dass entgegen der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Policenmodell wegen Verstoßes gegen die europäischen Richtlinienvorgaben unwirksam sei und eine Nichtvorlage zum Gerichtshof der Europäischen Union ausweislich des Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 02.02.2015, 2 BvR 2437/14, zu einer Verletzung des gesetzlichen Richters führe, scheidet eine Rechtsverletzung der angegriffenen Entscheidung bereits insofern aus als eine Vorlagepflicht nur besteht, wenn die Entscheidung des mit einer solchen Frage angegangenen einzelstaatlichen Gerichts nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (Art. 267 S. 1 AEUV (ex-Art. 243 EGV)). Ungeachtet dessen besteht eine Vorlagepflicht auch dann nicht, wenn die Frage, ob das Policenmodell mit den in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen unvereinbar und deshalb unwirksam ist, nicht (mehr) entscheidungserheblich ist. Ebenso liegen die Dinge aber hier mit Blick auf die Argumentation der angegriffenen Entscheidung dazu, dass es dem Kläger vorliegend angesichts der Umstände des Einzelfalls jedenfalls aus Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf eine etwaige Unwirksamkeit des Policenmodells zu berufen. Denn das Verhalten des Klägers ist/war aus den im angegriffenen Urteil dargelegten Gründen, denen die Kammer uneingeschränkt folgt und die denjenigen entsprechen, wie sie der Bundesgerichtshof in vergleichbaren Fällen mit identischer Argumentation zum Anlass genommen hat, das in Frage stehenden Verhalten als objektiv widersprüchlich zu qualifizieren (vgl. statt vieler: BGH, Urt. v. 16.07.2014 – IV ZR 73/13 = NJW 2014, 2723), treuwidrig. |
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| Der Kläger hat die ihm vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist bei Vertragsschluss in 2007 und sogar im Zuge einer Änderung der Fondaufteilung im Dezember 2011 sowie einer Beitragsfreistellung im gleichen Monat ungenutzt verstreichen lassen, mithin den Vertrag mehrfach bestätigt. Auch hat er regelmäßig die vereinbarten Versicherungsprämien gezahlt und auch nach der Kündigung vom 01.03.2012 über 2 Jahre vergehen lassen, bis er sich entschied, dem Vertragsschluss zu widersprechen und sich hilfsweise darauf zu berufen, ein Vertrag sei nicht wirksam zu Stande gekommen. Mit seinem im eigenen Interesse begründeten und über lange Zeit fortgeführten Verhalten setzt sich der Kläger mithin in Widerspruch, wenn er nun geltend macht, ein Vertrag habe nie bestanden (vgl. auch BGH, NJW-RR 1990, 417; BGH, NJW-RR 1987, 335). |
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| Damit entfällt auch eine Vorlagepflicht mit Blick auf den vom Kläger geforderten gestaffelten Fristenlauf im Anwendungsbereich von §§ 5, 5a VVG aF. |
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| Dementsprechend ist die Klageabweisung zu Recht erfolgt und die Berufung gegen das angegriffene amtsgerichtliche Urteil mangels Erfolg zurückzuweisen. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. |
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| Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO; der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit des amtsgerichtlichen Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO. |
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| Die Revision war zwecks Fortbildung des Rechts zuzulassen, nachdem u.a. das Landgericht Freiburg in seiner Entscheidung vom 29.10.2015, 3 S 139/15, davon unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit der Argumentation Abstand genommen hat, dieser habe, obgleich über gleich gelagerte Fälle urteilend, weil auch dort Versicherungsantrag und Versicherungsschein eine Abweichung aufwiesen und daher „doppelte“ Widerspruchsfristen liefen, keine Veranlassung gesehen, die Widerspruchsbelehrung gem. § 5a VVG aF zu beanstanden oder die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, ob Kenntniserlangung gem. Art. 15 EWGRL 619/90 iVm Art. 30, 31 EWGRL 96/92 erst mit Ablauf der Widerspruchsfrist nach § 5 VVG aF vorliege und daher die Belehrung nach § 5a VVG falsch sei, mithin von einer entsprechenden Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs auszugehen sei. Nachdem nach Auffassung der Kammer zum einen aus einer fehlenden Stellungnahme des Bundesgerichtshofs nicht geschlossen werden kann, er vertrete eine bestimmte Rechtsauffassung, zum anderen die Frage, inwiefern von einer wirksamen Widerrufsbelehrung gem. § 5a VVG aF ausgegangen werden könne, wenn zugleich ein Fall des § 5 VVG AF vorliege, jedoch kein Gleichlauf der Fristen, in zahlreichen Fällen ebenso virulent wie streitig diskutiert wird wie eine etwaige damit einhergehende Unionswidrigkeit, wird zwecks Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. |
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