Urteil vom Landgericht Trier (1. Zivilkammer) - 1 S 207/05
Tenor
1.Die Berufung des Beklagten gegen das am 17.08.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wittlich - 4 C 263/ 05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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I. Die Klägerin begehrt hinsichtlich einer Forderung die Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle.
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Die Forderung resultiert unstreitig daher, dass Frau …(im Folgenden Schuldnerin) Arbeitnehmeranteile auf Sozialversicherungsbeiträge in der Zeit vom 01.05.03 bis zum 31.07.03 in Höhe von 1.272,55 Euro nebst Säumniszuschlägen gemäß § 24 SGB IV in Höhe von 25,03 Euro für diese Zeit nicht an die Klägerin abgeführt hat. Am 01.08.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin vor dem Amtsgericht Wittlich als Insolvenzgericht unter dem Aktenzeichen … eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Beklagte bestellt.
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Die Klägerin hat ihre Forderung mit Schreiben vom 05.09.2003 beim Beklagten im Rahmen des Insolvenzverfahrens mit dem Zusatz angemeldet, die Forderung resultiere auch aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung.
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Die Schuldnerin hat der Qualifikation der Forderung als solcher aus unerlaubter Handlung nicht widersprochen.
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Im Prüfungstermin hat der Beklagte als Insolvenzverwalter zwar nicht der Forderung als solcher widersprochen, jedoch dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung, worauf hin der Widerspruch gegen diesen Rechtsgrund als Ergebnis der Prüfungsverhandlungen am 26.02.2004 vermerkt wurde. In der Insolvenztabelle vom 24.02.2004 wurde unter „Berichtigungen/Bemerkungen“ festgehalten, dass diese Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultiere – hier § 266 a StGB – und bei einer evtl. Erteilung der Restschuldbefreiung (§ 302 I InsO) nicht berücksichtigt werden könne.
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Die Klägerin ist der Auffassung, auch der Rechtsgrund der unerlaubten Handlung hätte als Ergebnis der Prüfungsverhandlungen festgestellt werden müssen, da dem Beklagten insoweit kein Widerspruchsrecht zugestanden habe. Dieses stehe nur der Schuldnerin zu, die hiervon keinen Gebrauch gemacht hat. Da der Widerspruch des Beklagten jedoch in der Insolvenztabelle vermerkt sei, habe sie auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Forderung beruhe auch tatsächlich auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, wobei wegen des Vortrags der Klägerin hierzu auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird.
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Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, dass die Forderung an Arbeitnehmeranteilen zu Sozialversicherungsbeiträgen in der Zeit vom 01.05.2003 bis 31.05.2003 in Höhe von 1.272,55 € und Säumniszuschlägen hierzu für die Zeit vom 01.05.2003 bis 31.07.2003 in Höhe von 25,03 €, insgesamt also 1.297,58 €, als eine solche aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 II i.V.m. § 266a alte Fassung StGB anzusehen ist.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er vertrat zunächst die Auffassung, da die Schuldnerin nicht widersprochen habe, komme es auf seinen vermerkten Widerspruch gegen den Schuldgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung nicht an. Die Forderung sei bereits mit dem Rechtsgrund der unerlaubten Handlung festgestellt.
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Später ist er der Ansicht, der Insolvenzverwalter habe auch zu prüfen, ob der Rechtsgrund der unerlaubten Handlung vorliege. Er habe nicht nur die Interessen der Insolvenzmasse und der Gläubiger zu beachten, sondern die Interessen aller Beteiligten, mithin auch der Schuldnerin, was sich aus § 60 InsO ergebe. Daher habe er nicht leichtfertig diesen Rechtsgrund anerkennen können, sondern zu Recht dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung widersprochen, wozu er nicht nur berechtigt, sondern wegen § 60 InsO verpflichtet gewesen sei.
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Zudem sei der Rechtsgrund der unerlaubten Handlung nicht hinreichend dargelegt und liege nicht vor.
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Durch Urteil vom 17.08.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Wittlich der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Amtsgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die Forderung auch hinsichtlich des Rechtsgrundes der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung hätte festgestellt werden müssen. Dieser Feststellung stehe der Widerspruch des Beklagten nicht entgegen, da ihm insoweit kein Widerspruchsrecht zustehe. Dieses Widerspruchsrecht stehe nur der Schuldnerin zu, wie sich aus der Systematik der einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung ergebe. Der Insolvenzverwalter habe lediglich zu prüfen, ob die angemeldete Forderung überhaupt berechtigt ist, d.h. ob sie an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnehmen soll oder nicht. Beruhe die Forderung auch auf einem anderen Rechtsgrund und nicht ausschließlich auf vorsätzlich unerlaubter Handlung, könne er nicht dem zusätzlichen Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung widersprechen. Nur dann, wenn die Forderung ausschließlich auf vorsätzlich unerlaubter Handlung beruht, habe er das Vorliegen dieses Rechtsgrundes zu prüfen und – falls er ihn verneint – der Forderung zu widersprechen. Da hier die Forderung unstreitig auch auf einer sozialversicherungsrechtlichen Anspruchsgrundlage beruhe, habe er dem zusätzlichen Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung nicht widersprechen dürfen. Dies sei alleine die Aufgabe der Schuldnerin, die jedoch nicht widersprochen habe, weshalb es hier auf die Frage, ob tatsächlich eine vorsätzlich unerlaubte Handlung vorliege, nicht ankomme.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin die Klageabweisung begehrt.
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Er rügt eine Rechtsverletzung, da das Amtsgericht Normen des Insolvenzrechts nicht richtig angewandt habe. Es sei sowohl sein Recht, als auch seine Pflicht als Insolvenzverwalter, im Prüfungstermin gemäß § 176 InsO Grund, Höhe und Rang einer Forderung zu prüfen und nicht geklärte Forderungen zu bestreiten, somit auch den nicht hinreichend dargelegten Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung. Er sei auch berechtigt gewesen, einzelnen Tatbestandsmerkmalen isoliert zu widersprechen, mithin auch dem Rechtsgrund der unerlaubten Handlung. Zudem sei er dem Schuldner gegenüber verpflichtet (§ 60 InsO), der ein Interesse daran habe, dass seine Verbindlichkeiten im Insolvenzverfahren soweit wie möglich abgebaut werden. Da Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung nicht an der Restschuldbefreiung teilnehmen, habe der Insolvenzverwalter gerade diese besonders kritisch zu überprüfen und könne sie nicht leichtfertig anerkennen, ohne dem Schuldner gegenüber schadensersatzpflichtig zu sein. Daran ändere auch nichts, dass der Schuldner insoweit ein eigenes Widerspruchsrecht habe.
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Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, der Insolvenzverwalter dürfe mangels Widerspruch der Schuldnerin gegen den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung nicht in eigener Person widersprechen, da dieses Vorgehen eine Rechtsanmaßung darstellen würde. Der Widerspruch des Beklagten stelle eine Überschreitung seines Aufgabenkreises dar.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
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II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
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Entgegen der Auffassung der Berufung ist das angefochtene Urteil nicht rechtsfehlerhaft. Das Amtsgericht ist mit zutreffenden tatsächlichen Feststellungen und mit zutreffender rechtlicher Würdigung des maßgeblichen Sachverhaltes zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Feststellung hat.
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Das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich hier daraus, dass der Widerspruch des Beklagten gegen den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung in der Insolvenztabelle beim Ergebnis der Prüfungsverhandlungen vermerkt war. Selbst wenn zusätzlich vermerkt war, dass die Forderung nicht an der Restschuldbefreiung teilnimmt, können wegen des als Ergebnis der Prüfungsverhandlungen vermerkten Widerspruchs des Beklagten Zweifel an der Auslegung des Auszugs aus der Insolvenztabelle bestehen. Wegen §§ 178 Abs. 1 Satz 1, 302 Nr. 1, 201 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Kläger jedoch ein Interesse an einer zweifelsfreien Feststellung seiner Forderung.
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Die Feststellungsklage ist auch begründet, wie das Amtsgericht rechtlich und tatsächlich zutreffend ausgeführt hat. Zutreffend hat das Amtsgericht insbesondere angenommen, dass der Beklagte dann, wenn die Forderung auch aus einem anderen Grund gerechtfertigt ist, nicht berechtigt war, isoliert dem zusätzlichen Schuldgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung für die geltend gemachte Forderung in Höhe von 1.297,58 Euro zu widersprechen.
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Zwar führt die Berufung richtig aus, dass es die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist, die Berechtigung der angemeldeten Forderungen zu prüfen. Dies hat er hier auch getan und hat die Berechtigung als solche nicht in Zweifel gezogen. Die Forderung ergibt sich nämlich unabhängig von der Frage, ob sie auch auf eine vorsätzlich unerlaubte Handlung gestützt werden kann, bereits aus §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, 28 d SGB IV, was nicht bestritten wurde.
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Zweifel hatte der Beklagte lediglich daran, ob neben dieser Anspruchsgrundlage für die angemeldete Forderung auch die Voraussetzungen eines Anspruchs aus vorsätzlich unerlaubter Handlung vorliegen. Insoweit hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte nicht zu einem Widerspruch gegen diesen Schuldgrund berechtigt war, wenn die Forderung – wie hier – unstreitig auch auf einer anderen Anspruchsgrundlage beruht.
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Die Ausführungen des Amtsgerichts widersprechen entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht der herrschenden Meinung, nach welcher gegen einzelne Tatbestandsmerkmale Widerspruch eingelegt werden könne. Es geht hier nicht um ein einzelnes Tatbestandsmerkmal einer Anspruchsgrundlage, sondern darum, ob die Forderung außer auf §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, 28 d SGB IV auch auf die Anspruchsgrundlage des §§ 823 II BGB, 266 a StGB gestützt werden kann, mithin um einen zusätzlichen Schuldgrund, auf den die Klägerin ihre Forderung stützt. Zwar ist auch insoweit ein isolierter Widerspruch möglich, wenn eine Forderung – wie hier – auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt wird. Allerdings geht es hier einzig um die Frage, ob das Recht zum isolierten Widerspruch gegen den (zusätzlichen) Schuldgrund der unerlaubten Handlung nur der Schuldnerin zusteht oder ob der Beklagte als Insolvenzverwalter insoweit ein eigenes Widerspruchsrecht hat, was das Amtsgericht zutreffend verneint hat.
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Widersprüche gegen Forderungsanmeldungen sind in §§ 175 ff. InsO umfassend geregelt. Aus § 178 Abs. 1 InsO ergibt sich, dass sowohl der Insolvenzverwalter und die Gläubiger (siehe § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO) als auch der Schuldner (§ 178 Abs. 1 Satz 2 Inso) einer Forderungsanmeldung widersprechen können.
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Die Widerspruchsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters einerseits und des Schuldners andererseits haben jedoch unterschiedliche Zweckrichtungen. Während der Widerspruch des Insolvenzverwalters die Feststellung der Forderung in der Insolvenztabelle hindert, ist dies beim Widerspruch des Schuldners nicht der Fall, vgl. § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO.
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Das Widerspruchsrecht des Schuldners soll ihn vor einer weiteren Inanspruchnahme durch seine Gläubiger nach dem Insolvenzverfahren schützen. Ein Gläubiger, dessen Forderung im Insolvenzverfahren nicht vollständig befriedigt wird, kann nämlich mit einem vollstreckbaren Auszug aus der Forderungstabelle nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner persönlich vorgehen (§ 201 Abs. 2 Satz 1 InsO), falls nicht eine Restschuldbefreiung erteilt wird (§ 201 Abs. 3 InsO). Diese Rechtskraft- und Vollstreckungswirkung des Tabelleneintrags außerhalb des Insolvenzverfahrens kann der Schuldner mit seinem Widerspruch verhindern. Mit seinem Widerspruch gegen den Schuldgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung kann der Schuldner verhindern, dass die angemeldete Forderung gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist.
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Das Widerspruchsrecht des Insolvenzverwalters soll den Schuldner davor schützen, dass keine unberechtigten Forderungen an der Verteilung teilnehmen, dass er also im Insolvenzverfahren so umfassend wie möglich von seinen Verpflichtungen befreit wird. Daher ist der Insolvenzverwalter selbstverständlich verpflichtet, die Berechtigung einer angemeldeten Forderung zu prüfen und – soweit er diese Berechtigung verneint – der Anmeldung zu widersprechen. Stellt er bei seiner Prüfung jedoch fest, dass die Forderung berechtigt ist, hat er die Forderung als unbestritten in die Insolvenztabelle einzutragen. Dies ist schon dann der Fall, wenn die Forderung auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt wird und er bereits die Voraussetzungen einer der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen bejaht (hier §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, 28 d SGB IV). Dann muss er sich – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – über weitere Anspruchsgrundlagen keine Gedanken mehr machen (vgl. hierzu auch Eisner in NZI 2003, 480 ff.). Der Insolvenzverwalter hat somit lediglich zu prüfen, ob überhaupt eine Forderungsberechtigung besteht, ob die angemeldete Forderung am Verteilungsverfahren teilnehmen soll oder nicht. Ob weitere als die von ihm bejahten Anspruchsgrundlagen vorliegen, auf die der Gläubiger seine Forderung stützen kann, hat er nicht zu prüfen. Kommt er wie hier zu dem Ergebnis, dass die Forderung als solche berechtigt ist, hat er somit weder das Recht noch die Pflicht, weitere Anspruchsgrundlagen zu prüfen und isoliert gegen den zusätzlich angemeldeten Schuldgrund der unerlaubten Handlung Widerspruch einzulegen.
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Der Widerspruch gegen den – zusätzlichen – Schuldgrund der unerlaubten Handlung ist für das Insolvenzverfahren auch unerheblich. Dies ergibt sich daraus, dass die Forderung trotz des Widerspruchs des Insolvenzverwalters gegen den zusätzlichen Schuldgrund der unerlaubten Handlung gemäß § 178 Abs. 1 InsO als festgestellt gilt, wenn nicht die Berechtigung zur Geltendmachung der Forderung insgesamt bestritten wird. Nur soweit Widerspruch eingelegt wird, hindert dieser die Feststellung. Trotz des isolierten Widerspruchs des Insolvenzverwalters gegen den zusätzlichen Schuldgrund der unerlaubten Handlung wäre die Forderung als solche daher festgestellt und könnte am Verteilungsverfahren teilnehmen. Hieraus wird deutlich, dass ein isolierter Widerspruch gegen den zusätzlichen Schuldgrund der unerlaubten Handlung alleine die Rechte des Schuldners nach dem Insolvenzverfahren wahrt und auf das Insolvenzverfahren als solches keinen Einfluss hat.
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Daher ist es auch nicht die Aufgabe des Insolvenzverwalters, sondern nur die des Schuldners selbst, seine Rechtsposition nach Abschluss des Insolvenzverfahrens zu beeinflussen und sich, sollte er dies für zweckdienlich erachten, gegen den – zusätzlichen – Schuldgrund der unerlaubten Handlung zur Wehr zu setzen (vgl. wie vor, S. 485).
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Um den Schuldner auf die Möglichkeit dieses Widerspruchs und die Folgen eines nicht erhobenen Widerspruchs aufmerksam zu machen, sieht § 175 Abs. 2 InsO eine Hinweispflicht des Insolvenzgerichts vor. Hätte der Insolvenzverwalter das Recht und die Pflicht, dem vom Gläubiger einer Forderung behaupteten Schuldgrund der unerlaubten Handlung zu widersprechen, wenn die Forderung unstreitig auch aus einem anderen Schuldgrund berechtigt ist, wäre diese Hinweispflicht überflüssig. Der Schuldner könnte sich dann nämlich an dem Insolvenzverwalter schadlos halten, § 60 InsO.
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Zudem kann auch allein der Schuldner beurteilen, ob dann, wenn eine Forderung zusätzlich aus unerlaubter Handlung begründet ist, ein isolierter Widerspruch gegen diesen zusätzlichen Schuldgrund zweckmäßig ist oder nicht. Zur Prüfung der Zweckmäßigkeit eines solchen Widerspruchs, insbesondere auch wegen des Kostenrisikos bei einer auf diesen Widerspruch folgenden Feststellungsklage des Gläubigers nach § 184 InsO, kann ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NZI 2004, S. 39 f.) auch ein Rechtsanwalt beigeordnet werden.
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Würde man mit dem Beklagten von einem eigenen Widerspruchsrecht des Insolvenzverwalters gegen den – zusätzlichen – Schuldgrund der unerlaubten Handlung ausgehen, hätte dies zur Folge, dass der Insolvenzverwalter sich eigenmächtig über die Zweckmäßigkeitsüberlegungen des Schuldners hinwegsetzen könnte. So geht auch Stephan im Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 2003, § 302 Rn. 15, davon aus, dass nur der Schuldner zur Erhebung eines Widerspruch gegen die Qualifizierung einer Forderung als Verbindlichkeit aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung berechtigt ist. Sein Interesse, keiner Nachhaftung ausgesetzt zu sein, kann nur durch ihn selbst, nicht jedoch durch den Insolvenzverwalter wahrgenommen werden (vgl. wie vor).
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Ist ein Insolvenzverwalter somit zu einem isolierten Widerspruch gegen den zusätzlichen Schuldgrund der unerlaubten Handlung gar nicht berechtigt, so besteht selbstverständlich auch keine Pflicht zu einem solchen Widerspruch. Daher vermag auch der Hinweis des Beklagten auf eine mögliche Schadensersatzpflicht gemäß § 60 InsO nicht zu begründen, warum er zu dem eingelegten Widerspruch berechtigt gewesen sein soll.
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Da der Beklagte dem zusätzlichen Schuldgrund der unerlaubten Handlung nicht widersprechen konnte und die Gemeinschuldnerin nicht widersprochen hat, kommt es bei der hier begehrten Feststellung des Schuldgrunds der unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle nicht darauf an, ob tatsächlich eine unerlaubte Handlung des Schuldners vorliegt.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.297,58 Euro festgesetzt.
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