Urteil vom Landgericht Wuppertal - 4 O 218/04
Tenor
Die Klage der Kläger zu 1) und 2) wird abgewiesen.
Die Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klä-gerin zu 3) 12.178,77 Euro nebst 9 % Zinsen seit dem 01.04.2003 zu zahlen.
Die Kläger zu 1) und 2) tragen die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten. Die Streithelfer tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die übrigen Kosten des Rechtsstreites werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Kläger verlangen von der Beklagten teils aus eigenem, teils aus übergegangenem Recht Zahlung.
3Die Kläger zu 1) und 2) kauften am 31.08.2002 von der Beklagten einen neuen Wohnwagen "Hobby 460 UFE de Luxe Easy" zum Preis von 12.785,00 Euro. Das Fahrzeug wurde am 20.03.2003 (Beklagte) bzw. 25.03.2003 (Kläger) übergeben und der Kaufpreis wurde bezahlt. Der Wohnwagen wurde bei der Klägerin zu 3) Kasko versichert.
4In der Nacht vom 2. auf den 3. August 2003 fuhren die Kläger zu 1) und 2) mit ihrem PKW Kia, der eine max. Anhängelast von 1350 kg hat, als Zugfahrzeug und dem Wohnwagen über die Autobahn A 3 in Belgien. Etwa 30 km vor Lüttich brach der Wohnwagen, der bis dahin eine Gesamtlaufleistung von ca. 1000 km hatte, aus im Einzelnen streitigen Gründen aus und kippte um. Er erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der Wohnwagen wurde abgeschleppt und auf dem Gelände der Abschleppfirma aufbewahrt.
5Nachdem die Kläger zu 1) und 2) ihr gegenüber Schadenersatzansprüche angemeldet hatten, informierte die Beklagte die Herstellerin des Wohnwagens, die Streithelferin zu 1), und diese die Herstellerin der Achse, die Streithelferin zu 2). In der Folge agierten die Streithelfer im Einvernehmen mit der Beklagten. Die Streithelferin zu 1) wandte sich mit Schreiben vom 11.08.2003 an die Kläger zu 1) und 2) und teilte mit, um eine Stellungnahme, abgeben zu können, sei es erforderlich, den Wohnwagen mit der Achsenherstellerin, der Streithelferin zu 2), zu besichtigen.
6Auf Veranlassung der Klägerin zu 3) erstellte der DEKRA-Sachverständige ### unter dem 26.11.2003 ein Gutachten. Er kam darin zu dem Ergebnis, dass eine mangelhafte Passung zwischen dem Radlager und der Bremstrommel des linken Rades die Ursache für den Unfall gewesen sei. Das Radlager hätte, was aber nicht geschehen sei, in die Bremstrommel eingepasst werden müssen.
7Mit Schreiben vom 18.12.2003 teilte die Streithelferin zu 1) den Klägern mit, das Fahrzeug dürfe auf gar keinen Fall verschrottet werden (Blatt 115 der Akten).
8Für die Streithelferin zu 2) begutachtete ihr Mitarbeiter Dr. P den Wohnwagen. Er kam unter dem 07.04.2004 zu dem Ergebnis, dass das Achsenlager in Ordnung gewesen sei. Das Fahrzeug sei aufgrund von Bodenberührung des Stützrades in einen instabilen Fahrzustand gelangt.
9Mit Schreiben vom 09.06.2004 erklärten die Kläger zu 1) und 2) den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem die Streithelferin zu 1) eine Schadenregulierung abgelehnt hatte.
10Die Klägerin zu 3) erstattete den Klägern zu 1) und 2) im Rahmen der Kasko Versicherung den Kaufpreis abzüglich 300,00 Euro Selbstbeteiligung.
11Die Kläger zu 1) und 2) verlangen von der Streithelferin zu 1) in einem Verfahren vor dem Landgericht Kiel Ersatz ihrer sonstigen materiellen und immateriellen Schäden.
12Die Kläger tragen vor:
13Das DEKRA-Gutachten sei zutreffend. Die Geschwindigkeit habe max. 80 km/h betragen. Der Wohnwagen sei nicht überladen gewesen. Sein zulässiges Gesamtgewicht betrage 1350 kg. Er habe noch vor dem Umkippen das linke Rad komplett mit der Bremstrommel verloren.
14Mit Rücksicht auf die Laufleistungen des Wohnwagens sei ein Nutzungsvorteil in Höhe von 0,5 % des Kaufpreises, also 64,00 Euro anzurechnen, der von der von den Klägern zu 1) und 2) zu tragenden Selbstbeteiligung abzuziehen sei.
15Die Aufbewahrung des Fahrzeugwracks zum Zwecke der Beweissicherung sei zwischen den Klägern und der Beklagten abgestimmt gewesen. Die Klägerin zu 3) habe die Kaskoleistungen, Abschlepp-, Kran- und Standkosten vom 03.08.2003 bis 31.01.2004 und vom 18.02. bis 26.05.2004 in Höhe von insgesamt 16.003,00 Euro betragen, worauf sie sich den Restwert des Wohnwagens in Höhe von 3.800,00 Euro anrechnen lasse.
16Die Beklagte arbeite ständig mit Bankkredit, den sie mind. in Höhe von 9 % per Anno zu verzinsen habe.
17Die Kläger beantragen,
18die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 236,00 Euro nebst 9 % Zinsen seit dem 01.04.2003 sowie an die Klägerin zu 3) einen Betrag in Höhe von 12.304,94 Euro nebst 9 % Zinsen seit dem 01.04.2003 zu zahlen.
19Die Beklagte und die Streithelferinnen beantragen,
20die Klage abzuweisen.
21Sie tragen vor:
22Schadensursache sei ein Fahrfehler gewesen. Das Zugfahrzeug der Klägerin sei über die oberste Grenze hinaus beansprucht und deshalb nicht in der Lage gewesen, den Wohnwagen sicher zu ziehen. Es habe einen Bodenkontakt des Stützrades gegeben. Beim Umschlagen des Wohnwagens sei die Bremstrommel aus der Lagerung herausgebrochen.
23Der Einzelrichter hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 03.11.2004, Blatt 74 ff. der Akten, das Gutachten des Sachverständigen ### vom 11.04.2005 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2005, Blatt 199 ff. der Akten verwiesen.
24Entscheidungsgründe:
25Von den insgesamt zulässigen Klagen hat diejenige der Klägerin zu 3) auch in der Sache im wesentlichen Erfolg.
26I.
27Die Klage der Kläger zu 1) und 2) ist letztlich nicht begründet. Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises ist zwar entstanden (nachfolgend zu 1.). Er ist jedoch gem. § 389 BGB aufgrund der Aufrechnung der Beklagten untergegangen (nachfolgend zu 2.).
281.
29Den Klägern zu 1) und 2) stand grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 Satz 1 BGB zu, weil sie berechtigt vom Kaufvertrag mit der Beklagten zurückgetreten sind.
30a)
31Die Kaufsache, der Wohnwagen, war mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2
322 BGB.
33Er wies nicht diejenige Beschaffenheit auf, die üblich ist und von den Käufern nach der Art der Sache erwartet werden konnte. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Kläger im Entscheidungsfall die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache im Zeit-
34punkt des Gefahrüberganges traf, weil der Wohnwagen anfangs fahrbereit war, oder ob nach § 476 BGB die Beklagte die Mangelfreiheit im Zeitpunkt des Gefahrüberganges hätte beweisen müssen (vgl. Lorenz, "Sachmangel und Beweislastumkehr..."; NJW 2004, Seite 3020). Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Einzelrichter davon überzeugt, dass die Passung zwischen dem Rollenlager und der Nabe des linken Rades des Wohnwagens zu großes Spiel aufwies, was zum Bruch der Wandung der Bremstrommel zum Sprengringsitz und schließlich zum Verlust des linken Rades des Wohnwagens führte.
35Der Sachverständige ### hat Hergang und Ursache des streitgegenständlichen Unfalles unter Auswertung aller ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen begutachtet. Er ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei dem relativ neuwertigen Wohnwagen unstreitig das linke Laufrad abbrach. Der Sachverständige hat für den Bruch der Radnarbe kräftemäßige Überlegungen angestellt und das Bruchbild sowie das Tragbild der Lager und Fassungen bewertet. Die Analyse des Unfallherganges selbst war ihm mangels Spurenanbindung auf der Straße und mangels Fotodokumentationen von Endlagen etc. weitestgehend verwehrt, so dass nur eine Plausibilitätsprüfung unter Berücksichtigung der vorliegenden Zeugenaussagen möglich war. Der Sachverständige hat den Wohnwagen bzw. die Bauteile Reifen, Felge, Bremstrommel und die Anbauteile des Achszapfens in Augenschein genommen, und sie durch eine Drittfirma exakt vermessen lassen. Am Reifen hat er keine nennenswerte Spuren aus der Zeit vor dem Bruch der Bremstrommel festgestellt. Das ausgebrochene Teilstück der Bremstrommel hat er auf einen Gewaltbruch zurückgeführt. An der Radnarbe hat er mehrere weitere Haarrisse festgestellt. Die Passung zum Radlager wies nach seiner Auffassung radial verlaufende Schleifspuren auf. Das abgetrennte Rad habe Spuren an dem Rahmen des Wohnwagens hinterlassen, weshalb es nicht mehr im Radkasten oder in den dahinter liegenden Bereichen der Bodengruppe des Wohnwagens angeschlagen haben könne. Die exakte Vermessung der Bauteile habe im vorderen Bereich nahe der Radmutter ein Spiel von 0,1664 mm ergeben, was als zu groß zu bewerten sei. Von den Dimensionen her handele es sich nicht um eine erforderliche Presspassung, sondern um eine zu große Spielpassung. Dieses ermittelte Spiel bedinge einen Zustand, der die betriebsbedingt eingeleiteten längs- und queraxialen Kräfte nicht sicher habe aufnehmen können. Es habe zu erheblichen Kraftspitzen kommen müssen. Diese Kraftspitzen hätten sich im Wesentlichen auf den Sprengring und die dortige Wandung abgestützt, welcher für eine solche Belastung nicht ausgelegt sei. Der Sprengring sei spontan überlastet worden, was zum Bruch in der Bremstrommel geführt habe. Im Ergebnis, so der Sachverständige ### in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.04.2005, hätten sich im Konsens aller Befunde keine Hinweise gegeben, dass der Anhänger sich aufgeschaukelt habe, weil z. B. das Stützrad sich abgesenkt habe. Der Bruch der Bremstrommel mit der integrierten Nabe sei auf Kraftmomente zurückzuführen, welche nicht über die Passung zwischen Rollenlager und Nabe aufgenommen worden seien. Diese Passung habe zu großes Spiel aufgewiesen. Hierdurch sei es zur Kraftaufnahme und Überbeanspruchung von Sicherungsring und Wandung gekommen. Die Nabe sei in diesem Bereich abgebrochen mit der Folge der Ablösung von Laufrad und Bremstrommel von der Achse. Bei der Ursache des Unfallgeschehens handele es sich mithin zumindest um einen Fertigungsfehler.
36Das Gutachten ist nachvollziehbar und in sich stimmig. Es überzeugt. Der Sachverständige ### hat die Ergebnisse der Zeugenvernehmungen berücksichtigt und ausgewertet. Er ist überzeugend zu dem Ergebnis gekommen, dass insbesondere die plastische Schilderung des Unfallgeschehens des Zeugen S2 mit den objektiven Befunden gut vereinbar sei. Der Zeuge S, der die Kläger zu 1) und 2) vor dem Unfall nicht kannte und bei dem keine Zweifel bestehen, dass er willens und in der Lage war, die Wahrheit zu sagen, hat bekundet, er sei hinter dem streitgegenständlichen Wohnwagen hergefahren. Die Geschwindigkeit habe 80 km/h betragen. Auf Einmal sei der Wohnwagen des Klägers instabil geworden, als wenn er durch Spurrillen fahren würde. Dann habe das linke Rad des Wohnwagens angefangen zu schlagen, als wenn es einen Plattfuß hätte. Daraufhin habe der Wohnwagen völlig die Kontrolle verloren. Er sei hin und her geschleudert. Schließlich habe er sich auf die linke Seite gelegt.
37Der Sachverständige ### hat hierzu in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.04.2005 ausgeführt, das von dem Zeugen beobachtete Schlagen des Rades sei nicht auf einen Druckverlust oder auf einen Mangel an der Felge zurückzuführen, sondern könne ausschließlich daraus resultieren, dass zu diesem Zeitpunkt bereits der Bruch eingetreten gewesen sei und sich die Bremstrommel von dem Rad löste. Das Abspringen des Rades sei nicht spontan erfolgt, sondern über eine etliche Laufstrecke.
38Das Gutachten des Sachverständigen ### erfährt des Weiteren eine Bestätigung durch das Gutachten des Sachverständigen Hitzemann vom 26.11.2003. Auch dieser hatte festgestellt, dass es zwischen Radlager und Bremstrommel zu axialen Bewegungen gekommen sei, welche lediglich durch den im hinteren zur Fahrzeugmitte hin reichenden Bereich montierten Sprengring aufgenommen hätten werden müssen. Es sei keine formschlüssige über eine Pressung erreichte Verbindung zwischen Bremstrommel und Radlager erfolgt. Dies habe ein Ablaufen des Rades mit letztendlichem Bruch der Bremstrommel begründet.
39Die Überzeugung des Einzelrichters wird auch nicht durch das Gutachten des Mitarbeiters Dr. P der Streithelferin zu 2) erschüttert. Dieser hat unter dem 07.04.2004 ausgeführt, es habe kein Mangel am Produkt vorgelegen. Das Fahrzeug habe aufgrund von Bodenberührungen des Stützrades seine Stützlast verloren und sei damit ins Schleudern geragten. Aufgrund der Unfallkräfte sei das Fahrzeug umgeschlagen. Die vorhandene Gesamtenergie, die innerhalb von Bruchteilen von Sekunden habe abgebaut werden müssen, habe dazu geführt, dass die Bremstrommel von der Lagerung herausgebrochen worden sei, so dass nach dem Unfall das Rad einschließlich Trommelnabe vom Schenkel habe gelöst werden können.
40Nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmungen bestehen keine ernsthaften Anhaltspunkte für unfallursächliche Fahrfehler der Kläger zu 1) und 2). Der Zeuge E hat insoweit bekundet, er sei mit den Klägern zu 1) und 2) gewissermaßen im Convoy gefahren. Er habe seinen Tempomat auf 80 km/h eingestellt gehabt. Vor dem Antritt der Urlaubsfahrt seien sie mit dem Wohnwagen der Kläger zu 1) und 2) auf eine Waage gefahren. Er habe ein Gewicht von ca. 1300 kg im für die Urlaubsfahrt gepacktem Zustand aufgewiesen. Der Zeuge hat sich zwar selbst als langjähriger Freund der Kläger zu 1) und 2) bezeichnet. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass er nicht willens oder in der Lage gewesen wäre, wahrheitsgemäße Bekundungen abzugeben.
41Darüber hinaus hat der Sachverständige ### im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vom 24.08.2005 noch einmal dezidiert zu den Einwendungen der Beklagtenseite Stellung genommen und diese überzeugend entkräftet. Er hat insbesondere dargelegt, dass allein durch das Schleudern und das Umstürzen des Wohnwagens der aufgetretene Materialbruch nicht erklärt werden könne. Hierzu hätte es grundsätzlich eines von außen wirkenden Ereignisses, z. B. eines Anpralles an einen Bordstein, bedurft. Anhaltspunkte für ein solches von außen einwirkendes Ereignis habe es aber nicht gegeben. Der Sachverständige ### ist des weiteren davon ausgegangen, dass es sich bei dem zu beurteilenden Material um Grauguss gehandelt habe. Das deckt sich mit den Angaben des Herrn Dr. P. War es aber Grauguss, so der Sachverständige ###, so muss berücksichtigt werden, dass dessen Dehnungskoeffizient gegen null gehe. Mithin komme es eher zu einem Bruch und nicht zu einer Erweiterung. die nach dem Unfall festgestellte fehlende Presspassung sei mithin nicht auf eine Ausdehnung durch das Unfallgeschehen zurückzuführen. Letztlich sei es für die Begutachtung nicht ausschlaggebend, ob das Rad tatsächlich unter den Wohnwagen geraten sei. Es gebe nur Hinweise auf den Verlauf des Vorfalles, dieser lasse sich jedoch nicht im Einzelnen rekonstruieren. Dass, wie Herr P für die Streithelferin zu 2) ausgeführt hat, eine konische Bohrung nur durch ein Spezialwerkzeug zu erreichen sei, stehe den gefundenen Ergebnissen nicht entgegen, weil eine konische Bohrung im Laufe der Produktion auch einmal versehentlich hergestellt werden könne. Es handele sich dann um Schrott.
42b.
43Dass die Kläger der Beklagten keine Frist zur Mangelbehebung und Ersatzlieferung gesetzt haben, (vgl. § 440 BGB), bevor sie den Rücktritt erklärt haben, steht dem Rückzahlungsanspruch nicht entgegen. In Betracht kommt insoweit bereits, dass es einer Fristsetzung nicht bedurfte, weil nur eine Mängelbeseitigung durch Nachlieferung in Betracht kam und diese wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit eines Produktionsfehlers der ganzen Serie unzumutbar war. Das bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung, weil eine Fristsetzung hier schon aus anderen Gründen entbehrlich war. Eine Ablehnung der Nacherfüllung im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt nämlich im endgültigen Bestreiten des Mangels (Heinrichs in: Palandt, BGB, 64. Aufl., § 323, Randnummer 18 m. w. N.; viel zu weitgehend und unter Bezugnahme auf zum alten Schuldrecht ergangene Rechtsprechung: Reinking/Eggert, "Der Autokauf", 8. Aufl., Randnummer 274). Eine solche liegt hier vor, wurde zwar von der Streithelferin zu 1) ausgesprochen, doch geschah dies im Einvernehmen mit der Beklagten, die sich das deshalb gemäß §§ 164 ff. BGB zurechnen lassen muss.
442.
45Ein Zahlungsanspruch ist aber letztlich nicht gegeben. Das ergibt sich aus § 389 BGB. Indem sich die Beklagte auf eine höhere Nutzungsentschädigung berufen hat, hat sie konkludent hilfsweise die Aufrechnung erklärt. Ihr Gegenanspruch ergibt sich aus § 346 Abs. 1 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer sind die Nutzungsvorteile bei Wohnwagen anders als bei PKW zu berechnen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass Wohnwagen nicht für den täglichen Verkehr benutzt werden, sondern um darin - ggf. nach einer Ortsveränderung - zu wohnen. Von daher ist eine Bewertung pro rata temporis vorzunehmen, wobei von einer Lebensdauer von 10 Jahren ausgegangen worden ist. Vorliegend war der Wohnwagen rund ein Drittel Jahr alt, als es zum Unfall kam, so dass von einem Nutzungsvorteil von insgesamt 426,17 Euro auszugehen ist. Dieser Betrag übersteigt die Forderung der Kläger zu 1) und 2).
46II.
47Die Klage der Klägerin zu 3) hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
481. a)
49Der Anspruch ergibt sich in der Hauptsache aus § 67 VVG in Verbindung mit § 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 Satz 1 BGB.
50Da und soweit die Klägerin zu 3) den Schaden der Kläger zu 1) und 2) ausgeglichen hat, sind deren Gewährleistungsansprüche gem. § 67 VVG auf sie übergegangen (vgl. Prölls/Martin, VVG, 25 Aufl., Seite 515).
51Wegen der übrigen Voraussetzungen des Anspruchsgrundes wird auf die Ausführungen oben zu I. Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.
52b)
53Der Höhe nach hat die Beklagte grundsätzlich den - restlichen - Kaufpreis von 12.485,00 Euro sowie Abschlepp- und Standkosten in Höhe von insgesamt 3.619,94 Euro zu erstatten.
54Dass Stand- und Abschleppkosten in dieser Höhe angefallen sind, ist unstreitig geworden, nachdem die Kläger die entsprechenden Belege im Prozess vorgelegt haben (Blatt 35 ff. der Akten) und die Beklagte sich hierzu nicht mehr erklärt hat. Diese Kosten sind insgesamt, also nicht nur für den Monat August 2003 erstattungsfähig. § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB erfasst nämlich auch gewöhnliche Erhaltungskosten (Heinrichs, a. a. O., § 347, Randnummer 4) wie Abschleppen, Unterstellen und Aufbewahren bis zur Rückgabe (Betzenberger in Erman, BGB, 11 Aufl., § 347, Randnummer 3). Die Rücknahme des Wohnwagens war von der Beklagtenseite auch nicht angeboten worden. Vielmehr hatte die Streithelferin zu 1) für die Beklagtenseite mit Schreiben vom 18.12.2003 ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass der Wohnwagen keinesfalls verschrottet werden dürfe.
55Von der Klageforderung ist gem. § 389 im Wege der Hilfsaufrechnung die noch nicht verbrauchte restliche (oben zu I. 2.) Nutzungsentschädigung in Höhe von 126,17 Euro in Abzug zu bringen.
56Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass eigentlich die Herausgabe des Wohnwagens nach § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB geschuldet war, die durch die inzwischen erfolgte Verwertung unmöglich geworden ist. Die deshalb nach §§ 346 IV, 280 BGB entstandene Schadensersatzpflicht, die über die dolo-petit-Einrede gem. § 242 BGB zu berücksichtigen ist, ist aber ausgeglichen, weil die Klägerin zu 3) den unstreitigen Restwert des Wohnwagens in Höhe von 3.800,00 Euro bereits selbst von ihrer Klageforderung in Abzug gebracht hat.
57Es ergibt sich damit folgende Berechnung:
5812.485,00 Euro + 3.619,94 Euro - 126,17 Euro - 3.800,00 Euro = 12.178,77 Euro.
592.
60Die Zinsforderung beruht auf § 346 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt gezogener Nutzungen, worunter auch ersparte Schuldzinsen fallen (vgl. Heinrichs, a. a. O., § 346, Randnummer 6 m. w. N.). Unstreitig hat die Beklagte die Kaufpreiszahlung verwandt, um eigene Verbindlichkeiten zurückzuführen, für die sie 9 % Schuldzinsen hätte aufbringen müssen.
61III.
62Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 101 und 709 Satz 2 ZPO).
63IV.
64Streitwert: Bis 13.200,00 Euro (§§ 48 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 3 GKG,
656 ZPO).
66V.
67Der nicht nachgelassene und nach Fertigstellung des Urteils eingegangene Schriftsatz der Streithelferin zu 2) vom 04.10.2005 gab keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.