Urteil vom Landgericht Wuppertal - 9 S 28/11
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal, 94 C 175/10, vom 08.12.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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Gründe
2I.Der Kläger nutzt entgeltlich eine Wohnung der Beklagten. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, einem Griechen, die Installation einer Satellitenempfangsanlage zu gestatten.Im Übrigen wird von der Darstellung eines Tatbestandes gemäß §§ 540 II, 313a ZPO, 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen. II.Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Beklagte hat keinen Anspruch gegen die Klägerin aus §§ 535, 242 BGB oder aus einem anderen Rechtsgrund auf Gestattung der Installation einer Satellitenempfangsanlage.Weil das Grundrecht des Beklagten auf ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen aus Art. 5 I 1 Hs. 2 GG mit dem zugunsten der Klägerin wirkenden Schutz des Eigentums aus Art. 14 GG kollidiert, kann es nicht schrankenlos geltend gemacht werden. Vielmehr sind die betroffenen wechselseitigen Interessen im Einzelfall abzuwägen (BGH VIII ZR 260/06, Rn. 13). Diese Abwägung hat hier das Ergebnis, dass der Beklagte nicht verlangen kann, dass ihm die Installation einer Satellitenempfangsanlage gestattet wird. Wesentlich für diese Abwägung sind folgende Erwägungen:Der Beklagte kann über das Breitbandkabelnetz den öffentlich-rechtlichen griechischen Sender ERT empfangen. Mit einer Satellitenempfangsanlage könnte er nach seinem Vortrag acht Sportsender und vier weitere Sender empfangen. Die Schutzwürdigkeit seines hieran bestehenden Interesses wird allerdings durch die nachfolgenden Gesichtspunkte erheblich relativiert. Der Beklagte behauptet in der Berufungsbegründung, lediglich der Sender „novasport“ sei kostenpflichtig. Allgemein bekannt ist jedoch, dass auch der Sender „Sky“ ein weiterer sogenannter Bezahlsender ist. Außerdem hatte der Beklagte in erster Instanz diesbezüglich zuletzt vorgetragen, „diese Kosten von monatlich 26 € zahle ich für die (sic !) sogenannten Bezahl-Sender“ (Schriftsatz vom 25.11.2010, Bl. 57 d.A.). Kostenfragen sind zwar im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, schlagen hier danach aber nicht entscheidend zu Buche (vgl. LG Krefeld 2 S 52/05). Dahin stehen kann deswegen, ob ein Anspruch des Klägers schon deshalb ausgeschlossen ist, weil er, falls die technischen Möglichkeiten in seiner Wohngegend eingerichtet sind, über das Internet fernsehen könnte. Es wäre nämlich nicht ersichtlich, dass die Kosten für die Anschaffung und die fachgerechte Installation einer Satellitenanlage auf dem Satteldach des Miethauses nicht in vergleichbarer Höhe wie die Kosten für die Ausrüstung liegen, um internetfernsehen zu können. Dass monatliche Kosten von 14 € und 19,99 € dem Beklagten nicht zuzumuten wären, ist mangels Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht anzunehmen. Dem Beklagten wäre es zuzumuten, sein Informationsinteresse über das Internet zu befriedigen. Schon der BGH hat darauf hingewiesen, dass es eine Rolle spielt, ob Mieter ihre Informationsinteressen auf andere Weise, nämlich zum Beispiel über Druckwerke und das Internet befriedigen können (VIII ZR 260/06, Rn. 20). Ob Sie diese Möglichkeiten nutzen, bleibt grundsätzlich ihnen selbst überlassen. Vorliegend sind keine außergewöhnlichen Umstände erkennbar, die es als unzumutbar erscheinen lassen würden, dem Beklagten eine Benutzung des Internets anzudienen. Über das Internet – Fernseher können angeschlossen werden - kann zum Beispiel für eine einmalige Gebühr von derzeit 47,54 € (Stand 9. November 2011) „TV Online“ herunter geladen werden, was es ermöglicht, 2.300 Fernsehprogramme zu sehen. Ausweislich seines Internetauftritts bietet der Sender novasports Berichterstattung über internationale Sportereignisse an. Fußballspiele der ersten englischen Liga oder Grand Slam Tennisturniere können aber auch auf anderen in Deutschland empfangbaren Sendern gesehen werden. Schließlich ist es inzwischen sogar technisch möglich, für 6,15 € pro Monat novasports auf einem internetfähigen Handy anzusehen.Die Installation der Satellitenanlage würde zu einer optischen Beeinträchtigung führen. Das gilt zunächst für den – erfolgreich mit der Klage angegriffenen – eigenmächtig ausgewählten Standort auf der Rasenfläche hinter dem Wohnhaus. Die zur Akte gereichten Lichtbilder, Bl. 17 der Akte, belegen dies eindrucksvoll. So ist nicht nur ohne Zweifel die Überputzmontage der Kabel unzeitgemäß und verschandelnd, sondern auch die auf der Gemeinschaftsfläche aufgeständerte „Schüssel“ grenzüberschreitend und – insbesondere für Kinder – verletzungsträchtig. Aber auch eine Installation auf dem Satteldach würde eine optische Beeinträchtigung darstellen. Das ergibt sich schon daraus, dass sich eine Satellitenempfangsanlage gegenwärtig nie harmonisch in den Baukörper einzufügen vermag, sondern immer wie ein Fremdkörper wirkt.Schließlich ergibt sich nichts anderes im Ergebnis daraus, dass die Beklagte in der Vergangenheit bei anderen Objekten Mietern gestattet hat, Satellitenempfangsanlagen zu installieren. Zu beachten ist nämlich die enorme technische Entwicklung, die inzwischen Möglichkeiten bereithält, Fernsehsendungen auch ohne Antennenanlagen zu empfangen. Hierauf muss die Beklagte reagieren können. III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO. Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.000 € (§§ 43 I, 48 I GKG, 6 S. 1 ZPO)Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Abgesehen davon, dass der BGH sich bereits zur grundsätzlichen Berücksichtigung der Informationsmöglichkeit über neue Medien positiv geäußert hat, handelt es sich um eine im Rahmen der Abwägung zu treffende Einzelfallentscheidung.
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