Urteil vom Landgericht Wuppertal - 1 O 164/12
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 11. Mai 2012 (1 O 164/12 LG Wuppertal) wird bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungsbeklagte.
1
T a t b e s t a n d
2Unter dem 21./24. April 2008 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Errichtung eines FREELINE Massivhauses auf Fundamentplatte zum Preis von 212.700,00 Euro.
3Aufgrund von Zusatzaufträgen einerseits sowie Gutschriften andererseits erhöhte sich der vom Beklagten zu leistende Gesamtbetrag auf gut 226.000,00 Euro.
4Am 30.04.2010 bezog der Verfügungsbeklagte das Haus.
5Die Verfügungsklägerin erstellte unter dem 27. Mai 2010 ihre Schlussrechnung, aus der unstreitig noch ein Betrag von 19.816,23 Euro offen steht.
6Die Zahlung dieses Restbetrages verweigert der Verfügungsbeklagte im Hinblick auf angeblich bestehende Mängel.
7Unter dem 13. August 2010 erließ das Amtsgericht Uelzen auf Antrag der Verfügungsklägerin einen Mahnbescheid über 20.254,64 Euro, gegen der Verfügungsbeklagte fristgerecht Widerspruch einlegte.
8In der Anspruchsbegründung vom 11.01.2011 macht die Verfügungsklägerin in dem Verfahren 1 O 31/11 Landgericht Wuppertal eine offene Forderung in Höhe von 19.816,23 Euro geltend.
9Seinen Antrag auf Klageabweisung in jenem Verfahren hat der Verfügungsbeklagte des vorliegenden Verfahrens in erster Linie damit begründet, dass er wegen bestehender Mängel zu Recht die Abnahme des Werkes verweigert habe. In dem Bezug des Hauses sei vorliegend eine Abnahme nicht zu sehen.
10Die Kosten für die Beseitigung der vorhandenen Mängel hat der Verfügungsbeklagte in dem Verfahren 1 O 31/11 mit ca. 30.000,00 Euro angegeben.
11Mit Beweisbeschluss vom 19.07.2011 (Bl. 107 f. der Beiakte) hat das Gericht eine Beweiserhebung über die Behauptung der Verfügungsklägerin, die vom Verfügungsbeklagten behaupteten Mängel lägen nicht vor, angeordnet.
12In seinem schriftlichen Gutachten vom 11.04.2011 kommen der Sachverständige T und die von ihm hinzugezogenen Mitsachverständigen zu dem Ergebnis, dass Mängel vorliegen, deren Beseitigung gut 2.100,00 Euro kosten.
13Einen Mangel, dessen Beseitigung nach dem Gutachten 515,00 Euro netto kostet, hat die Verfügungsklägerin nach Vorliegen des Gutachtens unstreitig beseitigt.
14Mit Antrag vom 10. Mai 2012 hat die Verfügungsklägerin die Eintragung einer Vormerkung über eine Sicherungshypothek in Höhe von 18.500,00 Euro zuzüglich Zinsen sowie wegen einer Kostenpauschale von 6.500,00 Euro beantragt.
15Mit Beschluss vom 11. Mai 2012 (Bl. 19 f.d.A.) hat die Kammer die beantragte einstweilige Verfügung erlassen.
16Hiergegen hat der Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 2012 Widerspruch eingelegt.
17Der Verfügungsbeklagte trägt zur Begründung seines Widerspruchs vor, dass die Vermutung des § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der durch eine Vormerkung zu sichernde Anspruch gefährdet sei, vorliegend widerlegt sei.
18Das ergebe sich aus dem eigenen Sachvortrag der Verfügungsklägerin.
19Zwischen der Erteilung der Schlussrechnung und dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung lägen knapp 2 Jahre. Da der Verfügungsbeklagte die Abnahme wegen vorhandener Mängel verweigert habe, gebe es zwei Möglichkeiten:
20Habe er die Abnahme zu Recht verweigert, wäre die Forderung der Verfügungsklägerin nicht fällig.
21Habe er sie aber zu Unrecht verweigert, dann sei die Forderung bereits im Mai 2010 fällig gewesen und die Verfügungsklägerin hätte 2 Jahre mit ihrem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zugewartet, was nach der von ihm zitierten Rechtssprechung dazu führe, dass es an dem Eilbedürfnis fehle, sodass die Dringlichkeitsvermutung des § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegt sei.
22Die Verfügungsklägerin tritt der Rechtsauffassung des Verfügungsbeklagten entgegen.
23Sie weist darauf hin, dass sie erst nach Vorlage des Sachverständigengutachtens in dem Verfahren 1 O 31/11 hinreichend sicher vom Bestand der in jenem Verfahren geltend gemachten Forderung habe ausgehen können. Für die Frage der „Eilbedürftigkeit“ komme es auf diesen Zeitpunkt, nicht auf die Erstellung der Schlussrechnung.
24Die Verfügungsklägerin beantragt,
25die einstweilige Verfügung vom 11. Mai 2012 aufrechtzuerhalten.
26Der Verfügungsbeklagte beantragt,
27unter Aufhebung des Beschlusses vom 11. Mai 2012 den Antrag der Verfügungsklägerin zurückzuweisen.
28Die Akten 1 O 31/11 Landgericht Wuppertal waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die einstweilige Verfügung vom 11. Mai 2012 ist gemäß § 925 ZPO zu bestätigen.
32Die Voraussetzungen für den Erlass einer Vormerkung für eine Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß §§ 885, 648 BGB waren und sind erfüllt.
331.
34Die einstweilige Verfügung ist von der Verfügungsklägerin rechtzeitig im Sinne des § 929 ZPO vollzogen worden.
35II.
36Der von der Verfügungsklägerin gestellte Antrag vom 10. Mai 2012 ist auch materiell gerechtfertigt.
37Es besteht ein zu sichernder Werklohnanspruch der Verfügungsklägerin gemäß § 631 BGB.
38Auf der Grundlage des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 11.04.2012, das die Kammer in dem Verfahren 1 O 31/11 eingeholt hat, ist die Kammer hinreichend sicher davon überzeugt, dass die vom Verfügungsbeklagten erhobenen Mängeleinwände weitestgehend unbegründet sind.
39Der Sachverständige T und die von ihm hinzugezogenen weiteren drei Sachverständigen kommen in diesem Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Mängelbeseitigungsaufwand bei gut 2.000,00 Euro liegt.
40Demgegenüber hat der Verfügungsbeklagte im Schriftsatz vom 02.03.2011 in dem Hauptsacheverfahren die Mängelbeseitigungskosten mit „mindestens 30.000,00 Euro“ angegeben.
41Gestützt auf diese Behauptung, deren Richtigkeit durch das Gutachten im Hauptsacheverfahren widerlegt ist, behält der Verfügungsbeklagte - objektiv zu Unrecht - einen Betrag von fast 20.000,00 Euro ein.
42Soweit der Verfügungsbeklagte geltend macht, die einstweilige Verfügung sei aufzuheben bzw. hätte gar nicht erst erlassen werden dürfen, weil eine Gefährdung des zu sichernden Anspruches nicht dargelegt sei, vermag die Kammer sich dieser Auffassung nicht anzuschließen.
43Es ist zwar richtig, dass nach herrschender Auffassung, der die Kammer folgt, die Gefährdungsvermutung nach § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegt werden kann.
44Soweit der Verfügungsbeklagte die Auffassung vertritt, aufgrund des Zeitablaufes zwischen der Erstellung der Schlussrechnung und Beantragung der einstweiligen Verfügung sei vorliegend die Vermutung des § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegt und es hätte seitens der Verfügungsklägerin der besonderen Darstellung ihres Sicherungsbedürfnisses bedurft, vermag die Kammer dem nicht zu folgen.
45Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die vom Verfügungsbeklagten zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Hamm maßgeblich bezüglich des Eilbedürfnisses des Bauhandwerkers auf den Zeitablauf abstellen. Dies ist aber vor allem nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10.12.1999 (22 U 170/99) nicht das einzige, ausschließlich maßgebliche Kriterium.
46In dieser Entscheidung heißt es u.a.: „Ausgehend vom Zweck der Bauhandwerkersicherungshypothek, die einen Ausgleich für die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers bilden soll, könnte nach so langer Zeit Eilbedürftigkeit, die die Belastung des Grundstückes aufgrund nur summarischer Prüfung im einstweiligen Verfügungsverfahren rechtfertigen würde, nur noch unter besonderen Umständen bejaht werden.“
47Der vom Oberlandesgericht entschiedene Fall unterscheidet sich von dem vorliegend zu entscheidenden maßgeblich dadurch, dass es hier sich um eine lediglich summarische Prüfung - wie üblicherweise im einstweiligen Verfügungsverfahren - nicht handelt.
48Vorliegend hat die Kammer aufgrund des Gutachtens im Hauptsacheverfahren hinreichend sichere Kenntnis davon, dass die vom Verfügungsbeklagten erhobenen Mängelrügen, aufgrund derer er die Zahlung des Restwerklohnes verweigert, weitestgehend unbegründet sind.
49Aufgrund dieser besonderen Situation ist nach Auffassung der Kammer vorliegend von einer Gefährdung des Anspruches auszugehen, ohne dass es hierzu eines weiteren Vortrages der Verfügungsklägerin bedürfte.
50Wer ohne objektiv rechtfertigenden Grund einen Betrag von knapp 20.000,00 Euro einbehält, der gefährdet nach Auffassung des Gerichtes die Durchsetzung dieses Anspruchs, ohne dass es dazu noch weiterer Darlegungen seitens der Verfügungsklägerin bedürfte.
51Insofern besteht aufgrund der vorliegend feststehenden Umstände nach Auffassung der Kammer die Vermutung des § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB fort.
52Diese Vermutung ist durch den Verfügungsbeklagten weder erschüttert noch widerlegt.
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
54Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.
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Referenzen
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