Urteil vom Landgericht Wuppertal - 1 O 38/13
Tenor
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 24.01.2012 (Az. 11-2866194-02-N wird aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 38.418,98 Euro nebst Zinsen hieraus seit dem 20.11.2008 sowie die auf diesen Betrag entfallenden Gerichtskosten zu zahlen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen mit Ausnahme der Kosten des Vollstreckungsbescheids, die der Beklagten auferlegt werden.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
1
Tatbestand
2Die Parteien waren durch einen notariellen Immobilienkaufvertrag sowie ein anschließendes Gewerberaummietverhältnis verbunden. Die Beklagte war ursprünglich Eigentümerin des Bürogebäudes mit Stellplatzflächen L Str. in V. Im Jahr 2007 erwarb die Klägerin das Objekt von der Beklagten, zugleich schlossen die Parteien einen Mietvertrag über in dem Objekt befindliche Büroräume und über Stellplätze. Der Geschäftsführer der Beklagten übernahm zudem die Verwaltung des Objekts für die Klägerin.
3In der Folgezeit kam es zu einem Zerwürfnis zwischen den Geschäftsführern, nachfolgend zur Kündigung des Mietverhältnisses und einem Rechtsstreit über die Räumung und Zahlung von Mietzins bei dem Landgericht Mönchengladbach (11 O 315/09). In diesem Rechtsstreit erklärte der Geschäftsführer der Klägerin – der selbst Partei des vorgenannten Rechtsstreits war – hilfsweise die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 38.418,98 Euro gegen die Klägerin, die er aufgrund von Auslagen im Rahmen seiner Verwaltertätigkeit geltend machte. Mit Schriftsatz vom11.11.2011 erhob die hiesige Klägerin Widerklage mit dem Antrag, an sie 38.418,98 Euro nebst Zinsen sowie weitere 24.340,00 Euro zu zahlen. Mit Urteil vom 09.12.2011 verurteilte das Landgericht Mönchengladbach die hiesige Klägerin zur Räumung und Zahlung von Mietzins, die Klage gegen den Geschäftsführer wurde abgewiesen. Die Widerklage wurde als unzulässig abgewiesen (vgl. Anlage K2 zur Einspruchsschrift vom 29.01.2013, Bl. 46 d.A.). Auf die beiderseitige Berufung hin verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 25.10.2012 (Az. I – 10 U 4/12) auch den Geschäftsführer zur Zahlung von 29.705,00 Euro nebst Zinsen. Die Widerklage wurde abgewiesen. Die Urteilsgründe des Oberlandesgerichts enthalten keine Ausführungen zu der Hilfsaufrechnung des Geschäftsführers (dort Beklagter zu 2.) und zur Widerklage.
4Die Klägerin behauptet, ihr Geschäftsführer habe die Summe der in Anlage K6 zum Schriftsatz vom 01.03.2013 (Bl. 94 d.A.) aufgeführten einzelnen Beträge für die Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 im Rahmen der durch ihn vereinbarungsgemäß für diese geleisteten Hausverwaltung geleistet und verauslagt und verlangt die Zahlung der 38.418,98 Euro aus abgetretenem Recht. Sie ist der Ansicht, der Einspruch sei wegen Fristablaufs als unzulässig zu verwerfen.
5Der dem streitgegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Mahnbescheid vom 03.01.2012 wurde der Beklagten am 05.01.2012 ausweislich der Zustellungsurkunde unter der im Handelsregister angegebenen Anschrift „XXstr. ,T“ zugestellt. Unter dieser Anschrift war der vormals von der Beklagten bevollmächtigte Rechtsanwalt E tätig. Die Zustellungsurkunde über den am 24.01.2012 erlassenen streitgegenständlichen Vollstreckungsbescheid kam am 28.01.2012 mit dem Vermerk „Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ in Rücklauf. Mit Schriftsatz vom 23.02.2012 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die öffentliche Zustellung des Vollstreckungsbescheids, da auch die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher nicht erfolgreich verlaufen sei. Die öffentliche Zustellung wurde mit Beschluss vom 19.3.2012 unter Bestimmung einer Einspruchsfrist von einem Monat bewilligt und mit Wirkung zum 28.04.2012 bewirkt. Mit Einspruchsschrift vom 29.01.2013, eingegangen am selben Tag beim Amtsgericht Hagen, hat die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid erhoben.
6Soweit die Klägerin mit dem angefochtenen Vollstreckungsbescheid vom 24.01.2012 die Rückzahlung geleisteter Gewerberaummiete geltend gemacht hat, hat die Kammer das Verfahren gemäß § 145 ZPO abgetrennt und an das gemäß § 29a ZPO ausschließlich zuständige Landgericht Mönchengladbach verwiesen.
7Die Klägerin beantragt nunmehr,
8den Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid vom des Amtsgerichts Hagen 24.01.2012 zu verwerfen.
9Die Beklagte beantragt,
10den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Ansicht, der geltend gemachte Zahlungsanspruch sei wegen der im Rechtsstreit beim Landgericht Mönchengladbach (11 O 315/09) erklärten Hilfsaufrechnung bereits erloschen. Sie wendet ein, dass der Anspruch dem Grunde nach nicht substantiiert vorgetragen sei. Sie behauptet ferner, der Mahnbescheid vom 03.01.2012 sei der Beklagten nie zugegangen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14Der Einspruch ist zulässig. Insbesondere ist der Einspruch fristgerecht erhoben, da durch die öffentliche Zustellung des Vollstreckungsbescheids die Einspruchsfrist nicht in Gang gesetzt wurde, da die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung des § 185 ZPO nicht vorlagen, worauf das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2013 hingewiesen hat. Die Klägerin kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass die beim Handelsregister angegebene Geschäftsadresse tatsächlich – was unstreitig ist – nicht mehr bestand. Vorliegend befand sich die Klägerin in einem laufenden Rechtsstreit mit der Beklagten, die von einem inländischenProzessbevollmächtigten vertreten wurde. Die Prozessvollmacht umfasst zwar grundsätzlich keine generelle Empfangsvollmacht, jedoch hatte die Klägerin die vorliegend geltend gemachten Ansprüche bereits in den dortigen Passivprozess mittels – unzulässiger – Widerklage eingeführt, so dass die Bevollmächtigung des hiesigen Beklagtenvertreters auch hinsichtlich dieser Ansprüche eingriff. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin gemäß § 185 Ziff. 2 a.E. ZPO die ihr ohne Ermittlungen bekannte Anschrift des Beklagtenvertreters angeben müssen.
15Die Klage ist auch zulässig, nachdem die Beklagte gemäß § 39 ZPO sich rügelos zur Sache eingelassen hat. Ferner steht der Klage nicht der Einwand der Rechtskraft entgegen, da über die im Verfahren beim Landgericht Mönchengladbach (11 O 315/09) und dem nachfolgenden Berufungsverfahren inhaltlich nicht über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderung entschieden wurde und die Widerklage durch Prozessurteil abgewiesen wurde.
16Die Klage ist jedoch unbegründet.
17Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 38.418,98 Euro Aufwendungsersatz aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit der durch ihren Geschäftsführer persönlich erbrachten Hausverwaltungstätigkeit.
18Die Klägerin hat einen solchen Aufwendungsersatzanspruch nicht schlüssig vorgetragen. Sie hat sich darauf beschränkt, auf die als Anlage K6 eingereichte Liste (angeblich) geleisteter Zahlungen Bezug zu nehmen. Dieser Liste ist indes nicht zu entnehmen, in welchem tatsächlichen Zusammenhang und insbesondere für welchen Zeitraum die Zahlungen geleistet worden sein sollen. Dies reicht zur schlüssigen Darlegung eines Aufwendungsersatzanspruchs nicht aus. Darauf hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2013 ausdrücklich hingewiesen. Soweit die Klägerin sich bewusst dafür entschieden hat, trotz des Hinweises ausschließlich zu ihrer Rechtsansicht bezüglich der öffentlichen Zustellung Stellung zu nehmen, war ein erneuter Hinweis nicht erforderlich.
19Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 700 Abs. 1, 344 ZPO. Von der Auferlegung der Säumniskosten war nicht abzusehen, da der Vollstreckungsbescheid in gesetzmäßiger Weise ergangen ist. Soweit die Beklagte einwendet, den Mahnbescheid nicht erhalten zu haben, hat sie die Beweiskraft der Zustellungsurkunde nicht erschüttert und muss sich ein etwaiges Verschulden ihres Zustellungsbevollmächtigten, bzw. ihr eigenes Versäumnis, die inländische Anschrift ihres Sitzes mitzuteilen, entgegenhalten lassen.
20Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
21Streitwert: 38.418,98 Euro
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Referenzen
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