Urteil vom Landgericht Wuppertal - 9 S 174/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Remscheid vom 30.06.2014
(Az. 43 C 309/13) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 28.10.2012 in Remscheid geltend. Die unfallbeteiligten Fahrzeuge der Parteien begegneten sich auf der Bstraße wobei aufgrund von beidseitig geparkten PKW nur eine Fahrbahnbreite von insgesamt ca. 4,80 m verblieb.
4Mit dem angefochtenen Urteil gab das Amtsgericht der Klage bei einer Haftungsquote von 75:25 % zugunsten der Klägerin statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin ihr Fahrzeug angehalten habe, während der Beklagte zu 1) an ihr vorbeigefahren und dabei mit ihrem Fahrzeug kollidiert sei. Es verbleibe jedoch bei der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges, die sich durch das Einfahren in eine enge Straße realisiert habe. Den Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses habe die Klägerin nicht geführt, da nicht mehr festgestellt werden könne, welches der beiden Fahrzeuge sich zu weit mittig befunden habe. Ferner würden die fiktiv geltend gemachten Verbringungskosten iHv 125,- € keinen ersatzfähigen Schaden darstellen, da die Verbringung in eine andere Fachwerksatt nicht zwangsläufig anfalle. Anhaltspunkte, dass der Klägerin solche Kosten entstehen würden, seien nicht vorgetragen worden.
5Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der auf Grundlage einer 100 %- Haftung der Beklagten die Zahlung von weiteren 765,71 € geltend gemacht wird. Es stehe eindeutig fest, dass die Klägerin mit ihrem Fahrzeug gestanden habe, als der Beklagte zu 1) dagegen gefahren sei. Die Straße sei breit genug für beide Fahrzeuge gewesen. Der Beklagte zu 1) habe sein Alleinverschulden auch sofort zugegeben. Die Verbringungskosten seien als typischerweise anfallende Kosten bei der Abrechnung auf Gutachterbasis zu erstatten.
6Der Beklagte zu 1) ist vor dem erstinstanzlichen Urteil verstorben.
7Von einer weiteren Sachverhaltsdarstellung wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
8II.
9Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
10Dass der Beklagte zu 1) im Laufe des erstinstanzlichen Rechtsstreits verstorben ist, stand einer Fortsetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.
11Zu Recht ist das Amtsgericht von einer Mithaftung der Beklagten in Höhe von 25 % ausgegangen.
12Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte zu 1) gegen das stehende Fahrzeug der Klägerin gefahren ist. In der Sache zu Recht hat das Amtsgericht aber auch festgestellt, dass es sich bei dem Unfall für die Klägerin nicht um ein unabwendbares Ereignis iSd § 17 Abs. 3 StVG gehandelt hat. Hierunter versteht man einen Verkehrsunfall, der auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein „Idealfahrer” verhalten haben (BGH, NJW 1992, 1684). Dazu wäre vorliegend jedenfalls die Feststellung erforderlich, dass sich das klägerische Fahrzeug so weit rechts befand, dass auch ein ungeübter Fahrer die Engstelle problemlos hätte passieren können. Diese Feststellung konnte das Amtsgericht aber gerade nicht treffen, da die genaue Position der Fahrzeuge bei der Kollision unbekannt ist und die Zeugin L die Skizze Bl. 26 als zutreffend bezeichnet hat, auf welcher beide Fahrzeuge zur Mitte hin orientiert eingezeichnet sind. Dies wird in der Sache mit der Berufung auch nicht angegriffen, so dass ein unabwendbares Ereignis nicht festgestellt werden konnte.
13Zu Recht ist das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges nicht zurücktritt. Denn auch hierfür wäre die Feststellung erforderlich, dass das Verschulden des Beklagten zu 1) so schwer wiegt, dass es die Betriebsgefahr zurücktreten lässt, insbesondere weil die Durchfahrt für ihn problemlos möglich gewesen wäre. Diese Feststellung war aber gerade nicht möglich.
14Dass der Beklagte zu 1) seine Alleinhaftung am Unfallort zugegeben hat, stellt lediglich eine (unzutreffende) rechtliche Einschätzung dar, verändert die Rechtslage jedoch nicht.
15Zu Recht hat das Amtsgericht schließlich auch einen Anspruch auf fiktive Abrechnung von Verbringungskosten verneint, da nicht erkennbar sei, dass diese vorliegend anfallen würden. Zwar ist bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.01.2010, 1 U 140/09, Beck-RS 2010, 15808) eine Ersatzfähigkeit solcher Aufwendungen gegeben, wenn ein anerkannter Kfz-Sachverständiger in seinem Gutachten ausführt, dass in der Region die streitigen Verbringungskosten bei einer Überführung des Fahrzeuges zu einer gesonderten Lackierwerkstatt typischerweise erhoben werden. An solchen Ausführungen zu typischerweise anfallenden Verbringungskosten fehlt es aber vorliegend; aus dem vorgelegten Gutachten (Bl. 39a ff) ergibt sich dies gerade nicht. Auch fehlen Ausführungen der Klägerin hierzu oder zu im konkreten Fall erforderlichen Verbringungskosten.
16III.
17Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
18Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
19Streitwert für die Berufungsinstanz: 765,71 €
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