Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KR 4702/16

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10.11.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.07.2015.
Die im Jahr 1973 geborene Klägerin ist Architektin und seit 11.07.2000 aufgrund gesetzlicher Pflichtmitgliedschaft Mitglied der A. Baden-Württemberg, der späteren Beigeladenen zu 2), sowie kraft Gesetz seit dem 01.08.2000 Mitglied des V. der A. Baden-Württemberg, der späteren Beigeladenen zu 1). Seit dem 01.07.2015 ist sie auf Grundlage eines Anstellungsvertrages vom 16.03.2015 als Sachbearbeiterin für den technischen Einkauf mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden bei der G. S. GmbH, H. a.d.B. (G GmbH) tätig.
Am 04.05.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung betr. ihre Tätigkeit bei der G GmbH ab dem 01.07.2015. Sie legte hierzu den Anstellungsvertrag vom 16.03.2015 vor, in dem u.a. niedergelegt ist, dass sie, die Klägerin als Sachbearbeiterin im Technischen Einkauf eingestellt werde und in dem das Aufgabengebiet mit der Ausschreibung von Nachunternehmerleistungen, der Terminplanbearbeitung für die Projektabwicklung, der technischen Klärung der ausgeschriebenen Leistungen mit den Anbietern, der Projektkalkulation einschließlich der Ausarbeitung des kompletten Angebots, der Angebotsauswertung und kaufmännischen Vorverhandlungen für Nachunternehmerleistungen, der Überprüfung der Ausführungspläne und technischen Vergabeverhandlungen als Vorbereitung für kaufmännische Vergabeverhandlung, der Bearbeitung von Bestellungen und Abrechnungen für Nachunternehmerleistungen, der Pflege der Nachunternehmer- und Preisdatenbank sowie der Erstellung eines Preisspiegels beschrieben ist.
Auf Anfrage der Beklagten legte die Klägerin eine Bescheinigung der G GmbH vom 13.10.2015 vor, nach der der Technische Einkauf, das Aufgabengebiet der Klägerin, den Leistungsphasen 6 und 7 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) entspreche. Sie, die G-GmbH, stelle im Technischen Einkauf bevorzugt Architekten ein; zur Spitzenabdeckung akquiriere sie jedoch auch externe Ingenieurbüros. Würden, so die G GmbH weiter, die von der Klägerin erfüllten Aufgaben vom Angestellten mit anderen Abschlüssen bearbeitet, führte dies zu einem höheren zeitlichen Aufwand in der Zusammenarbeit mit den planenden Architekten. Die Aufgaben der Klägerin entsprächen den üblichen Aufgaben eines Architekten in den Leistungsphasen 6 und 7 HOAI.
Mit Bescheid vom 09.11.2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) setze, so die Beklagte, einen inneren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit, für die eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht begehrt werde, und dem Versicherungsschutz, der durch die berufsständische Versorgungseinrichtung gewährt werde, voraus. Eine berufsspezifische Tätigkeit i.d.S. sei dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht begehrt werde, dem typischen Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Berufs entspreche. Das Leistungsbild der Architekten umfasse für die Gebäudeplanung und die Realisierung nach § 34 Abs. 3 HOAI die Leistungsphasen der Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung (Bauüberwachung oder Bauoberleitung), Objektbetreuung und Dokumentation. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit entspreche nach einer Gesamtschau nicht dem berufsspezifischen Bild eines Architekten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liege im kaufmännischen Bereich. Hierfür sei weder eine Ausbildung zur Architektin erforderlich gewesen, noch gäben etwaige berufsspezifische Tätigkeiten der ausgeübten Tätigkeit der Klägerin ein berufsspezifisches Gepräge. So hätte die verrichtete Tätigkeit auch mit einem Studium der Wirtschaftswissenschaften ausgeübt werden können. Die Beschäftigung der Klägerin als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf sei daher nicht als berufsspezifische Tätigkeit eines Architekten anzusehen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.11.2015 Widerspruch. Ihre Tätigkeit entspreche der typischen Tätigkeit einer Architektin in den Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI (Vorbereitung der Vergabe und Mitwirkung bei der Vergabe). Die G GmbH habe bestätigt, dass die von ihr ausgeübte Tätigkeit mit einem nichtarchitektonischen beruflichen Hintergrund nicht hätte zufriedenstellend ausgeübt werden können. Ein Studium der Wirtschaftswissenschaften vermittle keine Material- und Detailkenntnisse, sodass eine Ausschreibung für Architekturleistungen nicht gefertigt werden könne. Sie übe daher eine für einen Architekten berufsspezifische Tätigkeit aus. Für eine kaufmännische Tätigkeit sei sie gar nicht ausgebildet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gegen die Ausübung einer Beschäftigung als Architektin spreche schon, dass sie laut Arbeitsvertrag nicht als Architektin, sondern als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf beschäftigt sei. Zwar seien für die Ausübung der geschuldeten Tätigkeit Architektenkenntnisse hilfreich oder sogar unentbehrlich, indes sei die Tätigkeit nicht ausschließlich durch einen Architekten ausführbar. Dass der Arbeitgeber eine Architektin eingestellt habe, sei nicht zwingend notwendig gewesen, sondern nur seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit geschuldet. Die Beschäftigung als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf führe daher nicht zu der gesetzlich angeordneten Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der A. und der Architektenversorgung.
Am 21.03.2016 erhob die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Das im Arbeitsvertrag beschriebene Tätigkeitsfeld entspreche, so die Klägerin begründend, den typischen Tätigkeiten einer Architektin in den Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI. Die G GmbH habe überdies bestätigt, dass für diese Tätigkeiten bevorzugt Architekten eingestellt werden, weil die Tätigkeit mit einem anderen beruflichen Hintergrund nicht zufriedenstellend ausgeübt werden könne. Ihre Tätigkeit entspreche daher nicht einer kaufmännischen Tätigkeit, sondern dem typischen Berufsbild und Tätigkeitsbereich einer Architektin. Die Klägerin legte ein Tätigkeitsprotokoll vor, in dem sie die von ihr in der Zeit vom 14. - 16.06.2016 ausgeübten Tätigkeiten mit ihrer jeweiligen zeitlichen Inanspruchnahme niedergelegt hat. Im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 09.11.2016 gab die Klägerin ergänzend an, in die Architektenliste der Beigeladenen zu 2) eingetragen zu sein. Die G GmbH erstelle Hallen, Büros und Parkhäuser, d.h. Großprojekte, mit einem Volumen von 20 - 30 Mio. EUR. Es sei üblich, dass die anfallenden Aufgaben bei derartigen Großprojekten aufgeteilt würden. Die im Tätigkeitsprotokoll beschriebene Arbeitswoche sei sehr abwechslungsreich gewesen; es gebe auch Wochen, in denen sie nur mit der Vergabe oder nur mit der Ausschreibung beschäftigt sei. Tätigkeiten der Pflege der Nachunternehmer- oder der Preisdatenbank verrichte sie tatsächlich kaum, wohingegen sie regelmäßig Preisspiegel erstelle. Im Übrigen entscheide sie mit der Ausschreibung bspw. darüber, welche Materialien beim Bau genutzt würden, was das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks maßgeblich präge.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Eine befreiungsfähige Architektentätigkeit sei nur dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit dem typischen Berufsbild eines Architekten entspreche. Die Berufsaufgaben eines Architekten umfassten die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken. Die Klägerin sei i.d.S. nicht architektonisch tätig.
10 
Mit Beschluss vom 15.09.2016 lud das SG das V. der A. Baden-Württemberg (Beigeladene zu 1) und die A. Baden-Württemberg (Beigeladene zu 2) zum Verfahren bei. Die Beigeladene zu 2) brachte vor, maßgebend sei aus ihrer Sicht, ob es sich bei der tatsächlich verrichteten Beschäftigung um typische architektonische Aufgaben handele. I.d.S. seien die von der Klägerin im Tätigkeitsprofil benannten Verrichtungen, mehrheitlich solche, die zu den Berufsaufgaben eines Architekten rechneten. Dem schloss sich die Beigeladene zu 1) vollumfänglich an.
11 
Mit Gerichtsbescheid vom 10.11.2016 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2016 auf und verpflichtete sie, die Klägerin für ihre Beschäftigung bei der G GmbH ab dem 01.07.2015 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Klägerin erfülle in ihrer Tätigkeit für die G GmbH die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Die Klägerin übe bei der G GmbH eine dem Berufsbild einer Architektin entsprechende Tätigkeit aus. Maßgebend hierfür sei die Klassifikation der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt werde. Erforderlich sei, dass eine Tätigkeit ausgeübt werde, die berufsspezifisch sei, wobei hierbei auf die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften abzustellen sei. Nach den hierfür geltenden baden-württembergischen Regelungen sei Berufsaufgabe der Architekten insb. die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken. Die Klägerin verrichte, wie sich aus der Bescheinigung der G GmbH ergebe, Tätigkeiten der Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI und übernehme damit Aufgaben des technischen Einkaufs. Aus dem vorgelegten Tätigkeitsprotokoll sei zu entnehmen, dass sie diese Tätigkeiten auch täglich ausübe. Dass die Klägerin im Arbeitsvertrag als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf bezeichnet werde, stehe der Annahme, dass sie tatsächlich Tätigkeiten einer Architektin ausübe, nicht entgegen. Die diesbezügliche Bezeichnung sei bei größeren Firmen nicht unüblich, da die Leistungsphasen 6 und 7 den Einkauf von Leistungen zum Inhalt hätten. Soweit die Beklagte der Auffassung sei, die Tätigkeit der Klägerin könne auch von Nichtarchitekten ausgeübt werden, stehe dies einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht entgegen, da es für die Beurteilung der Befreiungsvoraussetzungen nicht auf die Frage ankomme, ob und ggf. welche andere Berufsgruppen die ausgeübten Tätigkeiten auch verrichten könne. Dies habe auch die G GmbH bestätigt, indem sie angegeben habe, dass die Einstellung eines Nicht-Architekten für die Stelle zu einer zeitintensiveren Zusammenarbeit geführt hätte. Soweit der Aufgabenbereich der Klägerin auch nicht berufsspezifische Aufgaben - Pflege der Nachunternehmer- und Preisdatenbank, kaufmännische Vorverhandlungen und die Bestellung und Abrechnung von Nachunternehmerleistungen - umfasse, habe die Klägerin diese nur sehr vereinzelt ausgeübt. Da indes die regelmäßig ausgeübten Tätigkeiten, die Ausschreibung von Nachunternehmerleistungen, die Terminplanung für die Projektabwicklung, die technische Klärung der ausgeschriebenen Leistungen der Anbieter, die Überprüfung der Ausführungspläne, die technischen Vergabeverhandlungen und die Erstellung eines Preisspiegels auch nach Einschätzung der Beigeladenen zu 2) typische Architektentätigkeiten darstellten, übe die Klägerin berufsspezifische Tätigkeiten einer Architektin aus, sodass sie von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sei.
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Gegen den ihr am 17.11.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 19.12.2016, einem Montag, Berufung eingelegt. Die Kernfrage des Rechtsstreits, ob die Klägerin wegen ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf bei der G GmbH Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2) und zugleich Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1) sei, müsse auf der Grundlage geprüft werden, die das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom 31.10.2012 (- B 12 R 5/10 R - und - B 12 R 3/11 R -) und vom 03.04.2014 (- B 5 RE 13/14 R -, - B 5 RE 9/14 R - und - B 5 RE 3/14 R -, alle in juris) für die Auslegung des § 6 SGB VI aufgestellt habe. Das BSG habe an seiner eng am Wortlaut orientierten Auslegung festgehalten. Alleiniger Anknüpfungspunkt sei die konkrete Beschäftigung. Als „qualifizierendes Befreiungserfordernis“ müsse wegen dieser Beschäftigung die Pflichtmitgliedschaft zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Pflichtmitgliedschaft zu einer berufsständischen Kammer bestehen. Eine befreiungsfähige Architektentätigkeit sei nur dann zu bejahen, wenn die Tätigkeit objektiv zwingend die Eintragung in die Liste der Architekten und damit ein Studium der Architektur und eine nachfolgende praktische Tätigkeit voraussetze sowie gleichzeitig dem typischen Berufsbild des Architekten entspreche. Dies sei vorliegend nicht anzunehmen. Architekten planten Bauwerke, betrieben Grundlagenermittlungen, erstellten Vorplanungen, planten die Genehmigung und die Bauausführung, vergäben Bauleistungen und überwachten die Bauten. Dementsprechend arbeiteten Architekten vornehmlich in Architektur-, Ingenieur- und Konstruktionsbüros sowie bei Bauträger- und Wohnungsbaugesellschaften, Immobilienfirmen oder im öffentlichen Dienst. Technische Einkäufer verantworteten hingegen die Material- und Dienstleistungsversorgung über den gesamten Lebenszyklus von Produkten. Hierbei gehe es um die termingenaue, kostenoptimale und produktgerechte Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen etc. Die wesentliche Aufgabe bestehe für Einkäufer darin, Lieferanten auszuwählen, Angebote einzuholen sowie Verträge auszuhandeln und zu gestalten, Termine zu verfolgen und abzunehmen. Bei derartigen Tätigkeiten seien architektonische Kenntnisse zwar hilfreich, die Aufgaben könnten jedoch auch unabhängig hiervon verrichtet werden. Die von der Klägerin tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entspreche inhaltlich der einer technischen Einkäuferin und sei daher nicht befreiungsfähig.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10.11.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
15 
Die Klägerin beantragt,
16 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
17 
Sie bringt vor, das SG habe richtigerweise entschieden, dass sie von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sei. Sie übe berufstypische Tätigkeiten einer Architektin, namentlich die in den Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI beschriebenen Aufgaben aus. Dass hierin auch kaufmännische Tätigkeiten enthalten seien, stehe einer berufsspezifischen Tätigkeit nicht entgegen, da die Tätigkeit eines Architekten auch kalkulatorisch-kaufmännische Aspekte der Erstellung von Bauwerken umfasse. Auch sei die Beschränkung der architektonischen Tätigkeit auf einzelne Leistungsphasen bei Großprojekten üblich.
18 
Die Beigeladene zu 2) meint, ohne einen Antrag zu stellen, die Einwände der Beklagten gegen den angegriffenen Gerichtsbescheid griffen nicht durch. Das SG habe vielmehr zutreffend die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht.
19 
Die Beigeladene zu 1) hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
20 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
21 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für die Klägerin und den streitgegenständlichen Sachverhalt geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach dem erteilten Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist form- und unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 SGG fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist nach § 143 Abs. 1 SGG statthaft und damit zulässig.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 09.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hinsichtlich ihrer seit dem 01.07.2015 ausgeübten Tätigkeit bei der G GmbH abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; vgl. auch BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R -, a.a.O.).
23 
Der Senat kann über das vorliegende Verfahren entscheiden, ohne die G GmbH, die Arbeitgeberin der Klägerin, notwendig beizuladen. Ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. SGG liegt nicht vor. Die Ablehnung der Befreiungsmöglichkeit zieht nicht unmittelbar zwingend das Vorliegen einer Versicherungs- und Beitragspflicht nach sich, weil hierfür auch noch andere Kriterien zu beachten sind. Mit einer Ablehnung der Befreiung wird nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Arbeitgebers eingegriffen; eine einheitliche Entscheidung auch gegenüber dem Arbeitgeber liegt insofern nicht vor (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 08.09.2015 - L 19 R 554/11 - und vom 20.09.2017 - L 19 R 1001/13 -, in juris; Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 75 SGG; Rn. 71).
24 
Die Berufung der Beklagten führt für diese auch inhaltlich zum Erfolg; das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Klägerin für ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf bei der G GmbH ab dem 01.07.2015 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
25 
Die Klägerin ist nicht bereits auf Grund ihrer früheren Befreiung von der Versicherungspflicht (Bescheid vom 12.10.2000) auch weiterhin für die jetzt ausgeübte Tätigkeit bei der G GmbH von der Versicherungspflicht befreit. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die „jeweilige“ Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Eine früher erteilte Befreiung entfaltet bei einem Wechsel der Beschäftigung hinsichtlich des neuen Beschäftigungsverhältnisses auch dann keine Wirkungen, wenn hierbei dieselbe oder eine vergleichbare berufliche Tätigkeit verrichtet wird (BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R -, in juris). Auch eine Erstreckung der früheren Befreiung von der Versicherungspflicht auf die seit 01.07.2015 ausgeübte Beschäftigung der Klägerin nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der in Rede stehenden Beschäftigung nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung handelt.
26 
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3242) werden Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, von der Versicherungspflicht befreit, wenn am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat (Buchs. a), für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind (Buchs. b) und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist (Buchs. c).
27 
Die Klägerin erbringt zwar bei der G GmbH seit dem 01.07.2015 eine nichtselbstständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff Bürgerliches Gesetzbuch) in mehr als nur geringfügigem Umfang; sie ist hiernach abhängig versicherungspflichtig beschäftigt (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 Alt. 1 SGB VI, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. §§ 7, 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]), auch erfüllt sie die gesetzlich benannten Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Nach § 11 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 1) sind Pflichtteilnehmer des V. u.a. alle Mitglieder der Beigeladenen zu 2), soweit sie nicht nach beamtenrechtlichen Vorschriften aus eigenem Recht Anspruch auf Versorgung haben, zu dem Zeitpunkt, in dem ihre Pflichtteilnahme beim V. an sich beginnen würde, das 55. Lebensjahr vollendet haben oder zu diesem Zeitpunkt berufsunfähig sind. Die Klägerin ist Mitglied der Beigeladenen zu 2); die Ausnahmen greifen bei ihr ersichtlich nicht ein. Der Beigeladenen zu 2) gehören nach § 3 Abs. 1 der Satzung der A. Baden-Württemberg (Stand 01.02.2014) alle in die Architektenliste eingetragenen Architekten aller Fachrichtungen und Tätigkeitsarten (Berufsgruppen) als Pflichtmitglieder sowie diejenigen Personen, die nach der Ausbildung eine praktische Tätigkeit als Architekt/in, Innenarchitekt/in oder Stadtplaner/in im Praktikum ausüben, an. Nach § 3 Abs. 1 des Architektengesetzes für Baden-Württemberg (ArchG BW, i.d.F. der Bekanntmachung vom 28.03.2011 [GBl. S.152]) hat die A. eine Liste zu führen, in welche die Architekten der jeweiligen Fachrichtung und die Stadtplaner einzutragen sind (Architektenliste). Die Klägerin hat diese Voraussetzungen erfüllt, sie wohnt in Baden-Württemberg, übt hier ihre Beschäftigung aus und ist dementsprechend in die Architektenliste eingetragen. Sie gehört daher kraft Gesetzes der Beigeladenen zu 2) an und ist aufgrund einer auf Gesetz beruhenden Verpflichtung (Satzung) Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1), die eine berufsständische Versorgungseinrichtung ist i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist.
28 
Das Recht zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI steht jedoch, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, nur solchen Personen zu, die eine berufsspezifische, d.h. eine für den in der jeweiligen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung pflichtversicherten Personenkreis typische Berufstätigkeit abhängig beschäftigt oder selbstständig ausüben. Voraussetzung für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist nämlich, dass die Pflichtmitgliedschaft „wegen“ der Beschäftigung besteht. Angesichts dieser sprachlichen Verknüpfung ist ein kausaler Zusammenhang zwischen der Beschäftigung und der Mitgliedschaft in den berufsständischen Körperschaften nötig (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R -, a.a.O.). Hierbei kommt es nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten an, maßgeblich ist vielmehr die Klassifikation der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 3/11 R, a.a.O.). Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI kommt daher nur bei Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit in Betracht (Hessisches LSG, Urteil vom 06.02.2014 - L 1 KR 8/13 -, in juris; Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 6 SGB VI, Rn. 44). Ob dies der Fall ist, ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.07.2016 - L 11 KR 877/13 -, in juris). Hierbei ist zwar nicht erforderlich, dass die ausgeübten Verrichtungen durchgängig und vollumfänglich als berufsspezifisch einzustufen sind. Im Zuge des arbeitsteiligen Ineinandergreifens einzelner Arbeitsschritte, wie es auch im Dienstleistungsgewerbe vorzufinden ist, ist es vielmehr ausreichend, wenn das Gesamtbild der Tätigkeit berufsspezifisch ist, wenn mithin die tatsächlich verrichtete Tätigkeit durch berufsspezifische Komponenten geprägt wird. Indes ist eine berufsspezifische Tätigkeit dann nicht ausreichend, wenn sie nur einen Randbereich des beruflichen Spektrums umfasst. Erforderlich ist insofern, dass die Tätigkeit dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden kann, ob m.a.W. die Tätigkeit die typischen, prägenden Aufgaben nach Maßgabe des Kammer- und Versorgungsrechts umfasst (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2017 - L 14 R 1109/14 -, in juris, dort Rn. 34).
29 
Zu den Aufgaben der Klägerin gehört nach dem Inhalt des Anstellungsvertrages und dem von der Klägerin vorgelegten Tätigkeitsprofil u.a. die Ausschreibung von Nachunternehmerleistungen, die Terminplanbearbeitung für die Projektabwicklung, die technische Klärung der ausgeschriebenen Leistungen mit den Anbietern, die Projektkalkulation einschließlich der Ausarbeitung des kompletten Angebots, die Angebotsauswertung und kaufmännische Vorverhandlungen für Nachunternehmerleistungen, die Überprüfung der Ausführungspläne und technische Vergabeverhandlungen als Vorbereitung für kaufmännische Vergabeverhandlung, die Bearbeitung von Bestellungen und Abrechnungen für Nachunternehmerleistungen, die Pflege der Nachunternehmer- und Preisdatenband sowie die Erstellung eines Preisspiegels.
30 
Nach § 1 Abs. 1 ArchG BW ist Berufsaufgabe der Architekten insb. die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken. Zu den Berufsausgaben können hierbei neben Sachverständigen-, Forschungs-, Lehr- und Entwicklungstätigkeiten auch sonstige Dienstleistungen bei der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen gehören (§ 1 Abs. 5 Satz 2 ArchG BW).
31 
Zwar betreffen die Ausschreibung von Nachunternehmerleistungen, die Terminplanbearbeitung für die Projektabwicklung, die technische Klärung der ausgeschriebenen Leistungen mit den Anbietern die Planung und Ausführung eines Bauvorhabens i.S.d. § 1 Abs. 5 Satz 1 ArchG BW. Auch rechnen die Erstellung von Preisspiegeln und die Überprüfung von Ausführungsplänen und technischen Vergabeverhandlungen zu den Tätigkeiten der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Bauvorhaben i.S.d. § 1 Abs. 5 Satz 2 ArchG BW. Diese Aufgaben hat die Klägerin ausweislich des vorgelegten Tätigkeitsprotokolls auch tatsächlich in einem nicht nur untergeordneten zeitlichen Umfang ausgeübt. Auch wird die grds. Berufsspezifität dadurch ersichtlich, dass im Rahmen der HOAI eigene Leistungsphasen, namentlich Nr. 6 (Vorbereitung der Vergabe) und Nr. 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) für den Aufgabenbereich der Klägerin definiert sind. Indes wird das Berufsbild des Architekten nicht durch die wirtschaftliche Begleitung eines Projekts im Wege der Angebotsausschreibung, der Vergabe von Leistungen und der Erstellung von Preisspiegeln geprägt. Die Kernkompetenz des Architekten ist das Bauen und das hierüber hinausgehende Schaffen von Architektur. I.d.S. sind Architekten zuvorderst mit der gestaltenden Planung von Bauwerken durch die Erstellung von Entwürfen, der technischen Planung von Bauwerken, der Werkplanung und der Ausführungsplanung sowie der koordinierenden Lenkung und Überwachung der Planung und Ausführung von Bauwerken tätig. Dies umschreibt zur Überzeugung des Senats den Kernbereich einer architektonischen Tätigkeit. In diesen Bereichen ist die Klägerin nicht tätig gewesen. Weder aus dem Anstellungsvertrag noch dem Tätigkeitsprofil ist ersichtlich, dass sie Verrichtungen, die der unmittelbaren Bauplanung oder -ausführung zugeordnet werden können, ausgeübt hat. Auch und insb. obliegt ihr keine Objektverantwortung gegenüber dem jeweiligen Bauherren.
32 
Die Klägerin ist daher lediglich in einem Teilbereich, der wirtschaftlichen Planung i.S.d. § 1 Abs. 1 ArchG BW bzw. der sonstigen Dienstleistungen i.S.d. § 1 Abs. 5 ArchG BW tätig. Dieser Teilaspekt ist unzureichend, die Tätigkeit der Klägerin als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf dem Kernbereich der Architektentätigkeit nach den kammerrechtlichen Grundsätzen zuzuordnen und diese Tätigkeit daher als im Kernbereich berufsspezifisch anzusehen (vgl. für einen Energieberater LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2017 - L 14 R 1109/14 -, a.a.O).
33 
In Ermangelung einer Tätigkeit der Klägerin im berufsspezifischen Kernbereich einer Tätigkeit, für die eine gesetzlich normierte Mitgliedschaft in einer berufsständische Versorgungseinrichtung besteht, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016 ist rechtmäßig; der der Klage stattgebende Gerichtsbescheid des SG vom 10.11.2016 ist auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keine eigenen Anträge gestellt haben.
35 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach dem erteilten Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist form- und unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 SGG fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist nach § 143 Abs. 1 SGG statthaft und damit zulässig.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 09.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hinsichtlich ihrer seit dem 01.07.2015 ausgeübten Tätigkeit bei der G GmbH abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; vgl. auch BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R -, a.a.O.).
23 
Der Senat kann über das vorliegende Verfahren entscheiden, ohne die G GmbH, die Arbeitgeberin der Klägerin, notwendig beizuladen. Ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. SGG liegt nicht vor. Die Ablehnung der Befreiungsmöglichkeit zieht nicht unmittelbar zwingend das Vorliegen einer Versicherungs- und Beitragspflicht nach sich, weil hierfür auch noch andere Kriterien zu beachten sind. Mit einer Ablehnung der Befreiung wird nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Arbeitgebers eingegriffen; eine einheitliche Entscheidung auch gegenüber dem Arbeitgeber liegt insofern nicht vor (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 08.09.2015 - L 19 R 554/11 - und vom 20.09.2017 - L 19 R 1001/13 -, in juris; Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 75 SGG; Rn. 71).
24 
Die Berufung der Beklagten führt für diese auch inhaltlich zum Erfolg; das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Klägerin für ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf bei der G GmbH ab dem 01.07.2015 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
25 
Die Klägerin ist nicht bereits auf Grund ihrer früheren Befreiung von der Versicherungspflicht (Bescheid vom 12.10.2000) auch weiterhin für die jetzt ausgeübte Tätigkeit bei der G GmbH von der Versicherungspflicht befreit. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die „jeweilige“ Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Eine früher erteilte Befreiung entfaltet bei einem Wechsel der Beschäftigung hinsichtlich des neuen Beschäftigungsverhältnisses auch dann keine Wirkungen, wenn hierbei dieselbe oder eine vergleichbare berufliche Tätigkeit verrichtet wird (BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R -, in juris). Auch eine Erstreckung der früheren Befreiung von der Versicherungspflicht auf die seit 01.07.2015 ausgeübte Beschäftigung der Klägerin nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der in Rede stehenden Beschäftigung nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung handelt.
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Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3242) werden Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, von der Versicherungspflicht befreit, wenn am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat (Buchs. a), für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind (Buchs. b) und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist (Buchs. c).
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Die Klägerin erbringt zwar bei der G GmbH seit dem 01.07.2015 eine nichtselbstständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff Bürgerliches Gesetzbuch) in mehr als nur geringfügigem Umfang; sie ist hiernach abhängig versicherungspflichtig beschäftigt (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 Alt. 1 SGB VI, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. §§ 7, 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]), auch erfüllt sie die gesetzlich benannten Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Nach § 11 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 1) sind Pflichtteilnehmer des V. u.a. alle Mitglieder der Beigeladenen zu 2), soweit sie nicht nach beamtenrechtlichen Vorschriften aus eigenem Recht Anspruch auf Versorgung haben, zu dem Zeitpunkt, in dem ihre Pflichtteilnahme beim V. an sich beginnen würde, das 55. Lebensjahr vollendet haben oder zu diesem Zeitpunkt berufsunfähig sind. Die Klägerin ist Mitglied der Beigeladenen zu 2); die Ausnahmen greifen bei ihr ersichtlich nicht ein. Der Beigeladenen zu 2) gehören nach § 3 Abs. 1 der Satzung der A. Baden-Württemberg (Stand 01.02.2014) alle in die Architektenliste eingetragenen Architekten aller Fachrichtungen und Tätigkeitsarten (Berufsgruppen) als Pflichtmitglieder sowie diejenigen Personen, die nach der Ausbildung eine praktische Tätigkeit als Architekt/in, Innenarchitekt/in oder Stadtplaner/in im Praktikum ausüben, an. Nach § 3 Abs. 1 des Architektengesetzes für Baden-Württemberg (ArchG BW, i.d.F. der Bekanntmachung vom 28.03.2011 [GBl. S.152]) hat die A. eine Liste zu führen, in welche die Architekten der jeweiligen Fachrichtung und die Stadtplaner einzutragen sind (Architektenliste). Die Klägerin hat diese Voraussetzungen erfüllt, sie wohnt in Baden-Württemberg, übt hier ihre Beschäftigung aus und ist dementsprechend in die Architektenliste eingetragen. Sie gehört daher kraft Gesetzes der Beigeladenen zu 2) an und ist aufgrund einer auf Gesetz beruhenden Verpflichtung (Satzung) Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1), die eine berufsständische Versorgungseinrichtung ist i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist.
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Das Recht zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI steht jedoch, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, nur solchen Personen zu, die eine berufsspezifische, d.h. eine für den in der jeweiligen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung pflichtversicherten Personenkreis typische Berufstätigkeit abhängig beschäftigt oder selbstständig ausüben. Voraussetzung für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist nämlich, dass die Pflichtmitgliedschaft „wegen“ der Beschäftigung besteht. Angesichts dieser sprachlichen Verknüpfung ist ein kausaler Zusammenhang zwischen der Beschäftigung und der Mitgliedschaft in den berufsständischen Körperschaften nötig (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R -, a.a.O.). Hierbei kommt es nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten an, maßgeblich ist vielmehr die Klassifikation der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 3/11 R, a.a.O.). Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI kommt daher nur bei Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit in Betracht (Hessisches LSG, Urteil vom 06.02.2014 - L 1 KR 8/13 -, in juris; Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 6 SGB VI, Rn. 44). Ob dies der Fall ist, ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.07.2016 - L 11 KR 877/13 -, in juris). Hierbei ist zwar nicht erforderlich, dass die ausgeübten Verrichtungen durchgängig und vollumfänglich als berufsspezifisch einzustufen sind. Im Zuge des arbeitsteiligen Ineinandergreifens einzelner Arbeitsschritte, wie es auch im Dienstleistungsgewerbe vorzufinden ist, ist es vielmehr ausreichend, wenn das Gesamtbild der Tätigkeit berufsspezifisch ist, wenn mithin die tatsächlich verrichtete Tätigkeit durch berufsspezifische Komponenten geprägt wird. Indes ist eine berufsspezifische Tätigkeit dann nicht ausreichend, wenn sie nur einen Randbereich des beruflichen Spektrums umfasst. Erforderlich ist insofern, dass die Tätigkeit dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden kann, ob m.a.W. die Tätigkeit die typischen, prägenden Aufgaben nach Maßgabe des Kammer- und Versorgungsrechts umfasst (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2017 - L 14 R 1109/14 -, in juris, dort Rn. 34).
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Zu den Aufgaben der Klägerin gehört nach dem Inhalt des Anstellungsvertrages und dem von der Klägerin vorgelegten Tätigkeitsprofil u.a. die Ausschreibung von Nachunternehmerleistungen, die Terminplanbearbeitung für die Projektabwicklung, die technische Klärung der ausgeschriebenen Leistungen mit den Anbietern, die Projektkalkulation einschließlich der Ausarbeitung des kompletten Angebots, die Angebotsauswertung und kaufmännische Vorverhandlungen für Nachunternehmerleistungen, die Überprüfung der Ausführungspläne und technische Vergabeverhandlungen als Vorbereitung für kaufmännische Vergabeverhandlung, die Bearbeitung von Bestellungen und Abrechnungen für Nachunternehmerleistungen, die Pflege der Nachunternehmer- und Preisdatenband sowie die Erstellung eines Preisspiegels.
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Nach § 1 Abs. 1 ArchG BW ist Berufsaufgabe der Architekten insb. die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken. Zu den Berufsausgaben können hierbei neben Sachverständigen-, Forschungs-, Lehr- und Entwicklungstätigkeiten auch sonstige Dienstleistungen bei der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen gehören (§ 1 Abs. 5 Satz 2 ArchG BW).
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Zwar betreffen die Ausschreibung von Nachunternehmerleistungen, die Terminplanbearbeitung für die Projektabwicklung, die technische Klärung der ausgeschriebenen Leistungen mit den Anbietern die Planung und Ausführung eines Bauvorhabens i.S.d. § 1 Abs. 5 Satz 1 ArchG BW. Auch rechnen die Erstellung von Preisspiegeln und die Überprüfung von Ausführungsplänen und technischen Vergabeverhandlungen zu den Tätigkeiten der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Bauvorhaben i.S.d. § 1 Abs. 5 Satz 2 ArchG BW. Diese Aufgaben hat die Klägerin ausweislich des vorgelegten Tätigkeitsprotokolls auch tatsächlich in einem nicht nur untergeordneten zeitlichen Umfang ausgeübt. Auch wird die grds. Berufsspezifität dadurch ersichtlich, dass im Rahmen der HOAI eigene Leistungsphasen, namentlich Nr. 6 (Vorbereitung der Vergabe) und Nr. 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) für den Aufgabenbereich der Klägerin definiert sind. Indes wird das Berufsbild des Architekten nicht durch die wirtschaftliche Begleitung eines Projekts im Wege der Angebotsausschreibung, der Vergabe von Leistungen und der Erstellung von Preisspiegeln geprägt. Die Kernkompetenz des Architekten ist das Bauen und das hierüber hinausgehende Schaffen von Architektur. I.d.S. sind Architekten zuvorderst mit der gestaltenden Planung von Bauwerken durch die Erstellung von Entwürfen, der technischen Planung von Bauwerken, der Werkplanung und der Ausführungsplanung sowie der koordinierenden Lenkung und Überwachung der Planung und Ausführung von Bauwerken tätig. Dies umschreibt zur Überzeugung des Senats den Kernbereich einer architektonischen Tätigkeit. In diesen Bereichen ist die Klägerin nicht tätig gewesen. Weder aus dem Anstellungsvertrag noch dem Tätigkeitsprofil ist ersichtlich, dass sie Verrichtungen, die der unmittelbaren Bauplanung oder -ausführung zugeordnet werden können, ausgeübt hat. Auch und insb. obliegt ihr keine Objektverantwortung gegenüber dem jeweiligen Bauherren.
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Die Klägerin ist daher lediglich in einem Teilbereich, der wirtschaftlichen Planung i.S.d. § 1 Abs. 1 ArchG BW bzw. der sonstigen Dienstleistungen i.S.d. § 1 Abs. 5 ArchG BW tätig. Dieser Teilaspekt ist unzureichend, die Tätigkeit der Klägerin als Sachbearbeiterin im technischen Einkauf dem Kernbereich der Architektentätigkeit nach den kammerrechtlichen Grundsätzen zuzuordnen und diese Tätigkeit daher als im Kernbereich berufsspezifisch anzusehen (vgl. für einen Energieberater LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2017 - L 14 R 1109/14 -, a.a.O).
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In Ermangelung einer Tätigkeit der Klägerin im berufsspezifischen Kernbereich einer Tätigkeit, für die eine gesetzlich normierte Mitgliedschaft in einer berufsständische Versorgungseinrichtung besteht, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016 ist rechtmäßig; der der Klage stattgebende Gerichtsbescheid des SG vom 10.11.2016 ist auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keine eigenen Anträge gestellt haben.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

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