Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 KR 4549/17

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.10.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus einer türkischen Rente.
Die 1962 in der Türkei geborene Klägerin ist kinderlos, sie lebt in der Bundesrepublik Deutschland und bezieht seit 01.07.2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung iHv zunächst 1.188,30 EUR; sie ist als Rentnerin pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Seit 01.07.2014 bezieht sie zudem von der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Versorgungsbezüge von zunächst 458,96 EUR. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden aus der Rente vom Rentenversicherungsträger und aus den Versorgungsbezügen von der Zusatzversorgungskasse direkt an die Beklagten abgeführt.
2014 beantragte die Klägerin bei der Sosyal Güvenlik Kurumu (SGK), der türkischen Anstalt für soziale Sicherheit, die „Verschuldung (Nachentrichtung) der im Ausland verbrachten Rentenzeiten nach dem Gesetz Nr. 3201“. Die SGK entsprach dem Antrag am 06.01.2015 und forderte von der Klägerin eine Nachentrichtung für die Zeit vom 01.12.1981 bis 31.08.1984 iHv 11.975,04 TL und für die Zeit vom 15.09.1985 bis 10.08.1994 iHv 38.670,91 TL, insgesamt 50.645,95 TL. Nach Angaben der Klägerin kamen nochmals ca 10.000 TL hinzu. Die Klägerin entrichtete diese Beiträge an die SGK. Mit Bescheid vom 14.07.2015 bewilligte die SGK der Klägerin ab 01.04.2015 eine Rente iHv monatlich 1.253,36 TL und ab 25.07.2015 monatlich 1.313,02 TL; die Nachzahlung für die Zeit vom 01.04 bis 28.05.2015 belief sich auf 6.117,57 TL. Die Rentenbewilligung beruht auf einer Versicherungszeit von 34 Jahren und 120 Tagen, einem Beginn der Beschäftigung am 01.12.1980 und ein Ausscheiden am 31.03.2015. Am 26.08.2015 wurde der Klägerin von der Türkischen PTT (Posta Ve Telegraf Teskilati Anonim Serketi), der Aktiengesellschaft der Organisation für Post und Telegramm in der Türkei, eine Rentenzahlung iHv 7.727,79 TL ausgezahlt. Die laufenden Rentenzahlungen erfolgen durch die SGK.
Mit Bescheid vom 20.01.2016 setzte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), ab 01.04.2015 Beiträge fest. Für die Zeit vom 01.04. bis 31.12.2015 forderte sie Beiträge iHv 413,81 EUR nach. Dabei legte sie unter Berücksichtigung von § 17a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für die Zeit vom 01.04. bis 31.07.2015 türkische Rente iHv umgerechnet 414,76 EUR zugrunde und für die Zeit ab 31.08.2015 türkische Rente iHv umgerechnet 434,50 EUR. Auch die laufenden Beiträge ab 01.01.2016 wurden aus einer Rente von 434,50 EUR iHv 47,37 EUR monatlich festgesetzt (36,07 EUR KV und 11,30 EUR PV) mit einem Beitragssatz von 8,3% zur Krankenversicherung und 2,6% zur Pflegeversicherung.
Die Klägerin erhob am 16.02.2016 Widerspruch und machte geltend, dass die türkische Rente mit der deutschen gesetzlichen Rente nicht vergleichbar sei und daher für die Beitragsberechnung nicht heranzuziehen sei.
Mit Bescheid vom 19.04.2016 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge ab 01.04.2016 neu fest iHv insgesamt 49,75 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Ab 01.07.2011 seien ausländische Renten in die Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung einbezogen. Bei der Rente der Klägerin handele es sich um eine Leistung der PTT, bei der es sich um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handele, so dass Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorlägen, die mit deutschen Versorgungsbezügen vergleichbar seien. Nach § 229 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gälten Versorgungsbezüge als der Rente vergleichbare Einnahmen. Für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Renten gelte die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes nach § 241 SGB V, hinzu komme der Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V. Für die Pflegeversicherung gelte der bundeseinheitliche Beitragssatz von 2,35% zuzüglich des Beitragszuschlags für Mitglieder ohne Kinder von 0,25%.
Hiergegen richtet sich die am 28.09.2016 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, sie habe die türkische Rente im Wege mehrerer Einmalzahlungen iHv insgesamt 60.402,77 TL in den Jahren 2014 und 2015 bei der türkischen Sozialversicherungsanstalt gekauft. Allein aus diesen Einmalzahlungen habe sie ihren Rentenanspruch erworben. Die türkische Rente sei daher einer privaten Rente vergleichbar und nicht mit der deutschen gesetzlichen Rente zu vergleichen. Ein Bezug zu einer früheren Berufstätigkeit bestehe gerade nicht, die Rente sei nicht an Pflichtbeiträge gekoppelt und werde nicht versteuert.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2017 die Klage abgewiesen. Streitgegenstand sei nur der Bescheid vom 20.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2016. Zwar würden die nach dem 20.01.2016 erlassenen Beitragsbescheide grundsätzlich Gegenstand des Widerspruchs- und Klageverfahrens. Das SG habe diese jedoch nicht einbezogen, da der Vertreter der Beklagten im Termin zur Erörterung am 17.10.2017 ausdrücklich erklärt habe, die nachfolgenden Bescheide je nach Ausgang des Rechtsstreits anzupassen, also ggf aufzuheben. Die Beitragspflicht für den Zahlbetrag der türkischen Rente folge aus §§ 237 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Nr 2, Satz 2, 228 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 57 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Die Einordnung einer aus dem Ausland gezahlten Leistung als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder als Versorgungsbezug sei erforderlich, weil unterschiedliche Beitragssätze Anwendung fänden. Die Beklagten hätten der Beitragsbemessung aus der türkischen Rente von Anfang an nur die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes zugrunde gelegt und seien damit, auch wenn im Widerspruchsbescheid von einem ausländischen Versorgungsbezug ausgegangen werde, in der Sache stets von einer ausländischen Rente iSv § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V ausgegangen. Dies zu Recht, da es sich um eine Leistung des türkischen staatlichen Rentenversicherungssystems handele, die der Rente der deutschen allgemeinen Rentenversicherung vergleichbar sei. Im Kern habe die türkische Rente dieselben typischen und wesentlichen Merkmale wie die deutsche gesetzliche Rente. Sie beruhe auf dem Gesetz Nr 506, das für die Türkei die allgemeine Sozialversicherung regele und das wichtigste Sicherungssystem der Türkei sei. Für die Durchführung sei die SGK, die türkische Anstalt für soziale Sicherheit, zuständig. Diese habe der Klägerin die Leistung bewilligt und zahle sie auch aus. Die Leistung werde aus einem öffentlich-rechtlichen Rentensystem gezahlt und von der SGK selbst ausdrücklich als Rente bezeichnet. Die Leistung werde ebenfalls wegen eingeschränkter Erwerbsfähigkeit und Alters gewährt und habe damit Lohnersatzfunktion. Die Nachentrichtung der Beiträge beruhe auf dem Gesetz Nr 3201, nach dem türkische Staatsangehörige für Zeiten der Beschäftigung, der Pflegetätigkeit, der Arbeitslosigkeit sowie der Kindererziehung im Ausland Beiträge nachentrichten können. Die Nachentrichtung sei damit an bestimmte Versicherungszeiten geknüpft. Diese Zeiten habe die Klägerin in ihrem Antrag angeben und nachweisen müssen. Auch wenn ebenfalls weiblichen türkischen Staatsangehörigen ab dem 18. Lebensjahr, die sich als Hausfrauen im Ausland aufgehalten hätten, das Recht auf Beitragsnachentrichtung nach dem Gesetz Nr. 3201 zustehe, ändere dies aufgrund der Gesamtumstände nichts an der Vergleichbarkeit der Leistung mit der deutschen gesetzlichen Rente. Beitragsnachentrichtungen seien auch in der deutschen Rente nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) möglich. Diese würden ebenfalls von den Versicherten selbst getragen und machten die hierdurch beanspruchbare bzw erworbene Rente nicht zu einer „privaten“ Rente.
10 
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 02.11.2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 29.11.2017 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Verbeitragung ihrer türkischen Rente zu Unrecht erfolgte. Ergänzend weist die Klägerin darauf hin, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit habe.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
den Bescheid vom 20.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2016 aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
16 
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren einen Verfahrensvergleich geschlossen. Die Klägerin hat die Berufung auf die Überprüfung des Zeitraums 01.04.2015 bis 31.03.2016 beschränkt und die Beklagte sich bereit erklärt, die nach dem 20.01.2016 erlassenen Beitragsbescheide aufzuheben, sofern die Klägerin im vorliegenden Verfahren obsiegt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
19 
Die gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 SGG), denn sie betrifft Leistungen, hier Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die nach dem 20.01.2016 ergangenen Beitragsbescheide sind nach §§ 86, 96 SGG Gegenstand des Widerspruchs- und Klageverfahrens geworden. Im Verfahren vor dem SG hatte die Klägerin die Klage noch nicht auf den Zeitraum von genau einem Jahr beschränkt, für den auch die Höhe der geforderten Beiträge die Berufungssumme von 750 EUR nicht übersteigen würde. Lediglich der Vertreter der Beklagten hatte zugesagt, die nachfolgenden Bescheide entsprechend dem Ausgang des Verfahrens zu behandeln. Erst im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den Streitgegenstand ausdrücklich begrenzt auf die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.03.2016. Die nachträgliche Beschränkung der Berufung führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl, § 144 Rn 19 mwN).
20 
Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet, denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 20.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn die Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung aus der türkischen Rente sind zutreffend erhoben worden.
21 
Die Klägerin ist in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V) und damit auch versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 11 SGB XI). Die Beiträge zur Krankenversicherung werden nach § 223 Abs 2 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Bei einem versicherungspflichtigen Rentner werden der Beitragsbemessung ua der Zahlbetrag einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Zahlbetrag eines Versorgungsbezugs zu Grunde gelegt (§ 237 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V). Erfasst sind auch ausländische Versorgungsbezüge (§ 237 Satz 2 iVm § 229 Abs 1 Satz 2 SGB V) und für die Zeit ab 01.07.2011 auch vergleichbare Renten aus dem Ausland (§ 237 Satz 2 iVm § 228 Abs 1 Satz 2; eingefügt durch Art 4 Nr 7 Buchst a Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.06.2011 mit Wirkung zum 01.07.2011 [Art 13 Abs 3 Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze], BGBl I 1202). Nach dem bis 30.06.2011 geltenden Recht unterlagen aus dem Ausland gezahlte Leistungen nur der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie ein Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Satz 1 Nr 5 SGB V waren. Dazu gehörten Leistungen aus ausländischen öffentlich-rechtlichen Rentensystemen nicht (BSG 10.06.1988, 12 RK 39/87, BSGE 63, 231 = SozR 2200 § 180 Nr 41 zum inhaltsgleichen früheren § 180 Abs 8 Reichsversicherungsordnung [RVO]). Mit der Einfügung des § 228 Satz 2 SGB V beseitigte der Gesetzgeber dies aus Gründen der Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Rentenbezieher, und zwar unabhängig davon, ob die Rente aus einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittstaat bezogen wird. Dies sieht der Gesetzgeber aus Gründen der Gleichbehandlung und der Beitragsgerechtigkeit als angezeigt an (BT-Drucks 17/4978 S 20 und BR-Drucks 846/10 S 30) und war im Hinblick auf Art 5 VO EG Nr 883/2004 erforderlich.
22 
Aufgrund der Verweisung in § 57 Abs 1 Satz 1 SGB XI gilt die Beitragspflicht in gleicher Weise auch für die Pflegeversicherung (vgl LSG für das Saarland 16.07.2014, L 2 KR 14/14, juris, zu einer Rente aus den Vereinigten Staaten von Amerika). Der Beitragssatz beträgt ab dem 01.01.2015 2,35 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (§ 55 Abs 1 Satz 1 SGB XI in der Fassung des GKV-FQWG vom 21.07.2014, BGBl I S 1133). Hinzu kommt die Erhöhung des Beitragssatzes um 0,25 Prozentpunkte für Kinderlose, die § 55 Abs 3 Satz 1 SGB XI anordnet.
23 
Die der Klägerin von der SGK gezahlte Leistung ist eine der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente aus dem Ausland und keine beitragsrechtlich für pflichtversicherte Rentner unbeachtliche private Versicherung. Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, liegt auch kein ausländischer Versorgungsbezug vor (ansonsten müsste die Klägerin noch höhere Beiträge zahlen, da dann nicht der halbe, sondern der volle allgemeine Beitragssatz zu berücksichtigen wäre - §§ 247 Satz 2, 248 Satz 1 SGB V). Insoweit wird auf den angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und die Berufung aus den überzeugenden Gründen des SG zurückgewiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
24 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist im Wege der rechtsvergleichenden Qualifizierung zu ermitteln, ob es sich bei der ausländischen Leistung um eine Sozialleistung öffentlich-rechtlicher Art handelt und von Ähnlichkeit bzw Vergleichbarkeit der ausländischen und der inländischen Sozialleistung auszugehen ist (BSG 18.12.2008, B 11 AL 32707 R, BSGE 102, 211 = SozR 4-4300 § 142 Nr 4). Vergleichbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, dh nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Maßgeblicher Gesichtspunkt sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (BSG 29.10.1997, 7 RAr 10/97, BSGE 81, 134, 138 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2 Satz 11; BSG 18.12.2008, aaO). Die wesentlichen Gesichtspunkte der deutschen Altersrente sind dabei, dass sie erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gezahlt wird und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung dient (BSG 18.12.2008, aaO). Gemessen hieran sind die Leistungen der SGK einer deutschen Regelaltersrente vergleichbar.
25 
Für die Klägerin galt das türkische Gesetz Nr 506 (für lohnabhängige versicherte Arbeiter und Angestellte in der Privatwirtschaft und Industrie); zuständig war die Sozialversicherungsanstalt SSK (Sosyal Sigortalar Kurumu). Ab 01.10.2008 wurden die zuvor bestehenden drei Einrichtungen der türkischen Sozialversicherung (SSK, Türkische Pensionskasse für Beamte und Pensionsversicherung der selbstständig Erwerbstätigen – Bağ-Kur) zur SGK zusammengefasst als einziger Einrichtung zur Sozialen Sicherung (Türkische Gesetze Nr 5502 und 5510). Es handelt sich um ein gesetzliches Rentenversicherungssystem, das die typischen Versicherungsfälle des Alters, des Todes (Hinterbliebenenversicherung) und der Invalidität abdeckt. Die Renten werden nach dem Anspruch auf Altersrente auf der Grundlage der gezahlten Beiträge gewährt. Das Renteneintrittsalter beträgt 58 Jahre bei Frauen und 60 Jahre bei Männern und wird ab 2036 bis 2047 schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Gefordert wird für die Altersrente eine Mindestversicherungszeit von 9000 Tagen, bei Erwerbstätigen mit einem Dienstvertrag von 7200 Tagen.
26 
Die der Klägerin gezahlte Rentenleistung entspricht nach alledem einer Altersrente, die von dem staatlichen türkischen Rentenversicherungssystem geleistet wird. Sie setzt wie die deutsche Regelaltersrente nicht nur das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze voraus, sondern soll auch dazu dienen, den Lebensunterhalt des Rentners zu sichern (ebenso LSG Hamburg 12.07.2016, L 1 KR 28/16, juris).
27 
Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass die türkische Rente der Klägerin (nach deren Angaben sogar allein) auf freiwilligen, nachgezahlten Beiträgen beruht. Das türkische Gesetz Nr 3201 ermöglicht türkischen Staatsangehörigen, aber auch ehemaligen türkischen Staatsbürgern, die mit Genehmigung aus der Staatsbürgerschaft ausgetreten sind – wie die Klägerin –, für Zeiten im Ausland Beiträge nachzuentrichten. Dies betrifft Zeiten der Beschäftigung, der Pflegetätigkeit, der Arbeitslosigkeit (jeweils bis zu einem Jahr) sowie der Kindererziehung. Zudem können weibliche Staatsangehörige ab dem 18. Lebensjahr, die sich als Hausfrau im Ausland aufgehalten haben, Beiträge nachentrichten (sog „Auslandsverschuldung“). Die Nachentrichtung kann für die gesamten Zeiträume oder lediglich bestimmte Zeiträume erfolgen. Verglichen mit dem deutschen Recht handelt es sich um freiwillige Beiträge (vgl LSG Baden-Württemberg 16.06.2016, L 10 R 2324/14, juris). Wie das SG zutreffend gesehen hat, bleibt die Rente innerhalb des staatlichen türkischen Rentenversicherungssystem, es handelt sich um eine Rente der SGK. Allein die Nachentrichtung der Beiträge durch die Klägerin führt nicht dazu, dass sich der Rechtscharakter der Rente in eine private Versicherung umwandelt.
28 
Die Höhe der Beiträge ergibt sich aus dem Zahlbetrag der Rente multipliziert mit den anzuwendenden Beitragssätzen (Krankenversicherung: Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes zzgl Zusatzbeitrag = 8,3%; Pflegeversicherung: 2,6%, wie oben ausgeführt) und ist von den Beklagten richtig festgesetzt worden. Die Beklagte hat die Beiträge auch zutreffend gemäß §§ 249a Satz 2, 252 Abs 1 SGB V bei der Klägerin selbst erhoben. Nach § 249a Satz 2 SGB V trägt der Rentner die aus ausländischen Renten zu zahlenden Beiträge allein. Nach § 252 Abs 1 Satz 1 SGB V sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach § 255 Abs 1 Satz 1 SGB V sind lediglich die auf die in Deutschland bezogene Rente entfallenden Beiträge von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten, nicht aber die Beiträge, die auf die türkische Rente zu entrichten sind, denn § 255 Abs 1 Satz 1 SGB V nimmt lediglich Renten nach § 228 Abs 1 Satz 1 SGB V in Bezug. Auch eine Verpflichtung des türkischen Rentenversicherungsträgers kommt insoweit nicht in Betracht, da hierfür eine gesetzliche Regelung entsprechend § 255 SGB V fehlt.
29 
Auch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit (vom 30.4.1964, BGBl II 1965, 1170; idF des Änderungsabkommens vom 28.5.1969, BGBl II 1972, 2 und des Zwischenabkommens vom 25.10.1974, BGBl II 1975, 374 und des Zusatzabkommens vom 2.11.1984, BGBl II 1986, 1040 - im Folgenden: Abkommen), sofern es überhaupt auf den Fall der Klägerin als deutsche Staatsbürgerin Anwendung findet, steht einer Verbeitragung einer von einem türkischen Träger gewährten Rente im Rahmen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung (§§ 237 Satz 1, 4, § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V, § 57 Abs 1 S 1 SGB XI) nicht entgegen. Nach Art 14 Abs 3 Satz 1 des Abkommens sind auf eine Person, die nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsparteien Rente bezieht oder beantragt hat, bei gewöhnlichem Aufenthalt im Gebiet einer Vertragspartei deren Rechtsvorschriften über Krankenversicherung anzuwenden, hier also die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland. Die Einführung der Beitragspflicht für ausländische Renten durch die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2011 mit Einführung des Gesetzes über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze hat zu keiner Änderung des Abkommens geführt, sondern nur zu einer Änderung der Beitragspflicht auf einfachgesetzlicher Grundlage. Das Abkommen selbst sieht kein förmliches Änderungsverfahren in dem Sinne vor, dass die Einführung einer Beitragspflicht vorher mit dem türkischen Vertragspartner hätte abgestimmt werden müssen. Die og Kollisionsregel des Abkommens (Art 14 Abs 3 Satz 1) gilt gerade auch für den vorliegenden Fall. Selbst wenn die Parteien des völkerrechtlichen Vertrages bei Vertragsschluss entsprechend der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland vor dem 01.07.2011 davon ausgegangen waren, dass von deutscher Seite keine Beiträge auf türkische Renten erhoben würden, brauchte es für den Fall der Beitragserhebung keine Vertragsänderung, da dieser Fall entsprechend der weitgefassten Kollisionsnorm bereits geregelt war, denn die Möglichkeit einer „doppelten“ Rechtsanwendung wird hier bereits geregelt (so bereits LSG Hamburg 12.07.2016, L 1 KR 28/16, juris)
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
31 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
19 
Die gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 SGG), denn sie betrifft Leistungen, hier Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die nach dem 20.01.2016 ergangenen Beitragsbescheide sind nach §§ 86, 96 SGG Gegenstand des Widerspruchs- und Klageverfahrens geworden. Im Verfahren vor dem SG hatte die Klägerin die Klage noch nicht auf den Zeitraum von genau einem Jahr beschränkt, für den auch die Höhe der geforderten Beiträge die Berufungssumme von 750 EUR nicht übersteigen würde. Lediglich der Vertreter der Beklagten hatte zugesagt, die nachfolgenden Bescheide entsprechend dem Ausgang des Verfahrens zu behandeln. Erst im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den Streitgegenstand ausdrücklich begrenzt auf die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.03.2016. Die nachträgliche Beschränkung der Berufung führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl, § 144 Rn 19 mwN).
20 
Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet, denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 20.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn die Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung aus der türkischen Rente sind zutreffend erhoben worden.
21 
Die Klägerin ist in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V) und damit auch versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 11 SGB XI). Die Beiträge zur Krankenversicherung werden nach § 223 Abs 2 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Bei einem versicherungspflichtigen Rentner werden der Beitragsbemessung ua der Zahlbetrag einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Zahlbetrag eines Versorgungsbezugs zu Grunde gelegt (§ 237 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V). Erfasst sind auch ausländische Versorgungsbezüge (§ 237 Satz 2 iVm § 229 Abs 1 Satz 2 SGB V) und für die Zeit ab 01.07.2011 auch vergleichbare Renten aus dem Ausland (§ 237 Satz 2 iVm § 228 Abs 1 Satz 2; eingefügt durch Art 4 Nr 7 Buchst a Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.06.2011 mit Wirkung zum 01.07.2011 [Art 13 Abs 3 Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze], BGBl I 1202). Nach dem bis 30.06.2011 geltenden Recht unterlagen aus dem Ausland gezahlte Leistungen nur der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie ein Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Satz 1 Nr 5 SGB V waren. Dazu gehörten Leistungen aus ausländischen öffentlich-rechtlichen Rentensystemen nicht (BSG 10.06.1988, 12 RK 39/87, BSGE 63, 231 = SozR 2200 § 180 Nr 41 zum inhaltsgleichen früheren § 180 Abs 8 Reichsversicherungsordnung [RVO]). Mit der Einfügung des § 228 Satz 2 SGB V beseitigte der Gesetzgeber dies aus Gründen der Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Rentenbezieher, und zwar unabhängig davon, ob die Rente aus einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittstaat bezogen wird. Dies sieht der Gesetzgeber aus Gründen der Gleichbehandlung und der Beitragsgerechtigkeit als angezeigt an (BT-Drucks 17/4978 S 20 und BR-Drucks 846/10 S 30) und war im Hinblick auf Art 5 VO EG Nr 883/2004 erforderlich.
22 
Aufgrund der Verweisung in § 57 Abs 1 Satz 1 SGB XI gilt die Beitragspflicht in gleicher Weise auch für die Pflegeversicherung (vgl LSG für das Saarland 16.07.2014, L 2 KR 14/14, juris, zu einer Rente aus den Vereinigten Staaten von Amerika). Der Beitragssatz beträgt ab dem 01.01.2015 2,35 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (§ 55 Abs 1 Satz 1 SGB XI in der Fassung des GKV-FQWG vom 21.07.2014, BGBl I S 1133). Hinzu kommt die Erhöhung des Beitragssatzes um 0,25 Prozentpunkte für Kinderlose, die § 55 Abs 3 Satz 1 SGB XI anordnet.
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Die der Klägerin von der SGK gezahlte Leistung ist eine der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente aus dem Ausland und keine beitragsrechtlich für pflichtversicherte Rentner unbeachtliche private Versicherung. Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, liegt auch kein ausländischer Versorgungsbezug vor (ansonsten müsste die Klägerin noch höhere Beiträge zahlen, da dann nicht der halbe, sondern der volle allgemeine Beitragssatz zu berücksichtigen wäre - §§ 247 Satz 2, 248 Satz 1 SGB V). Insoweit wird auf den angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und die Berufung aus den überzeugenden Gründen des SG zurückgewiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
24 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist im Wege der rechtsvergleichenden Qualifizierung zu ermitteln, ob es sich bei der ausländischen Leistung um eine Sozialleistung öffentlich-rechtlicher Art handelt und von Ähnlichkeit bzw Vergleichbarkeit der ausländischen und der inländischen Sozialleistung auszugehen ist (BSG 18.12.2008, B 11 AL 32707 R, BSGE 102, 211 = SozR 4-4300 § 142 Nr 4). Vergleichbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, dh nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Maßgeblicher Gesichtspunkt sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (BSG 29.10.1997, 7 RAr 10/97, BSGE 81, 134, 138 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2 Satz 11; BSG 18.12.2008, aaO). Die wesentlichen Gesichtspunkte der deutschen Altersrente sind dabei, dass sie erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gezahlt wird und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung dient (BSG 18.12.2008, aaO). Gemessen hieran sind die Leistungen der SGK einer deutschen Regelaltersrente vergleichbar.
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Für die Klägerin galt das türkische Gesetz Nr 506 (für lohnabhängige versicherte Arbeiter und Angestellte in der Privatwirtschaft und Industrie); zuständig war die Sozialversicherungsanstalt SSK (Sosyal Sigortalar Kurumu). Ab 01.10.2008 wurden die zuvor bestehenden drei Einrichtungen der türkischen Sozialversicherung (SSK, Türkische Pensionskasse für Beamte und Pensionsversicherung der selbstständig Erwerbstätigen – Bağ-Kur) zur SGK zusammengefasst als einziger Einrichtung zur Sozialen Sicherung (Türkische Gesetze Nr 5502 und 5510). Es handelt sich um ein gesetzliches Rentenversicherungssystem, das die typischen Versicherungsfälle des Alters, des Todes (Hinterbliebenenversicherung) und der Invalidität abdeckt. Die Renten werden nach dem Anspruch auf Altersrente auf der Grundlage der gezahlten Beiträge gewährt. Das Renteneintrittsalter beträgt 58 Jahre bei Frauen und 60 Jahre bei Männern und wird ab 2036 bis 2047 schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Gefordert wird für die Altersrente eine Mindestversicherungszeit von 9000 Tagen, bei Erwerbstätigen mit einem Dienstvertrag von 7200 Tagen.
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Die der Klägerin gezahlte Rentenleistung entspricht nach alledem einer Altersrente, die von dem staatlichen türkischen Rentenversicherungssystem geleistet wird. Sie setzt wie die deutsche Regelaltersrente nicht nur das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze voraus, sondern soll auch dazu dienen, den Lebensunterhalt des Rentners zu sichern (ebenso LSG Hamburg 12.07.2016, L 1 KR 28/16, juris).
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Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass die türkische Rente der Klägerin (nach deren Angaben sogar allein) auf freiwilligen, nachgezahlten Beiträgen beruht. Das türkische Gesetz Nr 3201 ermöglicht türkischen Staatsangehörigen, aber auch ehemaligen türkischen Staatsbürgern, die mit Genehmigung aus der Staatsbürgerschaft ausgetreten sind – wie die Klägerin –, für Zeiten im Ausland Beiträge nachzuentrichten. Dies betrifft Zeiten der Beschäftigung, der Pflegetätigkeit, der Arbeitslosigkeit (jeweils bis zu einem Jahr) sowie der Kindererziehung. Zudem können weibliche Staatsangehörige ab dem 18. Lebensjahr, die sich als Hausfrau im Ausland aufgehalten haben, Beiträge nachentrichten (sog „Auslandsverschuldung“). Die Nachentrichtung kann für die gesamten Zeiträume oder lediglich bestimmte Zeiträume erfolgen. Verglichen mit dem deutschen Recht handelt es sich um freiwillige Beiträge (vgl LSG Baden-Württemberg 16.06.2016, L 10 R 2324/14, juris). Wie das SG zutreffend gesehen hat, bleibt die Rente innerhalb des staatlichen türkischen Rentenversicherungssystem, es handelt sich um eine Rente der SGK. Allein die Nachentrichtung der Beiträge durch die Klägerin führt nicht dazu, dass sich der Rechtscharakter der Rente in eine private Versicherung umwandelt.
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Die Höhe der Beiträge ergibt sich aus dem Zahlbetrag der Rente multipliziert mit den anzuwendenden Beitragssätzen (Krankenversicherung: Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes zzgl Zusatzbeitrag = 8,3%; Pflegeversicherung: 2,6%, wie oben ausgeführt) und ist von den Beklagten richtig festgesetzt worden. Die Beklagte hat die Beiträge auch zutreffend gemäß §§ 249a Satz 2, 252 Abs 1 SGB V bei der Klägerin selbst erhoben. Nach § 249a Satz 2 SGB V trägt der Rentner die aus ausländischen Renten zu zahlenden Beiträge allein. Nach § 252 Abs 1 Satz 1 SGB V sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach § 255 Abs 1 Satz 1 SGB V sind lediglich die auf die in Deutschland bezogene Rente entfallenden Beiträge von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten, nicht aber die Beiträge, die auf die türkische Rente zu entrichten sind, denn § 255 Abs 1 Satz 1 SGB V nimmt lediglich Renten nach § 228 Abs 1 Satz 1 SGB V in Bezug. Auch eine Verpflichtung des türkischen Rentenversicherungsträgers kommt insoweit nicht in Betracht, da hierfür eine gesetzliche Regelung entsprechend § 255 SGB V fehlt.
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Auch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit (vom 30.4.1964, BGBl II 1965, 1170; idF des Änderungsabkommens vom 28.5.1969, BGBl II 1972, 2 und des Zwischenabkommens vom 25.10.1974, BGBl II 1975, 374 und des Zusatzabkommens vom 2.11.1984, BGBl II 1986, 1040 - im Folgenden: Abkommen), sofern es überhaupt auf den Fall der Klägerin als deutsche Staatsbürgerin Anwendung findet, steht einer Verbeitragung einer von einem türkischen Träger gewährten Rente im Rahmen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung (§§ 237 Satz 1, 4, § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V, § 57 Abs 1 S 1 SGB XI) nicht entgegen. Nach Art 14 Abs 3 Satz 1 des Abkommens sind auf eine Person, die nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsparteien Rente bezieht oder beantragt hat, bei gewöhnlichem Aufenthalt im Gebiet einer Vertragspartei deren Rechtsvorschriften über Krankenversicherung anzuwenden, hier also die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland. Die Einführung der Beitragspflicht für ausländische Renten durch die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2011 mit Einführung des Gesetzes über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze hat zu keiner Änderung des Abkommens geführt, sondern nur zu einer Änderung der Beitragspflicht auf einfachgesetzlicher Grundlage. Das Abkommen selbst sieht kein förmliches Änderungsverfahren in dem Sinne vor, dass die Einführung einer Beitragspflicht vorher mit dem türkischen Vertragspartner hätte abgestimmt werden müssen. Die og Kollisionsregel des Abkommens (Art 14 Abs 3 Satz 1) gilt gerade auch für den vorliegenden Fall. Selbst wenn die Parteien des völkerrechtlichen Vertrages bei Vertragsschluss entsprechend der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland vor dem 01.07.2011 davon ausgegangen waren, dass von deutscher Seite keine Beiträge auf türkische Renten erhoben würden, brauchte es für den Fall der Beitragserhebung keine Vertragsänderung, da dieser Fall entsprechend der weitgefassten Kollisionsnorm bereits geregelt war, denn die Möglichkeit einer „doppelten“ Rechtsanwendung wird hier bereits geregelt (so bereits LSG Hamburg 12.07.2016, L 1 KR 28/16, juris)
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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