| 1. Die nach §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt. |
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| 2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Feststellung, dass sie auch vom 1. Juni 2014 bis 15. Dezember 2016 als Familienangehörige in der Krankenversicherung des Beigeladenen versichert war. |
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| Streitgegenstand ist nur die Familienversicherung in der Kranken-, nicht aber auch in der sozialen Pflegeversicherung. Bereits der an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 3. Mai 2016 traf eine Regelung zur Beendigung der Familienversicherung allein in der Krankenversicherung. Maßstab der Auslegung dieses Bescheids ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 – B 12 KR 21/18 R – juris, Rn. 14 m.w.N.). Die Auslegung eines Verwaltungsakts hat danach ausgehend von seinem Verfügungssatz und unter Heranziehung des in § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedankens so zu erfolgen, dass es nicht auf den Buchstaben, sondern den wirklichen Willen der Behörde bzw. des Verwaltungsträgers ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte (BSG, Urteil vom 16. Juni 2021 – B 5 RE 4/20 R – juris, Rn. 20). In Anwendung dieser Maßstäbe betraf der Bescheid vom 3. Mai 2016 allein den Krankenversicherungsschutz der Klägerin. Im Bescheid heißt es unter der Überschrift „Familienversicherung“, dass die kostenfreie Familienversicherung aufgrund der hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit am 31. Mai 2014 ende. Es sei notwendig, eine eigene Kranken- und Pflegeversicherung abzuschließen. Es sei der Beklagten ein Anliegen, dass mit der Krankenversicherung alles klappe. Wenn die Klägerin über keinen anderweitigen Krankenversicherungsschutz ab dem 1. Juni 2014 verfüge, setze man die Versicherung als freiwillige Versicherung fort. Sobald der angeforderte Fragebogen eingehe, könne man ihr (der Klägerin) Auskunft darüber geben, wie es mit ihrem Krankenversicherungsschutz weitergehe. Die weitere Versicherung in der sozialen Pflegeversicherung oder deren rechtliche Grundlagen werden danach nicht erwähnt. Insbesondere enthält dieser Bescheid keinen Hinweis darauf, dass er auch im Namen der Pflegekasse ergehe. Soweit darin geregelt wurde, dass der Bescheid vom 3. Februar 2016 voll ersetzt werde, ist darauf hinzuweisen, dass auch dieser Bescheid allein auf den Krankenversicherungsschutz und das diesbezügliche Ende der Familienversicherung abstellte. Der spätere Bescheid vom 26. August 2016 erging zwar unter der Überschrift „Ihre freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung“. Die Beklagte teilte hierin aber zum einen mit, dass die kostenfreie Familienversicherung nach ihrer aktuellen Prüfung bereits am 31. Mai 2014 ende, und zum anderen wies sie auf die Folgen eines fehlenden Austritts bzw. einer fehlenden anderweitigen Absicherung im Sinne von § 188 Abs. 4 SGB V und die daraus resultierende Beitragspflicht in der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung hin. Nur im Hinblick darauf, dass Beklagte nochmals das Ende der kostenfreien Familienversicherung am 31. Mai 2014 prüfte (vgl. „nach unserer aktuellen Prüfung“) ist dieser Bescheid kraft Gesetzes gemäß § 86 SGG in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen worden. |
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| Sowohl der Bescheid vom 27. März 2017, der das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft zum 15. Dezember 2016 und zugleich den Beginn der Familienversicherung ab diesem Zeitpunkt feststellte - weshalb er (bezogen auf die Feststellung des Beginns der Familienversicherung) gemäß § 86 SGG in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen wurde -, als auch der Widerspruchsbescheid vom 30. November 2017 ergingen zwar auch im Namen der Pflegekasse. Zum einen ersetzten oder änderten die zuletzt genannten Bescheide aber nicht den Bescheid vom 3. Mai 2016, da dieser gerade keine Regelung zur Pflegeversicherung traf. Zum anderen war auch das Begehren bei Klageerhebung erkennbar (§ 123 SGG) auf die Feststellung der Familienversicherung in der Krankenversicherung beschränkt. Dies ergibt sich aus dem von der anwaltlich vertretenen Klägerin bereits in der Klageschrift formulierten und im Rahmen des Erörterungstermins vor dem SG wiederholten Antrag, die Beklagte zu verurteilen, sie als in der Familienversicherung erfasstes Mitglied im Zeitraum vom 31. Mai 2014 bis 15. Dezember 2016 zu führen. Allein hierzu hat das SG in dem angefochtenen Urteil entschieden. Damit ist im Übrigen auch nicht die im Bescheid vom 26. August 2016 angekündigte Beitragsfestsetzung in der freiwilligen Krankenversicherung (und der Pflegeversicherung) sowie die Beitragsnachforderung der Beklagten Streitgegenstand des Verfahrens. Denn diesbezüglich hat die anwaltlich vertretene Klägerin schon keine Klage erhoben (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2016 – B 12 KR 1/15 R – juris, Rn. 11). |
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<td>310; | 3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Familienversicherung der Klägerin in der Krankenversicherung über den Beigeladenen als Stammversicherten bestand in der Zeit vom 1. Juni 2014 bis 15. Dezember 2016 nicht mehr. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2016 in der Fassung der Bescheide vom 26. August 2016 und 27. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2017 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. |
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| a) Die Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (BSG, Urteil vom 29. Juni 2016 – B 12 KR 1/15 R – juris, 11; Urteil vom 29. Juni 1993 – 12 RK 48/91 – juris, Rn. 14; Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 KR 3586/19 – juris, Rn. 62). Die Familienversicherung besteht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes (Just, in: Becker/Kingreen, SGB V, 7. Aufl. 2020, § 10 Rn. 45 m.w.N.), ohne dass es einer konstitutiven Entscheidung des jeweiligen Versicherungsträgers bedarf. Einer Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes bedarf es daher ebenso wenig wie einer Verurteilung zur Durchführung der Familienversicherung. |
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| b) Der angefochtenen Entscheidung der Beklagten steht eine vorherige (positive) Entscheidung über das Bestehen einer Familienversicherung nicht entgegen. Ein Verwaltungsakt mit solchem Inhalt ist zu keinem Zeitpunkt ergangen. Dies macht auch die Klägerin nicht geltend. Liegt jedoch ein entgegenstehender Verwaltungsakt nicht vor, ist die Krankenkasse nicht gehindert, rückwirkend festzustellen, dass ab einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt eine Familienversicherung nicht bestanden hat (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris, Rn. 33; Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 KR 3586/19 – juris, Rn. 63). |
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| c) Die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht bereits wegen fehlender Anhörung rechtswidrig. Eine Anhörung der Klägerin war zwar nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderlich. Die fehlende vorherige Anhörung hat die Beklagte jedoch im Widerspruchsverfahren nachgeholt. Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die - wie hier - nicht den Verwaltungsakt nach § 40 SGB X nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, was grundsätzlich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens möglich ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X). Im Widerspruchsverfahren wird die unterlassene Anhörung geheilt, wenn der Betroffene nachträglich die Gelegenheit erhält, sich sachgerecht zu äußern. Dazu ist - anders als im Falle der Heilung während des gerichtlichen Verfahrens - ein gesondertes Verwaltungsverfahren nur notwendig, wenn sich der Widerspruchsbescheid - wie hier nicht - auf wesentliche neue Gründe stützt. Durch den Erlass des Widerspruchsbescheides ist der Fehler jedoch nur dann geheilt, wenn der Betroffene aus der Begründung des Verwaltungsaktes wissen kann, welche Tatsachen entscheidungserheblich sind. Auch vor dem Erlass des Widerspruchsbescheides ist der Mangel unter den genannten Voraussetzungen bereits geheilt, wenn die Behörde dem Betroffenen zu erkennen gibt, dass sie unter Berücksichtigung seines Vorbringens prüfen wird, ob sie an ihrer Entscheidung festhält (S-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand: Dezember 2017, § 41 Rn. 31 m.w.N.; Littmann, in: Hauck/Noftz SGB X, Stand: 2021, § 41 Rn. 24 m.w.N.). Vorliegend wurde die Klägerin im Verwaltungsverfahren hinreichend in die Lage versetzt, zu den Voraussetzungen der Familienversicherung im streitigen Zeitraum Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat hierzu ausführlich im Widerspruchsverfahren vorgetragen und auch die Gewerbeabmeldung vom 15. Dezember 2016 vorgelegt. Dies hat die Beklagte gewertet und auch berücksichtigt, was sich unter anderem in dem Bescheid vom 27. März 2017 zeigt (rückwirkende Feststellung der Familienversicherung ab dem 16. Dezember 2016). |
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| d) Die Klägerin war im Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 15. Dezember 2016 nicht über den Beigeladenen als Stammversicherten bei den Beklagten familienversichert. |
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| aa) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 8. April 2013; BGBl. I 2013, 730) sind unter anderem Ehegatten von Mitgliedern versichert, wenn sie (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, (2.) nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind, (3.) nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind (dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht), (4.) nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind und (5.) kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach 67; 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a SGB IV beträgt das zulässige Gesamteinkommen 450,00 EUR. Eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 ist nicht deshalb anzunehmen, weil eine Versicherung nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890, 1891) besteht (Satz 2). Das Gleiche gilt bis zum 31. Dezember 2015 für eine Tagespflegeperson, die bis zu fünf gleichzeitig anwesende, fremde Kinder in Tagespflege betreut (Satz 3). |
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> | bb) Die Klägerin war im streitigen Zeitraum nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V wegen einer hauptberuflichen selbstständigen Erwerbstätigkeit als Betreiberin des Friseursalons C in S von der Familienversicherung ausgeschlossen. Denn die Klägerin hat eine insoweit relevante Erwerbstätigkeit ausgeübt und diese erfolgte hauptberuflich. |
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| Die Klägerin betrieb zunächst in der Zeit von April bis 31. August 2014 einen Schuh- und Schlüsseldienst in C. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben der Klägerin und der Gewerbeabmeldung vom 28. August 2014. Parallel hierzu hat die Klägerin zum 1. Juni 2014 (Beginn der Tätigkeit) als Betriebsinhaberin auch einen Friseursalon (namens „C“) in der Mstraße in S betrieben. Diese Betreibstätigkeit übte sie bis zum 15. Dezember 2016 (Datum der Betriebsaufgabe) aus. Auch dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben der Klägerin. Diese Angaben werden gestützt durch die Gewerbeanmeldung vom 24. September 2014 und die Gewerbeabmeldung vom 15. Dezember 2016. Darüber hinaus war die Klägerin im streitigen Zeitraum auch im Schuh- und Schlüsseldienstes des Beigeladenen in C tätig. Nach ihren Angaben im Erörterungstermin vor dem SG am 27. November 2018 erhielt sie für ihre Tätigkeit bei dem Beigeladenen kein Entgelt und es existierte auch kein schriftlicher Arbeitsvertrag. Zu ihren dortigen Aufgaben zählten die Buchhaltung, der Wareneinkauf, die Rechnungserstellung und die Führung des Kassenbuchs. Dies entnimmt der Senat dem Protokoll vom 27. November 2018. |
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| Bei Personen, die - wie vorliegend - neben der zu beurteilenden selbstständigen Tätigkeit (hier: Betriebsinhaberin eines Friseursalons in S ab dem 1. Juni 2014) eine weitere Erwerbstätigkeit (hier: Betriebsinhaberin eines eigenen Schuh- und Schlüsseldienst in C von April bis 31. August 2014 und eine Tätigkeit im Schuh- und Schlüsseldienstes des Beigeladenen in C) ausüben, sind zur Feststellung/Abgrenzung der Hauptberuflichkeit die Tätigkeiten gegeneinander abzuwägen (Gerlach, in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB V, Stand: Februar 2021, § 10 Rn. 125). |
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| Der Senat ist - unter Beachtung der übrigen genannten Tätigkeiten der Klägerin - davon überzeugt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Betriebsinhaberin des Friseursalons in S im streitigen Zeitraum hauptberuflich ausübte. Dabei kommt es nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht darauf, dass nach den Angaben der Klägerin im Klageverfahren zwischen 2014 bis zur Schließung des Friseursalons insgesamt fünf (fremde) Arbeitnehmer und vier Familienangehörige dort beschäftigt oder tätig waren (zuletzt ein Meister und eine Beschäftigte auf 450 EUR-Basis) und die Klägerin in diesem Zeitraum als Arbeitgeberin zu qualifizieren ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 4/10 R – juris, Rn. 12, 19 ff.). Denn ob jemand eigene Arbeitnehmer hat, ist im Hinblick auf die Ausschlussregelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V nach der genannten Rechtsprechung des BSG unerheblich. Nachdem mit Ergänzung des § 5 Abs. 5 durch Satz 2 SGB V durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen KV vom 11. Juni 2015 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, BGBl. I, 1211) mit Wirkung ab 1. August 2015 die Hauptberuflichkeit gesetzlich bei Personen vermutet wird, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, ist zwar fraglich, ob das BSG an dieser Rechtsprechung bei der Beurteilung der Hauptberuflichkeit im Zusammenhang von § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V festhält. Denn nach den Gesetzesmaterialien soll die Vermutungsregelung des § 5 Abs. 5 Satz 2 SGB V auch im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB V „Auswirkungen entfalten“ (vgl. BT-Drs 18/4095, Seite 71; s. zur nicht zwingenden analogen Anwendung von § 5 Abs. 5 Satz 2 bei § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB V: Vossen, in Krauskopf, Soziale KV/PV, Stand: August 2021, § 10 SGB V Rn. 40). Hierauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch nicht entscheidungserheblich an, da der Senat davon überzeugt ist, dass bereits der zeitliche Umfang der Tätigkeit der Klägerin als Betriebsinhaberin des Friseursalons in S für eine Hauptberuflichkeit spricht. |
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| Für die Frage der Hauptberuflichkeit ist nicht allein die wirtschaftliche Bedeutung der Tätigkeit von Bedeutung, sondern vor allem ihr zeitlicher Umfang maßgeblich (Felix, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, Stand: Juli 2021, § 10 SGB V Rn. 62). Denn der Ausschluss der Familienversicherung gilt unabhängig von der Höhe des aus der selbstständigen Tätigkeit erzielten Einkommens. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V flankiert den Ausschluss selbstständig Erwerbstätiger aus der Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 5 SGB V. Diese sollen auch nicht „auf dem Umweg über die Familienversicherung“ in den Genuss von Leistungen der GKV kommen (Moritz-Ritter, in: LPK-SGB V, 5. Aufl. 2016, § 10 Rn. 23). Dies gilt selbst dann, wenn zwar eine hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, aus dieser jedoch zeitweise gar keine oder nur geringe Einkünfte erzielt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 4/10 R – juris, Rn. 16; Just, in: Becker/Kingreen, Kommentar zum SGB V, 7. Aufl. 2020, SGB V § 10 Rn. 15; Peters, in: Kasseler Kommentar, Stand: September 2021, § 10 SGB V Rn. 15), da andernfalls Nr. 4 neben Nr. 5 keine eigenständige Bedeutung zukäme (vgl. Gerlach, a.a.O., § 10 Rn. 126; Ulmer, in: BeckOK SozR, Stand: Dezember 2021, § 10 SGB V Rn. 13). Für die Annahme einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit kommt es daher nicht entscheidend auf die wirtschaftliche Bedeutung der Erwerbstätigkeit an. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Tätigkeit vom zeitlichen Aufwand her den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit des Angehörigen bildet (Felix, a.a.O.; Moritz-Ritter, a.a.O.). Für den Vergleich der aufgewandten Arbeitszeit kommt es im Übrigen nur auf die des Unternehmers persönlich an (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 – B 12 KR 16/12 R – juris, Rn. 26; Vossen, a.a.O., § 10 SGB V Rn. 39) Darüber hinaus kann bei der Klärung des Begriffs „Hauptberuflichkeit“ auch die Anzeige bzw. Genehmigung eines Gewerbes (§§ 14 ff. Gewerbeordnung <GewO>) berücksichtigt werden (vgl. Gerlach, a.a.O., Rn. 124). |
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| Zu berücksichtigen ist weiter, dass bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht - und um eine derartige Entscheidung handelt es sich bei der Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung - grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtungsweise angezeigt ist (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris, Rn. 29 m.w.N.; zuletzt BSG, Urteil vom 29. Juni 2021 – B 12 KR 38/19 R – juris, Rn. 16; s. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2021 – L 11 KR 1765/20 – juris, Rn. 36): Der Betreffende muss beim Entfallen der Familienversicherung für eine anderweitige Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit zuverlässig wissen, wie und wo er versichert ist. Dies erfordert eine Prognose unter Einbeziehung der mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Veränderungen. Das hierbei gewonnene Ergebnis bleibt dann auch verbindlich, wenn die Entwicklung später anders verläuft als angenommen. Die Änderung kann jedoch Anlass für eine neue Prüfung und - wiederum vorausschauende - Beurteilung sein. Dies gilt auch für rückwirkende Entscheidungen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.). Auch dann bestand - rückblickend - nur für solche Zeiträume keine Familienversicherung, zu deren Beginn - ggf. anhand der durchschnittlichen Verhältnisse der vergangenen Zeit - bereits absehbar war, dass die insoweit geltenden Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt würden. |
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| In Anwendung der vorstehend dargelegten Grundsätze stellt der Senat fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Betriebsinhaberin des Friseursalons in der Zeit vom 1. Juni 2014 bis zum 15. Dezember 2016 in einem Umfang von 40 Stunden wöchentlich und mithin hauptberuflich ausgeübt hat. Wie bereits dargelegt, ist bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtungsweise angezeigt. Maßgeblich ist danach der Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit als Betriebsinhaberin des Friseursalons am 1. Juni 2014. Zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte die Klägerin, diese Tätigkeit im Vollerwerb auszuüben und ihre Tätigkeit als Betriebsinhaberin ihres eigenen Schuh- und Schlüsseldienstes in C aufzugeben. Dies entnimmt der Senat der Gewerbeanmeldung der Klägerin vom 24. September 2014. In dieser Anmeldung hat sie die Frage, ob die Tätigkeit vorerst im Nebenerwerb betrieben werde, ausdrücklich verneint. Auch bei ihrer Gewerbeabmeldung zum 15. Dezember 2016 gab sie an, dass die aufgegebene Tätigkeit nicht im Nebenerwerb betrieben worden ist. Dies entnimmt der Senat der Gewerbeabmeldung der Klägerin vom 15. Dezember 2016. Auch in ihrer Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit vom 5. März 2016 gab die Klägerin an, dass ihre selbstständige Tätigkeit („Friseursalon“) für das „Unternehmen C“ in der Woche „ca. 40 Stunden“ umfasse. Die Klägerin hat in diesem Auskunftsbogen, der sich auf die von der Klägerin selbst konkretisierte selbstständigen Tätigkeit als Inhaberin des Friseursalons C bezog, zwar weiter angegeben, dass diese Tätigkeit nicht den Mittelpunkt ihrer Erwerbstätigkeit darstelle. Sie hat dies jedoch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Tätigkeit bezogen. Dies entnimmt der Senat der in diesem Zusammenhang von der Klägerin selbst eingefügten handschriftlichen Ergänzung „wird demnächst abgemeldet, da nicht lohnend“. Darüber hinaus hat sie angegeben, dass sie Verluste aus der selbstständigen Tätigkeit erzielt habe. Dies stimmt mit den im Klageverfahren vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 überein. Darauf, dass sie mit ihrer selbstständigen Tätigkeit als Betriebsinhaberin eines Friseursalons keinen Gewinn erzielte, kommt es jedoch - wie bereits dargelegt - für die Frage der Beurteilung der Hauptberuflichkeit dieser Tätigkeit nicht an. |
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| Soweit die Klägerin im streitigen Zeitraum zugleich im Schuh- und Schlüsseldienst des Beigeladenen in C mitgearbeitet hat, ist der Senat davon überzeugt, dass diese Arbeitszeit durchschnittlich zwölf Wochenstunden umfasste. Der Senat stützt sich hierbei auf die Angaben der Klägerin in der Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit vom 5. März 2016. In diesem Formular gab die Klägerin an, sie habe weitere Einnahmen aus der Mithilfe im Betrieb des Beigeladenen, wobei die Arbeitszeit in dieser Beschäftigung durchschnittlich zwölf Wochenstunden umfasse. Zu ihren dortigen Aufgaben zählten die Buchhaltung, der Wareneinkauf, die Rechnungserstellung und die Führung des Kassenbuchs. Dies entnimmt der Senat dem Protokoll des SG vom 27. November 2018. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben im streitigen Zeitraum hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Betriebsinhaberin eines Friseursalons fünf (fremde) Arbeitnehmer und vier Familienangehörige im Friseursalon (zuletzt ein Meister und eine Beschäftigte auf 450 EUR-Basis) beschäftigt hatte, sie (zum Teil mit dem Beigeladenen und teilweise auch durch ihre Tochter oder ihren Sohn) abends die von der Kasse registrierte Summe der Einnahmen notiert hat, das Geschäftskonto selbst geführt hat und sie auch die Preise kalkuliert hat (auch wenn die Preise des Vorbesitzers übernommen worden sind), sie teilweise (wenn auch selten) mit dem Mitarbeiter W die übrigen Mitarbeiter kontrolliert hat (die diesbezüglichen Feststellungen stützt der Senat auf die schriftliche Beantwortung der Fragen des Senats im Berufungsverfahren), hält der Senat die Angaben der Klägerin in ihrer Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden für ihre selbstständigen Tätigkeit für plausibel und nachvollziehbar. Ihr bis 31. August 2014 angemeldetes eigenes Gewerbe eines Schuh- und Schlüsseldienstes in C erwähnte die Klägerin in ihrer Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit vom 5. März 2016 nicht. |
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| Soweit die Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren hinsichtlich der zeitlichen Verteilung der Arbeitszeit andere Angaben gemacht hat (28 Stunden für die Mithilfe im Schuh- und Schlüsseldienst des Beigeladenen in C und 12 Stunden für ihre selbstständige Tätigkeit als Betriebsinhaberin des Friseursalons), hält der Senat dies im Hinblick auf die vorherigen Feststellungen nicht für glaubhaft. Denn diese Angaben widersprechen nicht nur den zeitlich früher getätigten Angaben im Verwaltungsverfahren. Sie sind auch in sich nicht kohärent und vermögen daher - ebenso wie das SG - den Senat nicht zu überzeugen. Es handelt sich vielmehr um einen verfahrensangepassten Vortrag, der durch keine objektiven Anhaltspunkte gestützt wird. So hat die Klägerin beispielsweise im Schriftsatz vom 22. März 2018 gegenüber dem SG behauptet, dass für sie sowohl ihre Tätigkeit als Inhaberin des Friseursalons in S als auch ihre Tätigkeit beim Beigeladenen für sie selbstständige Tätigkeiten gewesen seien und sie deshalb bei ihren früheren Angaben von einer gesamten Arbeitszeit von 40 Stunden für beide selbstständige Tätigkeiten ausgegangen sei. Im Hinblick auf die klare Formulierung und Ausgestaltung des Erklärungsvordrucks zur selbstständigen Tätigkeit (Bl. 11 VA) mit der Trennung von Angaben zur selbstständigen Tätigkeit und den zusätzlichen Angaben bezüglich weiterer Einnahmen aus einer anderen Beschäftigung, wertet der Senat die im Klagverfahren geäußerte Behauptung der Klägerin als nicht überzeugenden und verfahrensangepassten Vortrag. Hinzu kommt, dass der Klägerin im späteren Schriftsatz vom 15. September 2018 - nachdem die Beklagte zuvor darauf hingewiesen hatte, dass es unerheblich sei, ob sich der zeitliche Umfang durch eine oder mehrere selbstständige Tätigkeiten ergebe - insoweit das Gegenteil behauptet hat, als sie nunmehr angegeben hat, dass ihre Tätigkeit beim Beigeladenen keine selbstständige Tätigkeit gewesen sei. Unter diesen Umständen misst der Senat den ursprünglichen, vom weiteren Verfahrensverlauf noch unbeeinflussten Angaben der Klägerin in der Gewerbeanmeldung vom 24. September 2014, der Gewerbeabmeldung vom 15. Dezember 2016 und der Erklärung zur selbstständigen Tätigkeit vom 5. März 2016 höheres Gewicht bei als dem widersprechenden Prozessvortrag und legt diese seinen Feststellungen zugrunde. |
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| Soweit sich die Klägerin auf eine mündliche Zusage der Mitarbeiterin der Beklagten S beruft, die ihr im Beisein eines Vertreters einer privaten Krankenversicherung zugesagt habe, im streitigen Zeitraum weiterhin familienversichert zu sein, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die behauptete mündliche Zusage während eines Gesprächs mit Frau S, an welches sich diese ausweislich ihrer Auskunft vom 29. November 2016 nicht mehr erinnert, stellt keine wirksame Zusicherung dar. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Eine mündliche Zusage, wie von der Klägerin behauptet, genügt der notwendigen Schriftform gerade nicht. |
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| Abgesehen davon, dass die Klägerin keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt hat, musste - vor dem dargestellten Hintergrund - im Übrigen weder das SG noch der Senat der Anregung der Klägerin folgen, die früheren Mitarbeiter des Friseursalons als Zeugen zu vernehmen. |
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| 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG. Eine Kostenerstattung für den Beigeladenen, der einen Antrag nicht gestellt hat, ist nicht angemessen. |
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| 5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. |
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