Beschluss vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (5. Senat) - L 5 U 71/15 B

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Streitwertfestsetzung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 28. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 5.420,97 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen die erstinstanzlich vorgenommene Festsetzung des Streitwertes auf einen Betrag von 5.000,00 €.

2

Mit Zuständigkeitsbescheid vom 13. Oktober 2010 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Zuständigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen der Klägerin im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII seit dem 1. Januar 2009 fest. Darüber hinaus forderte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Beitragsbescheid gleichfalls vom 13. Oktober 2010 auf der Grundlage von 0,81 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 2,24 ha Forst für das Umlagejahr 2009 einen Beitrag in Höhe von 55,06 €, den die Beklagten später auf 46,03 € herabsetzte. Der gegen die beiden Bescheide vom 13. Oktober 2010 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2011). In der Folgezeit ergingen mehrere Beitragsbescheide, u. a. für die Beitragsjahre 2010 bis 2013. Die gegen die Beitragsbescheide erhobenen Widersprüche der Klägerin wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 11. Juni 2013 und 15. Juli 2014 zurückgewiesen.

3

Am 8. Februar 2011 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben. Die Beklagte sei für sie nicht zuständig, da sie weder ein Unternehmen der Landwirtschaft noch der Forstwirtschaft betreibe, sie sei keine landwirtschaftliche Unternehmerin und sei daher nicht kraft Gesetzes versichert gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII. Damit sei sie auch nicht beitragspflichtig zur Beklagten gemäß § 150 Abs. 1 SGB VII.

4

Mit Gerichtsbescheid vom 28. September 2015 hat das SG Neubrandenburg die Klage abgewiesen und ausgeführt, die angefochtenen Bescheide jeweils vom 13. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2011 seien rechtmäßig. Im Wege der Klageerweiterung durch die Klägerin, der die Beklagte zugestimmt habe, seien auch die Beitragsbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden. Auch diese Beitragsbescheide seien weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Den Streitwert im Gerichtsbescheid hat das SG Neubrandenburg mit 5.000,00 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, da es der Klägerin in der Sache maßgeblich um die Klärung der Frage ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten gegangen sei, sei der Streitwert nicht nach der Höhe der Beitragsforderungen für die Umlagejahre 2009 bis 2013, sondern auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach dem Regelstreitwert von 5.000,00 € festzusetzen gewesen.

5

Nachdem der Klägerin der Gerichtsbescheid am 2. Oktober 2015 zugestellt worden ist, hat sie am 14. Oktober 2015 beim SG gegen die Festsetzung des Streitwertes Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie habe gegen den ersten Beitragsbescheid geklagt und nicht gegen den Regelstreitwert. Es gebe keinen Nachweis, dass er in diesem Fall anzuwenden sei.

6

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem LSG Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Der Streitwert ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur in Höhe des Auffangstreitwertes von 5.000,00 € festzusetzen, sondern unter Einbeziehung der Beiträge für die Jahre 2009 bis 2013 (46,03 €, 97,80 €, 80,54 €, 92,98 €, 103,62 €) auf insgesamt 5.420,97 €.

8

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG. Denn die Klägerin gehört nicht zu den in § 183 SGG genannten (privilegierten) Personen. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit u. a. für Versicherte und Leistungsempfänger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Da die Klägerin vorliegend keine Rechte als Versicherte auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Beklagte verfolgt, sondern sich gegen den Zuständigkeitsbescheid der Beklagten wendet, mit dem diese die Versicherungspflicht der Klägerin als landwirtschaftliche Unternehmerin und daraus folgend ihre Beitragspflicht festgestellt hat, kommt eine Kostenprivilegierung gemäß § 183 SGG nicht in Betracht (vgl. Beschluss des BSG vom 5. März 2008 – B 2 U 353/07 B –; Urteil des BSG vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –).

9

Die Festsetzung des Streitwertes hatte gemäß § 63 i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) zu erfolgen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist u. a. in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 € anzunehmen (Auffangstreitwert). Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ist, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend. Nach § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, sofern nichts anderes bestimmt ist.

10

In Anwendung der vorgenannten Vorschriften ist der Streitwert in Höhe von 5.420,97 € festzusetzen. In Rechtsstreitigkeiten, in denen es um die Heranziehung als landwirtschaftlicher Unternehmer zu Beiträgen in der gesetzlichen Unfallversicherung geht, ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/16 R –) der Auffangstreitwert von 5.000,00 € anzusetzen. Soweit Beitragsbescheide im Streit stehen – wie hier für die Beitragsjahre 2009 bis 2013 –, ist die daraus ersichtliche Belastung maßgebend (§§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 3 GKG). Zugrunde zu legen sind demnach die Beitragsforderungen für die Jahre 2009 bis 2013 in Gesamthöhe von 420,97 € sowie hinsichtlich der im Zuständigkeitsbescheid festgestellten Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin der Auffangstreitwert von 5.000,00 €, insgesamt also 5.420,97 €

11

Der Senat ist an der sich hiernach ergebenden Änderung der Streitwertbemessung auf einen Betrag von 5.420,97 € zum Nachteil der Klägerin nicht gehindert. Maßgebend im Beschwerdeverfahren ist nicht der in erster Instanz festgesetzte, sondern der objektiv angemessene Streitwert (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG; vgl. Beschluss des BSG vom 19. September 2006 – B 6 KA 30/06 B –). Das Verbot der sog. reformatio in peius ist im Rahmen einer Streitwertbeschwerde nicht zu beachten (so die einhellige obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. Beschluss des OVG NRW vom 5. Dezember 2014 – 17 E 1231/14, juris, Rn. 14; Beschluss des OVG Lüneburg vom 10. Dezember 2009 – 5 OA 201/09 –, juris Rn. 4; Beschluss des LSG NRW vom 10. Dezember 2012 – L 8 R 650/12 B – juris Rn. 19; Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 2014 – L 7 KA 12/14 B ER –, juris Rn. 3; Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 11. Dezember 2013 – L 6 R 152/12 B –, juris Rn. 9). Der Senat schließt sich der vorgenannten Rechtsprechung an.

12

Auf die beabsichtigte Erhöhung des Streitwertes ist die Bevollmächtigte der Klägerin durch gerichtliches Schreiben vom 9.Juli 2020 hingewiesen und ihr im Wege der Anhörung die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

13

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 68 Abs. 3 GKG).

14

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 177 SGG).

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