Urteil vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (5. Senat) - L 5 U 69/15

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 28. September 2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin als landwirtschaftlicher Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung und die Zahlung von Beiträgen für die Umlagejahre 2009 bis 2013.

2

Die 1946 geborene Klägerin meldete dem Forstamt T.mit Schreiben vom 5. Juni 2009 einen seit 2009 bestehenden Besitz am Flurstück 8 in Flur 5 der Gemarkung M. mit einer Fläche von ca. 30 ha (Wald, Ödland, Grünfläche). Nachdem diese Meldung an den Rechtsvorgänger der Beklagten weitergeleitet worden war, wurde die Klägerin gebeten, Unterlagen zu übersenden, aus denen die genaue Flächengröße der Grundstücke hervorgehe. Die Klägerin teilte daraufhin mit, sie habe kein Unternehmen angemeldet und beabsichtige dies auch nicht. Sie sei Eigentümerin von ca. 4 ha Wald, Ödland und Grünflächen sowie Brachland. Die Flächen seien nicht verpachtet, zum Teil finde Eigennutzung statt, die übrigen Flächen lägen brach. Die Bewirtschaftung der Flächen sei nicht auf Gewinn, sondern auf Eigenversorgung ausgerichtet. Als Tierbestand gab sie durchschnittlich 25 Kaninchen, 3 Schafe und 10 Legehennen an.

3

Nachdem die Klägerin um Übersendung einer Kopie des Grundsteuermessbescheides als Nachweis für die Unland- und Geringstflächen gebeten worden war, teilte die Klägerin im Schreiben vom 22. Juni 2009 mit, die Flächen würden weder auf eigene Rechnung bewirtschaftet noch gepflegt. Auch erfolge kein Holzverkauf und keine Holzgewinnung für den Eigenbedarf. Sie betreibe kein Unternehmen, allein der Hausgarten werde regelmäßig bewirtschaftet. Sie habe keine Bewirtschaftungsflächen sondern nur Angaben aus dem Grundsteuermessbescheid mitgeteilt und werde keine weiteren Angaben machen, da die Flurstücke weder einer Eigen- noch Fremdnutzung unterlägen.

4

Der Rechtsvorgänger der Beklagten holte daraufhin vom Kataster- und Vermessungsamt des Landkreises Demmin entsprechende Auszüge aus dem Liegenschaftsbuch ein, in denen die Klägerin als Eigentümerin verschiedener Flurstücke der Gemarkung M. aufgeführt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten (Blatt 12 ff) verwiesen.

5

Der Rechtsvorgänger der Beklagten erteilte am 28. Juni 2010 einem Außendienstmitarbeiter einen Prüfauftrag, da die Klägerin laut Katasteramt über 2,2449 ha Forst, 0,1954 ha Grünland, 1,3482 ha Brachland, 0,0398 ha Unland und 0,3004 ha Gebäude- und Freiflächen verfüge. Im Meldebogen habe die Klägerin jedoch angegeben, dass 2,3 ha Forst, 0,67 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, 0,80 ha Schafweide, 0,11 ha Garten, 1,04 ha Geringstland und 0,780 ha Unland ihre neuen Bewirtschaftungsflächen seien.

6

Auf die Ankündigung einer Inaugenscheinnahme teilte die Klägerin im Schreiben vom 8. Juli 2010 mit, die Flächen würden von niemandem bewirtschaftet. Sie untersage der Außendienstmitarbeiterin das Betreten des Grundstücks. Am 21. Juli 2010 suchte die Außendienstmitarbeiterin das Anwesen der Klägerin auf. Der Zutritt wurde ihr verweigert, eine Klärung der Flächengröße kam nicht zustande. In ihrem Bericht teilte die Außendienstmitarbeiterin mit, das Grundstück befinde sich nicht im Ortskern von M. sondern außerhalb, versteckt im Wald an der L 35 in Richtung A-Stadt. Der Zugang zum Grundstück sei abgesperrt und mit mehreren Verbotsschildern gepflastert. Da weitere Ermittlungen unter diesen Umständen nicht möglich gewesen seien, sollte die Veranlagung nach Aktenlage erfolgen.

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Auf Anforderung übersandte das Finanzamt B-Stadt der Rechtsvorgängerin der Beklagten den Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 2009 bezüglich der Klägerin. Dieser wies eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 0,8118 ha und eine forstwirtschaftlich genutzte Fläche von 2,2449 ha aus.

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Mit Zuständigkeitsbescheid vom 13. Oktober 2010 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Zuständigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen der Klägerin nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII seit dem 1. Januar 2009 fest.

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Mit Beitragsbescheid ebenfalls vom 13. Oktober 2010 wurde von der Klägerin auf der Grundlage von 0,81 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 2,24 ha Forst für das Umlagejahr 2009 ein Beitrag von 55,06 € gefordert.

10

Die beiden Bescheide vom 13. Oktober 2010 wurden mit einem Begleitschreiben ebenfalls vom 13. Oktober 2010 an die Klägerin versandt. Hierin hieß es u. a., die Klägerin sei Eigentümerin diverser Grundstücke, u. a. von 2,24 ha Forst. Eigentümer forstwirtschaftlicher Flächen unterlägen der Versicherungs- und Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung. Bei einer Vorortbesichtigung habe geklärt werden sollen, ob und wenn ja in welcher Größe landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet würden. Dies sei erfolglos geblieben. Nach den Angaben im Grundsteuermessbescheid 2009 weise dieser 2,24 ha Forst und eine Fläche von 8118 m² aus, die als landwirtschaftliches Vermögen bewertet würden. Bei Grundstücken dieser Art handele es sich um landwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des SGB VII, die der Pflichtversicherung in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterlägen. Personen, die ein solches Grundstück nutzten, müssten grundsätzlich Beiträge an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft entrichten. Zusätzlich zu den genannten Flächen seien drei Schafe, 25 Kaninchen und 10 Legehennen erfasst worden für die Beitragsberechnung.

11

Gegen die Bescheide vom 13. Oktober 2010 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie betreibe kein landwirtschaftliches Unternehmen und erhalte für ihre Flächen keine Stilllegungsprämie. Der Wald und die anderen Flächen würden nicht genutzt. Die Tierhaltung diene der Eigenversorgung und sei Hobby. Das Futter für die Tiere werde zugekauft.

12

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2011 wies der Rechtsvorgänger der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Die gesetzliche landwirtschaftliche Unfallversicherung umfasse nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII u. a. Unternehmen der Landwirtschaft. Der Begriff des Unternehmens der gesetzlichen Unfallversicherung sei weit gefasst. Er gehe über die übliche Definition eines Unternehmens in anderen Rechtsgebieten weit hinaus, vor allem würden keine Gewinnerzielungsabsicht oder die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr vorausgesetzt. Auf die Motivation für die Durchführung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten komme es nicht an. Die Tatsache, dass die Klägerin die Flächenbewirtschaftung und die Tierhaltung nur privat zur Deckung des Eigenbedarfs betreibe, stehe der Annahme eines landwirtschaftlichen Unternehmens nicht entgegen. Die von der Klägerin betriebene landwirtschaftliche Nutzung stelle ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 121 Abs. 1 SGB VII) dar. Gemeinsam sei u. a. den Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft die Bodenbewirtschaftung von nicht ganz kurzer Dauer, welche der Besitzer (Eigentümer, Nutznießer, Pächter usw.) von Grundstücken zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen für eigene Rechnung aufwende oder zu sonstigen landwirtschaftlichen Zwecken unternehme. Ein landwirtschaftliches Unternehmen mit Bodenbewirtschaftung liege vor, wenn zu dem Betrieb Grund und Boden gehörten, der zum Zwecke der Gewinnung organischer Naturerzeugnisse bearbeitet werde. Die Klägerin betreibe eine planmäßige landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung, denn ihr stünden laut Grundsteuermessbescheid 0,81 ha landwirtschaftliche Nutzfläche zur Verfügung und sie halte landwirtschaftstypische Tiere. Nach der Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass die Tiere zumindest teilweise von der Landwirtschaftsfläche ernährt würden und dort ihren Auslauf fänden. Es sei nicht glaubhaft, dass das Tierfutter vollständig zugekauft werde. Die Futtermittelgewinnung für landwirtschaftstypische Tiere, auch diejenigen durch Beweidung, gehöre zur Bodenbewirtschaftung.

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Die Klägerin habe trotz Aufforderung nur unzureichende Angaben zu den konkreten Betriebsverhältnissen ihres landwirtschaftlichen Unternehmens gemacht. Eventuell andere Verhältnisse ohne Mitwirkung der Klägerin hätten nicht ermittelt werden können. Die Klägerin als Eigentümerin der Flächen habe die erforderliche Kenntnis über die wirtschaftliche Nutzung der Flächen. Sei die Einordnung nicht richtig vorgenommen worden, liege es an der Klägerin, dies zu beweisen. Insoweit werde auf § 192 Abs. 2 SGB VII hingewiesen, wonach die landwirtschaftlichen Unternehmer dem Unfallversicherungsträger Änderungen von Art und Gegenstand ihrer Unternehmen und sonstige Grundlagen für die Berechnung der Beiträge mitzuteilen hätten.

14

Ein forstwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des unfallversicherungsrechtlichen Beitragsrechts sei jedes Unternehmen, das der Gewinnung von Holz zu denen bestimmt oder nach seiner Beschaffenheit zu dienen in der Lage sei und nach gesetzlichen Vorschriften forstwirtschaftlich bearbeitet werden müsse. Entscheidend sei, dass entweder konkrete forstwirtschaftliche Arbeiten selbst oder von Dritten verrichtet würden oder aber bei im Einzelfall nicht feststellbaren Tätigkeiten aufgrund der dem Waldbesitzer durch die Waldgesetze auferlegten Bewirtschaftungspflichten solche Tätigkeiten und damit die Eigenschaft als forstwirtschaftlicher Unternehmer vermutet würden (Hinweis auf die Urteile des BSG vom 28. September 1999 – B 2 U 40/98 R – und vom 7. Dezember 2004 – B 2 U 43/03 R –). Selbst wenn die Klägerin ihren Wald nicht bewirtschafte, greife die Bewirtschaftungsvermutung durch. Nach dem Urteil des BSG vom 28. September 1999 reiche hierzu selbst ein nachvollziehbarer und glaubhafter Entschluss, auf Lebzeiten die gesamte im Eigentum stehende Waldfläche wirtschaftlich nicht zu nutzen, zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Die bloße Absicht, auf einer bestimmten forstwirtschaftlichen Fläche keine forstwirtschaftlichen Tätigkeiten zu entfalten, ändere an deren Eigenschaft als solcher jedenfalls solange nichts, wie dort forstwirtschaftliche Pflanzen wüchsen. Die Klägerin als Waldeigentümerin träfen waldrechtliche Pflichten im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes, um dessen Nutz- und Schutzfunktion zu erhalten. Die der Klägerin auferlegten Unterhalts-, Kontroll-, Schadensabwehr- und Verkehrssicherungspflichten könnten nur durch forstwirtschaftliche Tätigkeiten erfüllt werden. Ob derartige Tätigkeiten von der Klägerin selbst oder von Dritten ausgeführt würden, habe keinen Einfluss auf die Unternehmereigenschaft, da es sich hier um der Unternehmerin zu Gute kommende Bewirtschaftungsmaßnahmen handele. Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei es gerade, die mit derartigen Arbeiten verbundenen Risiken soweit wie möglich abzudecken, wobei auch die Unternehmer von Kleinstunternehmen oder Zweckbetrieben von dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz nicht ausgegrenzt würden. Eine Untergrenze gebe es nicht, da das Unfallrisiko land- oder forstwirtschaftlicher Tätigkeiten im Einzelfall in einem Kleinunternehmen ebenso groß sein könne wie in einem großen.

15

Die Klägerin betreibe mithin ein landwirtschaftliches Unternehmen mit Tierhaltung. Alle Bewirtschafter von land- und forstwirtschaftlichen Flächen – wie die Klägerin – seien grundsätzlich der zuständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zugehörig (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Die Zugehörigkeit trete kraft Gesetzes mit Beginn der Bewirtschaftung bzw. Übernahme des Nutzungsrechtes ein und ende erst, wenn keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfinde bzw. keine Forstflächen mehr im Besitz stünden. Auch sei die bewirtschaftete Fläche nicht so klein (0, 25 ha), als dass Befreiungstatbestände nach § 5 SGB VII durchgriffen. Der angefochtene Zuständigkeitsbescheid sei daher zu Recht ergangen.

16

Die Klägerin bewirtschafte die streitgegenständlichen Flächen und trage das Ergebnis dieser Bewirtschaftung. Sie sei damit landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne des § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII. Als landwirtschaftliche Unternehmerin sei die Klägerin kraft Gesetzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII) selbst unfallversichert. Als landwirtschaftliche Unternehmerin sei sie zur Zahlung des geforderten Beitrages verpflichtet (vgl. § 150 Abs. 1 SGB VII). Die vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Bescheides habe hinsichtlich der zugrunde gelegten Betriebsdaten und der Bemessung der Beitragshöhe entsprechend den gesetzlichen und sonstigen rechtlichen Vorgaben (hier insbesondere nach §§ 182 Abs. 2 ff SGB VII i. V. m. der Satzung) keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit ergeben.

17

Die Klägerin hat am 8. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben, mit der sie sich gegen ihre „Zwangsmitgliedschaft“ wendet. Zur Begründung hat sie vorgetragen, für keine Fläche könne eine Bewirtschaftung nachgewiesen werden. Die in ihrem Besitz befindlichen Flächen würden über Jahrzehnte nicht planmäßig genutzt und bewirtschaftet. Sie erhalte keine Subventionen, Stilllegungsprämien o. ä. Die Tiere, zur Zeit Kaninchen, gehörten ihrem Ehemann und dienten nur zur Selbstversorgung. Die Forstfläche habe sie am 12. November 2008 gekauft, diese unterliege nach Auskunft der Forstverwaltung keinem Bewirtschaftungszwang. Sie habe für keine Fläche eine Verkehrssicherungspflicht. Da die Flurstücke 6, 7 und 8 im militärischen Sicherheitsbereich lägen, unterliege diese Bewirtschaftung einer Genehmigungspflicht. Aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet müsse die Bewirtschaftung mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt werden. Eine Bewirtschaftung der genannten Flurstücke erfolge durch Einebnung der Maulwurfshaufen und der Wühllöcher der Wildschweine. Das Flurstück 7 werde als Zuwegung genutzt.

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Während des anhängigen Rechtsstreits hat der Rechtsvorgänger der Beklagten bzw. die Beklagte am 19. Mai 2011 einen Beitragsbescheid für das Umlagejahr 2010, am 15. Juli 2011 einen berichtigten Beitragsbescheid für das Umlagejahr 2010, am 5. Februar 2013 einen Beitragsbescheid für das Umlagejahr 2011 und am 11. Februar 2013 einen Beitragsbescheid für das Jahr 2012 erlassen und die hiergegen gerichteten Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2013 zurückgewiesen. Da der Klägerin vom Finanzamt B-Stadt mit Datum vom 26. März 2009 ein neuer Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 2009 erteilt wurde, der eine Fläche von 0,1754 ha landwirtschaftliche Nutzung, 2, 2449 ha forstwirtschaftliche Nutzung und 0,6364 ha Geringstland auswies, hat die Beklagte den berichtigten Beitragsbescheid für das Umlagejahr 2009 vom 31. Juli 2013 erlassen, der einen verringerten Beitrag von 46,03 € auswies und mit weiterem Bescheid vom 31. Juli 2013 einen berichtigten Beitragsbescheid für die Beitragsjahre 2010 bis 2012, der für das Beitragsjahr 2010 einen reduzierten Beitrag von 97,80 €, für das Beitragsjahr 2011 einen reduzierten Beitrag von 80,54 € und für das Beitragsjahr 2012 einen reduzierten Beitrag von 92,98 € auswies. Die Beklagte hat des Weiteren am 17. April 2014 einen Beitragsbescheid für das Jahr 2013 über einen Betrag von 103,62 € erlassen und den dagegen eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 zurückgewiesen.

19

Die im erstinstanzlichen Verfahren unvertretene Klägerin hat hinreichend deutlich gemacht, dass sie ihre Klage in Bezug auf die mittlerweile erlassenen Beitragsbescheide erweitern möchte und hat dies in ihrem Schreiben vom 26. Juli 2014 bezüglich des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 ausdrücklich geltend gemacht.

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Die Beklagte hat zunächst ausgeführt, die Klägerin sei bei der Beklagten mit einem landwirtschaftlichen Unternehmen, bestehend aus 0,81 ha Landwirtschaft und 2,24 ha Forst seit dem 1. Januar 2009 zugehörig. Sie betreibe ein landwirtschaftliches Kleinstunternehmen, das vom Versicherungsschutz gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII umfasst werde. Hinsichtlich der im Eigentum der Klägerin stehenden forstwirtschaftlichen Flächen von 2,24 ha sei sie bereits durch den Besitz der Fläche und der forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte forstwirtschaftliche Unternehmerin. Nach der Rechtsprechung des BSG setze die Annahme eines Unternehmens der Forstwirtschaft grundsätzlich voraus, dass der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfüge, der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet werde (Hinweis auf den Beschluss des BSG vom 12. Juli 1989 – 2 BU 175/88). Allein entscheidend sei die Tatsache, dass forstwirtschaftliche Arbeiten, das heiße, die Vorbereitung des Bodens für die Bepflanzung, die Bepflanzung selber, die Pflegearbeiten einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung von Schäden und die Kontrolle des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen verrichtet würden. Die Bearbeitung von Forstflächen könne entsprechend der Eigenschaft der Forstwirtschaft auf verschiedene Weise erfolgen und sich über lange Zeiträume hinweg stark unterscheiden. Gemeinsam sei jedoch immer der Bestand von Flächen, auf denen Bäume wüchsen bzw. nachwüchsen. Irgendwelche konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen (z. B. Pflanzungen, Fällungen) gehörten nicht notwendigerweise zum Erscheinungsbild eines forstwirtschaftlichen Unternehmens. Das BSG halte auch die Annahme einer tatsächlichen widerlegbaren Vermutung für geeignet, die dahin gehe, dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen die forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer vermutet werde (Hinweis auf das Urteil des BSG vom 28. September 1999 – B 2 U 40/98 R). Eine solche Vermutung werde in tatsächlicher Hinsicht dadurch gestützt, dass von einem Brachliegenlassen in der Forstwirtschaft jedenfalls dann keine Rede sein könne, wenn auf den forstwirtschaftlichen Flächen Bäume stünden, wüchsen oder nachwüchsen. Aus rechtlicher Sicht lasse sich für die Vermutung anführen, dass der Waldbesitzer nach den Waldgesetzen zur Erhaltung des Waldes und damit zur Bewirtschaftung verpflichtet sei, wobei es keine Rolle spiele, wie die Einhaltung dieser Pflichten waldrechtlich gesichert sei.

21

Aufgrund der genannten Grundsätze sei vorliegend davon auszugehen, dass die Klägerin forstwirtschaftliche Unternehmerin und damit beitragspflichtig sei. Unstreitig sei sie Eigentümerin von Grund und Boden, auf dem Bäume stünden und damit Nutzungsberechtigte einer forstwirtschaftlichen Fläche. Damit bestehe die Vermutung, dass sie forstwirtschaftlich tätig und damit forstwirtschaftliche Unternehmerin sei. Diese Vermutung sei auch vorliegend nicht widerlegt. Dass derzeit keine Bearbeitung der forstwirtschaftlichen Fläche stattfinde, sei nach den vorherigen Ausführungen unbeachtlich. Auch die Lage in einem „militärischen Sicherheitsbereich“ und im Landschaftsschutzgebietbereich reiche zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Das Forstamt B-Stadt habe mitgeteilt, dass es sich bei der streitbetroffenen Waldfläche zweifelsfrei um Wald im Sinne des Landeswaldgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (LWaldG) handele. Der Bundesforstbetrieb V. habe in seiner Stellungnahme vom 27. April 2011 die Behauptung der Klägerin, jede Bewirtschaftung der Waldfläche unterliege der Genehmigungspflicht, nicht bestätigen können. Die Lage zum Munitionsdepot S. lasse vielmehr keinerlei Nutzungseinschränkungen bei ordnungsgemäßer Waldbewirtschaftung erkennen. Die Klägerin unterliege als Waldbesitzerin der Verpflichtung, den Wald jedenfalls in gewissem Umfang zu bewirtschaften. Dies folge aus dem Landeswaldgesetz vom 8. März 1993. Gemäß § 11 LWaldG sei der Waldbesitzer verpflichtet, den Wald im Rahmen seiner Zweckbestimmung nach anerkannten forstlichen Grundsätzen so zu bewirtschaften und zu pflegen, dass die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes unter Berücksichtigung der langfristigen Wachstumszeiträume stetig und auf Dauer erbracht werde. Nach § 12 LWaldG habe der Waldbesitzer u. a. den Boden und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, die nachhaltige Holzproduktion und die Erhaltung des Waldes als Lebensraum für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt zu sichern, Kahlschläge hiebsunreifer Bestände zu vermeiden, Verjüngungsmaßnahmen vorzunehmen und Forstkulturen und Naturverjüngungen ausreichend zu ergänzen, zu pflegen und zu schützen. Nach § 19 Abs. 1 LWaldG habe der Waldbesitzer die Pflicht, der Gefahr einer erheblichen Schädigung des Waldes durch Naturereignisse, Waldbrände, tierische und pflanzliche Forstschädlinge vorzubeugen. Schäden durch tierische und pflanzliche Erreger seien rechtzeitig und angemessen entgegenzuwirken. Nach § 19 Abs. 2 LWaldG könne die Forstbehörde die zur Verhütung von Gefahren für den Wald unbedingt notwendigen Schutzmaßnahmen anordnen. Hieraus werde deutlich, dass auch die Klägerin als Eigentümerin die Bewirtschaftungspflicht und im unfallversicherungsrechtlichen Sinne die Bewirtschaftungsvermutung treffe.

22

Ferner nutze die Klägerin eine landwirtschaftliche Fläche von zunächst angenommenen 0,81 ha. In ihrem Schreiben vom 9. Juli 2009 habe sie selbst eine Eigennutzung eingeräumt. Auch gegenüber dem Finanzamt B-Stadt habe sie angegeben, 0,81 ha landwirtschaftliche Fläche zu bewirtschaften und sei daher als Steuerschuldnerin für das land – und forstwirtschaftliche Vermögen herangezogen worden. Auch habe die Klägerin im Fragebogen vom 9. Juli 2009 angezeigt, drei Schafe und 25 Kaninchen zu halten. Aus allgemeiner Lebenserfahrung heraus sei anzunehmen, dass zumindest ein Teil des Futters für die gehaltenen Tiere auf der landwirtschaftlichen Fläche gewonnen werde. Für die Annahme eines Unternehmens der Landwirtschaft gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII genüge es, dass Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer ausgeübt würden, die dazu bestimmt seien, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen und abzuernten. Darin eingeschlossen seien die Aufzucht und die Haltung von Vieh, sofern ein Zusammenhang mit der Bodenbewirtschaftung und ein angemessenes Verhältnis der Anzahl der Tiere zur Größe und der Tragfähigkeit des Bodens bestehe, was im Fall der Klägerin zu bejahen sei. Für die Annahme eines landwirtschaftlichen Unternehmens komme es weder auf die Größe desselben noch auf ein mögliches Motiv der Verrichtung landwirtschaftlicher Tätigkeiten, etwa die Gewerbsmäßigkeit bzw. Gewinnerzielung an. Da die Klägerin eine landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschafte und im Besitz von 2,24 ha Wald sei, betreibe sie ein von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung umfasstes Unternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Als landwirtschaftliche Unternehmerin sei sie zu Recht zur Beitragsleistung für das Umlagejahr 2009 herangezogen worden (§§ 136 Abs. 1 Nr. 1, 150 Abs. 1 SGB VII).

23

Die Beklagte hat das Schreiben des Bundesforstbetriebes V. vom 27. April 2011 in Kopie zu den Gerichtsakten gereicht.

24

Im Schriftsatz vom 1. August 2013 hat die Beklagte der Klageerweiterung aus Gründen der Prozessökonomie zugestimmt. Da das Finanzamt B-Stadt ihr auf Anfrage mitgeteilt habe, dass der ursprünglich auf den 1. Januar 2009 ausgestellt Grundsteuermessbescheid vom 27. Februar 2009 aufgrund eines Widerspruchs am 26. März 2009 dahingehend geändert worden sei, dass ein Teil der vormals als landwirtschaftlich bewerteten Fläche als Geringstland ausgewiesen wurde, habe die Beklagte daraufhin ihre Beitragsforderungen für die Jahre 2009 bis 2012 hinsichtlich der zugrunde gelegten Kulturarten berichtigt. Sie übersende deshalb in Kopie ihre berichtigten Beitragsbescheide jeweils vom 31. Juli 2013 betreffend das Beitragsjahr 2009 sowie die Beitragsjahre 2010 bis 2012.

25

Zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage führe die Änderung jedoch nicht. In diesem Zusammenhang verweise sie auf die Entscheidung des BSG vom 18. Januar 2011 (B 2 U 16/10 R). Streitig sei die Frage gewesen, ob das bloße Mähen einer Wiese den unfallversicherungsrechtlichen Unternehmensbegriff erfülle. Das BSG habe die Frage dahingehend beantwortet, dass der unfallversicherungsrechtliche Unternehmensbegriff durch jede Tätigkeit (§ 121 Abs. 1 SGB VII) erfüllt werde, die in irgendeiner Art „Boden bewirtschaftet“. Dafür reiche es aus, dass am Boden Handlungen vorgenommen würden, die der Erzeugung oder auch nur dem Abschneiden von Bodengewächsen dienten. Zur Begründung weise das BSG auf das Schutzkonzept des Gesetzes für unfallversicherte gefährliche Handlungen hin. Nichts anderes gelte vorliegend. Die Klägerin bewirtschafte ausweislich des Grundsteuermessbescheides eine landwirtschaftliche Fläche von 0,17 ha sowie eine Geringstlandfläche von 0,64 ha. Die Behauptung, dass es sich bei den der Beitragsveranlagung zugrunde liegenden Tieren um die Tiere ihres Mannes handele, sei nicht glaubwürdig. Die Klägerin habe selbst im Betriebsfragebogen den Tierbestand unter ihrem Namen angegeben. Auch spreche sie von „ihrer“ Tierhaltung und Zucht. Auch sei nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Tiere, zumindest teilweise, von der Landwirtschaftsfläche ernährt würden, bzw. die streitbetroffene Fläche als Auslauf genutzt werde. So werde auch durch das Weiden von Schafen ein Großteil das für die Tiere benötigten Futters gewonnen und vorgehalten. Auch die Verwertung von Grasschnitt für die Kaninchenfütterung entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung. Insofern sei unabhängig von der Haltereigenschaft vorliegend ein Zusammenhang zwischen der Tierhaltung und der Bodenbewirtschaftung gegeben.

26

Auch gehe sie weiterhin davon aus, dass die Klägerin ein forstwirtschaftliches Unternehmen betreibe. Insoweit verweise sie erneut auf die den Waldbesitzern auferlegten Pflichten in den Vorschriften der § 11, 12 Abs. 1 LWaldG. Damit liege ein konkreter Gesetzesbefehl vor, der ein bestimmtes Verhalten der Klägerin als Waldbesitzerin gebiete.

27

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG Neubrandenburg durch Gerichtsbescheid vom 28. September 2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Streitgegenstand sei der Zuständigkeitsbescheid vom 13. März 2010 sowie die für die Beitragsjahre 2009 bis 2013 ergangenen, ggf. berichtigten, Beitragsbescheide, jeweils in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide. Das Gericht teile nach umfassender Prüfung die Auffassung der Beklagten, wie sie in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden vom 5. Januar 2011, 11. Juni 2013 und 15. Juli 2014 dargetan worden sei und nehme zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen Bezug. Das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Beklagte habe sich mit diesem in eingehender Weise in den genannten Widerspruchsbescheiden und darüber hinaus im anhängigen Rechtsstreit auseinandergesetzt und dieses abschließend widerlegt. Die Auffassung der Beklagten stehe mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der herrschenden unfallrechtlichen Kommentarliteratur (etwa jurisPK – SGB VII, 2. Aufl., § 123 Rn. 12 ff) in vollständigem Einklang. Da der angefochtene Zuständigkeitsbescheid rechtmäßig sei und auch die angefochtenen Beitragsbescheide weder dem Grunde nach noch der Höhe nach zu beanstanden gewesen seien, sei der Klage in vollem Umfang der Erfolg versagt gewesen.

28

Gegen den ihr am 2. Oktober 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. Oktober 2015 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, keine land- und forstwirtschaftliche Unternehmerin zu sein, sodass für ihren Betrieb keine Zuständigkeit der Beklagten gemäß § 123 SGB VII gegeben und sie daher auch nicht beitragspflichtig sei. Da durch sie keine Bewirtschaftung ihrer Flächen erfolge, habe eine entsprechende Bewirtschaftung durch die Beklagte auch nicht nachgewiesen werden können. Soweit kurzzeitig Schafe als Hobby gehalten worden wären, seien diese verschenkt worden. Auch Hühner seien nur kurzzeitig gehalten und mittlerweile abgeschafft worden. Die Kaninchen würden mit zugekauften Futter ernährt und gehörten ihrem Ehemann. Die in ihrem Eigentum stehende Waldfläche sei nicht bewirtschaftet worden.

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Die Klägerin beantragt,

30

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 28. September 2015 sowie den (Zuständigkeits-)Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2010 und den (Beitrags-)Bescheid vom 13. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2011 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides vom 31. Juli 2013 sowie die (Beitrags-)Bescheide vom 19. Mai 2013, 5. Februar 2013, 11. Februar 2013 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2013 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides vom 31. Juli 2013 sowie den (Beitrags-) Bescheid vom 17. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 dieser in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 4. August 2020 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

33

Sie hält die angefochtene gerichtliche Entscheidung für zutreffend. Neue entscheidungserhebliche Sachverhalte seien von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Die Klägerin verfüge unbestritten über 2,24 ha umfassende Forstflächen. Sie betreibe damit ein forstwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, welches in ihren Zuständigkeitsbereich falle. Daraus erwachsende Rechtsfolge sei die Beitragspflicht der Klägerin gemäß § 150 Abs. 1 SGB VII.

34

Die Klägerin habe im klagegegenständlichen Zeitraum auch unbestritten Tiere gehalten und über Grünland verfügt. Es liege in der Natur der Sache, dass der Aufwuchs dieser Grünlandflächen zur Futtergewinnung für die gehaltenen Tiere gedient habe, unabhängig davon, ob außerdem noch Futterzukauf erforderlich gewesen sei. Die vorhandenen Tiere stünden im Eigentum der Klägerin und die Nutzung des Grünlandes zur Futtergewinnung für die Tiere sei ihr unmittelbar zugute gekommen. Die über mehrere Jahre andauernde Nutzung des Grünlandes habe ohne Zweifel den Tatbestand einer Bodenbewirtschaftung dargestellt. Hierzu gehörten sämtliche Tätigkeiten, die der Gewinnung von Bodenerzeugnissen dienten. Dies könne bereits das Mähen einer Wiese sein.

35

Hinsichtlich des Umlagejahres 2013 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis vom 4. August 2020 abgegeben, welches die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung angenommen hat.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (L 5 U 69/15 – S 13 U 9/11) sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

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Zu Recht hat das Sozialgericht Neubrandenburg im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 28. September 2015 die Klage abgewiesen. Denn der Zuständigkeitsbescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2010 und der (Beitrags-) Bescheid vom 13. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2011 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides vom 31. Juli 2013 sowie die Beitragsbescheide vom 19. Mai 2013, 5. Februar 2013, 11. Februar 2013 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2013 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides vom 31. Juli 2013 sowie der Beitragsbescheid vom 17. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 4. August 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

39

Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren der Zuständigkeits- und Beitragsbescheid (für das Jahr 2009) jeweils vom 13. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2011 (dann in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides für das Umlagejahr 2009 vom 31. Juli 2013). Auch wenn das BSG in seinem Urteil vom 5. Juli 2005 – B 2 U 32/03 R – bei einem Veranlagungsbescheid, mit dem ein Unfallversicherungsträger sein Mitgliedsunternehmen nach einem Gefahrtarif veranlagt und dem auf dieser Grundlage ergangenen Beitragsbescheiden entschieden hat, dass für eine gesetzliche Klageerweiterung analog § 96 Abs. 1 SGG im Verhältnis Veranlagungs- und Beitragsbescheid kein Raum sei (Urteil des BSG vom 5. Juli 2005, aaO, juris Rn. 20 m. w. N.), bilden vorliegend gleichwohl die von der Beklagten erlassenen Beitragsbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 den Streitgegenstand dieses Rechtsstreits. Denn es ist von einer zulässigen Klageänderung im Sinne des § 99 SGG im Hinblick auf die Beitragsbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 auszugehen. Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte die damals unvertretene Klägerin mit ihrem Schreiben vom 20. Juni 2013 und dann deutlich mit Schreiben vom 26. Juli 2014 zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Klageänderung bzw. Klageerweiterung im Hinblick auf die Beitragsbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 wünscht. In diese Klageänderung hat die Beklagte auch ausdrücklich eingewilligt. Prozesshindernisse stehen insoweit der Klageänderung nicht entgegen, da hinsichtlich der weiteren Beitragsbescheide, gegen die die Klägerin allesamt Widerspruch eingelegt hat, das entsprechende Vorverfahren durchgeführt worden ist, welches durch den Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2013 und den weiteren Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 abgeschlossen wurde. Da die Klägerin diese beiden Widerspruchsbescheide dem SG B-Stadt zeitnah mit ihren Schreiben vom 20. Juli 2013 und vom 26. Juni 2014 zur Kenntnis gegeben hat, hat die Klägerin innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) jedenfalls konkludent rechtzeitig zwei weitere Klagen beim SG Neubrandenburg gegen die weiter ergangenen Beitragsbescheide für die Umlagejahre 2010 bis 2013 erhoben.

40

Die Klage ist jedoch unbegründet.

41

Der Zuständigkeitsbescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 13. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2011 ist rechtmäßig. Die Beklagte ist nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zum 1. Januar 2013 von Gesetzes wegen die Rechtsnachfolgerin der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland geworden und hat deren Rechte und Pflichten übernommen. Der Zuständigkeitsbescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten ist rechtmäßig, da diese die Klägerin zu Recht als forst- und landwirtschaftliche Unternehmerin in die gesetzliche Unfallversicherung aufgenommen und zutreffend zu Beiträgen veranlagt hat, denn die Klägerin war landwirtschaftliche Unternehmerin und als solche beitragspflichtig.

42

Der Versicherung kraft Gesetzes unterliegen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII „Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens“. Beitragspflichtig sind Unternehmer, die nach dieser Vorschrift versichert sind oder die versicherte Arbeitskräfte beschäftigen (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Landwirtschaftliche Unternehmen werden in § 123 Abs. 1 SGB VII genannt. Landwirtschaftliche Unternehmen sind nach Nr. 1 der Vorschrift u. a. solche der Land- und Forstwirtschaft. Der Begriff der landwirtschaftlichen Unternehmen ist im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gesetzlich definiert. Er umfasst nicht nur bodenbewirtschaftende Unternehmen. Landwirtschaftlicher Unternehmer ist, wer als Besitzer von Grundstücken (Eigentümer, Pächter, Nießbraucher oder sonstiger Nutzer) auf eigene Rechnung Tätigkeiten verrichtet oder verrichten lässt, die mit dem Boden in irgendeiner Art wirtschaften (vgl. Urteil des BSG vom 7. November 2000 – B 2 U 42/99 R –, juris Rn. 16). Hingegen reicht es nicht aus, dass jemand Eigentümer, Besitzer oder Nutzungsberechtigten an einem Grundstück ist, ohne eine mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit zu entfalten. Zur Bodenbewirtschaftung zählt nicht nur die Bestellung des Bodens durch Säen oder Pflanzen und seine Bearbeitung z. B. durch Pflügen, Düngen oder Bewässern. Sie umfasst vielmehr sämtliche Tätigkeiten, die dem Abschneiden von Bodengewächsen oder der Gewinnung von Bodenerzeugnissen dienen. Unerheblich ist, ob die Bodenerzeugnisse auf einer Aufzucht beruhen und zu welchem Zweck sie gewonnen werden. Auch das Mähen von Gras zur Heugewinnung ohne weitere Verwendung des Heus gehört zu den landwirtschaftlichen Tätigkeiten (Urteil des BSG vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –, juris Rn. 16). Das landwirtschaftliche Unternehmen umfasst alle Tätigkeiten, die der Gewinnung der Bodenerzeugnisse und der Aberntung dienen, wie z. B. Ernten von Getreide, Abernten von Früchten eines Baumes, Mähen von Gras. Das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Unternehmens hängt grundsätzlich nicht von seiner Größe ab. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich; der Betrieb aus Liebhaberei (Hobby) ist einbezogen. Auch kleinste Grundstücke sind landwirtschaftliche Unternehmen (vgl. Leube in Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, § 123 Rn. 6).

43

Ein Grundstück ohne Bodenbewirtschaftung ist kein landwirtschaftliches Unternehmen. Wird die Bodenbewirtschaftung nicht nur vorübergehend eingestellt, so liegt insoweit kein landwirtschaftliches Unternehmen mehr vor. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es endgültig einer nicht mit landwirtschaftlicher Bodennutzung verbundenen Nutzung zugeführt wird, etwa durch eine ausschließlich den privaten Wohnbedürfnissen dienende Bebauung (vgl. Büntig in Lauterbach, Unfallversicherung, Bd. 3, 4. Aufl., § 123 Rn. 16).

44

Viehhaltung ist Teil der landwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung, wenn sie mit einer versicherten Bodenbewirtschaftung in Zusammenhang steht. Eine bodenbewirtschaftende Tätigkeit jedweder Art ist auch dann anzunehmen, wenn der Boden von Tieren abgeweidet wird, auch wenn dies lediglich einen Anteil am Futter ausmacht und ggf. zugefüttert wird (vgl. Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 8. Juli 2015 – L 8 U 6/14 –).

45

Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin landwirtschaftliche Unternehmerin. Bei dem Umfang der von der Klägerin damals gehaltenen Tiere (zwei Schafen, 10 Legehennen, 25 Kaninchen) kann davon ausgegangen werden, dass jedenfalls die Schafe und die Legehennen ihren Auslauf auf dem Grundstück fänden, um dort u. a. auch das Gras abzufressen oder bezüglich der Hühner nach eigenem Futter zu suchen. Dass – ggf. überwiegend – die Tiere zugefüttert werden mussten von anderweitig gekauftem Futter, ist insoweit unerheblich. Soweit die Klägerin im Gerichtsverfahren vorgetragen hat, dass jedenfalls die Kaninchen im Eigentum ihres Ehemannes stünden, ist für diese Behauptung kein Nachweis angetreten worden. Zum Zeitpunkt des Anfangskontakts mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten hat die Klägerin im Erhebungsbogen jedenfalls nicht klargestellt, dass ein Teil der Tiere nicht in ihrem Eigentum stehen würde.

46

Die Klägerin betreibt auch ein forstwirtschaftliches Unternehmen.

47

Ein Unternehmen der Forstwirtschaft setzt nach der Rechtsprechung des BSG voraus, dass der Inhaber des Unternehmens über eine forstwirtschaftlich genutzte Waldfläche verfügt, die zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet wird (vgl. Urteile des BSG vom 23. Januar 2018 – B 2 U 7/16 R, juris Rn. 11 und B 2 U 10/16 R –, juris Rn. 15, jeweils m. w. N.). Hierfür ist Voraussetzung, dass es sich um Wald handelt. Im Übrigen ist weder eine Mindestgröße der landwirtschaftlichen Flächen noch ein Mindestmaß an Arbeitsaufwand bei der Bewirtschaftung der Waldflächen erforderlich. Bei vorhandenen Nutzungsrechten besteht vielmehr die Vermutung der Bewirtschaftung. Diese Vermutung der forstwirtschaftlichen Nutzung ist vorliegend nicht widerlegt.

48

Die Klägerin ist Eigentümerin von ca. 2,24 ha Wald. Sie selbst hat im Erhebungsbogen die Fläche des Forst/Wald mit 2,3 ha angegeben. Diese Größe entspricht auch den entsprechenden Katastereintragungen bzw. der im Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 2009 niedergelegten forstwirtschaftlichen Nutzung. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstückteils, welches unter den „Waldbegriff“ des § 2 Abs. 1 Landeswaldgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LWaldG) zu subsumieren ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LWaldG ist Wald im Sinne dieses Gesetzes jede mit Waldgehölzen bestockte Grundfläche. Waldgehölze sind alle Waldbaum- und Waldstraucharten (Satz 2). Bestockung ist der flächenhafte Bewuchs mit Waldgehölzen, unabhängig von Regelmäßigkeit und Art der Entstehung (Satz 3).

49

Eine bestimmte Mindestgröße der forstwirtschaftlich genutzten Waldfläche ist zur Begründung der Unternehmenseigenschaft nicht erforderlich. Das Gesetz sieht in § 5 SGB VII für Inhaber landwirtschaftlicher und damit auch forstwirtschaftlicher Unternehmen bis zu einer Größe von 0,25 ha die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag vor und stellt damit gleichzeitig klar, dass selbst bei Unterschreitung einer Flächengröße von 0,25 ha grundsätzlich Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung besteht. Auch sog. Kleinwaldbesitzer sind deshalb, wenn sie sich forstwirtschaftlich betätigen, versicherungs- und beitragspflichtig zu der für sie zuständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Die Heranziehung als forstwirtschaftlicher Unternehmer setzt auch nicht voraus, dass die Bewirtschaftung der Waldflächen ein bestimmtes Mindestmaß an Arbeitsaufwand erfordert. Dass eine Fläche wegen ihrer Größe, Lage, Bodenbeschaffenheit oder aus anderen Gründen für eine wirtschaftlich sinnvolle forstliche Nutzung nicht geeignet ist, lässt die Unternehmenseigenschaft im Grundsatz nicht entfallen, weil für das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Unternehmens eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorausgesetzt wird (vgl. Urteil des BSG vom 7. Dezember 2004 – B 2 U 43/03 R –; Urteil vom 23. Januar 2018 – B 2 U 10/16 R –, juris Rn. 18).

50

Wegen der die Forstwirtschaft prägenden langen Bewirtschaftungszeiträume besteht vielmehr die – widerlegbare – Vermutung, dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen eine forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer gegeben ist. Die Klägerin ist Eigentümer von Grund und Boden, auf dem Bäume stehen, damit ist sie Nutzungsberechtigte einer forstwirtschaftlichen Fläche.

51

Entscheidend für die Eigenschaft des forstwirtschaftlichen Unternehmers ist nicht, ob der Eigentümer den Forst tatsächlich bewirtschaftet oder dies in Zukunft beabsichtigt. Die Bearbeitung und Bewirtschaftung von Waldflächen kann entsprechend der Eigenart der Forstwirtschaft auf verschiedene Weise erfolgen. Während die sog. Nachhaltsunternehmen jedes Jahr schlagreifes Holz ernten, geschieht dies bei den sog. aussetzenden Unternehmen nur in mehrjährigen Zwischenräumen, wobei sich die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz über Jahrzehnte hinziehen können. Demnach können sich forstwirtschaftliche Unternehmen zumindest über lange Zeiträume hinweg in ihrer äußeren Erscheinung stark unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen lediglich der Bestand von Flächen, auf denen Bäume wachsen bzw. nachwachsen; irgendwelche konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen (z. B. Pflanzungen, Fällungen) bzw. deren Spuren gehören deshalb nicht zum notwendigen Erscheinungsbild eines forstwirtschaftlichen Unternehmens. Solange auf den in Rede stehenden Flächen Bäume wachsen oder nachwachsen, kann daher von einem „Brachliegenlassen“ nicht gesprochen werden, auch wenn über einen langen Zeitraum keine Pflege- oder Erhaltungsmaßnahmen vorgenommen werden. Das BSG hat es nur dann als ausreichend für die Widerlegung der Vermutung erachtet, wenn dem Waldeigentümer aufgrund von landesrechtlichen Normen lediglich „minimale“ Tätigkeiten und diese nur nach vorheriger behördlicher Genehmigung erlaubt sind (vgl. Urteil des BSG vom 23. Januar 2018 – B 2 U 7/16 R –).

52

Die mithin grundsätzlich bestehende Vermutung einer forstwirtschaftlichen Nutzung des Waldes ist im Fall der Klägerin nicht widerlegt. Dies wäre dann der Fall, wenn die Fläche zu anderen Zwecken als der periodischen Gewinnung von Forsterzeugnissen verwendet wird. Für die Widerlegung dieser Vermutung hat das BSG gefordert, dass greifbare Umstände vorliegen, die auf eine andersartige Nutzung hinweisen. Dies gilt beispielsweise, wenn der Wald als Baugelände, z. B. zur Anlage eines Ferienzentrums oder eines Flugplatzes, zum Liegenlassen als „Urwald“ aus wissenschaftlichen Gründen oder als sonstiges Versuchs- und Übungsgelände erworben wurde (vgl. Urteil des BSG vom 23. Januar 2018 – B 2 U 10/16 R –, juris Rn. 21 m. w. N.). Eine anderweitige oder rechtlich unmögliche Nutzung ist vorliegend nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin insoweit selbst nicht behauptet. Hierfür reicht weder die Behauptung aus, die betreffende Forstfläche werde, gleich aus welchen Gründen, nicht bewirtschaftet oder sei wegen ihrer Größe, Lage, Bodenbeschaffenheit oder aus anderen Gründen für eine wirtschaftlich sinnvolle forstliche Nutzung nicht geeignet. Die öffentlich-rechtlichen Pflichten aus den Waldgesetzen bleiben dadurch unberührt.

53

Dass nach der Einlassung der Klägerin derzeit keine Bearbeitung der forstwirtschaftlichen Fläche stattfindet, ist grundsätzlich unbeachtlich. Selbst wenn die Klägerin den Entschluss gefasst haben sollte, auf Lebenszeit die gesamte in ihrem Eigentum stehende Waldfläche wirtschaftlich nicht zu nutzen, reicht dieser bloße Entschluss zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Die bloße Absicht, auf einer bestimmten forstwirtschaftlichen Fläche keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten, ändert an deren Eigenschaft als solcher jedenfalls so lange nichts, wie dort forstwirtschaftliche Pflanzen wachsen. Sie entzieht der auf tatsächliche und rechtliche Kriterien gestützten Vermutung nicht ihre Grundlagen. Insbesondere in rechtlicher Hinsicht ändert sich dadurch an der Verpflichtung der Klägerin als Waldbesitzerin, den Wald jedenfalls in gewissem Umfang zu bewirtschaften, nichts. Vielmehr zählen zur forstwirtschaftlichen Betätigung unabhängig von der wirtschaftlichen Nutzung neben dem Holzanbau und dem Holzeinschlag auch die Vorbereitung des Bodens für die Bepflanzung, die Bepflanzung selber, die Pflegearbeiten einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung von Schäden und die Kontrolle des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen (vgl. Urteil des BSG vom 23. Januar 2018 – B 2 U 10/16 R –, juris Rn. 22 m. w. N.).

54

Soweit die Klägerin vorträgt, dass ihre Flurstücke 6, 7 und 8 im militärischen Sicherheitsbereich lägen und daher jede Bewirtschaftung eine entsprechende Genehmigung erfordere, widerlegt dies nicht die Vermutung einer forstwirtschaftlichen Nutzung der Waldflächen. Dass diese Flächen möglicherweise im Landschaftsschutzgebiet liegen, reicht zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Wie die Beklagte mitgeteilt hat, hat das Forstamt B-Stadt angegeben, dass diese Flächen normal bewirtschaftet werden können. Auch geht aus dem Schreiben des Bundesforstbetriebes V. vom 27. April 2011 hervor, dass der Bundesforstbetrieb selbst Flächen bewirtschaftet, die zwischen dem Munitionsdepot S. der Bundeswehr und denen der Klägerin liegen und dass trotz der um das Depot herum geltenden Schutzbereichsverordnung die forstliche Bewirtschaftung nur sehr unwesentlich durch diese eingeschränkt wird (z. B. hinsichtlich des Verbrennens von Resthölzern oder bei der Jagdausübung in der Nähe des Depots). Daher sind der Klägerin als dem Waldeigentümer gerade nicht nur lediglich „minimale“ Tätigkeiten und diese nur nach vorheriger behördlicher Genehmigung auf ihrer Waldfläche erlaubt.

55

Auch wenn die Klägerin ihre Waldfläche wirtschaftlich – derzeit – nicht nutzt, obliegen ihr nach dem Landeswaldgesetz M-V als Waldeigentümer bzw. Waldbesitzer zahlreiche öffentlich-rechtliche Pflichten. Waldbesitzer im Sinne von § 5 LWaldG sind der Waldeigentümer und der Nutzungsberechtigte, sofern dieser unmittelbarer Besitzer des Waldes ist. Gemäß § 11 Abs. 2 LWaldG ist der Waldbesitzer verpflichtet, seinen Wald im Rahmen der Zweckbestimmung nach anerkannten forstlichen Grundsätzen so zu bewirtschaften und zu pflegen, dass die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes unter Berücksichtigung der langfristigen Wachstumszeiträume stetig und auf Dauer erbracht wird. Gemäß § 12 Abs. 1 LWaldG hat der Waldbesitzer im Rahmen seiner Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, insbesondere den Boden und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten (Nr. 1), die nachhaltige Holzproduktion und die Erhaltung des Waldes als Lebensraum einer artenreichen Pflanzen- und Tierwelt zu sichern (Nr. 2), Kahlschläge hiebsunreifer Bestände und auf größeren Flächen zu vermeiden (Nr. 3), Verjüngungsmaßnahmen mit standortgerechten und geeigneten Baumarten vorzunehmen (Nr. 4), Forstkulturen und Naturverjüngungen ausreichend zu ergänzen, zu pflegen und zu schützen (Nr. 5) und Weiteres. Diese öffentlich-rechtlichen Pflichten aus dem Landeswaldgesetz bleiben trotz eines von der Klägerin gefassten Entschlusses, die Forstfläche brach liegen zu lassen oder wirtschaftlich nicht zu nutzen, unberührt.

56

Die Klägerin unterliegt daher kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens der Versicherung. Sie ist damit beitragspflichtig nach § 150 Abs. 1 SGB VII. Grundrechte der Klägerin werden durch die Versicherungs- und Beitragspflicht nicht verletzt. Dies gilt zunächst für die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, da keine erdrosselnde oder konfiskatorische Wirkung eines Beitrages erkennbar ist, der zwischen 46,03 € und 103,62 € jährlich für die Beitragsjahre 2009 bis 2013 liegt. Ebenso ist der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG jedenfalls nicht unverhältnismäßig. Auch § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII i. V. m. § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist grundsätzlich taugliche Schranke zur Rechtfertigung des in der Pflichtversicherung liegenden Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit. Der Inhalt der genannten gesetzlichen Regelung ist darüber hinaus auch in der Auslegung durch das BSG nicht unverhältnismäßig. Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist die Tatsache, dass die auch rechtlich gebotenen forstwirtschaftlichen Arbeiten durch die Unfallversicherung so weit wie möglich abgedeckt werden (vgl. Urteil des BSG vom 28. September 1999 – B 2 U 40/98 R –). Die ausgeprägte Risikogeneigtheit forstwirtschaftlicher Arbeiten gebietet die Erstreckung des Versicherungsschutzes auch auf Kleinstunternehmen, die ggf. gleich hohe Unfallrisiken wie ein Großbetrieb aufweisen können. Die hohen Unfallrisiken auch bei nur gelegentlichen forstwirtschaftlichen Betätigungen rechtfertigen eine Erstreckung des Versicherungsschutzes auch auf die Klägerin, selbst wenn diese von forstwirtschaftlichen Betätigungen dauerhaft absehen wollte. Denn mit dieser „Verweigerung“ einer forstwirtschaftlichen Betätigung begibt sich die Klägerin in Widerspruch zu ihren waldrechtlichen Verpflichtungen, deren Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs jederzeit möglich ist. Rein praktisch gesehen kann die Klägerin deshalb nicht glaubhaft ausschließen, dass sie beispielsweise zur kurzfristigen Beseitigung von Sturmschäden, durch die ggf. weiterer Schaden für Rechtsgüter Dritter droht, sei es aus eigenem Antrieb oder aufgrund einer verwaltungsrechtlichen Anordnung der zuständigen Forstbehörde, forstwirtschaftlich tätig wird (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 9. Juli 2015 – L 10 U 2233/14 –, juris Rn. 27).

57

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist nicht ersichtlich. Die Zwangsmitgliedschaft der Klägerin in der gesetzlichen Unfallversicherung verletzt auch nicht den Gleichheitssatz, da sie für alle landwirtschaftlichen Unternehmen mit Sitz in Deutschland gilt und keine willkürliche Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem begründet.

58

Die von der Beklagten für die Umlagejahre 2009 bis 2013 erlassenen – auch berichtigten – Beitragsbescheide, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2013 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2014, letzterer in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 4. August 2020, sind rechtmäßig. Die konkrete Höhe der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie der Beklagten für die Beitragsjahre 2009 bis 2013 festgesetzten Beiträge begegnet nach Auffassung des Senats keinen Bedenken. Einwendungen gegen die konkrete Beitragshöhe und die ihr zugrunde liegenden Berechnungsfaktoren hat die Klägerin auch nicht erhoben. Wie den für die Beitragsjahre nach 2009 ergangenen weiteren Beitragsbescheiden entnommen werden kann, hat die Beklagte offensichtlich die Angaben der Klägerin insoweit zugrunde gelegt, als diese angegeben hat, den Tierbestand im Laufe der Zeit verringert bzw. ganz abgeschafft zu haben. So werden beispielsweise die Schafe, Legehennen und Kaninchen in den Beitragsbescheiden für das Umlagejahr 2011 nur noch in reduziertem Umfang, die Schafe und die Legehennen für das Umlagejahr 2012 gar nicht mehr berücksichtigt. Die für die Klägerin günstigen Angaben im geänderten Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 2009 hat die Beklagte betragsmäßig zugunsten der Klägerin berücksichtigt. Der Senat hat anhand der in den Beitragsbescheiden dargelegten Berechnungen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsberechnung und sieht unter Verweis auf die für zutreffend erachteten Ausführungen in den streitgegenständlichen – insbesondere geänderten – Beitragsbescheiden von einer weiteren Darstellung zur Beitragshöhe ab.

59

Nach alledem konnte die Berufung – soweit ihr nicht durch das angenommene Teilanerkenntnisses vom 4. August 2020 entsprochen worden ist – keinen Erfolg haben.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Klägerin führt den Rechtsstreit nicht als kostenrechtlich privilegierter Versicherter im Sinne des § 183 SGG, sodass § 193 SGG keine Anwendung findet. Mit ihrer Klage verfolgt sie gegenüber der Beklagten keine Rechte als Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte von ihr als Unternehmer im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 5a, 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (vgl. auch die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 22. Juli 2020 – L 5 U 71/15 B –). Der durch das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten vom 4. August 2020 erzielte Erfolg der Klägerin ist so gering zu bemessen, dass auch keine Kostenquotelung in Betracht kam.

61

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nicht ersichtlich sind (§ 160 Abs. 2 SGG).

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