Beschluss vom Landessozialgericht NRW - L 19 AS 1301/14 B ER
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 30.06.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung eines Antrages auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
4Der am 00.00.1977 geborene Antragsteller ist rumänischer Staatsangehöriger. Er lebt seit Oktober 2013 in Deutschland und bewohnt auf der Grundlage eines am 25.10.2013 abgeschlossenen Untermietvertrags 14 qm einer insgesamt 53 qm großen Wohnung, für deren Nutzung inkl. Nebenkosten er 120,00 EUR monatlich zu entrichten hat. Hauptmieterin der Wohnung ist Frau J. Im Rahmen der Beantragung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erklärte der Antragsteller, er lebe mit Frau J nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Er lebe mit Frau J lediglich in einer Wohnung zusammen, man habe getrennte Kassen. Der Antragsteller ist gelernter Putzer und Maurer, hat jedoch nach eigenen Angaben bislang keine Anstellung gefunden und auch im Rahmen des ab dem 30.01.2014 angemeldeten Gewerbes (Schrottabholung nach Terminabsprache) keine Aufträge erhalten.
5Am 28.04.2014 beantragte der Antragsteller erstmals die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 04.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 unter Berufung auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, abgelehnt und ist Gegenstand der am 10.07.2014 beim Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage S 55 AS 2691/14.
6Am 12.06.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung dieses Anspruchs begehrt. "Die Antragsteller" seien hilfebedürftig. "Mit Ausnahme des Kindergeldes" verfügten "sie" weder über eigenes Einkommen, noch über eigenes Vermögen, was durch die Abgabe der beigefügten eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht werde. In der beigefügten eidesstattlichen Versicherung vom 21.05.2014 gibt der Antragsteller an, die Angaben seiner Rechtsanwältin seien zutreffend. Der Schriftsatz sei nach seinen Angaben gefertigt worden. Er lebe zur Zeit von Lebensmittelspenden von Freunden, die Miete habe er nicht zahlen können.
7Mit Beschluss vom 30.06.2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II.
8Gegen den am 07.07.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom selben Tag, für die der Antragsteller Prozesskostenhilfe beantragt hat. Angesichts der ungeklärten Rechtslage in Bezug auf den Leistungsausschluss für Ausländer, die sich allein zur Arbeitsuche im Inland aufhalten, seien Grundsicherungsleistungen zuzusprechen.
9Dem Antragsteller ist zu Händen der Prozessbevollmächtigten aufgegeben worden darzulegen, wovon er seit mehr als einem Jahr lebt, wer ggf. seine Kreditgeber sind und welche Aktivitäten er im Rahmen des seit dem 30.01.2014 angemeldeten Gewerbes entfaltet hat. In einer am 21.04.2014 unterzeichneten, als Anlage zum Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 08.07.2014 vorgelegten Erklärung hat der Antragsteller angegeben, über kein Konto zu verfügen. Mit Schreiben vom 25.07.2014 hat der Antragsteller mitgeteilt, er habe seine Miete von 120,00 EUR monatlich nicht zahlen können, dies dulde die Hauptmieterin der Wohnung, die ihn auch verpflege. Seit dem 17.07.2014 habe er kein Konto mehr. Die Bank sei nicht bereit, Kontoauszüge zur Verfügung zu stellen. Die Bevollmächtigte hat mitgeteilt, dem Antragsteller sei eine Schweigepflichtentbindungserklärung übersandt worden, um Ermittlungen des Gerichts zu ermöglichen.
10II.
11Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsgrund im Sinne der Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Regelung nach § 86b Abs. 2 SGG glaubhaft gemacht. Insbesondere hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass er hilfebedürftig i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 3, 9 SGB II ist.
12Der Antragsteller hat im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren widersprüchliche Angaben gemacht und dadurch Hilfebedürftigkeit nicht nur nicht glaubhaft gemacht, sondern erhebliche Zweifel an deren Vorliegen begründet. So hat er bei Antragstellung angegeben, er habe mit Frau J "getrennte Kassen", während er nunmehr vorträgt, dass Frau J ihn verpflege und die Nichtzahlung der Miete seit fast einem Jahr akzeptiere. Dieser Umstand - sofern er zutrifft - spricht stark dafür, dass der Antragsteller und Frau J, die unstreitig in einem gemeinsamen Haushalt leben, aus einem Topf wirtschaften und eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilden, so dass das offenbar vorhandene Einkommen oder Vermögen der Frau J auf den Bedarf des Antragstellers anzurechnen ist.
13Auch die Angaben zum Konto sind widersprüchlich und damit ungeeignet, Hilfebedürftigkeit glaubhaft zu machen. Während der Antragsteller im Rahmen des PKH-Antrags bereits im April 2014 behauptet hat, nicht über ein Konto zu verfügen, hat er nunmehr erklärt, dieses sei seit 17.07.2014 aufgelöst. Offen bleibt auch, weshalb der Antragsteller nicht wenigstens Auszüge des Kontos bis zu dessen Auflösung vorlegt.
14Die "eidesstattliche Versicherung", die der Antragsteller zur Glaubhaftmachung seiner Hilfebedürftigkeit vorgelegt hat, ist unbrauchbar und löst nur deswegen keine strafrechtlichen Schritte des Senats aus, weil ihre Ungeeignetheit zur Glaubhaftmachung offensichtlich ist. Nach seinen Angaben im Antragsverfahren ist der Antragsteller alleinstehend und kinderlos, nach seiner Darstellung in der "eidesstattlichen Versicherung" in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 12.06.2014 verfügt er aber "mit Ausnahme des Kindergeldes" nicht über weiteres Einkommen. Inhaltlich widerspricht die "eidesstattliche Versicherung" späteren Angaben des Antragstellers. Während er in der "eidesstattlichen Versicherung" behauptet, von "Lebensmittelspenden von Freunden" zu leben, hat seine Bevollmächtigte in den Schriftsätzen vom 25.07.2014 und 12.08.2014 erklärt, der Antragsteller werde "durch Frau J verpflegt". Angesichts des Umstandes, dass in der "eidesstattlichen Versicherung" ausdrücklich erklärt wird, die Rechtsanwältin habe den Schriftsatz nach den Angaben des Antragstellers aufgeschrieben, sieht der Senat sich veranlasst, die Prozessbevollmächtigte dringend an ihre prozessuale Sorgfaltspflicht und den Antragsteller an die prozessuale Wahrheitspflicht zu erinnern, zumal wenn strafbewehrte Erklärungen abgegeben werden.
15Nach Vorstehendem liegen auch die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Sinne von §§ 73 a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO nicht vor.
16Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG. Kosten für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).
17Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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Referenzen
- 55 AS 2691/14 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 Abs. 1 Nr. 3, 9 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- SGG § 193 1x
- SGG § 86b 1x
- SGG § 177 1x
- SGG § 73a 1x