Urteil vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (5. Senat) - L 5 KR 300/16

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 14.9.2016 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Mitgliedschaft des bei der beklagten Krankenkasse als hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger freiwillig krankenversicherten Klägers nach der Gewerbeabmeldung zum 31.12.2013 weiter einen Anspruch auf Krankengeld umfasst.

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Der 1959 geborene Kläger ist seit 1999 als hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger freiwilliges Mitglied der Beklagten. Aufgrund einer Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) umfasste die Mitgliedschaft des Klägers ab 1.8.2009 einen Krankengeldanspruch ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Ab 10.1.2014 war der Kläger arbeitsunfähig wegen einer mittelgradigen depressiven Episode und einer somatoformen und phobischen Störung. Am 3.2.2014 meldete der Kläger als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der R. A GmbH & Co. KG (Garten- und Landschaftsbau, Tiefbau) das Gewerbe bei der Verbandsgemeinde W -L ab; dabei gab er an, der Betrieb, bei dem zuletzt 20 Personen vollzeitbeschäftigt gewesen seien, sei zum 31.12.2013 aus persönlichen/ familiären Gründen wegen „Erbfolge/ Verkauf/ Verpachtung“ aufgegeben worden. Zur Begründung seines Antrags auf Krankengeld gab der Kläger gegenüber der Beklagten mit Schriftsatz vom 7.4.2014 an, der beigefügten betriebswirtschaftlichen Auswertung sei zu entnehmen, dass die GmbH & Co. KG im Zeitraum Januar bis Februar 2014 ein vorläufiges Ergebnis vor Steuern in Höhe von ca. -111.134,72 € erzielt habe; die ausgewiesenen Umsatzerlöse in Höhe von 62.701,45 € resultierten in erster Linie aus einem verbliebenen Bauvorhaben, welches bereits im Dezember angefangen und im Januar von einem Subunternehmen fertig gestellt worden sei, sowie aus bereits abgeschriebenen Forderungen, bei denen wider Erwarten Zahlungen vereinnahmt werden konnten und die damit wertzuberichtigen gewesen seien. Im Übrigen sei dieses Ergebnis Folge der Tatsache, dass aufgrund seiner Erkrankung keine neuen Aufträge mehr übernommen und dementsprechend keine neuen Umsatzerlöse mehr generiert werden konnten. Der zu bestimmende Verdienstausfall resultiere daraus, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, Arbeitnehmer zu beschäftigen bzw. anzuleiten, was unmittelbar zur Folge habe, dass keine neuen Umsatzerlöse generiert werden könnten. Ohne seine Erkrankung hätte er mit ca. sechs bis sieben Mitarbeitern neue Aufträge bearbeiten und entsprechende Erträge generieren können. Aus der beigefügten Rentabilitätsberechnung seines Steuerrechtsanwalts ergebe sich, dass er mit der angegebenen Anzahl von Arbeitnehmern Umsatzerlöse in Höhe von 750.000 € und unter Berücksichtigung der üblichen Kosten für einen Betrieb dieser Größe das avisierte Betriebsergebnis von ca. 98.000 € p.a. hätte erreichen können. Diese Zahlen ergäben sich unter Berücksichtigung der üblichen Branchenauswertungen sowie aus der konkreten Erfahrung bei der GmbH & Co. KG und der bis 2010 von ihm geführten Einzelfirma.

3

Mit Bescheid vom 5.5.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Versicherungsschutz als hauptberuflich Selbständiger mit Anspruch auf Krankengeld habe mit Abmeldung seines Gewerbes zum 31.12.2013 geendet. Mit Bescheid vom 21.5.2014 teilte sie dem Kläger mit, für die seit 10.1.2014 bestehende Arbeitsunfähigkeit habe er keinen Anspruch auf Krankengeld, da sein Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld zum 31.12.2013 geendet habe. Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung seiner Widersprüche führte er aus, das Gewerbe sei erst nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit rückwirkend zum 31.12.2013 abgemeldet worden. Im Jahr 2014 seien im Rahmen der Abwicklung der GmbH & Co. KG noch weitere Arbeiten wie Klärung der Verträge mit Subunternehmen, Überprüfung von Ausmaßen (gemeint wohl: Aufmaßen), Bearbeitung und Klärung eingehender Rechnungen und Zahlungen sowie Erstellen von Ausgangsrechnungen angefallen. Zudem sei für die GmbH & Co. KG auch bei der Verbandsgemeindeverwaltung T -T ein Gewerbe angemeldet, das noch nicht endgültig abgemeldet sei.

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Nachdem die Beklagte sich verpflichtet hatte, dem Kläger nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Krankengeld zu zahlen, falls sie in dem gerichtlichen Verfahren gegen den Bescheid vom 5.5.2014 betreffend die Beendigung des Versicherungsschutzes mit Anspruch auf Krankengeld unterliegen sollte, waren die Beteiligten sich einig, das Widerspruchsverfahren betreffend den Krankengeldbescheid vom 21.5.2014 bis zur Entscheidung des Sozialgerichts ruhen zu lassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 8.12.2014, den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 16.12.2014, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 5.5.2014 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, gemäß § 23 Abs. 12 Nr. 1 ihrer Satzung ende der Krankengeld-Wahltarif, wenn der Versicherte nicht mehr zum Personenkreis nach Absatz 1 zähle, es sei denn die Versicherung oder die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach Absatz 1 sei längstens einen Monat unterbrochen. Aufgrund der Gewerbeabmeldung zum 31.12.2013 habe der Kläger ab 1.1.2014 nicht mehr zum Personenkreis nach § 23 Abs. 1 der Satzung gehört, der Krankengeld-Wahltarif habe automatisch zum 31.12.2013 geendet.

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Hiergegen hat der Kläger am 16.1.2015 Klage erhoben. Er hat vorgetragen, für den Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld sei es unerheblich, dass er im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit seine Erwerbstätigkeit bereits eingeschränkt oder aufgegeben habe (BSG 12.3.2013 – B1 KR 4/12 R, Rn. 8). Die Einschränkung der Erwerbstätigkeit wirke sich nur auf die Höhe des Krankengeldanspruchs aus. Es obliege dem Versicherten selbst darüber zu entscheiden, inwieweit er an dem Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld festhalten wolle, wenn die Zugangsvoraussetzungen zu einer freiwilligen Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld entfallen. Er habe den Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld nicht beendet. Zudem habe er seine selbstständige Erwerbstätigkeit nicht vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit aufgegeben. Die Gewerbeabmeldung sei erst am 3.2.2014 erfolgt. Eine endgültige Betriebsaufgabe liege erst dann vor, wenn nicht nur das Gewerbe abgemeldet sei, sondern der Versicherte sich sämtlicher personeller und sächlicher Betriebsmittel entledigt habe und alle potentiell vorhandenen behördlichen Genehmigungen erloschen seien. Die Abmeldung des Gewerbes sei lediglich ein Indiz für die tatsächliche Einstellung der selbstständigen Tätigkeit. Er sei noch im Rahmen der Liquidation der GmbH & Co. KG weiter tätig gewesen. Daneben sei unter derselben Firma noch ein Gewerbe bei der Verbandsgemeindeverwaltung T -T angemeldet gewesen. Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Kläger angegeben, eine Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem Finanzamt sei nicht abgegeben worden, vielmehr seien weiterhin monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgt. Der Kläger hat eine Gewinn- und Verlustrechnung der GmbH & Co. KG für das Geschäftsjahr 2014 vorgelegt, die einen Jahresfehlbetrag von 152.282,95 € ausweist, in den vorgelegten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen sind zuzurechnende laufende Einkünfte von -148.255,- € angegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, nach seinen Informationen solle das für die private Berufsunfähigkeitsversicherung erstattete Gutachten nach Angaben des Sachverständigen dem Kläger selbst nicht zugänglich gemacht werden, er wolle dieses Gutachten deshalb auch im vorliegenden Verfahren nicht vorlegen.

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Die Beklagte hat vorgetragen, soweit der Kläger vortrage, er sei im Rahmen der Liquidation noch weiter selbstständig tätig gewesen, stehe das in Widerspruch zu der von ihm geschilderten seit 10.1.2014 bestehenden Arbeitsunfähigkeit wegen einer mittelgradigen depressiven Episode sowie einer somatoformen und phobischen Störung. Wenn der Kläger weiter gearbeitet habe, stelle sich die Frage, ob er überhaupt arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und einen Einkommensverlust gehabt habe. Einem Krankengeldanspruch stehe auch entgegen, dass er seit 1.2.2014 monatliche Leistungen in Höhe von 1987 € aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung erhalte.

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Mit Urteil vom 14.9.2016 hat das Sozialgericht Trier antragsgemäß den Bescheid der Beklagten vom 5.5.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.12.2014 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger auch über den 1.1.2014 hinaus weiter als hauptberuflich Selbstständiger mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten freiwillig versichert sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil der Kläger auch ab 1.1.2014 als hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern gewesen sei. Streitgegenstand sei allein der Bescheid vom 5.5.2014, mit dem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt habe, sein Versicherungsschutz habe mit der Gewerbeabmeldung zum 31.12.2013 geendet. Nicht Gegenstand der Klage sei der weitere Bescheid der Beklagten vom 21.5.2014, mit dem die Beklagte die Zahlung von Krankengeld abgelehnt habe. Aufgrund seiner Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V sei der Kläger mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Auch wenn man mit der Beklagten annehme, dass mit Wegfall der Eigenschaft als „hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger“ die Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld ende, bedeute das nicht, dass ein bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit noch bestehender Versicherungsschutz entfalle, wenn der erkrankte Versicherte seine bisherige hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben könne. Abzustellen sei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit, hier auf den Beginn der attestierten Arbeitsunfähigkeit ab 10.1.2014. Es könne nicht angenommen werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hauptberuflich selbstständig erwerbstätig gewesen sei. Aus dem vom Kläger vorgelegten Jahresabschluss sei ersichtlich, dass er jedenfalls in den ersten drei Monaten des Jahres 2014 noch weiterhin nennenswerte Umsatzerlöse erzielt habe und Restarbeiten sowie in Auftrag befindliche Aufträge durchgeführt habe. Merkmale für die Beendigung einer selbstständigen Tätigkeit seien zwar die Abmeldung des Gewerbebetriebs, Auflösung, Liquidation oder Löschung des Betriebs im Handelsregister oder in der Handwerksrolle. Werde im Falle der Gewerbeabmeldung der Betrieb aufgrund einer nicht abgegebenen Betriebsaufgabeerklärung im steuerrechtlichen Sinne fortgeführt und würden dementsprechend weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, sei für diese Zeit weiterhin eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen. Der Kläger habe im streitigen Zeitpunkt noch keine Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem Finanzamt abgegeben. Für diese Sicht spreche auch, dass die Leistungen aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung erst ab 1.2.2014 gezahlt worden seien. Auch ohne Kenntnis des zu Grunde liegenden Gutachtens könne daraus geschlossen werden, dass vor diesem Zeitpunkt noch keine relevante Berufsunfähigkeit vorgelegen habe, vielmehr offenkundig der Zeitpunkt der attestierten Arbeitsunfähigkeit mit einem Leistungsbeginn ab dem darauf folgenden Monat zu Grunde gelegt wurde. Leistungen aus dieser privaten Versicherung schlössen eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld auch keineswegs aus, insbesondere handele es sich dabei nicht um eine Leistung, die mit Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sei.

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Gegen das ihr am 21.9.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.10.2016 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, nach § 23 Abs. 12 Nummer 1 ihrer Satzung ende der Krankengeldwahltarif unabhängig von einer Kündigung, wenn der Versicherte nicht mehr zum Personenkreis nach § 23 Abs. 1 der Satzung zähle, es sei denn, die Versicherung oder die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach Abs. 1 sei längstens einen Monat unterbrochen. Ein Versicherter gehöre dann nicht mehr zum Personenkreis nach § 23 Abs. 1 der Satzung, wenn er keine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit mehr ausübe. Dabei seien entgegen der Annahme des Sozialgerichts beim Kläger nicht die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit – spätestens mit Beginn der attestierten Arbeitsunfähigkeit ab 10.1.2014 – maßgebend. Anders als im Falle pflichtversicherter Mitglieder komme es im Falle eines freiwilligen Mitglieds für den Anspruch auf Krankengeld nicht darauf an, ob zur Zeit des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit eine Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung mit Krankengeldberechtigung bestehe. Der Krankengeldanspruch bestimme sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliege. Maßgeblich sei demnach im Falle des Klägers der 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit, also der 21.2.2014. Die Gewerbeabmeldung am 3.2.2014 (zum 31.12.2013) sei demnach vor dem Leistungsentstehungszeitpunkt erfolgt. Der Krankengeldanspruch eines freiwillig Versicherten entstehe selbst dann nicht, wenn seine Krankengeldberechtigung nach erfolgter ärztlicher Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und vor Ablauf einer in der Krankenkassensatzung vorgesehenen Karenzzeit entfalle (Hinweis auf BSGE 13.7.2004 – B 1 KR 39/02 R). Unabhängig davon sei davon auszugehen, dass der Kläger bereits ab dem 1.1.2014 nicht mehr hauptberuflich selbstständig erwerbstätig gewesen sei. Dafür spreche die vollständige Abmeldung des Gewerbes rückwirkend zum 31.12.2013 sowie auch die spätestens zum 31.12.2013 erfolgte Abmeldung aller bei der Beklagten gemeldeten Arbeitnehmer. Die vom Kläger nach der Abmeldung ab Januar 2014 im Rahmen der Abwicklung der Geschäftsaufgabe getätigten Restarbeiten stünden dieser Annahme nicht entgegen. Eine Tätigkeit sei nur dann hauptberuflich, wenn sie in einer Gesamtschau von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteige (Hinweis auf BSG SozR 3-5420 § 3 Nr. 3 S. 17 ff., BT-Drucks. 11/2237 S. 159). Vom zeitlichen Umfang her sei eine selbstständige Tätigkeit dann als hauptberuflich anzusehen, wenn sie mehr als halbtags ausgeübt werde (Hinweis auf BSGE 10.3.1994 – 12 RK 1/94 und 12 RK 3/94). Das ergebe sich auch aus den Hinweisen zum Begriff der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit des GKV-Spitzenverbandes vom 11.6.2013. Das Sozialgericht habe keine Feststellungen zur wirtschaftlichen Bedeutung und zum zeitlichen Aufwand der vom Kläger ab 1.1.2014 angegebenen Tätigkeiten getroffen. Die vom Kläger vorgelegte Gewinn- und Verlustaufstellung enthalte für den Monat Januar 2014 keine Angaben. Der Kläger habe außer der seit Februar 2014 bezogenen Berufsunfähigkeitsrente keine Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit belegt.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 14.9.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und nimmt auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Soweit die Beklagte nunmehr vortrage, für den Zeitpunkt des Fortbestehens der Mitgliedschaft komme es auf den 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit, also den 21.2.2014, an, sei darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Verfahren lediglich der Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld, nicht aber der Krankengeldanspruch Streitgegenstand sei.

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Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verweist der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben und zu Recht festgestellt, dass der Kläger auch über den 1.1.2014 hinaus weiter als hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten freiwillig versichert ist. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beklagte damit zu Unrecht festgestellt hat, der Kläger habe ab 1.1.2014 keinen Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld mehr.

I.

16

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig. Es handelt sich hierbei nicht um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage (vgl. dazu Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 55 Rn. 9 m.w.N.). Eine grundsätzlich unzulässige Elementenfeststellungsklage liegt nur dann vor, wenn um einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses, z.B. Rechtsfragen, Vorfragen, Tatfragen, Verwaltungsgepflogenheiten o.ä. gestritten wird. Zulässig ist dagegen eine Klage auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten, die auf dem Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn beruhen und vom Inhalt dieses Rechtsverhältnisses abhängen (Keller, a.a.O. Rn. 6 m.w.N.). Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung seines Versicherungsschutzes mit Anspruch auf Krankengeld. Hierbei handelt es sich um ein eigenständiges Recht aus seiner freiwilligen Mitgliedschaft und nicht lediglich um ein einzelnes Element dieses Rechtsverhältnisses. Zudem hat die Beklagte über dieses Recht des Klägers durch eigenständigen Feststellungsbescheid entschieden. Daher hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Beseitigung dieser Feststellung. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich vorliegend um eine Elementenfeststellungsklage handeln würde, wäre diese ausnahmsweise zulässig, da davon auszugehen ist, dass durch die begehrte Feststellung der Streit der Beteiligten, jedenfalls hinsichtlich der Frage des Versicherungsschutzes mit Anspruch auf Krankengeld, grundsätzlich bereinigt wird (vgl. dazu Keller a.a.O. Rn. 9a m.w.N.). Denn die Beklagte hat sich im Verwaltungsverfahren bereit erklärt, entsprechend dem Ausgang dieses Rechtsstreits dem Kläger Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften aufgrund der ab 10.1.2014 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit zu zahlen. Da die Beklagte das Nichtbestehen eines Anspruchs auf Krankengeld ab 1.1.2014 durch eigenständigen Bescheid festgestellt hat, hat der Kläger die Feststellungsklage zu Recht mit einer Anfechtungsklage gegen diesen Feststellungsbescheid verbunden.

II.

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Die zulässige Klage ist auch begründet. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger auch in der Zeit ab 1.1.2014 weiterhin freiwilliges Mitglied der Beklagten war. Es bestehen auch ansonsten keine Anhaltspunkte für eine Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft gemäß § 191 SGB V. Die Beklagte hat jedoch mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht festgestellt, dass der Kläger im Rahmen dieser Mitgliedschaft ab 1.1.2014 keinen Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld hat.

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Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V haben keinen Anspruch auf Krankengeld hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung). Für die Wahlerklärung nach dieser Bestimmung gilt § 53 Abs. 8 Satz 1 SGB V entsprechend (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB V); d.h. es besteht eine Mindestbindungsfrist von drei Jahren (vgl. BT-Drucks. 16/12256 S. 64 zu Art. 15 Nr. 1 Buchst. b). Für die nach Nr. 2 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 SGB V unberührt (§ 44 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Für Versicherte, die eine Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V abgegeben haben, entsteht der Anspruch auf Krankengeld von der siebten Woche (= 43. Tag) der Arbeitsunfähigkeit an (§ 46 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Der Kläger hat eine Wahlerklärung im Sinne dieser Bestimmung abgegeben. Somit umfasste seine freiwillige Mitgliedschaft ab 1.8.2009 einen Anspruch auf Krankengeld.

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Einen eigenständigen Beendigungstatbestand für den Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld aufgrund der Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Nr. 2 SGB V enthält das Gesetz nicht. Nach den gesetzlichen Bestimmungen würde der Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld daher grundsätzlich nur durch Beendigung der dem Versicherungsschutz zu Grunde liegenden freiwilligen Mitgliedschaft nach § 191 SGB V enden. Die dort bestimmten Beendigungstatbestände (Tod des Mitglieds, Beginn einer Pflichtmitgliedschaft oder Wirksamwerden der Kündigung nach § 175 Abs. 4 SGB V) sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

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Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten endete der Versicherungsschutz des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld auch nicht nach § 23 Abs. 12 der Satzung der Beklagten. Nach dieser Bestimmung endet der „Krankengeld-Wahltarif“ unabhängig von einer Kündigung u.a., wenn der Versicherte nicht mehr zum Personenkreis nach Absatz 1 zählt, es sei denn, die Versicherung oder die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach Absatz 1 ist längstens einen Monat unterbrochen oder der Tarif ruht nach Maßgabe des Absatzes 13 Satz 1 und 2. Bei dem durch die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V erworbenen Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld handelt es sich jedoch nicht um einen „Krankengeld-Wahltarif“ im Sinne dieser Satzungsbestimmung. Mit der durch Art. 15 Nr. 1 Buchst. a, Doppelbuchst. aa des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) eingeführten Regelung des § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V sollte Versicherten, die einen Krankengeldanspruch nach den Regelungen des GKV-WSG seit 1.1.2009 allein über einen Wahltarif absichern konnten, wieder die zusätzliche Option gegeben werden, wie Arbeitnehmer gegen Zahlung des allgemeinen Beitragssatzes einen „gesetzlichen“ Krankengeldanspruch ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit abzusichern. „Daneben“ sollte auch weiterhin der Abschluss von „Wahltarifen“ ermöglicht werden (BT-Drucks. 16/12256 S. 64 zu Art. 15 Nr. 1). Hieraus wird deutlich, dass es sich bei dem durch die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V begründeten Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld nicht um einen „Wahltarif“, sondern um einen „gesetzlichen“ Krankengeldanspruch handeln soll. Auch aus der Bestimmung des § 44 Abs. 2 Satz 3 SGB V, wonach für diesen Versichertenkreis § 56 Abs. 6 SGB V unberührt bleibt, wird deutlich, dass es sich bei dem nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V begründeten „gesetzlichen“ Versicherungsschutz mit Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit nicht um einen „Krankengeld-Wahltarif“ handelt, „daneben“ aber auch für diesen Versichertenkreis zusätzlich die Option für einen „Wahltarif“ nach § 53 Abs. 6 SGB V mit früherem Beginn des Krankengelds unberührt gelassen werden sollte (vgl. Sonnhoff, in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 44 SGB V, Rn. 45; s. auch den Hinweis zur „geltenden Rechtslage“ in BSG 12.3.2013 - B 1 KR 4/12 R, juris Rn. 10). Diesen gesetzlichen Vorgaben entsprechend regelt § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten deshalb auch nach seinem Wortlaut nur den „Krankengeld-Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V“, zu dem der „gesetzliche“ Wahlerklärungs-Versicherungsschutz nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V - wie dargelegt - gerade nicht gehört. Nach § 23 Abs. 3 der Satzung können die in Absatz 1 Nr. 1 genannten hauptberuflich selbständig erwerbstätigen Mitglieder daher als „Ausprägungen des Krankengeld-Wahltarifes“ (nur) einen Krankengeld-Wahltarif wählen, der einen Krankengeldanspruch vom 22. Tag bis zum 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit umfasst (Tarifausprägung KG 22). Auch hiernach fällt der durch die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 46 Satz 3 SGB V begründete „gesetzliche“ Krankengeldanspruch ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit nicht unter die satzungsrechtlichen „Krankengeld-Wahltarife“. Deshalb ist auch die satzungsrechtliche Bestimmung über die Beendigung dieser „Krankengeld-Wahltarife“ auf den „gesetzlichen“ Wahlerklärungs-Anspruch nicht anwendbar. Zudem würde es bereits an einer gesetzlichen Ermächtigung zur satzungsrechtlichen Regelung der Beendigung dieses Anspruchs fehlen. Deshalb scheidet auch eine entsprechende Anwendung dieser Satzungsbestimmung auf den „gesetzlichen“ Wahlerklärungsanspruch aus.

21

Da die Regelung des § 23 Abs. 12 der Satzung über die Beendigung von „Krankengeld-Wahltarifen“ hier schon deshalb nicht anwendbar ist, weil es sich bei dem Krankengeldversicherungsschutz des Klägers nicht um einen satzungsrechtlichen „Wahltarif“ handelt, kann dahinstehen, ob eine eigenständige satzungsrechtliche Regelung der Beendigung solcher Wahltarife überhaupt zulässig ist oder ob auch nach der geltenden Rechtslage die Satzung nur die Zugangsvoraussetzungen für die Wahltarife, nicht aber deren Beendigung regeln darf (vgl. BSG 12.3.2013 - B 1 KR 4/12 R, juris Rn. 12). Mangels anderweitiger spezieller Regelungen gelten für den gesetzlichen Krankengeldversicherungsschutz nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V daher nur die in § 191 SGB V für die freiwillige Mitgliedschaft geregelten Beendigungsgründe, die hier nicht erfüllt sind. Der Versicherungsschutz des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld wurde daher nicht mit der Gewerbeabmeldung zum 31.12.2013 beendet. Für den Fortbestand des Versicherungsschutzes kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger nach dem 31.12.2013 weiter hauptberuflich selbstständig erwerbstätig war.

22

Auch nach geltendem Recht ist der aufgrund einer wirksamen Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V begründete Krankengeld-Versicherungsschutz nicht davon abhängig, dass die durch das Gesetz vorgegebenen Voraussetzungen der Wahlmöglichkeit fortbestehen. Dies folgt daraus, dass § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V lediglich Zugangsvoraussetzungen zur Absicherung des Arbeitsunfähigkeitsrisikos durch einen Krankengeld-Anspruch aufstellt, also beschreibt, unter welchen Voraussetzungen dem freiwillig Versicherten ein Wahlrecht zukommt, nicht hingegen die Anspruchsvoraussetzungen des einzelnen Krankengeldanspruchs (mit)definiert. Die nicht fortlaufende Überprüfung dieser Zugangsvoraussetzungen entspricht auch dem Zweck des Krankengeldes, das darauf ausgerichtet ist, den Wegfall von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen als der Mittel zur Bestreitung des laufenden Lebensunterhalts schnell zu substituieren. Die Krankenkasse ist im Übrigen durch § 47 SGB V davor geschützt, Leistungen zu erbringen, wenn der Versicherte keine Erwerbstätigkeit mehr ausübt, weil dann auch kein erzieltes regelmäßiges Arbeitseinkommen vorhanden ist, so dass ein dem Grunde nach bestehender Krankengeldanspruch der Höhe nach mit Null anzusetzen ist. Bei einem nur noch in geringem Umfang selbstständig Erwerbstätigen, der nicht mehr hauptberuflich selbstständig erwerbstätig ist, obwohl das Gesetz als Zugangsvoraussetzung Hauptberuflichkeit fordert, mag eine finanzielle Absicherung des Arbeitsunfähigkeitsrisikos eingeschränkt noch fortbestehen, wenn dieses Arbeitseinkommen der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Dafür entrichtet der Versicherte aber weiterhin Beiträge. Eine Äquivalenzstörung ist insoweit ausgeschlossen (vgl. zum Ganzen BSG 12.3.2013 – B 1 KR 4/12 R, juris Rn. 12).

23

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht auch der Bezug von Leistungen aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung dem Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld nicht entgegen. Für einen Wegfall des Versicherungsschutzes auf Grund dieser Leistung ist eine Rechtsgrundlage weder von der Beklagten benannt noch sonst ersichtlich.

24

Soweit die Beklagte geltend macht, jedenfalls zu dem hier für die Beurteilung des Versicherungsschutzes maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens eines Krankengeldanspruchs, nämlich dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit am 21.2.2014, habe kein Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld bestanden, da der Kläger bereits am 3.2.2014 sein Gewerbe (rückwirkend) abgemeldet habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn nach der oben dargestellten Rechtslage steht die Gewerbeabmeldung dem Fortbestand des Versicherungsschutzes mit Anspruch auf Krankengeld nicht entgegen.

25

Vorsorglich weist der Senat nochmals darauf hin, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur der Versicherungsschutz des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach ist. Über den konkreten Anspruch auf Zahlung von Krankengeld auf Grund der seit 10.1.2014 geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit ist im Rahmen des gegen den weiteren Bescheid der Beklagten vom 21.5.2014 gerichteten Rechtsbehelfs zu entscheiden.

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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGG sind nicht ersichtlich.

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