Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (9. Senat) - L 9 SO 19/16 KL

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs, durch den es abgelehnt worden ist, den vom Kläger im Rahmen der Vergütungsfindung für die Zeit ab September 2015 bei den sonstigen Personalkosten in der Kalkulation begehrten zusätzlichen Betrag für die Refinanzierung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die beschäftigten Menschen mit Behinderung in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) festzusetzen.

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Der Kläger, der seinen Sitz in R... hat, ist Mitglied im Diakonischen Werk Schleswig-Holstein e.V., Landesverband der inneren Mission. Er ist Träger der Einrichtung Werkstatt für behinderte Menschen „S... Werkstätten“ in A... und verfügt über eine entsprechende Leistungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) vom 12. Mai/17. Mai 2005, geändert mit der Änderungsvereinbarung vom 21. Januar/29. Januar 2015.

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Der Kläger unterbreitete dem Beklagten am 13. Juli 2015 ein Angebot auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung für die Zeit ab dem 1. September 2015, über das die Beteiligten in der Folgezeit verhandelten, bis schließlich noch die Vergütungsposition für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung der arbeitnehmerähnlich beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderung zwischen den Beteiligten streitig blieb. Der Kläger machte diese in Höhe von insgesamt 21.495,00 EUR geltend. Jene Position befindet sich zusammen mit anderen Vergütungspositionen in dem Kalkulationsblatt zu Ziffer 1.10 („Sonstige Personalkosten“). Die Position stellt sich ausweislich des Kalkulationsblattes wie folgt dar: Der Kläger macht einen Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR geltend; der Beklagte stellt demgegenüber auf einen Betrag von 108.505,00 EUR ab. Die Differenz beträgt absolut 21.495,00 EUR; die Differenz pro Person und Tag hinsichtlich des Vergütungssatzes liegt bei 0,10 EUR. Die Höhe der Beiträge ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

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Mit Schriftsatz vom 24. November 2015, eingegangen bei der Schiedsstelle für Pflegesatzangelegenheiten nach § 80 SGB XII beim Landesamt für soziale Dienste am 11. Dezember 2015, beantragte der Kläger die Durchführung des Schiedsstellenverfahrens.

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Er beantragte,

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den Beklagten zu verpflichten, mit ihm – dem Kläger – eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII für die Einrichtung Werkstatt für behinderte Menschen, S... Werkstätten, K...-Straße ..., in A..., ab dem 1. September 2015 zu einem Tagessatz von insgesamt 46,14 EUR abzuschließen.

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Der Beklagte, dessen Gegenangebot eine Vergütung zu einem Tagessatz von insgesamt 46,04 EUR betrug, beantragte,

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den Antrag abzulehnen.

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Am 29. Februar 2016 fand eine mündliche Verhandlung der Schiedsstelle statt, in deren Verlauf der Antrag des Klägers durch Beschluss vom selben Tage abgelehnt wurde und dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden.

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Zur Begründung führte die Schiedsstelle unter Bezugnahme auf die in den gleichgelagerten Schiedsverfahren mit den Aktenzeichen VIII 448.122081.00419 und 00420 ebenfalls abgelehnten Anträgen aus, dass Beiträge zur Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung nicht vom Beklagten zu erstatten, sondern vom Antragsteller zu tragen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten jenes Schiedsspruchs wird auf Blatt 251 der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

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Gegen die Entscheidung der Schiedsstelle hat der Kläger am 1. April 2016 Klage beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben.

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Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung der in der WfbM betreuten und arbeitnehmerähnlich beschäftigten Menschen mit Behinderung seien in der prospektiv kalkulierten Höhe in den Vergütungssatz gemäß § 76 Abs. 2 SGB XII, § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), in Höhe von 21.495,00 EUR pro Jahr aufzunehmen, also bei einem kalendertäglichen Vergütungssatz ein Betrag von 0,10 EUR.

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Die Abwägungen der Schiedsstelle stünden nicht im Einklang mit den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts, namentlich § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 2 SGB XII, § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB IX; die Schiedsstellenentscheidung verstoße daher gegen geltendes Recht.

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Für Kranken- (§ 251 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch – SGB V –), Renten- (§ 179 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch – SGB VI –) und Pflegeversicherungsbeiträge (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch - SGB XI -) sei in dem jeweiligen Leistungsrecht eine Erstattungspflicht im direkten Verhältnis von Rehabilitationsträger und WfbM geregelt. Zutreffend sei, dass keine gesetzliche Regelung existiere, nach der der Unfallversicherungsträger die Beiträge zur Unfallversicherung der WfbM direkt zu erstatten hätte. Soweit die Schiedsstelle in diesem Zusammenhang anführe, auch die Werkstattempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe führten aus, dass eine Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht erfolge, sei dies zwar zutreffend, jedoch bedürften diese Ausführungen der Ergänzung, dass auch die Werkstattempfehlungen damit lediglich wiedergäben, dass eine direkte Erstattungsregelung zwischen Werkstattträger und Unfallversicherungsträger nicht vorliege. Insbesondere aber machten die Werkstattempfehlungen keinerlei Ausführungen zur Frage der anderweitigen Refinanzierung der Unfallversicherungsbeiträge, namentlich zur Refinanzierung über den Vergütungssatz nach § 76 Abs. 2 SGB XII. Bei Betrachtung der Gesetzessystematik zeige sich, dass das SGB IX grundsätzlich nachrangig sei zu den im SGB XII geregelten Grundsätzen zur Leistungserbringung und Kostenübernahme in Einrichtungen und für Dienste gemäß §§ 75 ff. SGB XII. Soweit das SGB IX jedoch speziellere Regelungen enthalte als das SGB XII, gelte wiederum das SGB IX ergänzend zum SGB XII. Das SGB IX postuliere mithin einen doppelten Vorbehalt. Nachdem die §§ 75 ff. SGB XII eine mit § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX vergleichbare oder konkretere Regelung nicht enthielten, gelte ergänzend zu den §§ 75 ff. SGB XII die Regelung des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX. Die Unfallversicherungsbeiträge für die arbeitnehmerähnlich beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderung in der Werkstatt seien § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB IX zuzuordnen, wonach die Vergütungen alle für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendigen Kosten berücksichtigten. Damit seien die hier streitigen Beiträge in voller Höhe über die Vergütungsvereinbarung zu erfassen. Das ergebe sich aus folgenden Erwägungen: Aufgabe der WfbM sei die Sicherstellung von Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 41, 136 ff. SGB IX. Diese Teilhabe bestehe jedoch nicht nur in der Sicherstellung von Arbeit für Menschen mit Behinderung an sich, sondern gehe deutlich darüber hinaus. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich normiert, dass die WfbM im Rahmen der Teilhabeleistung den leistungsberechtigten Menschen gleichermaßen zu ermöglichen habe, ihre Leistungs- und Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln (§ 136 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX). Gemäß § 41 Abs. 2 SGB IX seien die Leistungen gerichtet auf Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung des behinderten Menschen entsprechenden Beschäftigung, Teilnahme an arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie Förderung des Übergangs geeigneter behinderter Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen.

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Zum Aufgabenbereich einer WfbM habe sich das Bundessozialgericht anlässlich einer Entscheidung über die Funktion des dort eingenommenen Mittagessens eingehend geäußert (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 2008 – B 8/9b SO 10/07) und ausgeführt, das Mittagessen sei integraler Bestandteil der eigentlichen Aufgabenerfüllung.

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Entsprechendes müsse aus seiner Sicht – der des Klägers – für die Beiträge zur Berufsgenossenschaft gelten; denn um überhaupt ihrer Aufgabe nachkommen zu können, habe die WfbM Menschen mit Behinderung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses zu beschäftigen (vgl. § 138 SGB IX, Rechtsstellung und Arbeitsentgelt behinderter Menschen). Jedes arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnis in der Werkstatt gelte daher der Aufgabe der Sicherstellung von Teilhabe; kein arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis bestehe ohne diese Aufgabe. Damit entstünden ohne die Aufgabe der Sicherstellung von Teilhabe keine Beiträge zur Unfallversicherung für die betreffenden Personen. Sie seien mithin notwendig zur Erfüllung der Aufgaben der fachlichen Anforderungen der Werkstatt im Sinne von § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB IX.

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Ausweislich der zwischen den Beteiligten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung umfassten die Leistungen nicht ausschließlich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sondern darüber hinaus auch Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Jene arbeitsbegleitenden Maßnahmen seien nicht nur vertraglich zwischen den Beteiligten durch die Leistungsvereinbarung verpflichtend geregelt, sondern fänden ihre gesetzliche Grundlage in der Werkstättenverordnung (WVO). Gemäß § 5 Abs. 3 WVO seien durch die Werkstatt zur Erhaltung und Erhöhung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit des behinderten Menschen arbeitsbegleitend geeignete Maßnahmen durchzuführen. Auch die außergewöhnlich breit aufgestellten, unterschiedlichsten Arbeitsbereiche in der WfbM unterstrichen, dass es bei den Aufgaben der Werkstatt nicht um Gewinnerzielung und wirtschaftlichen Erfolg gehe, sondern um den pädagogischen Auftrag, Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft für Menschen mit Behinderung sicherzustellen.

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Zu berücksichtigen sei auch die Aufnahmeverpflichtung der WfbM. Nach § 137 Abs. 2 SGB IX würden behinderte Menschen in der Werkstatt beschäftigt, solange die Aufnahmevoraussetzungen nach § 137 Abs. 1 SGB IX vorlägen. Die Werkstatt habe mithin keine Möglichkeit, auf negative wirtschaftliche Entwicklungen wie beispielsweise die Auftragslage durch betriebsbedingte Kündigungen von Mitarbeitern zu reagieren. Dies betreffe aufgrund der in § 137 SGB IX normierten Aufnahme- und Beschäftigungsverpflichtung nicht nur die arbeitnehmerähnlich beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderung, sondern aufgrund deren Betreuungs- und Anleitungsbedarf auch sämtliche sozialversicherungspflichtig Beschäftigte der WfbM. Anders als ein Unternehmen des ersten Arbeitsmarktes könne die WfbM mithin auch die mit der Beschäftigung verbundenen Kosten – namentlich die Personalkosten und damit eben auch die streitigen Unfallversicherungsbeiträge – nicht an die Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen.

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Entgegen der Auffassung der Schiedsstelle sowie des Beklagten seien die Beiträge zur Berufsgenossenschaft der Menschen mit Behinderung keine so genannten unternehmensüblichen Kosten, die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt im Zusammenhang stünden, mithin keine Kosten nach § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB IX. Allein schon aufgrund der eindeutigen Zuordnung der Unfallversicherungsbeiträge zur ganzheitlichen rehabilitativen Aufgabe, wie das Bundessozialgericht sie beschrieben habe, komme eine (teilweise) Zuordnung zu den unternehmensüblichen Kosten der wirtschaftlichen Betätigung der WfbM nicht in Betracht.

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Soweit die Schiedsstelle darauf abstelle, dass in einer WfbM nur diejenigen behinderten Menschen Aufnahme fänden, die noch ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen könnten, und daher im Produktionsbereich einer WfbM Einnahmen erwirtschaftet würden, sei dem Folgendes entgegenzuhalten: Rein betriebswirtschaftlich bedeute das Erwirtschaften von Einnahmen nicht, dass dies auch zu einem positiven Betriebsergebnis (Arbeitsergebnis, vgl. § 12 WVO) führe
- einem Betriebsergebnis mithin, das eine Verwendung für Unfallversicherungsbeiträge immer und unter allen Umständen (mit-)abdecke. Zudem diene die Erzielung von wirtschaftlichen Arbeitsergebnissen vorrangig der Zahlung angemessener Arbeitsentgelte. Die Ermittlung des Arbeitsergebnisses sei in § 12 Abs. 4 WVO näher geregelt. Insbesondere zählten zu den Erträgen die mit dem Kostenträger verhandelten Vergütungssätze und zu den abziehbaren Kosten u. a. diejenigen nach § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX. Würden die Unfallversicherungsbeiträge mithin nicht in die Vergütungssätze aufgenommen, so wären sie allein auf der Kostenseite zu berücksichtigen und minderten das Arbeitsergebnis und damit das Arbeitsentgelt der arbeitnehmerähnlich beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderung. Gerade dieses würde dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht.

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Die Schiedsstelle weise darauf hin, dass nur für den Fall, dass die Unfallversicherungsbeiträge aufgrund einer erhöhten Anzahl von Unfällen der Menschen mit Behinderung angehoben worden wären, allenfalls ein solcher „behinderungsbedingter“ höherer Beitrag bei den Vergütungsverhandlungen zu diskutieren sein könnte. Zu beachten sei aber, dass der Gefahrtarif gemäß § 157 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII) nach Tarifstellen gegliedert werde, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet würden. Ausweislich des aktuellen Gefahrtarifs verhalte es sich so, dass dieser für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2018 Werkstätten für behinderte Menschen der Gefahrtarifstelle 17 und der höchsten Gefahrklasse, namentlich mit einem Wert von 9,68, zuordne. Im Verhältnis zu den vorangegangenen Gefahrtarifen sei eine Steigerung eingetreten. Dieses sei nach der Systematik des § 157 SGB VII auch auf die Unfallhäufigkeit und Schwere zurückzuführen.

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Letztlich sei zu beachten, dass die Schiedsstelle die hier streitige Entscheidung vom 29. Februar 2016 unter Bezugnahme auf zwei dort näher bezeichnete Verfahren und die dortigen Entscheidungsgründe begründet habe. Gegen dieses Vorgehen bestünden insofern Bedenken, als beim Bundessozialgericht ein Verfahren anhängig sei (B 8 SO 4/15 R, Vorinstanz: LSG Celle-Bremen, L 8 SO 356/12), in dem das Bundessozialgericht offensichtlich eben diese Rechtsfrage als Revisionsgrund anerkannt habe, also die Rechtsfrage, ob sich die Schiedsstelle zur Begründung ihrer Entscheidung auf einen zeitlich vorhergehenden Schiedsspruch beziehen dürfe.

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Der Kläger beantragt,

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den Beschluss der Schiedsstelle vom 29. Februar 2016 (Az.: 448.122081-00424) aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung verweist er zunächst auf die aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe im Beschluss der Schiedsstelle vom 29. Februar 2016 und führt zudem im Wesentlichen Folgendes aus:

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Im Schiedsstellenverfahren habe im notwendigen Maße der Grundsatz des rechtlichen Gehörs Anwendung gefunden. Zudem sei die Schiedsstelle in rechtmäßiger Weise ihrer Pflicht zur Amtsermittlung nachgekommen, habe den Sachverhalt umfassend dargelegt und die Rechtslage ermessensfehlerfrei geprüft.

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Kraft Gesetzes seien nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII behinderte Menschen, die in Werkstätten tätig seien, unfallversichert und zwar unabhängig davon, ob sie an Maßnahmen im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich teilnähmen oder im Arbeitsbereich beschäftigt seien. Allerdings seien die Teilnehmer an Maßnahmen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII pflichtversichert (Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen). Bei doppelter Zugehörigkeit zu versicherten Personenkreisen bestehe nach § 135 Abs. 6 SGB VII eine Versicherungspflicht nach der Vorschrift, der die Tätigkeit des Versicherten vorrangig anzurechnen sei. Folglich ergebe sich die Versicherungspflicht für die in den Bereichen Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich tätigen behinderten Menschen vorrangig aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII. Diese Differenzierung habe Auswirkungen auf die Beitragspflicht. Beitragspflichtiger Unternehmer bei Versicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII sei der Werkstattträger (§§ 136 Abs. 3 Nr. 1, 150 Abs. 1 SGB VII), bei Versicherten nach dem für diesen Rechtsstreit maßgeblichen § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sei dies der Rehabilitationsträger (§ 136 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII).

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Eine besondere Leistungsabgrenzung und damit Einschränkung hinsichtlich der Vereinbarungsinhalte enthalte § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX für die WfbM (s. auch § 12 Abs. 4 Satz 3 WVO). Danach berücksichtigten die Vergütungen alle für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendigen Kosten sowie die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt im Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten behinderten Menschen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgingen.

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Die Abgrenzung der Unternehmensüblichkeit sei zwingend beachtlich. Die notwendige Trennung sei der doppelten Funktion der WfbM als Eingliederungshilfeeinrichtung und Unternehmen geschuldet. Die Werkstätten seien verpflichtet, sich als Marktteilnehmer zu präsentieren und wirtschaftliche Ergebnisse anzustreben, um den Werkstattbeschäftigten ein Arbeitsentgelt zahlen zu können. Sie müssten darüber hinaus einen Teil der Kosten, die mit ihrer wirtschaftlichen Betätigung im Zusammenhang stünden, erwirtschaften (§ 12 Abs. 4 Satz 3 WVO). Es käme u. a. neben der Privilegierung der §§ 140, 141 SGB IX zu einer starken Wettbewerbsverzerrung, wenn - worauf auch die Kommentarliteratur hinweise – die unternehmensüblichen Aufwendungen über die Vergütungen des Sozialhilfeträgers refinanziert würden und nicht erwirtschaftet werden müssten.

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Im Ergebnis seien somit die unternehmensüblichen Kosten der wirtschaftlichen Betätigung der WfbM vom Werkstattträger zu tragen. Dazu zählten zweifelsfrei auch die Kosten für gesetzliche Unfallversicherung; denn im Gegensatz zu den Regelungen in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sei eine Erstattung der dem Träger der Werkstatt obliegenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung im SGB VII nicht vorgesehen. Danach sei ihm – dem Beklagten – aus rechtlichen Gründen eine Refinanzierung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die beschäftigten Menschen mit Behinderung im Rahmen der Vergütung nicht möglich.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen; diese sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gegen Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII gemäß § 77 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB XII eröffnet. Für diese Klage ist das Landessozialgericht nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im ersten Rechtszug zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts folgt aus § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG, da der Kläger seinen Sitz in R..., mithin im Zuständigkeitsbezirk des Gerichts hat. Der Kläger hat mit dem Beklagten den richtigen Klagegegner gewählt, da sich die Klage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsstelle richtet. Nach § 77 Abs. 1 Satz 6 SGB XII bedurfte es vor Klageerhebung keiner Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle in einem Vorverfahren. Die Klage ist auch statthaft, da mit ihr zu Recht lediglich die Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung und nicht eine eigene Sachentscheidung durch das Gericht begehrt wird. Dabei kann offen bleiben, ob es sich um eine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG oder eine allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG handelt (zum Streitstand vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. Juli 2014 – L 9 SO 11/12 KL –, juris Rn. 25), da in beiden Fällen die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Würde man der Schiedsstellenentscheidung mit der sich zwischenzeitlich verfestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (s. BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 - B 8 SO 2/13 R -, Rn. 11, Urteile vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 19/14 R und B 8 SO 21/14 R –; ebenso zu Sprüchen der Schiedsstelle nach dem SGB XI: BSG, Urteile vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – und vom 25. Januar 2017 – B 3 P 3/15 R –) die Qualität eines vertragsgestaltenden Verwaltungsaktes beimessen und somit die Anfechtungsklage als statthaft ansehen, wäre die Monatsfrist zur Erhebung der Klage (§ 87 Abs. 1 SGG) jedenfalls gewahrt.

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Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger kann die Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung nicht mit Erfolg durchsetzen.

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Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidungen der Schiedsstelle nach herrschender und auch hier vertretener Meinung einer nur eingeschränkten Überprüfbarkeit unterliegen (vgl. bereits Urteil des erkennenden Senats vom 30. Juli 2014 – L 9 SO 11/12 KL –, juris Rn. 33 m.w.N. zum Streitstand). Hintergrund dieser Auffassung ist, dass die Schiedsstelle im Leistungserbringungsrecht und im Verhältnis zwischen Einrichtungsträgern und Leistungsträgern eine besondere Rolle übernimmt. Damit sie den hinsichtlich der Finanzierung widerstreitenden Interessen auf der einen Seite und den gemeinsamen Interessen einer angemessenen Leistungserbringung auf der anderen Seite gerecht werden kann, ist die Schiedsstelle gemäß § 80 Abs. 2 SGB XII paritätisch aus Vertretern der Einrichtungen und der Sozialhilfeträger besetzt. Aufgrund der sich hieraus ergebenen Sachkompetenz einerseits und der sichergestellten paritätischen Interessenvertretung andererseits wird der Schiedsstelle allgemein eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen (vgl. Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 80 Rn. 31.) Der Schiedsstelle kommt dementsprechend eine Einschätzungsprärogative zu, woraus folgt, dass die Schiedssprüche nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind. Der gerichtliche Prüfungsrahmen ist deshalb dahingehend begrenzt, dass allein zu überprüfen ist, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat, sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen hat und ob ihre Abwägung frei von Einseitigkeiten, in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 21/14 R – juris Rn. 12; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008 – L 20 SO 92/06 –, juris Rn. 51).

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Diesen Anforderungen wird die hier zur Überprüfung stehende Schiedsstellenentscheidung gerecht. Hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhaltes und des ordnungsgemäßen und fairen Verfahrens ist dies unzweifelhaft und zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Kläger macht einzig geltend, die Entscheidung der Schiedsstelle stünde mit den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts nicht im Einklang. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Der Schiedsspruch bewegt sich innerhalb der gesetzlichen Vorgaben und im Rahmen des der Schiedsstelle zustehenden Entscheidungsspielraums. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob der Senat die Entscheidung der Schiedsstelle im Hinblick auf die richtige Anwendung materiellen Rechts voll zu überprüfen und somit eine eigene Auslegung der gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen hat (so anzunehmen, soweit es sich um „zwingendes Gesetzesrecht“ handelt: BSG, Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 7/08 R, juris Rn. 42; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. August 2016 – L 23 SO 187/14 KL, juris Rn. 33) oder er sich hier im Hinblick auf die dargestellte eingeschränkte Beurteilungskompetenz auf die Prüfung zu beschränken hat, ob sich die Rechtsauslegung der Schiedsstelle als willkürfrei erweist, sich innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen bewegt und dabei erkennbar eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten vorgenommen wurde. Denn der Senat kommt auch bei einer eigenen Überprüfung des materiellen Rechts zum gleichen Ergebnis wie die Schiedsstelle, deren Entscheidung er somit in jedem Fall für rechtmäßig erachtet.

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Streitentscheidend ist dabei die Frage, ob die für die Beschäftigten in der Werkstatt für behinderte Menschen zu zahlenden Unfallversicherungsbeiträge unter Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX als für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendige Kosten fallen, mit der Folge, dass der Beklagte erstattungspflichtig wäre oder unter Nr. 2 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zu subsummieren sind, wonach Kosten, die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt in Zusammenhang stehen, nur insoweit zu übernehmen sind, als diese unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten behinderten Menschen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen.

39

Die Schiedsstelle hat sich hierzu mit den Argumenten des Klägers auseinandergesetzt, dass die Werkstatt für behinderte Menschen auch unabhängig von der Erwirtschaftung produktiver Ergebnisse Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben erbringen müsse und dass gemäß § 136 Abs. 1 SGB IX und §§ 39 SGB IX, 5 Abs. 3 Werkstättenverordnung (WVO) nicht nur die Arbeit der behinderten Menschen gefördert werden solle, sondern auch deren Persönlichkeit. Sie hat jedoch auf der anderen Seite berücksichtigt, dass nur diejenigen behinderten Menschen Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen fänden, die noch ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleitung erbringen könnten und dass im Produktionsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen Einnahmen erwirtschaftet würden. Dementsprechend gehörten die Kosten für die Beiträge zur Unfallversicherung zu den Kosten, die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstünden. Dabei liege der Lohn der in einer Werkstatt für behinderte Menschen an die Beschäftigten gezahlt werde, in der Regel so hoch, dass auch unter Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge noch ein angemessenes Arbeitsentgelt nach § 12 Abs. 3 WVO gezahlt werden könne.

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Der Senat vermag hierbei Rechtsfehler nicht zu erkennen. Er teilt die Auffassung der Schiedsstelle, dass die für die in der Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigten behinderten Menschen zu entrichtenden Unfallversicherungsbeiträge grundsätzlich der Nr. 2 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zuzuordnen sind und dabei nicht über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen und somit nicht von einer Erstattungspflicht durch den Beklagten nach § 41 Abs. 3 SGB IX erfasst sind.

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Die Fallgruppen im § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX sind zu unterscheiden in Kosten für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt und in Kosten, die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt im Zusammenhang stehen. Die Sicherung der Eingliederung und Einbeziehung des behinderten Menschen in die Teilhabe am Arbeitsleben umfasst den Grund- und Vorhalteaufwand für die Einrichtung Werkstatt und die darüber hinausgehenden individuellen, auf den behinderten Menschen zugeschnittenen Leistungen zur Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer Beschäftigung (vgl. Jacobs in: LPK-SGB IX, 4. Aufl. 2014 § 41 Rn. 22; Knittel, SGB IX Kommentar, Stand 1. März 2017 § 41 Rn. 39). Als unternehmensübliche Kosten der wirtschaftlichen Betätigung sind demgegenüber solche Kosten zu bezeichnen, die durch die Herstellung und den Vertrieb von Werkstattprodukten und Dienstleistungen notwendigerweise entstehen (vgl. Finke/Kadoke in: Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, Stand Dezember 2016 § 41 Rn. 79). Dem Kläger ist zuzugestehen, dass dem Produktionsprozess, an dessen Gefahren die Unfallversicherungsbeiträge anknüpfen, innerhalb einer Werkstatt für behinderte Menschen immer eine Doppelfunktion zukommt. Dass der behinderte Mensch eine Aufgabe innerhalb des Produktionsprozesses hat, dient zumindest auch seiner Teilhabe am Arbeitsleben. Zugleich dient jedoch der Produktionsprozess dem Ziel, ein entstehendes Produkt am Markt zu verwerten. Eine Abgrenzung lässt sich durch den Vergleich zwischen Werkstätten für behinderte Menschen und andere Wirtschaftsunternehmen vornehmen. Ebenso wie die Arbeitsentgelte, die aus dem Produktionserlös zu zahlen sind, da sie nicht behinderungsbedingt, sondern produktionsbedingt entstehen (vgl. Wendt in: GK-SGB IX, Stand 2016 § 41 Rn. 47), fallen auch die Unfallversicherungsbeiträge produktionsbedingt an. Auch in jedem anderen Wirtschaftsunternehmen fallen die Beiträge zur Unfallversicherung für jeden Arbeitnehmer an.

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Dies gilt ebenso für die anderen Beiträge zur Sozialversicherung, die (wohl unstreitig) ebenfalls nicht der Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zuzuordnen sind. Für die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung hat der Gesetzgeber eine Erstattung durch die jeweiligen Rehabilitationsträger ausdrücklich vorgesehen (§ 251 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), § 179 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) und § 59 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI)). Hieraus lässt sich die Annahme des Gesetzgebers erkennen, dass diese Kosten nicht den Kosten für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen zuzuordnen sind, so dass er hier gesonderte Erstattungsvorschriften für geboten gehalten hat. Wenn auch für die Beiträge zur Unfallversicherung keine solche Erstattungsvorschrift besteht, können sie gleichwohl wie auch die anderen Sozialversicherungsbeiträge nicht der Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zugeordnet werden.

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Es ist auch nicht hinreichend ersichtlich, dass die Beiträge zur Unfallversicherung aufgrund der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten behinderten Menschen in einer Werkstatt für behinderte Menschen höher ausfallen als in anderen Wirtschaftsunternehmen. Für eine entsprechende Annahme müsste hinreichend sicher belegt sein, dass die Beschäftigen in einer Werkstatt für behinderte Menschen häufigere oder mit höheren Kosten verbundene Unfälle erleiden und sich dies in höheren Tarifen bei den Unfallversicherungsbeiträgen im Vergleich zu vergleichbaren Wirtschaftsunternehmen auswirken würde. Eine entsprechende Untersuchung dürfte aber schon daran scheitern, dass man kaum am Markt tätige Wirtschaftsunternehmen oder Branchen wird ermitteln können, deren Gefahrtarife und -klassen für einen Vergleich herangezogen werden könnten.

44

Soweit Bedenken gegen den Verweis auf die Bezugnahme in zwei dort näher bezeichneten Verfahren im Schiedsstellenbeschluss seitens des Klägers geltend gemacht werden, so sind diese nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Schiedsstellenentscheidung mit Erfolg in Frage zu stellen. Maßgeblich ist, dass in den Gründen der angefochtenen Entscheidung der Schiedsstelle vollumfänglich die Überlegungen dargelegt worden sind, die die Schiedsstelle als ausschlaggebend für ihre Entscheidung angesehen hat. Sie hat sich ihre früheren rechtlichen Argumente ausdrücklich auch in diesem Verfahren zu eigen gemacht und zudem weitere Aspekte angeführt, die speziell für das vom hier maßgeblichen Klageverfahren erfasste Schiedsstellenverfahren relevant sind. Der Verweis auf ein Revisionsverfahren beim Bundessozialgericht führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Dem Revisionsverfahren zum Aktenzeichen B 8 SO 4/15 R lag eine Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Juni 2014 – L 8 SO 356/12 – über einen Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land Niedersachsen zugrunde. In jenem Urteil hatte das LSG entschieden, die für den Bereich der sozialen Pflegeversicherung ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Grundsätzen eines externen Vergleichs sei auf die Beurteilung streitiger Investitionskostenbeträge nach § 75 Abs. 5 Satz 3 SGB XII nicht in vollem Umfang übertragbar. Zugleich hatte es ausgeführt, für den Fall, dass ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB XII nicht substantiiert und die frühere Entscheidung nicht ersichtlich unrichtig sei, dürfe sich die Verwaltung (und auf Klage das Gericht) mit entsprechender Begründung ohne jede weitere Sachprüfung auf die Bindungswirkung (§ 77 SGG) berufen. Das anschließende Revisionsverfahren zum Aktenzeichen B 8 SO 4/15 R ist am 21. September 2016 durch Rücknahme der Klage beendet worden. Damit sind Rückschlüsse auf das vom erkennenden Senat zu entscheidende Verfahren aus Überlegungen des Bundessozialgerichts mangels einer entsprechenden Entscheidung desselben nicht möglich.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen weder der Kläger noch der Beklagte des anhängigen Verfahrens zu den in § 183 SGG genannten Privilegierten gehört, werden nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben; die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt derjenige Teil die Kosten des Verfahrens, dessen Sachantrag in vollem Umfang erfolglos geblieben ist, mithin in diesem Fall der Kläger.

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Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG durch den Senat zuzulassen, bestehen nicht.


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