Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (4. Senat) - L 4 KA 50/15

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 17. Juni  2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird (für das Berufungsverfahren) in Höhe von 14.187,79 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Mitteilung des Regelleistungsvolumens (RLV) und die Honorarabrechnung für das Quartal I/10. Die Rechtmäßigkeit der Mitteilungen des RLV und der Honorierung für die Quartale II/09 bis IV/09 und II/2010 sind in Parallelverfahren anhängig.

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Der Kläger ist als Hausarzt mit Praxissitz in B.  zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und war im streitgegenständlichen Quartal der Arztgruppe der Fachärzte für Innere und Allgemeinmedizin, Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte, Hausärztliche Internisten zugeordnet.

3

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 teilte die Beklagte dem Kläger das vorläufige RLV in Höhe von 54.122,40 € für das Quartal I/10 mit und wies darauf hin, dass sie lediglich eine vorläufige, ausdrücklich unter Vorbehalt gestellte Mitteilung zur Verfügung stellen könne. Die endgültige Mitteilung werde die Klägerin im Januar zusammen mit den dafür notwendigen Informationen erhalten. Weder sei die Vereinbarung mit den Krankenkassenverbänden unterschrieben, noch hätten die Berechnungen des Fallwertes abgeschlossen und überprüft werden können. Mit Bescheid vom 1. Februar 2010 setzte die Beklagte das RLV auf 50.244,33 € herab. Das RLV wurde aufgrund einer RLV-relevanten Fallzahl von 1.926,0 multipliziert mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert von 34,47 € ermittelt. Dabei kam die Abstaffelungsregelung zur Anwendung. Die Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe lag bei 813,6. Demgemäß wurden 1.220,4 Fälle mit  100% zu einem arztgruppenspezifischen Fallwert von 34,47 €, 162,7 Fälle mit 75 % des arztgruppenspezifischen Fallwertes (25,85 €), 244,1 Fälle mit 50% des arztgruppenspezifischen Fallwertes (17,24 €) und 298,6 Fälle mit 25% des arztgruppenspezifischen Fallwertes (8,62 €) eingestellt.

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Gegen den Bescheid legte der Kläger am 19. Augst 2010 Widerspruch ein.

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Das HVM-Team der Beklagten führte mit Schreiben vom 9. Juni 2009 aus, der Härtefallantrag des Klägers vom 4. Dezember 2008 für das Quartale I/2009 ff. werde abgelehnt.

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Mit Bescheid vom 19. Juli 2010 erteilte die Beklagte dem Kläger die Honorarabrechnung für das Quartal I/10 über eine Honorarsumme von insgesamt 91.291,48 € (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrages). Die RLV–relevante Vergütung einschließlich der qualitätsgebundenen Fallwertzuschläge betrug 69.504, 33 €. Der Kläger hatte RLV-Leistungen in Höhe von 68.225,40 € abgerechnet. Die Beklagte legte ein RLV von 50.244,33 € zu Grunde und staffelte die restliche Forderung in Höhe von 17.981,07 € auf 2.274,59 € ab.

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Dagegen legte der Kläger am 19. Augst 2010 Widerspruch ein und führte zur Begründung seiner Widersprüche aus: Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 sei rechtswidrig, soweit abweichend von den gesetzlichen Vorgaben von § 87b Abs. 2 und 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Umsatzobergrenze ermöglicht werde. Es wäre allenfalls zulässig gewesen, mit Wirkung für die Zukunft die RLV abzusenken, um mit den daraus gewonnenen Abschlägen Praxen mit einem überdurchschnittlichen Honorarverlust zu stützen. Die Regelung sei auch deswegen rechtswidrig, weil sie eine unzulässige (echte) Rückwirkung darstelle. Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung sei, den Vertragsärzten im Zeitpunkt der Leistungserbringung Rechtssicherheit über das Vergütungssystem und dazu zu verschaffen, bis zu welcher Höhe sie eine Vergütung mit festen Punkten auf der Basis der geltenden Euro–Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V erhalten würden. Dieses Ziel werde unterlaufen, wenn im Nachhinein Vergütungsobergrenzen festgelegt würden, die der Arzt im Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht kenne und auch nicht selber errechnen könne. Des Weiteren sei die Mitteilung des RLV verspätet erfolgt. Gemäß § 87b Abs. 5 Satz 1 SGB V müsse das RLV spätestens 4 Wochen vor Beginn zugewiesen werden.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2011 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück und stellte dabei das ab dem 01. Januar 2009 geltende Vergütungssystem mit Mengenbegrenzung durch Regelleistungsvolumina dar. In den streitgegenständlichen Honorarabrechnungen sei die Vergütung nach den dargestellten generellen Regelungen zutreffend ermittelt worden. Die Mitteilung des RLV sei nicht verspätet erfolgt, da § 87b Abs. 5 SGB V nur die Rechtsfolgen regele, falls das RLV nicht rechtzeitig vor Beginn seines Geltungszeitraums zugewiesen werden könne. Nur in diesem Falle gelte das bisherige dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene RLV vorläufig fort. Rechtsfolgen für den Fall, dass das RLV nach Ablauf der in § 87b Abs. 5 Satz 1 SGB V genannten Frist, aber noch vor Beginn des Geltungszeitraums zugewiesen werde, seien nicht vorgesehen. Insofern handele es sich bei der Vierwochenfrist um eine Ordnungsfrist.

9

Dagegen hat der Kläger am 28. März 2011 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, streitig sei noch die Rechtmäßigkeit der Honorarverteilungsregelungen in Bezug auf die abgestatteten Fallwerte für bemessungsrelevante Fallzahlen oberhalb von 150 % des Fallgruppendurchschnitts. Die Regelungen seien rechtswidrig und verletzten ihn in seinen Rechten. Sie widersprächen dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der leistungsproportionalen Vergütung. Außerdem stünden sie im Widerspruch zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 87b Abs. 2 SGB V. Danach solle durch die Festlegung von RLV allein eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden. Die Fallzahlen in seiner Praxis hätten seit Jahren stets über dem doppelten Fachgruppendurchschnitt der Hausärzte gelegen. Die hohen Fallzahlen seien darauf zurückzuführen, dass im Einzugsbereich seiner Praxis in B.  relativ wenige Hausärzte niedergelassen seien. Die umliegenden Praxen seien weder in der Lage, noch in Anbetracht der Budgetierungsregelungen bereit, zusätzliche Patienten aufzunehmen. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, der eine „Bestrafung“ von Praxen rechtfertige, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung einen weit über dem Fachgruppendurchschnitt liegenden Versorgungsumfang erfüllt hätten. Eine derartige Regelung stehe im Widerspruch zum Sicherstellungsauftrag der Beklagten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass in die Ermittlung der Durchschnittsfallzahlen auch die Fallzahlen solcher Praxen eingeflossen seien, die in weit überversorgten Planungsbereichen lägen. Die Fallzahlen in dem derart ermittelten Fachgruppendurchschnitt spiegelten daher nicht einmal den Versorgungsbedarf bei Vollversorgung wieder, sondern die niedrigeren Fallzahlen der im Landesdurchschnitt bestehenden Überversorgung.

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Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

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die RLV–Mitteilungen vom 11. Dezember 2009 und 1. Februar 2010 sowie den Honorarbescheid vom 19. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat sie sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend vorgetragen, die Fallwertabstaffelung ergebe sich aus den Vorgaben in Teil F 3.2.1 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt– und praxisbezogenen RLV. Sie sei verpflichtet, die auf Bundesebene vorgegebenen Regelungen umzusetzen, soweit diese nicht offensichtlich verfassungswidrig seien. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte.

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Mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf ein höheres Honorar. Die normativen Grundlagen der Berechnung des RLV seien beachtet worden und für sich genommen wirksam. Das Vergütungssystem der RLV sei in § 87b SGB V eingeführt worden und damit verbindlich. Die RLV seien nach Arztgruppen zu differenzieren und nach Morbiditätskriterien zu gewichten. Hierbei könnten Praxisbesonderheiten anerkannt und weitere Faktoren, die schon bisher zu berücksichtigen gewesen seien, besonders gewürdigt werden. Die RLV seien ein Instrument zur Leistungssteuerung. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe mit seinem Beschluss vom 27./28. August 2008 die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt. Diese Umsetzungen hätten auf Landesebene zunächst das Landesschiedsamt und dann die Vertragspartner aufgegriffen und regional geregelt. Deren Ergebnisse habe wiederum die Beklagte arztindividuell angewandt. Die genannten Beschlüsse stünden mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in Einklang. Dem Erweiterten Bewertungsausschuss stehe ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu, der erst verletzt sei, wenn die getroffene Regelung in einem groben Missverhältnis zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken stehe. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Der an den Bewertungsausschuss gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasse auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu bedürfe es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden könnten, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen seien. Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch der Steuerung dienenden Regelungsgefüges dürfe sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente beschränken, sondern müsse stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen. Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne sei deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung. Auch der allgemeine Sicherstellungsauftrag aus § 72 SGB V gebe dem Kläger keinen Anspruch auf ein bestimmtes höheres Honorar.

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Gegen diesen am 19. Juni 2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, die am 20. Juli 2015 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen ist. Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, die 2. Kammer des Sozialgerichts Kiel habe in zwei vergleichbaren Verfahren betreffend die Honorierung in den Quartalen II/2013 und III/2013 jedenfalls eine einzelfallbezogene, differenzierte Ermittlung der Durchschnittsfallzahlen gefordert. Im Hinblick darauf werde vorsorglich gegenüber der Beklagten beantragt, für die Quartale II/09-II/10 eine Ausnahme von der Abstaffelung des Fallwertes im Rahmen einer Härtefallentscheidung zu gewähren.

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Der Kläger beantragt,

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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 17. Juni 2015 aufzuheben und die die RLV–Mitteilungen vom 11. Dezember 2009 und 1. Februar 2010 sowie den Honorarbescheid vom 19. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, den Honoraranspruch für das Quartal I/10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist darauf, dass der erkennende Senat in der Entscheidung vom 20. Oktober 2015 (L 4 KA 32/10) von der Rechtmäßigkeit der Abstaffelungsregelung ausgegangen sei. Im Hinblick auf den Härtefallantrag des Klägers gehe sie davon aus, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats eine gesonderte Entscheidung im Verwaltungswege nicht getroffen werden müsse, sondern dass dieser Gesichtspunkt im Zusammenhang mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Honorarabrechnung zu prüfen sei. Ein Härtefall liege jedoch nicht vor. Der Vorstand der Beklagten habe am 4. März 2009 beschlossen, dass von der Abstaffelungsregelung abgesehen werden könne, wenn im Umkreis von 10 km kein weiterer Arzt gleicher Fachrichtung tätig sei oder alle Ärzte gleicher Fachrichtung ebenfalls von dieser Regelung betroffen seien. Das sei vorliegend nicht der Fall. Im 10 km-Umkreis der Praxis des Klägers seien etwa 120 weitere Hausärzte tätig; dabei seien die Gemeinden B. , E. , H. , Ha. , P. , Q. , R. , N.  und S.  berücksichtigt worden. Die in diesem Umkreis tätigen Hausärzte seien nicht alle von der Abstaffelungsregelung betroffen gewesen. Im Übrigen werde auf den bestandskräftigen Bescheid des HVM-Teams vom 6. Juni 2009 verwiesen, mit dem bereits für die Quartale I/09 ff. eine abschließende Entscheidung über Praxisbesonderheiten, Härtefälle und eine Ausnahme von der Abstaffelung getroffen worden sei.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakte verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. April 2013 ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne des § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingegangen. Der Kläger hat insbesondere ein Rechtsschutzbedürfnis an der Anfechtung der Mitteilung des Regelleistungsvolumens für das Quartal I/2010; zugleich hat er damit auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Das RLV hat seine gesetzliche Grundlage in § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378). Die gesonderte Anfechtbarkeit des RLV folgt aus § 87b Abs. 5 Satz 2 SGB V, der auf § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V verweist. Darin ist ausgeführt, dass Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung keine aufschiebende Wirkung haben. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Mitteilung des RLV besteht, solange der Honorarbescheid noch keine Bestandskraft erlangt hat (BSG, Urteil vom 18. August 2012 – B 6 KA 38/11 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 1; Urteil des erkennenden Senats 20. Oktober 2015 – L 4 KA 32/13 –). Dies ist nicht der Fall, da der Kläger auch den Honorarbescheid für das Quartal I/2010 angefochten hat.

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Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger über seinen Honoraranspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

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Gemäß § 85 Abs. 4 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I Seite 378) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen im Sinne des § 85 Abs. 1 SGB V an die Vertragsärzte. In der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt gemäß der Untergliederung des § 73 SGB V in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Sie wendet bei der Verteilung gemäß § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Gemäß Abs. 4 Satz 3 sind bei der Verteilung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen. Für die Honorarverteilung ab dem 1. Januar 2009 enthält § 87b Abs. 2 SGB V besondere von den Vertragspartnern zu beachtende Bestimmungen. Nach § 87b Abs. 1 SGB V muss ab diesem Stichtag die Vergütung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V erfolgen. Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V sind hierzu ab dem ersten Quartal 2009 zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Ein Regelleistungsvolumen in diesem Sinne ist gemäß Abs. 2 Satz 2 die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten sind. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist abweichend von Abs. 1 Satz 1 gemäß Abs. 2 Satz 3 mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden. Die Werte der RLV sind nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen. Soweit dazu Veranlassung besteht, sind gemäß § 87b Abs. 3 Satz 3 SGB V auch Praxisbesonderheiten bei der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Abs. 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.

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In Ausführung dieser gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 4 SGB V in Teil F Ziffer 1.2.4 des Beschlusses vom 27./28. August 2008 bestimmt, dass die Zuweisung der Regelleistungsvolumina praxisbezogen erfolgt. Die Ausgestaltung der Regelleistungsvolumina erfolgt in Teil F Ziffer 3.2.1 des Beschlusses vom 27./28. August 2008. Darin ist vorgegeben, dass jeder Arzt einer Arztgruppe gemäß der Anlage 1 des Beschlusses ein arztgruppenspezifisches RLV erhält. Die Höhe des RLV eines Arztes ergibt sich für die in der Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß der Anlage 2 des Beschlusses und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Dieser für einen Arzt zutreffende arztgruppenspezifische Fallwert wird für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fall gemindert, und zwar um 25 % für Fälle über 150 % bis 170 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe, um 50 % für Fälle über 170 bis 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe und um 75 % für Fälle über 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe. In Teil F Ziffer 3.6 des Beschlusses vom 27./28. August 2008 ist den Partnern der Gesamtverträge aufgegeben worden, Regelungen für Praxisbesonderheiten und gemäß Ziffer 3.7 Regelungen als Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten zu schaffen. In Ziffer 3.4 sind Kriterien für die Ausnahme von der Abstaffelung aufgestellt worden.

27

Die Festsetzung des Vertragsinhalts für das Jahr 2010 über die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen in Schleswig-Holstein erfolgte durch den Beschluss des Landesschiedsamts vom 25. November 2008, der gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 SGB V an die Stelle der Honorarvereinbarung der Vertragspartner tritt (vgl. BSG v. 21. Dezember 2012 – B 6 KA 21/11 R – SozR 4-2500 § 87a Nr. 1). Die Vertragspartner trafen am 12. Februar 2009 hierzu eine erste Ergänzungsvereinbarung, die unter Ziffer 5 Regelungen für Härtefälle, Praxisbesonderheiten, Ausgleich von überproportionalen Honorarverluste und Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung enthält. In einer zweiten Ergänzungsvereinbarung vom 3. April 2009 regelten die Vertragspartner eine Konvergenzphase für einen Ausgleich zwischen Praxen mit überproportionalen Verlusten und Praxen mit Honorargewinnen. Durch Urteil vom 5. Juni 2013 (B 6 KA 47/12 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 2) hat das BSG derartige Honorarausgleichsmaßnahmen grundsätzlich für zulässig, einen Abzug bei den Praxen, die durch die Einführung der RLV einen Honorargewinn erzielt hatten, jedoch für unzulässig erachtet.

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Gemessen an den dargestellten Grundsätzen und unter Berücksichtigung aller zu prüfenden Gesichtspunkte erweisen sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig.

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Zwar teilte die Beklagte dem Kläger das RLV entgegen der Fristbestimmung des § 87b Abs. 5 Satz 1 SGB V nicht vier Wochen vor Beginn des Quartals mit, jedoch hat der Senat der Rechtsprechung des BSG folgend mehrfach entschieden, dass es sich hierbei um eine Ordnungsfrist handelt, deren Verletzung keine materiellen Folgen nach sich zieht (Urteil v. 13.06.2017 – L 4 KA 85/15; Urteil v. 20.10.2015 – L 4 KA 33/13).

30

Zur Überzeugung des Senats war die Beklagte auch befugt, das mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 vorläufig mitgeteilte RLV noch im laufenden Quartal im geschehenen Umfang anzupassen und abzuändern. Da die korrigierte RLV-Festsetzung mit Bescheid vom 1. Februar 2010 erst mitten im Quartal vorgenommen wurde, kann diese Entscheidung zwar nicht mehr als rechtzeitig im Sinne von § 87 b Abs. 5 SGB V angesehen werden. Das Gesetz sieht in diesem Fall gemäß § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V die vorläufige Fortgeltung des bisherigen RLV vor. Rechtsfolgen für ein zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenes RLV sind in Satz 5 der Vorschrift nur für den Fall vorgesehen, dass dieses höher als zuvor ausfällt. Dann sind entsprechende Zahlungsansprüche rückwirkend zu erfüllen. Zwar wird danach eine spätere Zuweisung des RLV, auch noch im laufenden Quartal, vorausgesetzt. Die Voraussetzungen unter denen dies mit Wirkung für die Zukunft oder mit Wirkung für die Vergangenheit geschehen kann, lassen sich dem Wortlaut des § 87 b Abs. 5 SGB V aber nicht entnehmen. Der Senat hat sich jedoch die Überzeugung gebildet, dass die auf Grundlage von § 106a Abs. 2 SGB V bzw. § 45 Abs.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) entwickelten Grundsätze zur sachlich-rechnerischen Berichtigung von Honorarbescheiden auch auf RLV-Mitteilungen entsprechend anwendbar sind, weil RLV-Festsetzungen Teilelemente der späteren Honorarfestsetzung darstellen (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2016 – L 5 KA 1991/13 –; im Ergebnis schon der erkennende Senat, Urteil vom 20. Oktober 2015 – L 4 KA 38/13 –). Dafür spricht im Ergebnis der Wortlaut des § 87 b Abs. 5 SGB V, der zwar weder die nachträgliche Abänderbarkeit eines RLV zulasten des betroffenen Vertragsarztes regelt, noch explizit die Befugnis zum Erlass eines vorläufigen RLV beinhaltet, jedoch die vorläufige (Weiter) – Geltung eines RLV in Satz 4 nennt und von einer nachträglichen Abänderbarkeit des RLV in Satz 5 konkludent ausgeht (so schon der erkennende Senat mit ausführlicher Begründung, Urteil vom 17. Januar 2017 – L 4 KA 75/14 –, juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 15. August 2012 – B 6 KA 38/11 R – R, juris).

31

Der Senat prüft die Rechtmäßigkeit der RLV-Mitteilung und des Honorarbescheides in vollem Umfang unter allen sich aus dem SGB V, den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses und der Honorarvereinbarung ergebenden Gesichtspunkten.

32

Der gerichtlichen Prüfung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkten im Verfahren gegen die RLV-Mitteilung und den Honorarbescheid steht nicht entgegen, dass das HVM-Team der Beklagten am 9. Juni 2009 gesondert vor der Zuweisung des RLV vom 11. Dezember 2009 und 1. Februar 2010 und vor der Honorarabrechnung vom 19. Juli 2010 über die von dem Kläger im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Härtefallgesichtspunkte entschieden hat (vgl. Urteile des Senats vom 17.01.2017 – L 4 KA 53/14 und L 4 KA 55/14 –, juris). Dabei kann dahinstehen, ob die Entscheidung des HVM-Teams lediglich das Quartal I/09 oder wie in der Entscheidung aufgeführt auch die nachfolgenden Quartale umfasste. Eine zusprechende Entscheidung des HVM-Teams wird nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die RLV-Mitteilung und den Honorarbescheid, da diese mit jener Entscheidung abgeändert werden. Wenn die Prüfung des HVM-Teams der Beklagten dazu führt, dass keine Praxisbesonderheiten oder Härtefallgesichtspunkte anzuerkennen sind und es bei der Festsetzung des mitgeteilten RLV oder des berechneten Honoraranspruchs verbleibt, wird die Entscheidung der RLV-Mitteilung bzw. des Honorarbescheides bestätigt und ergänzend begründet. Die Beklagte überprüft die Festsetzung des RLV bzw. den Honoraranspruch des Vertragsarztes unter Berücksichtigung von Gesichtspunkten, die zwar schon bei der Zuweisung des RLV bzw. der Berechnung des Honoraranspruchs vorlagen, ihr jedoch eventuell erst im Rahmen des jeweiligen Widerspruchsverfahrens bekannt wurden. Diese Entscheidung ist ein partieller Zweitbescheid, der die Festsetzung des RLV in der RLV-Mitteilung unter Berücksichtigung der standardisierten Berechnungsfaktoren und ohne Anerkennung von Praxisbesonderheiten bzw. den Honoraranspruch des Vertragsarztes aus dem Honorarbescheid ohne weitere Härtefallgesichtspunkte bestätigt und ergänzend erläutert. Ein Zweitbescheid unterscheidet sich von der wiederholenden Verfügung dadurch, dass die Behörde nach erneuter inhaltlicher Prüfung eine Sachentscheidung trifft, die nicht notwendigerweise eine neue Rechtsfolge setzt; ausreichend ist es, wenn die Begründung einen neuen inhaltlichen Akzent setzt (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1961, Az. VI C 123.59, Rn 13 bei juris; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 31 Rn 31; Luthe in juris-PK-SGB X, § 31 Rn 45/47). Eine solche erneute Sachentscheidung ist daher auch unter besonderer Berücksichtigung einzelner Elemente einer aus komplexen Parametern bestehenden behördlichen Entscheidung möglich, wenn die Behörde in ihrer ersten Entscheidung über diese noch nicht entscheiden konnte, da sie die tatsächlichen, erst später vorgebrachten Umstände noch gar nicht kannte, die eine Entscheidung über dieses Entscheidungselement erforderlich machen (siehe BVerwG a.a.O.). Das ist bei Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkten, die ein Vertragsarzt – erst – im Widerspruchsverfahren gegen die RLV-Mitteilung oder den Honorarbescheid geltend macht, der Fall. Wenn die Kassenärztliche Vereinigung dieses Vorbringen nicht im Widerspruchsbescheid, sondern noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens gesondert prüft und ihre Entscheidung außerhalb der förmlichen Widerspruchsentscheidung mitteilt, bestätigt sie mit ergänzender Begründung ihre Entscheidung in der RLV-Mitteilung und im Honorarbescheid. Wenn die Kassenärztliche Vereinigung einen solchen partiellen Zweitbescheid während des laufenden Widerspruchsverfahrens erlässt, findet § 86 SGG Anwendung (Luthe in juris-PK-SGB X, § 31 Rn 46; Littmann in Hauck/Noftz K § 31 Rn 49). Die Entscheidung des HVM-Teams der Beklagten wirkt teilersetzend und damit abändernd im Sinne von § 86 SGG.

33

Der Senat sieht die Rechtslage hier anders als im Urteil vom 21. April 2015, Az. L 4 KA 28/13. In dieser wurde davon ausgegangen, dass eine – bestandskräftige - Entscheidung des HVM-Teams der Beklagten über die Ablehnung der Anerkennung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkten einer gerichtlichen Überprüfung dieser Aspekte im Verfahren gegen die RLV-Mitteilung und den Honorarbescheid entgegensteht. Diese Aspekte sind allerdings quartalsweise zu prüfen. Praxisbesonderheiten sind gemäß Ziffer 5.4.2 der 1. Ergänzungsvereinbarung auf Antrag zu prüfen; der Antrag kann auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gestellt werden. Die Anerkennung eines Härtefalls erfolgt gemäß Ziffer 5.4.1 der 1. Ergänzungsvereinbarung antragsunabhängig. Wenn einem Vertragsarzt ein RLV auf der Grundlage seiner RLV-relevanten Fallzahl und des arztgruppenspezifischen Fallwertes zugewiesen wird und er die Anerkennung von Praxisbesonderheiten nicht im Widerspruchsverfahren gegen die RLV-Mitteilung und die dort vorgenommene Berechnung, sondern in einem parallel geführten Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren zur Prüfung der Anerkennung von Praxisbesonderheiten geltend machen müsste, müsste er neben einer Klage gegen die RLV-Mitteilung eine Klage gegen die ablehnende Entscheidung über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten für das zuvor zugewiesene RLV erheben. Dieses führte dazu, dass der Vertragsarzt für einen Lebenssachverhalt – Bestimmung seines RLV - zwei Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren führen müsste, deren prozessuales Schicksal unterschiedlich verlaufen könnte (siehe zu diesen Bedenken auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. April 2014, Az. L 7 KA 154/11).

34

Ferner müsste der Vertragsarzt, wenn die Kassenärztliche Vereinigung ausweislich der Betreffzeile bzw. der Begründung in einer neben der jeweiligen RLV-Mitteilung erlassenen Entscheidung die Anerkennung von Praxisbesonderheiten für mehrere Quartale ablehnt, letztlich für alle Quartale, in denen er Praxisbesonderheiten für sich in Anspruch nimmt, neben den Verfahren gegen die RLV-Mitteilung und den Honorarbescheid Widerspruchs- und Klageverfahren durchführen. Das führte dazu, dass ein Vertragsarzt für ein Quartal drei Klageverfahren zu führen hätte.

35

Wenn der Vertragsarzt bereits mit der Widerspruchsbegründung gegen die RLV-Mitteilung oder später im Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid Härtefallgesichtspunkte wegen Honorarverlusten gegenüber Vorjahresquartalen geltend macht, deren Anerkennung die Kassenärztliche Vereinigung mit einem gesonderten Bescheid ablehnt, müsste er auch gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen und Klage erheben. Die Anzahl der von einem Vertragsarzt für die Honorierung seiner in einem Quartal erbrachten Leistungen zu führenden Verfahren summierte sich auf vier. Selbst wenn die Kassenärztliche Vereinigung die Anerkennung von RLV-relevanten Praxisbesonderheiten und die Anerkennung von Härtefallgesichtspunkten in einem Entscheidungsschreiben ablehnt, ist davon auszugehen, dass sie zwei Entscheidungen getroffen hat, die das RLV einerseits und den Honorarauszahlungsanspruch andererseits betreffen. Die Mehrzahl der Entscheidungen der Kassenärztlichen Vereinigung führt für den Vertragsarzt zu einer erheblichen Erschwerung der Rechtsverfolgung für ein Quartal.

36

Dieser Effekt der Erschwernis des Rechtsweges für den Vertragsarzt wird besonders deutlich, wenn er quartalsweise im Rahmen seiner erhobenen Widersprüche gegen das zugewiesene RLV und den Honorarbescheid Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkte geltend macht, über die die Kassenärztliche Vereinigung ausweislich der Betreffzeile und der Begründung zusammenfassend für mehrere Quartale in einer Entscheidung befindet. In solchen Fällen müsste der Vertragsarzt neben den jeweiligen Klageverfahren gegen die RLV-Mitteilungen und die Honorarbescheide auch Klage gegen die ablehnende Entscheidung über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkte erheben, deren Rechtmäßigkeit losgelöst von der RLV-Mitteilung und dem Honorarbescheid zu prüfen ist. Da das Leistungs- und Abrechnungsverhalten eines Vertragsarztes nicht in jedem Quartal identisch ist, variieren die Anerkennung von Praxisbesonderheiten und die Gewährung von Ausgleichszahlungen für Härtefallgesichtspunkte im Rahmen der Honorarabrechnung der Höhe nach von Quartal zu Quartal. Die quartalsweise Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung müsste dann, wenn es sich jeweils um selbstständige materiell-rechtliche Verwaltungsentscheidungen neben der RLV-Mitteilung und dem Honorarbescheid handelte, entweder zusammengefasst in einem Klageverfahren für mehrere Quartale neben den quartalsweise erfassten RLV-Mitteilungen und Honorarbescheiden oder neben den quartalsweise erfassten RLV-Mitteilungen und Honorarbescheiden in selbstständigen Klageverfahren für jedes einzelne Quartal geführt und überprüft werden. In jedem Fall würde deren Prüfung prozessual nicht mehr in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Prüfung der RLV-Mitteilung und des Honorarbescheides stehen. Die Prüfung der Anerkennung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkten wird in das Klageverfahren gegen diese isolierte Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung verlagert, wohingegen die Verfahren gegen die RLV-Mitteilung und den Honorarbescheid unter diesen Gesichtspunkten lediglich (noch) dazu dienen, deren Bestandskraft zu verhindern. Die Bestandskraft der RLV-Mitteilung und des Honorarbescheides könnten einer gerichtlichen Entscheidung in dem Verfahren gegen die ablehnende Entscheidung über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkten entgegenstehen, da sie das Rechtsschutzbedürfnis für diese Verfahren entfallen lassen könnte.

37

Die Bewertung des Senats steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des BSG vom 15. August 2012, B 6 KA 38/11 R. In dieser hat das BSG klargestellt, dass für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen der Bestimmung des Quartalshonorars nur dann und solange Raum ist, wie die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Das gelte auch dann, wenn entsprechende Feststellungen durch gesonderten Verwaltungsakt erfolgt seien. Denn der Gesetzgeber hat in § 87b Abs. 3 S. 3 SGB V vorgesehen, dass Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen sind, soweit dazu Veranlassung besteht. Sie sind danach bereits bei der Zuweisung des RLV zu berücksichtigen. Das RLV lässt sich nicht aufteilen in die standardisierte Berechnung aus RLV-relevanter Fallzahl des Arztes, RLV-Fallwert der Arztgruppe und arztindividuellem Morbiditätsfaktor einerseits und einem ausschöpfbaren Mehrbetrag für anerkannte Praxisbesonderheiten andererseits. Wenn die Kassenärztliche Vereinigung für vom Vertragsarzt mit EBM-Ziffern benannte Leistungen eine Praxisbesonderheit anerkennt, führt diese Anerkennung nicht dazu, dass ein Sonder-RLV für diese EBM-Ziffern zugewiesen wird, sondern der errechnete Betrag erhöht das aus RLV-Fallwert, RLV-Fallzahl und Morbiditätsfaktor errechnete RLV und wird rechnerischer Bestandteil des insgesamt zugewiesenen ausschöpfbaren RLV. Darin unterscheidet sich die Anerkennung von Praxisbesonderheiten von den Zusatzvolumina nach Anlage 1 Ziffer 5 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 7. Sitzung vom 27./28. August 2008, die mit dem RLV kein ausschöpfbares Gesamtvolumen bilden. Bei Praxisbesonderheiten handelt es sich daher nicht um Teilelemente im Sinne der oben zitierten Entscheidung des BSG. Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten hat der Gesetzgeber in § 87b Abs. 3 S. 3 SGB V antragsunabhängig formuliert. Auch das spricht gegen die Notwendigkeit von zwei gesonderten Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren für die Bestimmung aller Berechnungselemente des – einmal - in die Honorarabrechnung einzustellenden RLV. Gleiches gilt für die Anerkennung von Härtefallgesichtspunkten im Rahmen der Berechnung des Auszahlungsanspruchs des Arztes aus der Honorarabrechnung. Das SGB V enthält keine Regelungen für die Anerkennung von Härtefallgesichtspunkten im Rahmen der vertragsärztlichen Honorarabrechnung. Jedoch eröffnet der Erweiterte Bewertungsausschuss den Partnern der Gesamtverträge in seinem Beschluss vom 27./28. August 2008 unter Teil F Ziffer 3.7 die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen befristete Ausgleichszahlungen für Honorarverluste vorzusehen und sich über das Verfahren zu einigen. Davon hat die Beklagte Gebrauch gemacht.

38

Entgegen der Auffassung des Klägers stehen die genannten Beschlüsse mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in Einklang.

39

Die RLV waren nicht offensichtlich ungeeignet, das vom Gesetzgeber anvisierte Ziel zu erreichen (Urteil des erkennenden Senats vom 20. Oktober 2015 – L 4 KA 32/13 -). Ihre Einrichtung erfolgte auf der Grundlage des oben dargestellten Normengefüges. Die Frage der Eignung normativer Regelungen orientiert sich an der Betrachtung, ob diese bezogen auf das ihnen zugrunde liegende Gemeinwohlziel schlechthin ungeeignet, eindeutig nicht erforderlich oder unzumutbar wären. Dies ist dann der Fall, wenn die der Rechtsnorm zugrunde liegenden Einschätzungen so offensichtlich fehlerhaft sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die normative Regelung abgeben können (BSG v. 10. Dezember 2014 – B 6 KA 49/13 R – SozR 4-2500 § 73 Nr. 5; BSG v. 9. April 2008 – B 6 KA 40/07 R – SozR 4-2500 § 87 Nr. 16). Das gesetzgeberische Ziel der RLV lag in der Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung ärztlicher Tätigkeit im Sinne des § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V (BSG v. 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 2). Dieses gesetzgeberische Ziel wird erreicht, indem das RLV grundsätzlich an der Fallzahl des betreffenden Arztes im Vorjahresquartal orientiert wird und damit der zwischenzeitliche Fallzahlzuwachs unberücksichtigt bleibt. Außerdem richtet sich der Fallwert an dem Durchschnitt der Fachgruppe aus. § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V untersagt nicht jede Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit, sondern gibt den Vertragspartnern anheim, Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung zu vereinbaren. Dieses Ziel wird erreicht, da dem Arzt zwar eine stetige, jedoch eine stets zeitlich verzögerte Ausweitung seiner Fallzahl ermöglicht und damit der Leistungszuwachs gedämpft wird.

40

Den Regelleistungsvolumina liegt keine fehlerhafte Anwendung der Abstaffelungsregelung zugrunde. Zwar sieht § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V eine Bewertung der Leistungen mit abgestaffelten Fallwerten erst oberhalb der RLV vor, dagegen hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in Teil F Ziffer 3.2.1 des Beschlusses vom 27./28. August 2008 bestimmt, dass bereits bei der Bildung der RLV die Fallwerte abgestaffelt vergütet werden müssten, wenn sie den Fallzahldurchschnitt der Fachgruppe um 50, 70 oder 100 % überschritten. Dadurch wird zwar nicht der Zuwachs der Fallzahlen begrenzt, wie dies in § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V als Regelungszweck vorgesehen ist, sondern bereits eine überdurchschnittliche Fallzahl beschnitten. Gleichwohl ist diese Regelung des Erweiterten Bewertungsausschusses rechtmäßig (BSG v. 6. Februar 2013 – B 6 KA 13/12 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 73; BSG v. 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 2). Die normativen Zweckvorgaben in § 87b Abs. 2 Satz 1 und in § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V sind nicht abschließend und der Bewertungsausschuss hat im Rahmen seines Regelungsspielraums gehandelt, da der Zweck der Bestimmung auf eine Begrenzung der Mengenentwicklung gerichtet und im Übrigen adäquat ist. Diese Auffassung des BSG macht der Senat sich zu Eigen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. Oktober 2015 – L 4 KA 32/13 –). Abstaffelungsregelungen, die Punktmengen oberhalb einer bestimmten Fallzahl- oder Punktzahlobergrenze nur noch mit niedrigeren Punktwerten berücksichtigen, sind nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zulässiges Mittel einer Honorarbegrenzung (BSG v. 19.02.2014 – B 6 KA 16/13 R – NZS 2014, 515; BSG v. 08.06.2006 – B 6 KA 25/05 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 23; BSG v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 31; BSG v. 29.09.1993 – 6 RKa 65/91 – SozR 3-2500 § 85 Nr. 4).

41

Der Kläger kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die Abstaffelung oberhalb von 150 % würde zu einer unrechtmäßigen Benachteiligung von Arztpraxen führen, die vor der Neuregelung über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen hätten. Dem Erweiterten Bewertungsausschuss steht als Normgeber bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben ein weiter Gestaltungsspielraum zu, in den die Gerichte nur in Ausnahmefällen eingreifen dürfen (vgl. zum Honorarverteilungsmaßstab BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 37/11 R –, Rn. 21, juris;). Diese Gestaltungsfreiheit ist eine Ausprägung des auch mit Rechtsetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens; sie gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen (BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 - B 6 KA 32/12 R –, Rn. 29, juris). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des Bewertungsausschusses ist deshalb im Wesentlichen auf die Prüfung beschränkt, ob sich die untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die Grenzen des ihm eröffneten Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Der Bewertungsausschuss überschreitet seinen Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind, etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird, oder weil es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich ungleichen bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 6 KA 9/07 R –, juris).

42

Gemessen daran hat der (Erweiterte) Bewertungsausschuss bei der Ausgestaltung der Abstaffelungsregelung seinen normativen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Umfang und Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten des Bewertungsausschusses ergeben sich aus den inhaltlichen Vorgaben und der Zielsetzung des § 87b Abs. 2 SGB V. Das BSG hat bereits in dem Urteil vom 11. Dezember 2013 (– B 6 KA 6/13 R –, juris) entschieden, dass die RLV als Instrument der Mengensteuerung eingeführt worden sind und § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht nur Fälle einer negativ zu bewertenden „übermäßigen Ausdehnung“ , sondern alle Konstellationen erfasst, in denen – unabhängig von einem Werturteil – honorarbegrenzende Maßnahmen erforderlich werden. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass  die Abstaffelungregelung unabhängig von den Fallzahlen vorangegangener Abrechnungszeiträume einzelner Arztpraxen zur Anwendung  kommt.  Mit Zielsetzung des Gesetzes steht es – entgegen der Auffassung des Klägers - auch in Einklang, dass Fälle über 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe um 75 % gemindert werden. Der Gesetzgeber hat in § 87b Abs. 2 Satz 1 HS. 1 SGB V Regelungen im HVM zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit verlangt, damit Ärzte in genügender Zahl an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen können und für eine gründliche und sorgfältige Behandlung zur Verfügung stehen. Bei übermäßiger Ausdehnung der Arztpraxis ist nicht mehr gewährleistet, dass sich jeder Arzt dem einzelnen Patienten so zuwenden kann, wie es die ihm aufgegebene persönliche Leistungserbringung erfordert. Außerdem soll der Arzt davon abgehalten werden, Leistungen zu erbringen, die medizinisch nicht erforderlich sind (vgl. Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 87b SGB V, Rn. 34, 37). Hinzu kommt, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen nicht unvergütet bleiben.

43

Darüber hinaus haben der (Erweiterte) Bewertungsausschuss bzw. die Gesamtpartner Ausnahmen von der Abstaffelung für besondere Praxisausrichtungen normiert, um vom Gesetzgeber nicht gewollte Härten und gravierende finanzielle Einbußen zu verhindern.

44

Nach Teil F Ziffer 3.4 des Beschlusses des Einheitlichen Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 können Leistungen über das arzt/praxisbezogene RLV hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Über das Verfahren der Umsetzung haben sich die Partner der Gesamtverträge zu einigen. Diese Regelung erfolgte durch das Landesschiedsamt, Beschluss vom 25. November 2008, Teil D Ziffer 4 sowie maßgeblich durch die Vertragspartner in der ersten Ergänzungsvereinbarung vom 12. Februar 2009, Ziffer 5.4.1. Danach gilt als Härtefall eine Praxis auch dann, wenn eine unangemessene Auswirkung der Abstaffelungsregelung bei der Bildung der RLV vorliegt, oder wenn das Gesamthonorar je Arzt mindestens um 15 % gegenüber dem Vorjahr gefallen ist und die Einbußen auf einer Inhomogenität gegenüber der RLV-Gruppenbildung beruht. Die Praxis des Klägers erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da infolge der Konvergenzregelung in der 2. Ergänzungsvereinbarung vom 3. April 2009 die Honorarverluste auf 7,5 % und nachfolgend auf 15 % begrenzt worden sind.

45

Auch die in Teil F Ziffer 5.4.2 bis 5.4.4 normierten Ausnahmen von der Abstaffelungsregelung liegen beim Kläger unstreitig nicht vor.

46

Der Vorstand der Beklagten hat am 4. März 2009 außerdem beschlossen, dass, sofern eine Praxis mit weit überdurchschnittlicher Fallzahl einen Teil der Fälle zur Berechnung des RLV nur mit einem verminderten Fallwert bewertet bekomme, von dieser Regelung abgewichen werden könne, wenn im Umkreis von 10 km kein weiterer Arzt gleicher Fachrichtung tätig sei oder im Umkreis von 10 km alle Ärzte gleicher Fachrichtung ebenfalls von dieser Regelung betroffen seien.

47

Auch diese Regelung findet zwischen den Beteiligten unstreitig auf den Kläger keine Anwendung, da im 10 km–Umkreis (Gemeinden B. , E. , H. , Ha. , P. , Q. , R. , N.  und S. ) der Praxis des Klägers ca. 120 weitere Hausärzte tätig waren und diese nicht sämtlich von der Abstaffelungsregelung betroffen waren.

48

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Vorstandbeschluss vom 4. März 2009 nicht zu beanstanden. Insbesondere war der Vorstand nicht gehalten, bei der Ermittlung der Durchschnittsfallzahlen zwischen Land- und Stadtärzten zu differenzieren. Eine dementsprechende Regelung würde mit den Vorgaben des Beschlusses des Einheitlichen Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 nicht im Einklang stehen. Nach Anlage 1 Ziffer 1 des Beschlusses werden Regelleistungsvolumen gemäß § 87b Abs. 2 und 3 SGB V für die in Ziffer 4 aufgeführten Arztgruppen regelt. Bei der für den Kläger relevanten Arztgruppe der Fachärzte für Innere und Allgemeinmedizin, Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte, Hausärztliche Internisten findet keine Differenzierung zwischen Stadt- und Landärzten statt.

49

Der Vorstand der Beklagten war auch nicht gehalten, weitere Differenzierungen vorzunehmen bzw. eine weitergehende Ausnahmeregelung zu schaffen. Denn es kommt nicht drauf an, ob der untergesetzliche Normgeber jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 – 6 RKa 3/96 –, juris). Vielmehr gehört zu der jedem Normgeber zukommenden weiten Gestaltungsfreiheit insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung (BSG, Urteil vom 9. April 2008 – B 6 KA 40/07 R –, juris).

50

Doch selbst wenn die aufgeführten Regelungen eine zu eng gefasst Härtefallklausel beinhalten würden, wären die Vorschriften nicht rechtwidrig. Nach der Rechtsprechung des BSG ist im Wege der ergänzenden gesetzeskonformen Auslegung eine ungeschriebene generelle Härteklausel in die Honorarbestimmungen hineinzuinterpretieren. Diese kommt nur im seltenen Ausnahmefall in Betracht, wenn z.B. eine Existenzbedrohung besteht oder ein spezieller Sicherstellungsbedarf vorliegt (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 19/10 R –, juris). Das ist vorliegend nicht der Fall.

51

Auch sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass im Rahmen der Härtefallentscheidung eine von den Regelungen des Bewertungsausschusses  bzw. des untergesetzlichen Normgebers abweichende Ermessensentscheidung geboten wäre. Der Einwand des Klägers, dass er für die über dem RLV liegenden Leistungen nur unzureichend vergütet wird, erfordert dies jedenfalls nicht.

52

Nach Auffassung des Senats sind die Besonderheiten der Praxis des Klägers unter Anwendung oben genannten aufgeführten Reglungen und insbesondere auch unter Einbeziehung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. Juni 2011 – a.a.O.) zum „allgemeinen“ Härtefall, hinreichend berücksichtigt.

53

Im Übrigen gehört es zur freien unternehmerischen Entscheidung des Klägers, den Standort seiner Praxis zu wählen. Das BSG hat unter anderem in seiner Entscheidung vom 14. März 2001 (B 6 KA 54/00 R, Rn. 28, juris) herausgestellt, dass die Kostendeckung einer vertragsärztlichen Praxis von einer Vielzahl von Faktoren abhänge, von denen einige vom Vertragsarzt selbst zu beeinflussen seien (z. B. die Kostenstruktur und der Standort der Praxis, die Qualität des Dienstleistungsangebotes u. a.). Daraus folge, dass sich die Frage, ob für eine Leistung eine kostendeckende Vergütung zu erzielen sei, einer generellen Beantwortung entziehe, da es von individuell beeinflussbaren Faktoren abhänge, ob eine bestimmte Einzelleistung kostendeckend zu erbringen sei oder nicht. Wie der Senat wiederholt betont habe, liege dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt eine "Mischkalkulation" zugrunde. Dies bedeute, dass es durchaus Leistungen geben könne, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen sei. Entscheidend sei nämlich, dass der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung habe, der in aller Regel dazu führe, dass das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten hinreichenden Anreiz biete, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken.

54

Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Teilhabeanspruch des Klägers unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Gesichtspunkte nicht mehr erfüllt wird.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

56

Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


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