Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht - 2/18
Tenor
Der von der Richterin Hillmann mit dienstlicher Äußerung vom 14. Dezember 2018 angezeigte Sachverhalt begründet weder ihren Ausschluss noch eine Besorgnis der Befangenheit.
Gründe
I.
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Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem am 12. Dezember 2018 gestellten Antrag gegen die Entscheidung des Landtages, ihre Volksinitiative zum Schutz des Wassers als teilweise unzulässig abzulehnen.
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Mit dienstlicher Äußerung vom 14. Dezember 2018 hat Richterin Hillmann angezeigt, dass sie zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Volksinitiative gehöre. Dies könne zu ihrem Ausschluss nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVerfGG führen, soweit nicht § 15 Abs. 2 LVerfGG gelte, oder Anlass für ihre Ablehnung nach § 16 LVerfGG geben.
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Den Verfahrensbeteiligten ist die dienstliche Äußerung übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
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Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 22. Januar 2019 Stellung genommen. Richterin Hillmann sei nicht ausgeschlossen. Sie habe die Volksinitiative lediglich mit ihrer Unterschrift unterstützt. Insofern seien selbst Verfassungsrichter, die Mitglieder einer politischen Partei sind, in Verfahren betreffend diese Partei nicht ausgeschlossen. Es lägen auch keine Gründe vor, die Anlass gäben, an der Unparteilichkeit der Richterin zu zweifeln. Wie eine Richterin eine Volksinitiative inhaltlich bewerte, lasse keine Parteilichkeit bei der juristischen Entscheidung über ihre rechtliche Zulässigkeit besorgen.
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Der Landtag hat von einer Stellungnahme abgesehen.
II.
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Bei der dienstlichen Äußerung der Richterin Hillmann vom 14. Dezember 2018 handelt es sich um eine Erklärung im Sinne von § 16 Abs. 3 LVerfGG. Die von Richterin Hillmann mitgeteilten Umstände geben zu einer Entscheidung des Gerichts gemäß § 16 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 LVerfGG Anlass (2). Vorab ist zu prüfen, ob ein Ausschließungsgrund nach § 15 Abs. 1 LVerfGG vorliegt (1).
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1. Richterin Hillmann ist nicht nach § 15 Abs. 1 LVerfGG von der Ausübung ihres Richteramtes ausgeschlossen. Hiernach ist ein Mitglied des Landesverfassungsgerichts von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn es an der Sache beteiligt oder mit einer oder einem Beteiligten verheiratet ist oder war, eine Lebenspartnerschaft führt oder führte, in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist (Nr. 1) oder in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist (Nr. 2). Nach § 15 Abs. 2 LVerfGG ist nicht beteiligt, wer aufgrund seines Familienstandes, seines Berufs, seiner Abstammung, seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder aus einem ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt am Ausgang des Verfahrens interessiert ist.
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Richterin Hillmann ist an der Sache nicht beteiligt im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVerfGG. Antragstellerin ist die Volksinitiative zum Schutz des Wassers, so dass auch nur diese Beteiligte am Verfahren im prozessualen Sinne ist.
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Zwar ist eine Beteiligung im Sinne des § 15 Abs. 1 LVerfGG auch dann anzunehmen, wenn der Richter von einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts unmittelbar betroffen wird, also ein unmittelbares rechtliches Interesse an der Sache hat. Dies ergibt sich aus einer systematischen Auslegung aufgrund der Regelung des Absatzes 2. Insofern ist eine enge, konkrete Beziehung zu der Sache erforderlich
(vgl. BVerfG, Dreierausschussbeschluss vom 2. Januar 1978, - 2 BvR 33/77 -, BVerfGE 47, 105 ff., Juris Rn. 5, 6 zu § 18 BVerfGG).
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Allein aus dem Umstand, dass die Richterin Hillmann die Volksinitiative unterzeichnet hat, ergibt sich jedoch keine solche enge, konkrete Beziehung zu der Sache. Streitgegenständlich ist nicht, wie die Anliegen der Volksinitiative inhaltlich zu bewerten sind, sondern allein, ob der Beigetretene die Volksinitiative zu Recht als teilweise unzulässig abgelehnt hat.
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2. Der von Richterin Hillmann angezeigte Sachverhalt begründet auch nicht die Besorgnis ihrer Befangenheit.
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Die Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit der Richterin zu zweifeln. Es kommt nicht darauf an, ob die Richterin tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist oder ob sie sich selbst für befangen hält
(vgl. Beschluss vom 17. Februar 2012 - LVerfG 2/11 -, Juris Rn. 19, m.w.N. zur stRspr des BVerfG).
Auch der Anschein einer möglichen Voreingenommenheit ist zu vermeiden
(vgl. Beschluss vom 17. Februar 2012, a.a.O., Juris Rn. 24; BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2003 - 2 BvR 383/03 -, Juris Rn. 25).
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Bei den vom Landtag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gewählten (Art. 44 Abs. 3 Satz 2 LV) Mitgliedern des Landesverfassungsgerichts ist ebenso wie bei den mit qualifizierter Mehrheit von Bundestag und Bundesrat gewählten Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich davon auszugehen, dass sie jene Unabhängigkeit und Distanz zu rechtsuchenden Beteiligten besitzen, die sie befähigen, in Unvoreingenommenheit und Objektivität auch in politisch umstrittenen Verfahren zu entscheiden
(vgl. Beschluss vom 17. Februar 2012 - LVerfG 2/11 -, Juris Rn. 24 m.w.N.).
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Der bloße Umstand, dass Richterin Hillmann die Volksinitiative, deren Zulässigkeit streitgegenständlich ist, unterzeichnet hat, begründet keinen Anschein der Voreingenommenheit. Ein zusätzliches besorgniserregendes Moment ist nicht erkennbar. Die Richterin Hillmann hat weder eine exponierte Stellung als Unterstützerin der Volksinitiative noch für diese öffentlich geworben.
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