Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht - 1/19
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe
A.
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Mit dem Organstreitverfahren wendet sich die Antragstellerin, eine Landtagsabgeordnete, gegen ihren Ausschluss aus einer Landtagsfraktion, der Antragsgegnerin.
I.
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1. Die maßgeblichen Vorschriften der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (LV) lauten:
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Artikel 17
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Stellung der Abgeordneten
- 5
(1) Die Abgeordneten vertreten das ganze Volk. Bei der Ausübung ihres Amtes sind sie nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden.
- 6
(2) – (3) […]
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Artikel 18
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Parlamentarische Opposition
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(1) Die parlamentarische Opposition ist ein wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen Demokratie. Die Opposition hat die Aufgabe, Regierungsprogramm und Regierungsentscheidungen zu kritisieren und zu kontrollieren. Sie steht den die Regierung tragenden Abgeordneten und Fraktionen als Alternative gegenüber. Insoweit hat sie das Recht auf politische Chancengleichheit.
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(2) Die oder der Vorsitzende der stärksten die Regierung nicht tragenden Fraktion ist die Oppositionsführerin oder der Oppositionsführer. Bei gleicher Fraktionsstärke ist das bei der letzten Landtagswahl erzielte Stimmenergebnis der Parteien maßgeblich. Im Übrigen entscheidet das von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages zu ziehende Los.
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2. Die maßgeblichen Vorschriften der Geschäftsordnung der Fraktion Alternative für Deutschland (AfD) im 19. Schleswig-Holsteinischen Landtag (GO-AfD) lauten:
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§ 5 Beendigung der Mitgliedschaft
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1. Die Mitgliedschaft in der Fraktion endet durch Erlöschen des Mandats, Beendigung der Mitgliedschaft in der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Austritt aus der Fraktion, Ausschluss oder durch Tod.
- 14
[…]
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3. Über den Ausschluss aus der Fraktion entscheidet die Fraktionsversammlung. Der Antrag erfolgt durch den Vorstand oder ein Viertel der Mitglieder. Der Ausschluss bedarf eines wichtigen Grundes.
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4. Die Absicht des Fraktionsausschlusses muss allen Fraktionsmitgliedern in Textform bekannt gegeben werden; zwischen der Bekanntgabe und der Abstimmung müssen mindestens drei Werktage liegen.
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5. Dem Betroffenen ist vor der Beschlussfassung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Abstimmung über den Ausschluss erfolgt in geheimer Abstimmung.
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6. Der Beschluss bedarf einer Drei-Viertel-Mehrheit der Mitglieder der Fraktion. Der Beschluss ist mit Verkündung des Ergebnisses in der Fraktionssitzung wirksam; er wird unverzüglich dem betroffenen Mitglied schriftlich bekannt gegeben.
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7 Mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder, mindestens mit der Mehrheit der Mitglieder der Fraktion, können vorläufige Maßnahmen beschlossen werden, insbesondere die vorläufige Abberufung aus den Ausschüssen oder anderen Ämtern.
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§ 7 Organe der Fraktion
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Die Organe der Fraktion sind:
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1. Die Fraktionsversammlung;
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2. der Fraktionsvorstand;
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3. der Fraktionsvorsitzende.
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§ 8 Die Fraktionsversammlung
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1. Die Fraktionsversammlung ist die Versammlung aller Fraktionsmitglieder. Sie ist das höchste beschlussfassende Organ der Fraktion. Sie hat das Recht, alle die Fraktion betreffenden Entscheidungen an sich zu ziehen.
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2. – 3. […]
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§ 10 Einberufung und Tagesordnung der Fraktionsversammlung
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1. Die Fraktionsversammlung wird durch den oder einen der Fraktionsvorsitzenden oder – im Verhinderungsfall – durch seinen Stellvertreter, im Falle dessen Verhinderung durch den Parlamentarischen Geschäftsführer – unter schriftlicher Bekanntgabe der Tagesordnung, des Versammlungsortes, des Datums und der Versammlungszeit einberufen.
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2. Die Fraktionsversammlung tritt möglichst vor jeder Plenarsitzung zur Beratung der Tagesordnung des Landtags sowie bei Bedarf zusammen.
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3. Die Fraktionsversammlung muss einberufen werden, wenn der Fraktionsvorstand dies beschließt oder mehr als ein Viertel der Fraktionsmitglieder es unter Angabe des Beratungsgegenstandes bei einem Mitglied des Fraktionsvorstandes schriftlich beantragen.
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4. Die Tagesordnung wird vom Fraktionsvorstand vorgeschlagen. Einladung und Tagesordnung sind spätestens drei Kalendertage vor dem Sitzungstag jedem Mitglied bekanntzugeben. In dringenden Fällen kann die Ladung auch mit kürzerer Frist erfolgen; das gilt nicht für Wahlen.
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5. Änderungs- und Ergänzungsvorschläge zur Tagesordnung können durch die Fraktionsmitglieder bis zum Beginn der Fraktionssitzung schriftlich dem Fraktionsvorstand eingereicht werden. Eine nachträgliche Änderung der Tagesordnung bedarf der Zustimmung der Fraktionsversammlung. Wahlen können nur mit Zustimmung aller Mitglieder der Fraktion nachträglich auf die Tagesordnung aufgenommen werden.
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6. Beschlussanträge sollen allen Mitgliedern der Fraktion vor der Fraktionsversammlung schriftlich zugesandt werden; in dringenden Fällen können kurze Beschlussanträge als Tischvorlage vorgelegt werden.
II.
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Die Antragstellerin ist seit dem 17. März 2016 Mitglied der AfD. Sie wurde auf deren Liste am 7. Mai 2017 in den 19. Schleswig-Holsteinischen Landtag gewählt, dem sie seither angehört. Sie konstituierte mit Bildung des 19. Landtages mit den vier anderen über die Liste der AfD gewählten Abgeordneten die antragsgegnerische Fraktion. Neben der Antragstellerin bestand diese aus J. N. (Fraktionsvorsitzender), Claus Schaffer (stellvertretender Fraktionsvorsitzender), Dr. F. B. und V. S. (parlamentarischer Geschäftsführer). Während ihrer Fraktionszugehörigkeit war die Antragstellerin Mitglied mehrerer parlamentarischer Ausschüsse. Sie war seit dem 8. Juli 2017 Vorsitzende des AfD-Landesverbandes Schleswig-Holstein.
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Am 18. Dezember 2014 war im Internet der folgende Beitrag der Antragstellerin mit dem Titel „Würdige Gedächtnisstätte“ veröffentlicht worden:
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Mit großem privatem Aufwand aus unseren Reihen ist in den letzten Jahren eine würdige Gedächtnisstätte in Guthmannshausen / Thüringen entstanden, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, unserer Vergangenheit und der damit zusammenhängenden Opfer würdig zu gedenken.
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Die Gedächtnisstätte ist unseren 15 Mill. deutschen Vertriebenen, sowie unseren gefallenen Soldaten, die aufopferungsvoll für unser Volk gekämpft haben, gewidmet. Auch für die unter polnischer bzw. russischer Verwaltung stehenden deutschen Ost-Gebiete sind Steine als Mahnung und zur Erinnerung an dieses Vermächtnis aufgestellt.
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Gleichzeitig führt der Verein Gedächtnisstätte Veranstaltungen durch, die den Horizont erweitern, statt den Geist zu manipulieren.
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Von offizieller Seite kam keine Unterstützung. Ja, Menschen, die die Gedächtnisstätte aufsuchen, werden in den Medien angeprangert und man versucht, sie geschäftlich zu ruinieren, wie dies unlängst eine Künstlerin aus Nord-Deutschland erfahren mußte, die bei der Einweihungsfeier der Gedächtnisstätte im August 2014 anwesend war.
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Dies sollte uns jedoch nicht davon abhalten, uns dem Diktat deutschfeindlicher Interessengruppierungen zu beugen. Im Gegenteil: Es sollte Ansporn sein, sich jetzt erst recht einzubringen!
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Aufgrund der personellen Besetzung des Vereines ist nicht zu befürchten, daß sein Zweck unterlaufen wird, wie z. B. der der Vertreibungsstiftung in Berlin; jene war ursprünglich den 15 Mill. deutschen Vertriebenen gewidmet, sie fristen dort jedoch nur noch ein Nischendasein. Wie ich heute las, soll dem Leiter der Stiftung sogar gekündigt worden sein, weil er sich zu sehr dem Thema der deutschen Vertreibung gewidmet habe.
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Für unser ganzes Volk ist die Zeit gekommen, grundsätzlich umzudenken. Fast 70 Jahre Krieg und Entmündigung sind genug.
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Am Mittwoch, 28. November 2018, berichtete die Zeitung WELT unter der Überschrift „Die AfD-Fürstin und der Neonazi-Treff“ über diesen Beitrag der Antragstellerin zum Verein Gedächtnisstätte e. V.. Dieser Verein steht seit dem Jahr 2015 auf einer Liste, in der der Bundesvorstand der AfD Organisationen aufführt, deren Mitgliedschaft nach § 2 Abs. 3 der AfD-Bundessatzung mit derjenigen in der AfD unvereinbar sein soll, da sie durch deutsche Sicherheitsorgane als extremistisch eingestuft worden sind. Der Verein wird seit 2011 durch den Niedersächsischen Verfassungsschutz beobachtet. In dem Bericht der WELT wurde auch ausgeführt, dass die fragliche Gedächtnisstätte laut Niedersächsischem Verfassungsschutzbericht einer geschichtsrevisionistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Geschichtsbetrachtung diene. Zudem würden deutsche Kriegsverbrechen relativiert und die Kriegsschuld des NS-Regimes geleugnet. Hinter dem Verein steht nach den Ausführungen der WELT die „Holocaust-Leugnerin X“. Diese sei die erste Vorsitzende des Vereins gewesen. Die Abgeordnete von S.-W. habe sich bis zum Erscheinen des Artikels nicht von dem Beitrag aus dem Jahr 2014 distanziert. Konkret auf die Frage zur Aussage über die „unter polnischer beziehungsweise russischer Verwaltung stehenden deutschen Ost-Gebiete“ habe sie der Redaktion mit der Gegenfrage geantwortet, ob die allgemeine Rechtsauffassung geteilt werde, dass die Vertreibung von ca. 15 Millionen Menschen aus den deutschen Ostprovinzen ein Verbrechen gegen das Völkerrecht gewesen sei und dass auch deutsche Menschen Träger von Rechten sein könnten.
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Anlässlich dieses Artikels rief der Abgeordnete Schaffer als stellvertretender Fraktionsvorsitzender – der Fraktionsvorsitzende befand sich im Ausland – eine informelle Fraktionssitzung für den Nachmittag desselben Tages (28. November 2018) ein. In dieser Sitzung waren alle damaligen Fraktionsmitglieder mit Ausnahme des Vorsitzenden anwesend. Dort wurde über den Vorgang gesprochen. Die Antragstellerin erklärte, dass sie Mitglied des Vereins Gedächtnisstätte e. V. sei und an diesen Geld zahle. Der parlamentarische Geschäftsführer sprach daraufhin den Umstand an, dass der Verein auf der „Unvereinbarkeitsliste“ der AfD stehe und dies zum Parteiausschluss führen könne. Nach der informellen Fraktionssitzung berichteten die Abgeordneten Sch., Dr. B. und S. telefonisch dem Vorsitzenden den Sachstand. Noch während dieser Besprechung erhielt der Abgeordnete S. einen Anruf der Antragstellerin, in dem sie mitteilte, dass sie nur Fördermitglied im Verein sei, und berichtete darüber in der Runde. Gemeinsam wurde dann beschlossen, für die folgende Woche eine reguläre Fraktionssitzung einzuberufen, um über einen Fraktionsausschluss zu beraten. Kurze Zeit später trafen die Abgeordneten Sch. und S. die Antragstellerin auf dem Flur des AfD-Fraktionsbereichs. Dabei teilte die Antragstellerin mit, dass der Verein eine Mitgliedschaft nicht nachvollziehen könne; sie habe nur gespendet.
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Am 29. November 2018 um 14:49 Uhr versandte der persönliche Referent des Fraktionsvorsitzenden, XX, unter anderem an die Abgeordneten der Antragsgegnerin per E-Mail eine Einladung zu einer Fraktionsversammlung am 4. Dezember 2018, 13:30 Uhr. Die von ihm gezeichnete Ladung enthielt den folgenden Einleitungssatzteil:
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(…) im Auftrag von J. lade ich (…).
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Der Ladung war als Anhang die vom Vorstand beschlossene vorläufige Tagesordnung beigefügt. Diese enthielt unter anderem den Tagesordnungspunkt 6 „Antrag auf Ausschluss der Abgeordneten von S.-W. aus der Fraktion“. Hinter diesem waren die Namenskürzel des Fraktionsvorsitzenden und seines Stellvertreters als Berichterstatter / Zuständiger laut Geschäftsordnung vermerkt. Weitere Angaben zu diesem Tagesordnungspunkt waren nicht enthalten.
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Mit am 29. November 2018 um ca. 16:22 Uhr versandter E-Mail beantragte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, C. Sch., „im Auftrag und Namen von J. N.“ den Ausschluss der Antragstellerin aus der Landtagsfraktion und bat um Beratung und Beschlussfassung in der Fraktionssitzung am 4. Dezember 2018. Zugleich erklärte er in dieser E-Mail, dass er sich dem Antrag anschließe. Eine nähere Begründung des Antrags enthielt diese E-Mail nicht.
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Ebenfalls am 29. November 2018 veröffentlichte die Antragstellerin auf ihrer Facebook-Seite eine Stellungnahme, in welcher sie unter anderem mitteilte, dass ihr die Entstehungsgeschichte der Gedenkstätte im Jahr 1992 nicht bekannt sei. Sie sei im Jahr 2014 bei der Gedenkstätte gewesen. Dabei habe sie weder revisionistisches noch antisemitisches Gedankengut feststellen können. Die Grenzfrage sei in Folge des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags endgültig erledigt. Demokratiefeindliche Ideologien lehne sie ab.
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Am 1. Dezember 2018 wandte sich die Antragstellerin per E-Mail an ca. 1.100 Mitglieder und Förderer der AfD Schleswig-Holstein. In diesem Zusammenhang sprach sie an, dass „derzeit wieder eine Reihe von ehrverletzenden Zeitungsberichten“ über ihre Person erschienen seien. Sie sei von den Reaktionen der Fraktionskollegen betroffen. Im Weiteren setzte sie sich damit auseinander, dass ihr vorgeworfen werde, den Verein Gedächtnisstätte e. V. unterstützt zu haben, der seit 2015 auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD stehe. Sie habe die Gedächtnisstätte im Jahr 2014 besucht und sich danach mit dieser und deren Trägerverein nicht mehr befasst. Sicherheitshalber habe sie im Sekretariat des Vereins nachgefragt, ob sie jemals als Mitglied geführt worden sei. Ihr sei bestätigt worden, nie Mitglied des Vereins Gedächtnisstätte e. V. gewesen zu sein. Im Weiteren nahm sie auf eine Pressemitteilung der Abgeordneten Sch. und N. Bezug, in der diese – nach Auffassung der Antragstellerin fälschlich – von ihrer Mitgliedschaft in dem fraglichen Verein ausgingen und in der mitgeteilt werde, dass in einer Fraktionssitzung am 4. Dezember 2018 über den Ausschluss der Antragstellerin beraten werden solle. Dazu führte sie aus:
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Die Tatsache, dass eine schädliche Berichterstattung über mich dazu genutzt werden soll, um mich aus der Fraktion rauszuwerfen, macht mich wirklich sprachlos.
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Aber diese Entwicklung hat sich lange abgezeichnet. Hinter mir liegt eine lange Zeit fehlender Solidarität, fehlender Kollegialität und fehlender Achtung der Kollegen. Es wäre der Schlusspunkt einer langen Kampagne, in der es offenbar das Ziel war, mich in meinem Ansehen zu beschädigen und nach außen zu isolieren. Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, wenn man mich ausschließen würde. Die Perspektive, noch weitere dreieinhalb Jahre mit solchen Kollegen in der Fraktion verbringen zu müssen, verzaubert mich nicht gerade.
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Mit einem offenen Brief vom 2. Dezember 2018 an den Bundesvorstand der AfD teilte der Verein Gedächtnisstätte e. V. unter Bezug auf einen „Rausschmiß“ der „Landesvorsitzenden Frau D. Fürstin von S.-W.“ mit, dass diese nie Mitglied im Verein gewesen sei.
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Am 4. Dezember 2018 fand eine Fraktionsversammlung statt, in der alle Mitglieder anwesend waren. Diese begann ausweislich des Protokolls um 13:30 Uhr. Zum Beginn der Sitzung lag als Tischvorlage ein begründeter Antrag auf Ausschluss der Antragstellerin vor.
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Im Rahmen des Tagungsordnungspunkts 6 erhielt die Antragstellerin Gelegenheit, sich zu äußern. Dabei nahm sie auf ihre Stellungnahme auf Facebook vom 29. November 2018 Bezug. Der Antrag wurde mindestens 15 Minuten lang diskutiert, in der Folge wurde er abgeändert. Unter anderem wurden Ausführungen zur Beobachtung des Vereins durch den niedersächsischen und thüringischen Verfassungsschutz und die Verbindungen des Vereins zur Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, zur Partei DIE RECHTE und zur rechtsextremen Szene gestrichen. Im Weiteren wurde in dem Satz, dass die politische und inhaltliche Ausrichtung des Vereins an keiner Stelle mit der politischen Ausrichtung der AfD vereinbar sei, die Wendung eingefügt, dass er seit April 2015 auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD stehe.
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Der schriftliche Antrag wies zuletzt den folgenden Wortlaut auf:
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1. Unterstützung und Übereinstimmung mit den politischen Zielen und Inhalten des Vereins „Gedächtnisstätte"
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Der Verein „Gedächtnisstätte" ist seit 2011 in Niedersächsischen Verfassungsschutzberichten und in Berichten des Thüringischen Verfassungsschutzes seit 2013 fortlaufend im Zusammenhang mit einem Netzwerk aus verurteilten Holocaust-Leugnern, Rechtsextremisten und Neonazis als Beobachtungsobjekt aufgeführt. Bis heute wird der Verein insbesondere durch die NPD und DIE RECHTE im Internet beworben. Die Gedenkstätte selbst wird als Treffpunkt und Veranstaltungsort durch eben dieses Netzwerk und Persönlichkeiten genutzt, die zweifelsfrei dem rechtsextremistischen Umfeld zuzurechnen sind.
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Frau v. S.-W.erklärte am 28.11.2018 gegenüber den Abgeordneten der AfD-Landtagsfraktion V. S., Dr. F. B. und Claus Schaffer, dass sie auf einer Homepage unter ihrem Namen am 18.12.2014 für die Unterstützung und Mitgliedschaft des in Rede stehenden Vereines geworben habe. Der im Internet bis zum 29.11.2018 noch veröffentlichte Beitrag stamme von ihr persönlich. Eine gleichlautende und bis jetzt nicht widerrufene Erklärung hat sie auch in der Öffentlichkeit gegenüber der Presse abgegeben.
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Die von Frau v. S.-W. eigenhändig verfassten Artikel geben eindeutigen Aufschluss über ihre politische Übereinstimmung mit der Zielsetzung und Aufgabe des Vereins „Gedächtnisstätte". In diesem Beitrag schreibt sie u. a. von „unter polnischer bzw. russischer Verwaltung stehenden deutschen Ost-Gebieten", von „70 Jahren Krieg und Entmündigung“ und fordert öffentlich zur Unterstützung und Mitgliedschaft auf.
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Sowohl die in dem Verein agierenden Personen als auch die mediale Außenwirkung müssen ihr im Dezember 2014 bekannt gewesen sein, denn in ihrer Veröffentlichung schreibt sie, dass „aufgrund der personellen Besetzung des Vereines ist nicht zu befürchten, dass sein Zweck unterlaufen wird..." und dass „Menschen, die die Gedächtnisstätte aufsuchen, werden in den Medien angeprangert und man versucht, sie geschäftlich zu ruinieren, wie dies unlängst eine Künstlerin aus Nord-Deutschland erfahren musste, die bei der Einweihungsfeier der Gedächtnisstätte im August 2014 anwesend war...“
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Der Verein „Gedächtnisstätte" steht seit April 2015 auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Unabhängig von einer aktiven Mitgliedschaft in diesem Verein steht eine Unterstützung und Bewerbung dieses Vereins, wie sie von Frau v. S.-W. vorgenommen wurde, für eine für uns unvereinbare innere politische Überzeugung und damit gegen alles, was die AfD bundesweit und auch in der AfD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein politisch vertritt.
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2. Kollegialität und Loyalität in der Fraktion
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Frau v. S.-W. erklärte am 28.11.2018 am Nachmittag einem Gespräch anlässlich der Berichterstattung in der WELT gegenüber den Abgeordneten in V. S., F. B. und Claus Schaffer, dass sie seit 2014 bis zum 28.11.2018 durchgehend Mitglied des Vereines „Gedächtnisstätte" sei und dort einmal jährlich einen Beitrag zahle. Hierzu liegt eine schriftliche Erklärung der Abgeordneten V. S., F. B. und Claus Schaffer vor.
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Frau v. S.-W. hat am 28.11.2018 bereits am Vormittag, also noch vor dem Gespräch mit den Abgeordneten, im Kreis der Fraktion eine aktuell bestehende Mitgliedschaft und Unterstützung im Verein „Gedächtnisstätte" eingeräumt.
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In der öffentlichen Darstellung gegenüber bundesweit erscheinenden Medien, aber auch in einer parteiinternen Mitteilung an etwa 1.100 Mitglieder im AfD-Landesverband Schleswig-Holstein vom 1. Dezember 2018 bestreitet Frau v. S.-W. eine vergangene oder aktive Mitgliedschaft im Verein „Gedächtnisstätte". Sollte diese öffentliche Äußerung der Wahrheit entsprechen, wäre dies gleichbedeutend damit, dass sie in einer schwerwiegenden und politisch bedeutsamen Tatsache die Abgeordneten V. S., F. B. und Claus Schaffer, also Kollegen der gemeinsamen Landtagsfraktion, wissentlich belogen hat.
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Sollte hingegen die Äußerung gegenüber Vertretern der Medien und den Mitgliedern der AfD Schleswig-Holstein unwahr sein, so hat Frau von S.-W. sowohl Öffentlichkeit als auch Parteimitglieder getäuscht. Beides bedeutet angesichts einer nachhaltigen Schädigung der Vertrauensbasis sowohl im fraktionellen Innenverhältnis, als auch der Glaubwürdigkeit der AfD-Landtagsfraktion in der Gesellschaft, dass eine Fortsetzung der politischen Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.
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Die Abgeordnete Frau v. S.-W. hat durch ihr Verhalten und durch ihre Unterstützung des Vereins Gedächtnisstätte e. V. das öffentliche Ansehen und die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Fraktion nachhaltig beschädigt.
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Nach kurzer Unterbrechung der Sitzung stimmten die Fraktionsmitglieder geheim auf vorgedruckten Stimmzetteln über den Antrag ab. Es gab vier Stimmen für und eine Stimme gegen den Ausschluss. Der Beschluss wurde der Antragstellerin in der Versammlung schriftlich bekannt gegeben.
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In Konsequenz des Fraktionsausschlusses verlor die Antragstellerin ihren Mitgliedsstatus in den Ausschüssen des Landtages, in denen sie zuvor ständiges beziehungsweise stellvertretendes Mitglied gewesen war, beziehungsweise gab sie diesen auf.
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Mit Beschluss des Bundesvorstandes der AfD vom 17. Dezember 2018 wurde gegen die Antragstellerin ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Sie wurde durch diesen Beschluss bis zur Entscheidung des zuständigen Schiedsgerichts von der Ausübung sämtlicher Parteiämter ausgeschlossen. Im Weiteren beantragte der Bundesvorstand unter demselben Datum beim Landesschiedsgericht, sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache über den Parteiausschluss einstweilen von der Ausübung ihrer Mitgliedsrechte auszuschließen. Der Antrag auf Suspendierung der Antragstellerin wurde vom Parteischiedsgericht in Schleswig-Holstein abgelehnt, da weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch bestanden habe. Nachfolgend wurde auch der Antrag auf Parteiausschluss vom Landesparteischiedsgericht abgelehnt. Am 29. Juni 2019 wurde die Antragstellerin erneut zur Landesvorsitzenden der AfD Schleswig-Holstein gewählt. Durch Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der AfD vom 28. August 2019 wurde die Antragstellerin aus der Partei ausgeschlossen.
III.
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Gegen den Ausschluss hat die Antragstellerin am 15. Januar 2018 ein Organstreitverfahren eingeleitet. Sie meint, sie sei durch den Ausschluss aus der Fraktion in ihrem organschaftlichen Recht als Abgeordnete des Landtages aus Art. 17 Abs. 1 LV verletzt. Insbesondere sei sie durch den Ausschluss in ihren parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten eingeschränkt.
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Sie ist der Auffassung, die Fraktionssitzung vom 4. Dezember 2018 sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden, da die Ladung nicht vom Fraktionsvorsitzenden, sondern von dessen persönlichem Referenten stamme. Zudem sei sie nicht ordnungsgemäß angehört worden. Zwar sei sie vorher zu ihrer vermeintlichen Mitgliedschaft durch Fraktionskollegen befragt worden; diese Gespräche seien aber nicht förmlich erfolgt. Auch enthalte die mitgeteilte Begründung zum Ausschluss keinen Bezug zur Fraktionssitzung. Vielmehr würden nur Inhalte mitgeteilt, die Gegenstand formloser Gespräche im Vorfeld gewesen seien. Daraus folge, dass es der Antragsgegnerin nicht um rechtliches Gehör gegangen sei, sondern nur darum, den Anschein zu wahren. Tatsächlich habe der Entschluss zum Ausschluss bereits nach dem Gespräch vom 28. November 2018 festgestanden. Aus ihrer Sicht habe es dementsprechend keinen Sinn gehabt, sich in der Fraktionssitzung am 4. Dezember 2018 näher zu dem Ausschlussantrag zu äußern, auch wenn sie von der Begründung, soweit nicht (mehr) auf eine Vereinsmitgliedschaft abgestellt worden sei, überrascht worden sei. Für eine ordnungsgemäße Anhörung sei nicht nur erforderlich, dass der konkrete Tagesordnungspunkt den anderen Fraktionsmitgliedern rechtzeitig bekannt gegeben werde. Der Antrag müsse auch erkennen lassen, woraus der Ausschlussgrund abgeleitet wird. Dies mache eine schriftliche Fixierung des Antrags und der relevanten Gründe unumgänglich.
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Es seien auch in der Sache keine Gründe ersichtlich, die den Fraktionsausschluss rechtfertigen könnten. Dessen Begründung gehe von einem widersprüchlichen Sachverhalt aus. Die Antragsgegnerin hätte weiter aufklären müssen, ob sie – die Antragstellerin – wirklich Mitglied im Verein Gedenkstätte e. V. gewesen ist. Im Übrigen sei von einem Ermessensfehlgebrauch auszugehen, weil die beteiligten Abgeordneten fälschlich angenommen hätten, dass eine Unvereinbarkeit der Partei- mit der Vereinsmitgliedschaft für die Fraktion relevant sei. Jedenfalls sei der Ausschluss unverhältnismäßig; eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen. Es sei auch nicht erkennbar, warum ein Verstoß gegen einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei ein gedeihliches Zusammenarbeiten in der Fraktion unmöglich machen solle. Die Verantwortlichen der Antragsgegnerin versuchten, das Ordnungsinstrumentarium der Fraktion zur Disziplinierung missliebiger Parteimitglieder zweckfremd zu gebrauchen. Die politische Differenz zwischen ihr und den anderen Abgeordneten der AfD-Fraktion sei inhaltlich nicht so erheblich, wie es von diesen dargestellt worden sei.
- 76
Die Antragstellerin beantragt,
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festzustellen, dass der Beschluss der Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2018 betreffend ihren Fraktionsausschluss ihre Rechte aus Artikel 17 Absatz 1 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein verletzt;
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die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen in dem Organstreit-verfahren anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
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den Antrag zurückzuweisen.
- 81
Sie ist der Auffassung, der Ausschluss erfülle sowohl formell als auch materiell die verfassungsrechtlichen Vorgaben.
- 82
Zur Fraktionssitzung sei ordnungsgemäß eingeladen worden. Zwar sei die Ladung durch Herrn XX verschickt worden. Da dieser aber im Auftrag des Fraktionsvorsitzenden gehandelt habe, sei dies unbedenklich und entspreche der regelmäßigen Übung. Auch sei die Antragstellerin ordnungsgemäß angehört worden. Die den Ausschlussantrag gegen die Antragstellerin in Textform konkret wiedergebende, sämtlichen Fraktionsmitgliedern mit Nachricht vom 29. November 2018 übermittelte Tagesordnung sei nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr sei das „vorangehende bzw. begleitende Gesamtgeschehen“ zu berücksichtigen, aus dem sich ergebe, dass sowohl die Antragstellerin als auch sämtliche anderen Fraktionsmitglieder hinreichende Kenntnis der geltend gemachten Ausschlussgründe gehabt hätten.
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Auch materiell sei der Ausschluss rechtmäßig. Die materielle Rechtmäßigkeit sei nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Überprüft werden könne im Wesentlichen, ob der Ausschluss willkürlich sei. Dies sei der Fall, wenn sich ein vernünftiger Grund für die Entscheidung nicht finden lasse, sondern vielmehr evident sachfremd entschieden worden sei. Vorliegend bestehe ein wichtiger Grund für den Ausschluss. Für diesen komme es auf eine tatsächliche Mitgliedschaft der Antragstellerin im Verein „Gedenkstätte e. V.“ nicht an. Im Übrigen sei die Mitgliedschaft in einem solchen Verein unabhängig von der Aufnahme auf die Unvereinbarkeitsliste auch bereits am 14. Dezember 2014 mit einer Mitgliedschaft in der AfD unvereinbar gewesen.
IV.
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Die Landesregierung und der Landtag sind dem Verfahren nicht beigetreten und haben nicht Stellung genommen.
B.
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Der Antrag ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
- 86
1. Der Rechtsweg zum Landesverfassungsgericht ist eröffnet. Das Verfahren ist eine Organstreitigkeit nach Art. 51 Abs. 2 Nr. 1 LV, § 3 Nr. 1 und §§ 35 ff. Landesverfassungsgerichtsgesetz (LVerfGG).
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2. Nach Art. 51 Abs. 2 Nr. 1 LV, § 35 LVerfGG sind der Landtag, die Landesregierung und andere Beteiligte, die durch die Landesverfassung oder die Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattet sind, antragsberechtigt. Hierzu zählen auch einzelne Landtagsabgeordnete, da ihnen Art. 17 LV als Mitgliedern des Landtages, eines obersten Verfassungsorgans des Landes, eigene Rechte gibt
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="margin-left:36pt">(Urteile vom 30. September 2013 - LVerfG 13/12 -, LVerfGE 24, 512 ff. = SchlHA 2013, 465 ff. = NordÖR 2014, 20 ff. = KommJur 2014, 137 ff., Juris Rn. 33 und vom 17. Mai 2017 - LVerfG 1/17 -, LVerfGE 28, 469 ff. = SchlHA 2017, 213 ff., Juris Rn. 26).
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Auch die Landtagsfraktionen sind andere Beteiligte im vorgenannten Sinne. Die Landesverfassung hebt die Bedeutung der Fraktionen für den politischen Meinungsbildungsprozess hervor. Besonders deutlich wird dies darin, dass sie die parlamentarische Opposition als wesentlichen Bestandteil der parlamentarischen Demokratie anerkennt (Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LV), mit der Kritik an und Kontrolle von Regierungsentscheidungen beauftragt (Art. 18 Abs. 1 Satz 2 LV) und als Alternative zu den Regierungsfraktionen (Art. 18 Abs. 1 Satz 3 LV) mit ausdrücklicher politischer Chancengleichheit (Art. 18 Abs. 1 Satz 4 LV) ausstattet. Die oder der Vorsitzende der stärksten die Regierung nicht tragenden Fraktion ist nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 LV Oppositionsführer oder Oppositionsführerin. Weitere ausdrückliche Regelungen zu den Fraktionen finden sich in Art. 20 Abs. 4 und 5 LV (Ältestenrat), Art. 24 Abs. 2 LV (Untersuchungsausschüsse) und Art. 26 Abs. 2 LV (Parlamentarischer Einigungsausschuss). Zudem werden Fraktionen durch die Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages (GO-LT) mit eigenen Rechten ausgestattet, insbesondere indem die Sitze der Ausschüsse an die Mitglieder der Fraktionen – grundsätzlich in Reihenfolge der auf sie entfallenden Sitze im Landtag – verteilt werden sowie sie entsprechend Ausschussmitglieder benennen können (§ 13 Abs. 2, 3 und 5 GO-LT). Weitere besondere Rechte der Fraktionen finden sich in § 32 Abs. 1 GO-LT (Aktuelle Stunde), § 34 Abs. 1 GO-LT (Misstrauensantrag) und § 38 Abs. 1 GO-LT (Große Anfragen)
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(vgl. hierzu schon: Urteil vom 30. September 2013 - LVerfG 13/12 -, a.a.O. Rn. 49).
- 91
3. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt.
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Gemäß § 36 Abs. 1 LVerfGG muss die Antragstellerin geltend machen, dass sie durch eine Maßnahme oder Unterlassung der Antragsgegnerin in ihren ihr durch die Landesverfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Eine entsprechende Rechtsverletzung muss nach dem Vortrag der Antragstellerin zumindest möglich erscheinen
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(Urteil vom 17. Mai 2017 - LVerfG 1/17 -, a.a.O. Rn. 28).
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Zum Teil wird die Auffassung vertreten, eine Antragsbefugnis bestehe bei Fraktionsausschlüssen nicht, weil die Mitgliedschaft in einer Fraktion sowie die damit gegebenenfalls verbundene Stimmberechtigung in Ausschüssen nicht zum verfassungsrechtlichen Status der Abgeordneten gehöre
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(so etwa: Ipsen, NVwZ 2005, 361 <363 f.>).
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Dieser Auffassung folgt das Gericht nicht. Die Möglichkeit, eine Fraktion zu bilden und in ihr mitzuarbeiten, verändert die Wirkungsmöglichkeit der Abgeordneten erheblich
- 97
(vgl. – auch allgemein zur Fraktion im Verfassungsleben – BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1976 - 2 BvR 802/75 -, BVerfGE 43, 142 ff., Juris Rn. 22; LVerfG Brandenburg, Urteil vom 20. Juni 1996 - VfGBbg 14/96 EA -, LVerfGE 4, 190 ff. = NVwZ-RR 1997, 577 ff., Juris Rn. 22 m.w.N.).
Fraktionsangehörigen Abgeordneten bieten sich über den Mindeststandard der allen Abgeordneten zustehenden Rechte hinaus rechtlich weitergehende Mitgestaltungsmöglichkeiten (z. B. die stimmberechtigte Mitgliedschaft in Ausschüssen) sowie die von den Fraktionen unterhaltenen und von ihren Mitgliedern nutzbaren staatlich finanzierten personellen und sachlichen Ressourcen. Der verfassungsrechtliche Status der Abgeordneten wird insofern um die Fraktionsmitgliedschaft und die damit verbundenen erweiterten Mitwirkungsmöglichkeiten angereichert
- 99
(vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, LVerfGE 16, 104 ff. = NVwZ-RR 2006, 441 ff., Juris Rn. 45; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, Juris Rn. 22, 25; im Ergebnis ebenso: Pfeil, Der Abgeordnete und die Fraktion, 2007, S. 205 f.; A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 207 m.w.N.).
- 100
Dies gilt im schleswig-holsteinischen Verfassungsraum im Besonderen: Die Landesverfassung hebt die besondere Bedeutung der Fraktionen für die politische Meinungsbildung hervor. Sie werden wegen ihrer Rolle im parlamentarischen Willensbildungsprozess für die Parlamentsorganisation geradezu vorausgesetzt und zwar auf Regierungs- wie Oppositionsseite
- 101
(Urteil vom 30. September 2013 - LVerfG 13/12 -, LVerfGE 24, 512 ff. = SchlHA 2013, 465 ff. = NordÖR 2014, 20 ff. = KommJur 2014, 137 ff., Juris Rn. 49).
- 102
Gemessen daran hat die Antragstellerin im Sinne von § 36 Abs. 1 LVerfGG geltend gemacht, durch den angegriffenen Fraktionsausschluss in ihren Rechten aus Art. 17 LV verletzt zu sein.
- 103
4. Der Antrag ist fristgerecht innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntwerden der angegriffenen Maßnahme gestellt worden (§ 36 Abs. 3 LVerfGG). Er ist zudem ordnungsgemäß, schriftlich und mit Begründung eingereicht worden (§ 20 Abs. 1 LVerfGG) und bezeichnet eine Bestimmung der Landesverfassung, gegen die nach Auffassung der Antragstellerin verstoßen wird (§ 36 Abs. 2 LVerfGG).
- 104
5. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht. Die Antragstellerin hat keine alternativen und gleich effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten.
II.
- 105
1. Ein Fraktionsausschluss ist im Grundsatz verfassungsrechtlich möglich
- 106
(so für unterschiedliche Verfassungsräume auch: Fensch, in: Ahrens, Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages – Kommentar für die Praxis –, 1999, § 22 Ziffer 2.4 m.w.N.; Lenz, NVwZ 2005, 364 <365 f. m.w.N.>; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 475 f. m.w.N.; A. Bäcker, a. a. O., S. 164 ff. m.w.N.; StGH Bremen, Entscheidung vom 13. Juli 1969 - St 2/69 -, DÖV 1970, 639 ff.; LVerfG Brandenburg, Urteile vom 20. Juni 1996 - VfGBbg 14/96 EA -, a.a.O. Rn. 21 f. und vom 16. Oktober 2003 - VfGBbg 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 ff., Juris Rn. 28; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Mai 2003 - LVerfG 10/02 -, NordÖR 2003, 359 ff. = DÖV 2003, 765 ff., Juris Rn. 44; VerfGH Berlin, Urteile vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, a.a.O. Rn. 49 und vom 4. Juli 2018 - VerfGH 130/17 -, DVBl 2018, 1287 ff., Juris Rn. 30; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, NVwZ 2019, 786 ff., Juris Rn. 28),
- 107
auch wenn dies im schleswig-holsteinischen Landesverfassungsrecht nicht ausdrücklich geregelt ist.
- 108
Das in Art. 17 Abs. 1 LV geschützte freie Mandat der Abgeordneten gewährleistet die Fraktionsbildung, den Beitritt und die Aufnahme neuer Mitglieder. Zugleich berechtigt es zum jederzeitigen Austritt und zur Auflösung der Fraktion. Es wirkt zudem für den Zusammenschluss und die Zusammenarbeit nach eigenen Vorstellungen. Das freie Mandat gewährleistet, ob und wie kooperiert wird. Im Falle des Fraktionsausschlusses steht das auf Verbleib in der Fraktion gerichtete Interesse des vom Ausschluss betroffenen Mitglieds mit dem Interesse seiner (bisherigen) Fraktionskollegen, die Zusammenarbeit nicht fortzusetzen, im Konflikt
- 109
(vgl. A. Bäcker, a. a. O., S. 166; vgl. hierzu auch: VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.; Lenz, a.a.O. <365 f.>).
- 110
Diese Kollision verfassungsrechtlicher Positionen bedarf der verhältnismäßigen Auflösung im Einzelfall
- 111
(vgl. Lenz, a.a.O. <366>).
- 112
Die Voraussetzungen für den Ausschluss stehen angesichts der Berührung verfassungsrechtlich geschützter Positionen nicht im Belieben der Fraktionen
- 113
(so im Ergebnis auch: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Mai 2003 - LVerfG 10/02 -, a.a.O. Rn. 45 m.w.N.; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, LVerfGE 16, 104 ff. = NVwZ-RR 2006, 441 ff., Juris Rn. 49; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 28 m.w.N.; vgl. auch Hölscheidt, a. a. O., S. 475 f.).
- 114
Es müssen verfahrensrechtliche Anforderungen (2.) und materielle Voraussetzungen (3.) eingehalten werden.
- 115
2. Das Ausschlussverfahren hält der verfassungsrechtlichen Überprüfung stand.
- 116
Das Statusrecht der Abgeordneten aus Art. 17 Abs. 1 Satz 2 LV vermittelt angesichts der mit der Fraktionszugehörigkeit verbundenen besonderen Mitwirkungs- und Teilhabemöglichkeiten einen Mindestbestand an rechtsstaatlichen prozeduralen Garantien. Von Bedeutung ist, wer für die Entscheidung über den Fraktionsausschluss zuständig ist und wer das Verfahren in Gang setzen kann sowie ob betroffenen Abgeordneten hinreichend Gelegenheit zur wirksamen Stellungnahme eingeräumt und den Fraktionsmitgliedern die Möglichkeit gegeben wird, diese zu berücksichtigen und an der Entscheidung verantwortlich mitzuwirken. In der Folge bestehen rechtsstaatliche Mindestanforderungen an die Mitteilung des Ausschlussantrags und der geltend gemachten Gründe sowie – damit verbunden – eine angemessene Vorbereitungszeit der Beteiligten, die Einberufung der maßgeblichen Personen zur Entscheidung über den Antrag, die Abstimmung und die erforderliche Mehrheit
- 117
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 29 m.w.N.).
- 118
Die formellen Anforderungen an ein Ausschlussverfahren im vorgenannten Sinne sind uneingeschränkt durch das Landesverfassungsgericht überprüfbar
- 119
(vgl. LVerfG Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2003 - VerfGH 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 ff., Juris Rn. 32 f.; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 36; Lenz, a.a.O. <366, 370>; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 480).
- 120
a) Die Entscheidung über einen Fraktionsausschluss obliegt allein der Fraktionsversammlung. Die Entscheidung berührt die Rechte der betroffenen Abgeordneten und zudem sämtliche Fraktionsmitglieder in ihrer Kooperationskompetenz als Teil des freien Mandats, so dass sie nur von der Fraktionsversammlung getroffen werden kann
- 121
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 30 m.w.N.).
- 122
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass § 5 GO-AfD für den Fraktionsausschluss eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Fraktion voraussetzt. Dies ist in der deutschen verfassungsrechtlichen Tradition ein Quorum, das für Entscheidungen von zentraler Bedeutung (etwa Verfassungsänderungen) traditionell als erforderlich, aber auch ausreichend angesehen wird
- 123
(vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, LVerfGE 16, 104 ff. = NVwZ-RR 2006, 441 ff., Juris Rn. 50; im Ergebnis übereinstimmend: VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 33; Pfeil, Der Abgeordnete und die Fraktion, 2007, S. 197 f.; Morlok, ZParl 35 <2004>, 633 <644>).
- 124
Das Quorum wurde erreicht.
- 125
b) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die nach § 5 Nr. 3 GO-AfD alternativen Möglichkeiten der Einleitung des Ausschlussverfahrens durch den Fraktionsvorstand oder mehr als ein Viertel der Mitglieder bestehen ebenfalls nicht.
- 126
c) Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin rechtliches Gehör gewährt. Die Beteiligten hatten ausreichend Zeit zur Vorbereitung. Insbesondere wurden sowohl der Antragstellerin als auch den übrigen Fraktionsmitgliedern rechtzeitig der Ausschlussantrag sowie der entsprechende Tagungsordnungspunkt für die Fraktionssitzung am 4. Dezember 2018 bekannt gemacht.
- 127
Betroffenen Abgeordneten ist zum Schutz ihrer durch die Verfassung geschützten parlamentarischen Rechte hinreichend Gelegenheit zu geben, zum beabsichtigten Ausschluss wirksam Stellung zu nehmen
- 128
(vgl. LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Mai 2003 - LVerfG 10/02 -, NordÖR 2003, 359 ff. = DÖV 2003, 765 ff., Juris Rn. 45 m.w.N.; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, LVerfGE 16, 104 ff. = NVwZ-RR 2006, 441 ff., Juris Rn. 49; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 31; Lenz, NVwZ 2005, 364 <367>; im Ergebnis ebenso: Morlok, a.a.O. <643>).
- 129
Den übrigen Fraktionsmitgliedern muss es möglich sein, die Stellungnahme der Betroffenen bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen
- 130
(vgl. LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Mai 2003 - LVerfG 10/02 -, a.a.O. Rn. 45 m.w.N.; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, a.a.O. Rn. 49; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 31).
- 131
Betroffene Abgeordnete müssen über den Antrag auf Fraktionsausschluss und dessen Begründung so rechtzeitig informiert sein, dass sie ihren Standpunkt wirksam darlegen können. Gleichermaßen müssen die übrigen Fraktionsmitglieder in der Lage sein, verantwortlich an der zu treffenden Entscheidung mitzuwirken. Dies bedeutet, dass insbesondere alle Beteiligten die Gründe des Antrags kennen müssen, um sich rechtzeitig auf die Diskussion vorbereiten zu können. Was „rechtzeitig“ ist, muss im Einzelfall nach der Komplexität des Sachverhalts und dem bereits erreichten Diskussionsstand beurteilt werden
- 132
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 31 f. m.w.N.; in diese Richtung im Ergebnis auch: A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 194).
- 133
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abgeordneten es bereits durch den üblichen parlamentarischen Betrieb gewohnt sein dürften, rasch zusammenzukommen
- 134
(so zu Recht auch: Lenz, a.a.O. <367>).
- 135
Für die Vorbereitung der Fraktionsversammlung ist es neben einer rechtzeitigen Ladung auch geboten, einen entsprechenden konkreten Tagesordnungspunkt anzukündigen
- 136
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 32 m.w.N.).
- 137
Diese Anforderungen sind hier erfüllt.
- 138
Die Antragstellerin und die übrigen Fraktionsmitglieder kannten rechtzeitig vor der Beschlussfassung die Gründe, die später Grundlage des Beschlusses waren.
- 139
Die (damaligen) Fraktionsmitglieder wussten seit dem 29. November 2018 durch die beiden E-Mails von diesem Tage, dass über einen Antrag der Abgeordneten N. und Sch. auf Ausschluss der Antragstellerin beraten und entschieden werden sollte. Dass eine ausformulierte Begründung dieses Antrags erst am 4. Dezember 2018 als Tischvorlage zu Beginn der Fraktionssitzung vorlag, ist im vorliegenden Einzelfall unschädlich. Nach dem Binnenrecht der Antragsgegnerin ist nicht der Antrag, sondern lediglich die Absicht des Ausschlusses bekannt zu geben (§ 5 Nr. 4 Halbs. 1 AfD-GO). Auch aus allgemeinen Gründen eines rechtsstaatlichen Verfahrens war eine Bekanntgabe der ausformulierten Antragsbegründung vor der maßgeblichen Sitzung nicht erforderlich. Denn aufgrund der tatsächlichen Umstände vor der Fraktionssitzung am 4. Dezember 2018 ist davon auszugehen, dass für die Antragstellerin und die übrigen Fraktionsmitglieder die maßgeblichen Fragen erkennbar waren, die Antragstellerin wirksam dazu Stellung nehmen und die übrigen Fraktionsmitglieder die Gründe des Antrags und das Vorbringen der Antragstellerin zur Grundlage einer Entscheidung machen konnten.
- 140
Die in der schriftlichen Begründung des angenommenen Antrags zugrunde gelegten Vorwürfe waren das Ergebnis eines zeitlich und tatsächlich sehr überschaubaren Geschehensablaufs. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten kam es gleich am Tag der Veröffentlichung des Artikels zu einem Gespräch der zu diesem Zeitpunkt anwesenden Fraktionsmitglieder, in welchem problematisiert wurde, dass der Verein auf der Ausschlussliste der Partei steht und die Mitgliedschaft in dem Verein insofern ein Problem sein könne. Danach kam es immer wieder zum Austausch über eine mögliche Mitgliedschaft der Antragstellerin im fraglichen Verein. Die Antragstellerin selbst hat dazu mehrfach Informationen gegeben, wenn auch unterschiedliche. Wie sich insbesondere aus den Äußerungen der Antragstellerin in ihrem Rundbrief an die Mitglieder und Förderer der AfD in Schleswig-Holstein ergibt, war ihr zudem erkennbar bewusst, dass die Antragsgegnerin nicht nur in einer Mitgliedschaft im fraglichen Verein, sondern auch in dessen Unterstützung ein Problem gesehen hat. Sie selbst führte in diesem Rundschreiben aus, dass die Berichterstattung zu ihrer Person und dem Verein Gedächtnisstätte e. V. zur Begründung des Fraktionsausschlusses herangezogen werden solle.
- 141
Dass der Ausschlussantrag nicht mehr auf eine Mitgliedschaft im Verein, sondern auf dessen Unterstützung, die bewusste Übereinstimmung mit dessen Zielen und die mediale Außenwirkung gestützt wurde, ist formell nicht zu beanstanden. Der Antragstellerin war ebenfalls bewusst, dass die Außenwirkung bei einem Zusammenhang zwischen ihr und dem Verein sowie dessen Aufnahme in die Unvereinbarkeitsliste der AfD für die Antragsgegnerin von wesentlicher Bedeutung war. Spätestens als trotz ihrer öffentlichen Mitteilung, dass sie vom Verein bestätigt bekommen habe, nicht Mitglied gewesen zu sein, von dem Ausschlussantrag kein Abstand genommen wurde, war auch für die Antragstellerin erkennbar, dass die Vereinsmitgliedschaft selbst für den Ausschlussantrag nicht maßgeblich war.
- 142
Eine Überraschung der Antragstellerin ist nicht plausibel, wie auch aus ihrer parteiöffentlichen Stellungnahme vor der Fraktionssitzung deutlich wird. Der Bezug im schriftlichen Ausschlussantrag auf ihr Verhalten nach der Veröffentlichung hat ihre hinreichende Vorbereitungsmöglichkeit nicht beeinträchtigt. Dieser Aspekt des Ausschlussantrages hängt mit den Vorwürfen zur Unterstützung des Vereins Gedächtnisstätte e. V. zusammen, in denen es gerade um den Umgang der Antragstellerin mit diesen seit dem 28. November 2018 gegenüber den übrigen Fraktionsmitgliedern und der Öffentlichkeit ging. Insofern wurde an die vorangehenden Diskussionen unter Einbindung der Reaktionen auf den ursprünglichen Vorwurf angeknüpft. Die dabei konkret in Bezug genommenen Tatsachen sind leicht überschaubar. Es ist davon auszugehen, dass sich sowohl die Antragstellerin als auch die übrigen Fraktionsmitglieder durch die schriftliche Begründung erst mit Tischvorlage ausreichend vorbereiten konnten.
- 143
Es ist nicht erkennbar, dass irgendein Fraktionsmitglied nicht in der Lage gewesen wäre, sich zum Fraktionsausschluss und dessen Begründung zu äußern und zu positionieren. Hätte ein Fraktionsmitglied insoweit weiteren Informationsbedarf gesehen, hätte es ihm spätestens in der Sitzung oblegen, ihn geltend zu machen
- 144
(vgl. zur letzten Aussage: VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, NVwZ 2019, 786 ff., Juris Rn. 58).
- 145
Dies ist offensichtlich nicht geschehen.
- 146
Aus denselben Gründen ist das rechtliche Gehör der Antragstellerin nicht verletzt. Sie hatte ausreichend Gelegenheit, sich auf den Ausschlussantrag sowie dessen Begründung vorzubereiten und diesen zu diskutieren. Der Antrag wurde diskutiert und in Folge der Erörterung abgeändert. Die Antragstellerin konnte Stellung nehmen. Sie hat dies – so ihre Ausführungen in der mündlichen Verhandlung – nur unterlassen, weil sie sich davon keine Änderung der Auffassungen der Fraktionsmitglieder versprach. Offenbleiben kann daher, ob die Antragstellerin auch hätte mitteilen müssen, was sie in der Sitzung andernfalls vorgetragen hätte, um im Organstreit darzulegen, dass sie in der Fraktion kein rechtliches Gehör erhalten hatte.
- 147
Form und Inhalt der Ladung zur Fraktionssitzung am 4. Dezember 2018 begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die in § 10 GO-AfD vorgesehene Ladungsfrist wurde eingehalten. Die Versendung der Ladung durch den persönlichen Referenten des Fraktionsvorsitzenden in dessen Auftrag per E-Mail genügt den Anforderungen von § 10 GO-AfD. Aus der E-Mail selbst wird deutlich, dass die Ladung auf Veranlassung und nach dem Willen des Fraktionsvorsitzenden erfolgte. Ob eine formgerechte Ladung im Sinne der Geschäftsordnung der Antragsgegnerin verfassungsrechtlich überhaupt von Bedeutung ist, kann daher offenbleiben.
- 148
Ob die in § 5 Nr. 4 GO-AfD vorgesehene kurze Frist in jedem Fall geeignet wäre, aus verfassungsrechtlicher Sicht eine hinreichende Vorbereitungszeit für die Beteiligten zu gewährleisten, kann ebenfalls offenbleiben, da zumindest im vorliegenden Fall die Vorbereitungszeit hinreichend war und die Antragstellerin rechtliches Gehör hatte.
- 149
3. Die Antragsgegnerin hat den Fraktionsausschluss des Weiteren in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf einen wichtigen Grund gestützt.
- 150
Ein solcher ist erforderlich
- 151
(vgl. statt Vieler: Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 478 f.; Lenz, NVwZ 2005, 364 <368 m.w.N.>; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 37 ff. m.w.N.; Fensch, in: Ahrens, Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages – Kommentar für die Praxis –, 1999, § 22 Ziffer 2.4 m.w.N.).
- 152
Dies entspricht auch dem Binnenrecht der Antragsgegnerin (§ 5 Nr. 3 Satz 3 GO-AfD); eine nähere Ausgestaltung dieses offenen Rechtsbegriffs erfolgt dort nicht.
- 153
Bei der Entscheidung über einen Fraktionsausschluss stehen sich zwei rechtlich geschützte Interessen gegenüber: das Interesse der Abgeordneten an der Mitarbeit in der Fraktion und das Interesse der Fraktion an der Selbstbestimmung über ihren Mitgliederbestand. Das Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Fraktion ist von wechselseitigen Loyalitätspflichten geprägt
- 154
(vgl. Morlok, ZParl 35 <2004>, 633 <640>).
- 155
Die Solidaritäts- und Loyalitätserwartung der Fraktion geht einher mit den den Abgeordneten über die Fraktionszugehörigkeit vermittelten erweiterten Wirkungsmöglichkeiten in der parlamentarischen Arbeit. Steht der Bestand dieses Mitgliedschaftsverhältnisses durch einen Ausschluss von Abgeordneten aus der Fraktion in Frage, können sich sowohl vom Fraktionsausschluss bedrohte Abgeordnete als auch die übrigen Fraktionsmitglieder auf das freie Mandat berufen; dieser Konflikt bedarf einer Auflösung
- 156
(vgl. zum Vorstehenden: VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 38 ff. m.w.N.).
- 157
Die Beurteilung eines wichtigen Grundes erfordert daher eine angemessene Abwägung zwischen diesen beiden Interessen
- 158
(vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 4. Juli 2018 - VerfGH 130/17 -, DVBl 2018, 1287 ff., Juris Rn. 30 m.w.N.).
- 159
Ein wichtiger Grund für einen Fraktionsausschluss kann insbesondere angenommen werden, wenn das für eine sinnvolle Meinungsbildung und Arbeit der Fraktion erforderliche Mindestmaß an prinzipieller politischer Übereinstimmung fehlt oder wenn das Vertrauensverhältnis so nachhaltig gestört ist, dass den anderen Mitgliedern die weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann
- 160
(vgl. VerfGH Berlin, Urteile vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, LVerfGE 16, 104 ff. = NVwZ-RR 2006, 441 ff., Juris Rn. 58 und vom 4. Juli 2018 - VerfGH 130/17 -, a.a.O. Rn. 31; vgl. auch VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, NVwZ 2019, 786 ff., Juris Rn. 39 m.w.N.).
- 161
Auch wenn Abgeordnete das Ansehen der Fraktion in der Öffentlichkeit nachhaltig schädigen, kann ein wichtiger Grund gegeben sein
- 162
(vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, a.a.O. Rn. 58; vgl. auch VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 40 m.w.N.).
- 163
Auf ein Verschulden im Rechtssinne kommt es nicht an
- 164
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, NVwZ 2019, 786 ff., Juris Rn. 42; Morlok, a.a.O. <642>; H. H. Klein, ZParl 35 <2004>, 627 <632>; Lenz, a.a.O. <368>).
- 165
Abgeordnete stehen mit ihrem Handeln unter „öffentlicher Dauerbeobachtung“. Deshalb müssen sie bereits für die rein objektive Wirkung ihres Verhaltens einstehen
- 166
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 42; Morlok, a.a.O. <642 f.>).
- 167
Die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund gegeben ist, obliegt zuvörderst der Fraktion selbst. Ihr steht ein Beurteilungsspielraum zu, sodass die zu Grunde liegenden politischen und persönlichen Wertungen rechtlich nur eingeschränkt überprüft werden können. Bei der Beurteilung eines Fraktionsausschlusses ist es – soweit nicht allgemeingültige Grundsätze verletzt werden – nicht Sache des Landesverfassungsgerichts, seine Beurteilung an die Stelle derjenigen politischen und sonstigen Wertungen zu setzen, nach denen die Fraktion arbeitet und ihre Ziele erkämpfen will. Diese Einschränkung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle trägt zugleich der originären verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktion und ihrer Fundierung im freien Mandat Rechnung. Demzufolge ist die verfassungsgerichtliche Überprüfung der Entscheidung über den Ausschluss materiell auf eine Willkürkontrolle beschränkt
- 168
(vgl. VerfGH Berlin, Urteile vom 22. November 2005 - VerfGH 53/05 -, a.a.O. Rn. 59 m.w.N. und vom 4. Juli 2018 - VerfGH 130/17 -, a.a.O. Rn. 32).
- 169
Die Entscheidung der Fraktion ist verfassungsgerichtlich nicht darauf zu überprüfen, ob sie politisch vertretbar ist, sondern in diesem Rahmen allein darauf, ob das Statusrecht der betroffenen Abgeordneten grundlegend verkannt wurde. Eine politische Bewertung, etwa anhand des Statuts und Programms der Partei, kann von deren Organen oder autonomer Schiedsgerichtsbarkeit vorgenommen werden. Entsprechend kann diese zu anderen Ergebnissen kommen als die staatliche Gerichtsbarkeit.
- 170
Willkür liegt vor, wenn ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund für die Entscheidung nicht erkennbar ist, sondern vielmehr evident sachfremd entschieden wurde
- 171
(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, a.a.O. Rn. 44 f. m.w.N.).
- 172
Nach diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben konnte die Antragsgegnerin einen für sie wichtigen Grund annehmen.
- 173
Ob und in welchem Umfang die von der Fraktion dabei zugrunde gelegten Tatsachen verfassungsgerichtlich überprüfbar sind, ist umstritten. So wird einerseits vertreten, dass die dem Ausschluss zugrunde gelegten Tatsachen uneingeschränkt gerichtlich kontrolliert werden können
- 174
(so etwa: A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 207; Lenz, NVwZ 2005, 364 <370 m.w.N.>).
- 175
Auf der anderen Seite wird vertreten, dass eine willkürfreie Entscheidung der Fraktion zwar materiell grundsätzlich voraussetze, dass die Fraktionsmitglieder ihr die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu Grunde gelegt haben und von einem möglichst vollständig aufgeklärten Sachverhalt ausgehen konnten. Der der Fraktion zukommende Entscheidungsspielraum wirke sich jedoch nicht erst auf die Beurteilung eines wichtigen Grundes aus, sondern bereits auf die der Entscheidung vorgelagerte Tatsachenebene und sei daher nur beschränkt gerichtlich kontrollierbar
- 176
(so VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, NVwZ 2019, 786 ff., Juris Rn. 45 ff. m.w.N.).
- 177
Da die Antragsgegnerin den Ausschluss nicht auf erkennbar falsche Tatsachen gestützt hat, kann diese Streitfrage hier offenbleiben. Im durch die Antragsgegnerin beschlossenen Ausschlussantrag sind unter der Ziffer 1 als wesentliche Tatsachengrundlagen die Veröffentlichung des Textes der Antragstellerin aus dem Jahr 2014 und dessen Inhalt sowie der Umstand, dass der Verein auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD steht, aufgeführt. Im Antragstext werden auf dieser Grundlage Schlüsse gezogen. Ob die Antragstellerin wirklich Mitglied des Vereins war oder ihn finanziell unterstützt hat, wird offengelassen. Unter Ziffer 2 wird auf das konkrete Verhalten der Antragstellerin in Folge der Zeitungsberichterstattung verwiesen. Diese Tatsachen sind unstreitig.
- 178
Die Antragstellerin selbst hat nur ihre Mitgliedschaft im Verein und dessen andauernde finanzielle Unterstützung ausdrücklich bestritten sowie in Abrede gestellt, dass ihr die Verbindung des Vereins zu Frau X bekannt gewesen sei, und ausgeführt, dass sie dort weder geschichtsrevisionistisches noch antisemitisches Gedankengut habe feststellen können. Auf dies alles hat die Antragsgegnerin indes den Fraktionsausschluss nicht gestützt.
- 179
Die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass das Werben für den Verein Gedächtnisstätte e. V. in der konkreten Form, von dem sich die Antragstellerin zu keiner Zeit öffentlich distanziert habe, und ihr Verhalten in diesem Zusammenhang die weitere Zusammenarbeit in der Fraktion unzumutbar mache, ist nicht willkürlich. Auch die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass das Verhalten der Antragstellerin das Ansehen der Fraktion in der Öffentlichkeit schädige und dies einen Fraktionsausschluss begründen könne, ist unter Berücksichtigung des erklärten Abgrenzungsbedürfnisses der Fraktion frei von Willkür. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin politisch mit den Zielen des Vereins Gedächtnisstätte e. V. übereinstimmt und ihr die agierenden Personen und die Außenwirkung bewusst gewesen sein müssten, ist weder abwegig noch völlig unvertretbar.
- 180
Ferner darf die Antragsgegnerin den Sachverhalt so bewerten, dass sich die Antragstellerin im Nachgang zur Veröffentlichung unkollegial und illoyal verhalten habe. Diesbezüglich ist in den Blick zu nehmen, dass sich die Aussagen der Antragstellerin zum einen in der Fraktion und zum anderen in dem in der 14;ffentlichkeit intensiv wahrgenommenen Zeitungsartikel über eine mögliche Mitgliedschaft in einer als rechtsextrem eingestuften Vereinigung oder deren Unterstützung in kurzer Zeit geändert haben. Dasselbe gilt, weil die Antragstellerin trotz einer konkreten, von ihr beantworteten Anfrage der WELT die Fraktionskollegen nicht nur nicht auf eine mögliche Berichterstattung aufgrund ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2014 vorbereitet hat, sondern zudem bis zur „Krisensitzung“ am 28. November 2018 offenbar selbst nicht derart vorbereitet war, dass sie verbindliche Aussagen zum Sachverhalt treffen konnte. Eine negative Bewertung eines solchen Verhaltens und solcher Umstände durch die Antragsgegnerin ist nachvollziehbar.
- 181
Kommt es für den wichtigen Grund nicht darauf an, ob der Fraktion gezielt und bewusst geschadet wurde, so kann im Übrigen auch nicht als willkürlich beanstandet werden, dass die Antragsgegnerin eine mögliche Lüge der Antragstellerin über ihre Mitgliedschaft im Verein Gedächtnisstätte e. V. und über ihre Kenntnisse über die personellen wie sachlichen Hintergründe des Vereins thematisiert. Es ist nicht Sache des Landesverfassungsgerichts, seine eigene Bewertung an die Stelle der von politischen und sonstigen innerfraktionellen Maßstäben geprägten Wertungen der Antragsgegnerin zu setzen.
- 182
Soweit die Antragstellerin im Laufe des Verfahrens auf eine Nähe anderer Fraktionsmitglieder zu als „rechts“ geltenden Kreisen sowie auf den Umstand, dass die AfD insgesamt in der Öffentlichkeit als „rechts“ wahrgenommen werde, hingewiesen und ausgeführt hat, dass der „wahre Grund“ für den Ausschluss in der persönlichen Beziehung zwischen den (bisherigen) Fraktionsmitgliedern und nicht im politischen Dissens liege, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums ist die Antragsgegnerin willkürfrei zu der Auffassung gelangt, dass eine Zusammenarbeit nicht (mehr) zumutbar ist. Ob und wieweit eine vergleichbare Reaktion auch bei anderen Fraktionsmitgliedern in Betracht zu ziehen wäre, obliegt ebenso wie die Positionierung der Antragsgegnerin in Relation zu anderen Kreisen und Meinungsströmungen in der AfD und darüber hinaus ihrer politischen Einschätzung. Diese ist in diesem Verfahren der verfassungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Insbesondere obliegt es dem Landesverfassungsgericht hier nicht, darüber zu befinden, inwieweit die Antragsgegnerin eine Abgrenzung zu von ihr als mit ihrer Zielsetzung unvereinbar erklärten Kreisen im Einzelnen tatsächlich und widerspruchsfrei verfolgt. Eine verfassungsgerichtliche Kontrolle, ob und wie weit die Antragstellerin wirklich politisch „rechts“ von der Antragsgegnerin oder der AfD steht, findet von Rechts wegen nicht statt. Diese Frage mag die Parteigerichtsbarkeit klären. Insofern ist für dieses Verfahren weder der Umstand, dass die Antragstellerin nach ihrem Fraktionsausschluss wieder zur Landesvorsitzenden der AfD in Schleswig-Holstein gewählt worden ist, noch die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der AfD vom 28. August 2019 von Bedeutung.
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4. Der Einwand der Antragstellerin, der Ausschluss aus der Fraktion sei unverhältnismäßig, da er nur als letztes Mittel in Betracht komme und eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, greift nicht durch. Soweit die Antragsgegnerin willkürfrei einen „wichtigen Grund“ für einen Fraktionsausschluss bejaht hat, stellt sich die Frage nach einem milderen Mittel nicht
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(vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, NVwZ 2019, 786 ff., Juris Rn. 76; Lenz, NVwZ 2005, 364 <369>).
III.
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Das Verfahren ist kostenfrei (§ 33 Abs. 1 LVerfGG). Kosten werden nicht erstattet. Gründe dies anzuordnen – etwa aus Billigkeit –, bestehen nicht (§ 33 Abs. 4 LVerfGG). Über die Vollstreckung ist nicht zu entscheiden (§ 34 LVerfGG).
- 186
Der Gegenstandswert wird unter Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die beteiligten Organe festgesetzt.
- 187
Das Urteil ist einstimmig ergangen.
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Referenzen
- § 33 Abs. 1 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)
- § 35 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)
- § 20 Abs. 1 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)
- § 36 Abs. 2 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)
- § 33 Abs. 4 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)
- § 34 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 802/75 1x (nicht zugeordnet)
- § 36 Abs. 1 LVerfGG 2x (nicht zugeordnet)
- § 36 Abs. 3 LVerfGG 1x (nicht zugeordnet)