Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht - LVerfG 2/18

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Landtages, mit der dieser ihre auf die Änderung des Landeswassergesetzes (LWG) und des Landesverwaltungsgesetzes (LVwG) gerichtete Volksinitiative aufgrund fehlender Gesetzgebungskompetenz des Landes Schleswig-Holstein insofern für unzulässig hielt, als Fracking zum Zweck der Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas und Erdöl ausnahmslos verboten sein soll.

I.

2

1. Fracking (Langform: Hydraulic Fracturing, von englisch to fracture = aufbrechen, aufreißen) ist eine Methode zur Erzeugung, Weitung und Stabilisierung von Rissen im Gestein einer Lagerstätte im tiefen Untergrund mit dem Ziel, die Durchlässigkeit (Permeabilität) der Lagerstättengesteine zu erhöhen.

3

Es findet in mehreren Schritten statt: Zunächst werden Tiefbohrungen abgeteuft und in Lagerstättentiefe horizontal abgelenkt. Diese Horizontalbohrungen werden perforiert, um in einem zweiten Schritt unter hohem Druck sogenannte Frack-Fluide in die Lagerstätte zu pressen und so künstliche Risse zu erzeugen. Anschließend wird in der Freiförderphase der Druck reduziert und dabei ein Großteil des eingepumpten Frack-Fluids rückgefördert (sogenannter Rückfluss, vgl. Legaldefinition in § 22b Satz 1 Nr. 3 der Allgemeinen Bundesbergbauverordnung vom 23. Oktober 1995 <BGBl I S. 1466>, zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung vom 18. Oktober 2017 <BGBl I S. 3584> - ABBergV). Die Stützmittel im Frack-Fluid halten die erzeugten Risse weiter offen. In der folgenden Förder- beziehungsweise Produktionsphase strömt das Erdgas oder Erdöl der Bohrung zu und kann so gefördert werden. In dieser Phase gelangt häufig auch Flüssigkeit geogenen Ursprungs (sogenanntes Lagerstättenwasser, vgl. Legaldefinition in § 22b Satz 1 Nr. 3 ABBergV) und in geringen Mengen Rückfluss über Tage. Schließlich sind der Rückfluss und das mitgeförderte Lagerstättenwasser einschließlich weiterer Stoffe zu entsorgen.

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Nach Art der betroffenen Gesteinsschichten werden zwei Formen von Fracking unterschieden: Das sogenannte „konventionelle Fracking“ und das sogenannte „unkonventionelle Fracking“. Konventionelles Fracking wird in Lagerstätten durchgeführt, in denen Erdgas in ein Speichergestein migriert und dort unter einer gasdichten Deckschicht gefangen ist. Hier wird Fracking vor allem genutzt, um den Ertrag bei abflachender Förderung zu steigern. Demgegenüber betrifft unkonventionelles Fracking Lagerstätten, in denen das Gas noch an sein Muttergestein gebunden ist. In solchen Fällen wäre ohne Fracking keine Förderung möglich. Streitig ist die Einordnung von sogenannten Tight-Gas-Lagerstätten. Es handelt sich dabei um Gas, das sich nicht mehr in seinem Muttergestein befindet, sondern in anderes Gestein eingewandert ist. Dieses Speichergestein hat jedoch nach dem Einwandern seine Gasdurchlässigkeit durch eine zunehmende Verfestigung und Verringerung von Porenräumen verloren. Fracking findet in Deutschland seit den 1960er Jahren, vor allem in Tight-Gas-Lagerstätten, statt.

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Als vom Fracking ausgehendes Risiko wird insbesondere angesehen, dass Frack-Fluide beziehungsweise Rückfluss oder Lagerstättenwasser austreten und das Grundwasser verunreinigen könnten. Zudem werden seismische Aktivitäten, Störfälle an der Oberfläche sowie Leckagen an Bohrungen befürchtet.

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2. 2016 wurde auf Bundesebene das 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie (BGBl I S. 1972) verabschiedet. Seitdem trifft das Wasserhaushaltsgesetz (vom 31. Juli 2009 <BGBl I S. 2585>, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 <BGBl I S. 2254> - WHG) diverse ausdrückliche Regelungen in Bezug auf Fracking, unter anderem:

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§ 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WHG:

(2) Soweit nicht bereits eine Benutzung [eines Gewässers] nach Absatz 1 vorliegt, gelten als Benutzungen auch […]

3. das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen,

4. die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.

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§ 13a WHG (Versagung und Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis für bestimmte Gewässerbenutzungen; unabhängige Expertenkommission):

(1) Eine Erlaubnis für eine Gewässerbenutzung nach § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 ist zu versagen, wenn

1. Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein oder Kohleflözgestein zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl aufgebrochen werden soll oder

2. die Gewässerbenutzung erfolgen soll in oder unter

a) einem festgesetzten Wasserschutzgebiet,

b) einem festgesetzten Heilquellenschutzgebiet,

c) einem Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer Oberflächenabfluss

aa) in einen natürlichen See gelangt, aus dem unmittelbar Wasser für die öffentliche Wasserversorgung entnommen wird oder

bb) in eine Talsperre gelangt, die der öffentlichen Wasserversorgung dient,

d) einem Einzugsgebiet einer Wasserentnahmestelle für die öffentliche Wasserversorgung,

e) einem Einzugsgebiet eines Brunnens nach dem Wassersicherstellungsgesetz oder

f) einem Einzugsgebiet

aa) eines Mineralwasservorkommens,

bb) einer Heilquelle oder

cc) einer Stelle zur Entnahme von Wasser zur Herstellung von Lebensmitteln.

Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b und f Doppelbuchstabe bb gilt nicht, wenn Gesteine aufgebrochen werden sollen, um eine Heilquelle zu erschließen oder zu erhalten. Auf Antrag des Inhabers der Erlaubnis für die Wasserentnahme, der die erforderlichen Unterlagen enthält, weist die zuständige Behörde Gebiete nach Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c bis f nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Karten aus und veröffentlicht die Karten für die Gebiete nach Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c, d und f im Internet. Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und b und Satz 3 gelten entsprechend für Gebiete, die zur Festsetzung als Wasserschutzgebiete oder als Heilquellenschutzgebiete vorgesehen sind, für einen Zeitraum von 36 Monaten nach ihrer Ausweisung als vorgesehene Schutzgebiete entsprechend Satz 3. Die zuständige Behörde kann die Frist nach Satz 4 um bis zu zwölf Monate verlängern, wenn besondere Umstände dies erfordern.

(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Erlaubnisse für vier Erprobungsmaßnahmen mit dem Zweck erteilt werden, die Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich zu erforschen. Die Erlaubnisse nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung der jeweiligen Landesregierung. Bei der Entscheidung nach Satz 2 sind die geologischen Besonderheiten der betroffenen Gebiete und sonstige öffentliche Interessen abzuwägen.

(3) Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass Erlaubnisse für Benutzungen nach § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 auch in oder unter Gebieten, in denen untertägiger Bergbau betrieben wird oder betrieben worden ist, nur unter bestimmten Auflagen erteilt werden dürfen oder zu versagen sind. Die zuständige Behörde weist Gebiete nach Satz 1 in Karten aus.

(4) Sofern die Erteilung einer Erlaubnis für eine Benutzung nach § 9 Absatz 2 Nummer 3 nicht nach Absatz 1 oder Absatz 3 ausgeschlossen ist, darf die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn

1. die verwendeten Gemische

a) in den Fällen des Absatzes 2 als nicht wassergefährdend eingestuft sind

b) in den übrigen Fällen als nicht oder als schwach wassergefährdend eingestuft sind und

2. sichergestellt ist, dass der Stand der Technik eingehalten wird.

(5) Sofern die Erteilung einer Erlaubnis für eine Benutzung nach § 9 Absatz 2 Nummer 4 nicht nach Absatz 1 oder Absatz 3 ausgeschlossen ist, darf die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass der Stand der Technik eingehalten wird und insbesondere die Anforderungen nach § 22c der Allgemeinen Bundesbergverordnung vom 23. Oktober 1995 (BGBl I S. 1466), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 4. August 2016 (BGBl I S. 1957) geändert worden ist, erfüllt werden.

style="margin-left:36pt">(6) Die Bundesregierung setzt eine unabhängige Expertenkommission ein, welche die nach Absatz 2 durchgeführten Erprobungsmaßnahmen wissenschaftlich begleitet und auswertet sowie hierzu und zum Stand der Technik Erfahrungsberichte zum 30. Juni eines Jahres, beginnend mit dem 30. Juni 2018, erstellt. […]

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(7) Im Jahr 2021 überprüft der Deutsche Bundestag auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik die Angemessenheit des Verbots nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1.

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Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Neuregelung in § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WHG dem Gefährdungspotential von Fracking-Vorhaben für das Grundwasser und die Trinkwasserversorgung Rechnung tragen (BTDrucks 18/4713, S. 21). Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass es sich beim Durchteufen von Grundwasserleitern im Rahmen der Tiefbohrung bereits um eine echte Grundwasserbenutzung durch das Einbringen von Stoffen in das Grundwasser handele. Bei § 9 Abs. 2 Nr. 3 WHG gehe es daher um das Fracking im eigentlichen Sinn (Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck, vgl. BTDrucks 18/4713, S. 22).

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3. Fracking-Vorhaben bedürfen der Zulassung. Die Zulassungsverfahren werden grundsätzlich nach dem Bergrecht, ergänzend nach weiterem Fachrecht durchgeführt. Zuständig sind die Bergbehörden. Dabei bezeichnet Bergrecht die rechtlichen Bestimmungen, die die Bodenschätze und den Bergbau betreffen; es ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 Grundgesetz (GG). Zentrale Norm ist das Bundesberggesetz (vom 13. August 1980 <BGBl I S. 1310>, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 <BGBl I S. 2808> - BBergG).

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Im Bergrecht wird unterschieden zwischen grundeigenen und bergfreien Bodenschätzen (§ 3 BBergG). Während die sogenannten grundeigenen Bodenschätze (zum Beispiel Sand, Kies, Gips, Ton und Dachschiefer) im Eigentum des Grundeigentümers stehen, erstreckt sich das Eigentum an einem Grundstück nicht auf die bergfreien Bodenschätze (diverse Metalle, Erdöl, Erdgas, Kohle, Salze, Fluss- und Schwerspat etc.; vgl. Art. 14 Abs. 1 und 2 GG). Diese stehen zunächst in niemandes Eigentum

(BVerfG, Urteil vom 24. Juni 1986 - 2 BvF 1/84 u.&#8239;a. - BVerfGE 72, 330 ff., Juris Rn. 210: Gut der Allgemeinheit).

Eigentum an ihnen kann durch ein staatliches Verleihungsverfahren erworben werden.

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Das bergrechtliche Zulassungsverfahren ist zweistufig ausgestaltet. Zunächst wird eine Erlaubnis beziehungsweise Bewilligung verliehen. Anschließend folgt das Betriebsplanverfahren.

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Die Erlaubnis (§ 7 BBergG) gewä;hrt das grunds&#228;tzlich ausschließliche Recht – Ausnahmen gelten für großräumige Aufsuchungen und wissenschaftliche Zwecke – in einem räumlich begrenzten Erlaubnisfeld belegene und in der Erlaubnis bezeichnete Bodenschätze aufzusuchen und hierf&#252;r auch die notwendigen Einrichtungen zu errichten und betreiben. Die Bewilligung (§ 8 BBergG) gewährt das ebenfalls grundsätzlich ausschließliche Recht, in einem bestimmten Bewilligungsfeld die in der Bewilligung bezeichneten Bodenschätze aufzusuchen, zu gewinnen und andere Bodenschätze mitzugewinnen sowie das Eigentum an den Bodenschätzen zu erwerben. Dies schließt die Gewinnung und den Erwerb von Eigentum an Bodenschätzen, die bei der Anlegung von Hilfsbauten gelöst oder freigesetzt werden, und die Errichtung und den Betrieb von erforderlichen Einrichtungen ein. Zudem gewährt die Bewilligung das Recht, Grundabtretung zu verlangen (vgl. dazu im Einzelnen §§ 77 ff. BBergG). Dem Inhaber einer Bewilligung kann auf Antrag Bergwerkseigentum verliehen werden, auf das die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden sind (§ 17 BBergG). Bei der Erteilung handelt es sich jeweils um gebundene Verwaltungsakte (§&#167; 11 bis 13 BBergG).

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Für den konkreten Betrieb sind Betriebspl28;ne durch den Unternehmer zu erstellen und der Behörde zur Zulassung vorzulegen (§§ 52 ff. BBergG). Dabei gibt es Rahmenbetriebspläne, die auf eine langfristige Perspektive gerichtet sind, für jeweils zwei Jahre geltende Hauptbetriebspläne, Sonderbetriebspläne für bestimmte Maßnahmen mit eigenständiger Bedeutung, die im Zusammenhang mit dem Hauptbetriebsplan stehen, aber zweckmäßig nicht auf zwei Jahre befristet werden können oder sollen, sowie Abschlussbetriebspläne.

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Soweit im Rahmen der Tätigkeit, die mit dem Betriebsplan zugelassen werden soll, auch eine Benutzung eines Gewässers erfolgen soll, ist zudem die entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis beziehungsweise Bewilligung einzuholen. Dies gilt auch, soweit bei umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Maßnahmen die Rahmenbetriebspläne planfestzustellen sind, §§ 57a f. BBergG. Aufgrund der Spezialregelung in § 19 Abs. 1 WHG entfaltet das Planfeststellungsverfahren keine Konzentrationswirkung. Gemäß § 19 Abs. 2 und 3 WHG liegt die Zuständigkeit für wasserrechtliche Erlaubnisse jedoch bei der zuständigen Bergbehörde, die im Einvernehmen beziehungsweise Benehmen mit der zuständigen Wasserbehörde entscheidet; bei Bewilligungen gilt dies nur dann, wenn diese im Zusammenhang mit einem Planfeststellungsverfahren zu erteilen sind.

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4. Regelungen zum Wasserhaushaltsrecht werden auf Bundesebene im Wasserhaushaltsgesetz sowie auf Landesebene in den jeweiligen Landeswassergesetzen getroffen. Das Wasserhaushaltsrecht ist, nachdem es zuvor Gegenstand der Rahmengesetzgebung war, seit 2006 gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Während nach Art. 72 Abs. 1 GG die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung nur haben, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat, trifft zum Wasserhaushaltsrecht Art. 72 Abs. 3 GG eine Sonderregelung, die wie folgt lautet:

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Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

[…]

5. den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);

[…]

Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

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Zweck des Wasserhaushaltsrechts ist nach § 1 WHG, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.

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Nach § 8 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers grundsätzlich der Erlaubnis oder Bewilligung. Dabei definiert § 9 WHG, was unter einer Benutzung im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zu verstehen ist:

(1) Benutzungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1. das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern,

2. das Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern,

3. das Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit sich dies auf die Gewässereigenschaften auswirkt,

4. das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer,

5. das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.

(2) (2)Soweit nicht bereits eine Benutzung nach Absatz 1 vorliegt, gelten als Benutzungen auch

1. das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind,

2. Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen,

3. das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen,

4. die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.

(3) Keine Benutzungen sind Maßnahmen, die dem Ausbau eines Gewässers im Sinne des § 67 Absatz 2 dienen. Das Gleiche gilt für Maßnahmen der Unterhaltung eines Gewässers, soweit hierbei keine chemischen Mittel verwendet werden.

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5. Die Landesverfassung (LV) sieht seit 1990 plebiszitäre Elemente, insbesondere die Möglichkeit einer Volksinitiative vor. Art. 48 LV (Initiativen aus dem Volk) lautet:

(1) Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. Einer Initiative kann auch ein mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen; er darf den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen. Die Initiativen müssen von mindestens 20.000 Stimmberechtigten unterzeichnet sein. Ihre Vertreterinnen und Vertreter haben das Recht auf Anhörung.

(2) Initiativen über den Haushalt des Landes, über Dienst- und Versorgungsbezüge sowie über öffentliche Abgaben sind unzulässig.

(3) Über die Zulässigkeit der Initiative entscheidet der Landtag.

(4) Das Nähere regelt ein Gesetz.

20

Ergänzend zu diesen Regelungen in der Landesverfassung wurde gemäß Art. 48 Abs. 4 LV das Volksabstimmungsgesetz erlassen. Dessen Abschnitt II – Volksinitiative – lautet in der aktuell geltenden Fassung (vom 5. April 2004, zuletzt geändert durch Art. 18 der Landesverordnung zur Anpassung von Rechtsvorschriften an geänderte Zuständigkeiten der obersten Landesbehörden und geänderte Ressortbezeichnungen <LVO> vom 16. Januar 2019 <GVOBl S. 30> - VAbstG) auszugsweise:

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§ 6 Antragsvoraussetzungen

(1) Der Antrag auf Behandlung der Volksinitiative im Landtag ist schriftlich an die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten zu richten.

(2) Der Antrag muss enthalten

1. a) den vollständigen Wortlaut des Gegenstandes der politischen Willensbildung, mit dem sich der Landtag befassen soll oder

b) einen ausgearbeiteten und mit Gründen versehenen Gesetzentwurf,

2. die persönliche und handschriftliche Unterschrift von mindestens 20.000 Stimmberechtigten, die bei Eingang des Antrages nicht älter als ein Jahr sein darf,

3. die Namen von drei Vertreterinnen und Vertretern der Volksinitiative, die gemeinsam berechtigt sind, namens der Unterzeichnenden verbindliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (Vertrauenspersonen). Für die Vertrauenspersonen sind drei Stellvertreterinnen oder Stellvertreter zu benennen.

(3) […]

22

§ 8 Entscheidung über die Zulässigkeit

(1) (1) Die Volksinitiative ist unzulässig, wenn sie

1. den Anforderungen des Artikels 48 Absatz 1 und 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein oder

2. den Antragsvoraussetzungen nach § 6 nicht entspricht oder

3. 3. innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Antragstellung ein Volksbegehren über eine inhaltlich gleiche Vorlage erfolglos durchgeführt worden ist.

(2) Die Prüfung der im Absatz 1 genannten Voraussetzungen obliegt dem Landtag, der sich dabei der Amtshilfe des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten bedienen kann. […]

(3) Der Landtag entscheidet innerhalb von vier Monaten nach Eingang des Antrages über die Zulässigkeit der Volksinitiative. Die Entscheidung ist zu begründen, wenn der Antrag auf Behandlung der Vorlage abgelehnt wird. Sie ist den Vertrauenspersonen zuzustellen und bekannt zu machen.

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§ 9 Rechtsmittel

(1) Hält der Landtag die Volksinitiative nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 für unzulässig, können die Vertrauenspersonen gegen die ablehnende Entscheidung binnen eines Monats nach Zustellung des Landtagsbeschlusses das Landesverfassungsgericht anrufen.

(2) Hält der Landtag die Volksinitiative nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 für unzulässig, ist für die Vertrauenspersonen der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

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§ 10 Behandlung der Volksinitiative im Landtag

(1) Die Vertrauenspersonen haben das Recht auf Anhörung durch den Petitionsausschuss des Landtages.

(2) Der Landtag kann dem Gesetzentwurf oder der anderen Vorlage nur in unveränderter Form zustimmen, es sei denn, die Vertrauenspersonen erklären sich mit einer Änderung einverstanden.

(3) Stimmt der Landtag dem Gesetzentwurf oder der anderen Vorlage nicht zu, so ist der hierüber ergehende Beschluss zu begründen und unverzüglich bekannt zu machen.

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6. Der Siebente Abschnitt des Dritten Teils des Landesverfassungsgerichtsgesetzes (vom 10. Januar 2008, zuletzt geändert ebenfalls durch Art. 18 LVO vom 16. Januar 2019 - LVerfGG) – Verfahren in den Fällen des § 3 Nr. 6 (Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden) – regelt:

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§ 53 Zulässigkeit des Antrags

(1) Hält der Landtag gemäß Artikel 48 Absatz 3 der Landesverfassung die Volksinitiative für unzulässig, können die Vertrauenspersonen gegen die ablehnende Entscheidung das Landesverfassungsgericht anrufen. Dies gilt nicht in den Fällen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Volksabstimmungsgesetzes. Der Antrag ist binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Landtagsbeschlusses zu stellen; er ist innerhalb der genannten Frist zu begründen.

(2) Bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit des beanstandeten oder des zustande gekommenen Volksbegehrens mit Artikel 48 Absatz 1 Satz 1 und 2 und Absatz 2 der Landesverfassung, haben die Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Landtages das Recht, die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zu beantragen. Der Antrag ist binnen einer Frist von einem Monat nach der Entscheidung des Landtages nach § 12 Abs. 2 des Volksabstimmungsgesetzes oder nach der Bekanntmachung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 des Volksabstimmungsgesetzes zu stellen; er ist innerhalb der genannten Frist zu begründen.

(3) Gegen den Beschluss des Landtages über die Einsprüche sowie über die Gültigkeit der Abstimmung bei einem Volksentscheid können jede abstimmungsberechtigte Person, deren Einspruch vom Landtag verworfen worden ist, und die Landesabstimmungsleiterin oder der Landesabstimmungsleiter Beschwerde erheben. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung des Landtages zu erheben; die Beschwerde ist innerhalb der genannten Frist zu begründen.

27

&#167; 54 Verfahren

(1) Das Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht richtet sich ergänzend nach den Vorschriften des Volksabstimmungsgesetzes und, soweit die Abstimmungsprüfung betroffen ist (§ 53 Absatz 3), zusätzlich nach den Vorschriften des fünften Abschnitts des Landeswahlgesetzes.

(2) Das Landesverfassungsgericht gibt dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist. In den Fällen des § 53 Absatz 1 und 2 können Landtag und Landesregierung in jeder Lage des Verfahrens diesem beitreten.

(3) In den Verfahren nach § 53 Absatz 2 gibt das Landesverfassungsgericht auch den Vertrauenspersonen der Volksinitiative Gelegenheit zur Äußerung und lädt sie zur mündlichen Verhandlung.

(4) In den Verfahren nach § 53 Absatz 3 kann das Landesverfassungsgericht von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.

II.

28

Am 29. Mai 2018 übergab die Antragstellerin an den Landtag Listen mit Unterschriften und einen Gesetzentwurf (Landtags-Umdruck 19/1387), dessen Gegenstand ein Gesetz zur Änderung des Landeswassergesetzes und des Landesverwaltungsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein ist. Die zugehörige Gesetzesbegründung geht davon aus, dass ein Verbot des sogenannten konventionellen Frackings nur für Schutzgebiete nicht ausreichend sei. Dieses solle daher für die Erdöl- und Erdgasförderung generell verboten werden.

29

Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs soll § 1 Abs. 1 LWG wie folgt gefasst werden:

Dieses Gesetz gilt für folgende Gewässer:

1. oberirdische Gewässer,

2. Küstengewässer,

3. Grundwasser, unabhängig vom Gehalt an löslichen Bestandteilen, und für das nicht aus Quellen wild abfließende Wasser. Es gilt auch für Teile dieser Gewässer.

30

Art. 1 Nr. 2 bis 4 des Gesetzentwurfs sehen eine Änderung in § 7 LWG vor. Dieser soll drei zusätzliche Absätze erhalten, die lauten:

(2) Wer Erdarbeiten oder Bohrungen vornimmt, ist für dadurch verursachte nachteilige qualitative und quantitative Veränderungen eines Gewässers sowie dadurch verursachte Schäden verantwortlich.

(3) Die Wasserbehörde hat die Arbeiten zu untersagen und die Einstellung begonnener Arbeiten anzuordnen, wenn eine Verunreinigung oder nachteilige quantitative Veränderung von Gewässern zu besorgen oder eingetreten ist und die Schäden nicht durch Inhalts- und Nebenbestimmungen verhütet, beseitigt oder ausgeglichen werden können. Die Wasserbehörde kann die Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen, wenn Rücksichten auf den Wasserhaushalt dies erfordern.

(4) Die unvorhergesehene Erschließung von Grundwasser haben der Vorhabenträger sowie der mit den Arbeiten Beauftragte der Wasserbehörde unverzüglich mitzuteilen. Die Arbeiten, die zur Erschließung geführt haben, sind einstweilen einzustellen. Die Wasserbehörde trifft die erforderlichen Anordnungen.

31

Zudem soll nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs ein neuer § 7a, „Verbot von Fracking (abweichend von § 13a WHG)“, in das Landeswassergesetz eingeführt werden. § 7a Landeswassergesetz-Entwurf (LWG-E) soll folgenden Wortlaut haben:

Eine Erlaubnis für eine Gewässerbenutzung nach § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes ist zu versagen, wenn Gestein zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl aufgebrochen werden soll. Für die übrigen Fälle des § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 bleibt § 13a des Wasserhaushaltsgesetzes unberührt.

32

Der Wissenschaftliche Dienst des Landtages führte in seiner Stellungnahme vom 25. September 2018 zur Volksinitiative aus, dass dem Land Schleswig-Holstein für § 7a LWG-E die Gesetzgebungskompetenz fehle, so dass die Volksinitiative unzulässig sei. Zudem werfe § 7a LWG-E Fragen in materiell-rechtlicher Hinsicht, insbesondere zur Verhältnismäßigkeit, auf (Landtags-Umdruck 19/1360).

33

Im Mittelpunkt der Beratung des Innen- und Rechtsausschusses am 24. Oktober 2018 standen unterschiedliche Auffassungen zur Frage, ob Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs der Volksinitiative die Zulässigkeitskriterien erfüllt und ob bei einer Verneinung daraus gegebenenfalls auch die Unzulässigkeit des übrigen Teils der Volksinitiative folgt. Letztlich wurde einstimmig empfohlen, die teilweise Zulässigkeit der „Volksinitiative zum Schutz des Wassers“ festzustellen, sowie mit Mehrheit empfohlen, die Zulässigkeit der Volksinitiative abzulehnen, soweit mit Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs die Einführung eines neuen § 7a LWG geplant sei (Landtags-Drucksache 19/1016).

34

Die Beschlussempfehlung lautete:

1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag stellt fest, dass das nach Artikel 48 Absatz 1 Satz 3 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein erforderliche Quorum für die „Volksinitiative zum Schutz des Wassers“ erreicht ist.

2. Artikel 1 Nummer 5 der Volksinitiative bezieht sich auf einen Gegenstand, der nicht in die Gesetzgebungszuständigkeit des Landtags fällt. Die Volksinitiative ist insoweit mit folgender Begründung unzulässig:

Der vorgeschlagene § 7a Landeswassergesetz erweist sich aus Sicht des Landtags hingegen als kompetenziell unzulässig. Die Vorschrift weicht von der Regelungskonzeption des Bundesgesetzgebers in § 13a Wasserhaushaltsgesetz ab, namentlich von den Regelungen, die die Erlaubnisfähigkeit von unechten Gewässerbenutzungen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 3 Wasserhaushaltsgesetz betreffen. Von der landesrechtlichen Abweichung betroffen sind hier jedenfalls das Verbot unkonventionellen Frackings gemäß § 13a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Wasserhaushaltsgesetz sowie die eingeschränkte Erlaubnisfähigkeit sonstiger Fracking-Maßnahmen (namentlich des konventionellen Frackings) im Sinne des § 13a Absatz 4 Wasserhaushaltsgesetz.

3. Der Landtag stellt weiter fest, dass sich die Volksinitiative im Übrigen auf einen zulässigen Gegenstand bezieht. Die Volksinitiative ist insoweit zulässig.

(Landtags-Drucksache 19/1016, S. 2).

35

Am 8. November 2018 fand die Abstimmung im Landtag statt. Dieser folgte mit Mehrheit der Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses (PlPr 14/43 zu Landtags-Drucksache 19/1016).

III.

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Gegen die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landtages vom 8. November 2018, die einer der Vertrauenspersonen der Volksinitiative am 15. November 2018 zugestellt worden ist, hat die Antragstellerin am 12. Dezember 2018 das Landesverfassungsgericht angerufen.

37

Sie ist der Auffassung, dass die Regelungen zur Verbandskompetenz in Art. 70 ff. GG zwar von Volksinitiativen einzuhalten, aber nicht Gegenstand der Prüfung der Zulässigkeit der Volksinitiativen durch den Landtag beziehungsweise das Landesverfassungsgericht seien.

38

Der Begriff der Entscheidungszuständigkeit in Art. 48 Abs. 1 LV betreffe allein die Zuständigkeit des Landtages nach Maßgabe der Landesverfassung und dies im Sinne einer Abgrenzung zu anderen Verfassungsorganen, also gegenüber den Zuständigkeitsbereichen der Landesregierung und den Angelegenheiten der Rechtsprechung. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut, der sich auf Zuständigkeiten des Landtages und nicht auf solche des Landes beziehe. Insoweit treffe Art. 48 Abs. 1 Satz 2 LV eine abschließende Sonderregelung für Volksinitiativen, denen ein Gesetzentwurf zugrunde liege. Diese dürften nur den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaats nicht widersprechen, dazu gehöre die Verbandskompetenz jedoch nicht.

39

Bestätigt werde dies durch einen Vergleich zu anderen Landesverfassungen, die anders als die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein ausdrücklich bestimmten, dass die Verbandskompetenzordnung der Bundesverfassung in die Prüfung inkorporiert werden solle. Eine weitere Bestätigung ergebe sich aus der Gesetzgebungsgeschichte. Der Vorschlag des Sonderausschusses, dass Gesetzentwürfe der Gesetzgebung des Landes unterliegen müssten, habe keinen Eingang in die Landesverfassung gefunden. Dem liege eine bewusste und zielgerichtete gesetzgeberische Entscheidung zugrunde.

40

Die Regelungen zur Volksgesetzgebung zielten teleologisch auf eine Gleichstellung des Volksgesetzgebers mit dem parlamentarischen Gesetzgeber ab. Dazu stünde es im Widerspruch, wenn der Landtag und im Anschluss das Landesverfassungsgericht die Wahrung der Verbandskompetenzordnung bei Volksinitiativen zu prüfen hätten, bei parlamentarischen Gesetzen aber nicht (zu letzterem unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 ff., Juris Rn. 59 ff.). Ein solches Ergebnis könne vom Verfassungsgeber auch deshalb nicht gewollt sein, weil es zu einer gespaltenen Zuständigkeitsverteilung zwischen Landes- und Bundesverfassungsgericht und somit der Gefahr widerstreitender Rechtsprechung führen würde. Im Übrigen wäre bei einem Verstoß gegen Art. 70 ff. GG Rechtsschutz dagegen im Rahmen der abstrakten beziehungsweise konkreten Normenkontrolle nach Inkrafttreten des Gesetzes eröffnet, wofür in jedem Fall das Bundesverfassungsgericht zuständig wäre. Allein dies entspreche der Systematik des Grundgesetzes und gewährleiste eine bundeseinheitliche Auslegung der Art. 70 ff. GG.

41

Unabhängig davon bestehe für § 7a LWG-E auch eine aus Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG folgende Landeskompetenz. § 13a Abs. 1, § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WHG seien keine bergrechtlichen, sondern wasserrechtliche Regelungen, deren Hauptzweck es sei, Fracking nur dann zu ermöglichen, wenn der vorsorgende Grundwasserschutz und die Erreichung der damit einhergehenden Bewirtschaftungsziele nicht gefährdet würden.

42

§ 7a LWG-E enthalte keine stoff- oder anlagenbezogenen Regelungen. Auf Stoffe oder Anlagen bezogen sei nur eine Regelung, deren Gegenstand stoffliche oder von Anlagen ausgehende Einwirkungen auf den Wasserhaushalt final betreffe, wie etwa das Einbringen und Einleiten von Stoffen. Vielmehr werde eine verhaltensbezogene Benutzung untersagt, die nicht vom Einsatz bestimmter Stoffe abhängig sei. Das Frackingverbot stelle ein übergreifendes Verhaltensverbot dar, das stoff- oder anlagenbezogene Regelungen obsolet mache, wodurch es nicht selbst zur stoff- oder anlagenbezogenen Regelung werde. Auch sei das Wasserhaushaltsgesetz – anders als das Bundesimmissionsschutzgesetz – nicht anlagebezogen oder bezogen auf einzelne Stoffe, sondern verfüge als zentrales Instrument über einen verhaltensbezogenen Bewirtschaftungsgrundsatz. Insofern entspreche § 7a LWG-E dem Grundgedanken der Abweichungskompetenz, mit der es den Ländern habe ermöglicht werden sollen, eine eigene Konzeption zu verwirklichen.

43

Die wesentliche Gefahr des Frackings liege nicht in den eingesetzten Stoffen, sondern gehe vom Lagerstättenwasser aus, das krebserregende und radioaktive Stoffe enthalte, die Wasservorkommen unbrauchbar machen könnten. Die Stoffbezogenheit von Regelungen sei zwar vor dem Hintergrund des intendierten Schutzes der Gewässer vor den von Stoffen möglicherweise ausgehenden nachteiligen Veränderungen der Wasserbeschaffenheit zu begreifen, aber eben nur, soweit solche Stoffe auch emissionsseitig oder immissionsseitig geregelt würden. Ein Verbot von bestimmten Tätigkeiten, das zum Ausschluss von Einleitungen von Stoffen führe, falle nicht darunter.

44

Der bloße Umstand, dass es zur Durchführung der Gewässerbenutzungen regelmäßig des Einsatzes einer Anlage bedürfe, begründe auch als solcher noch nicht die Annahme einer spezifisch anlagenbezogenen Regelung. Der Gesetzentwurf verbiete Fracking unabhängig von den eingesetzten konkreten Anlagen und gelte auch dann, wenn es ohne den Einsatz von Anlagen möglich sein sollte, Gestein aufzubrechen. Die Anlagen zur Förderung von Erdöl und Erdgas, mit oder ohne Fracking-Maßnahmen, unterschieden sich nicht grundsätzlich voneinander. Es sei im Wesentlichen eine Frage des Verhaltens (der Betriebsführung), ob eine vorhandene Bohrung mit einer Fracking-Maßnahme behandelt werde oder nicht.

45

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Volksinitiative bezüglich Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs den Anforderungen des Art. 48 Abs. 1 und 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein entspricht.

IV.

46

Das Landesverfassungsgericht hat dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

47

1. Der Landtag geht davon aus, dass die Verbandskompetenz zu prüfen sei. Art. 48 Abs. 1 LV verbiete nach allen maßgeblichen Auslegungsgesichtspunkten – insbesondere nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Kontext und Normzweck – Volksinitiativen, die gegen das Grundgesetz oder die Landesverfassung verstießen. Der Begriff der Entscheidungszuständigkeit sei nicht auf die Organzuständigkeit begrenzt, sondern umfasse auch die Verbandszuständigkeit. Zudem entspreche es bereits begrifflich den Grundsätzen des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats, demokratische Willensbildung im Rahmen gegliederter Gewalten und stets nur nach Maßgabe der jeweils bestehenden verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten zuzulassen.

48

Zweck des Art. 48 Abs. 1 LV sei eine Stärkung der demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger. Aus Sicht des Demokratieprinzips sei kein legitimer Zweck dafür ersichtlich, eine Volksinitiative zuzulassen, die letztlich zu einem kompetenz- und damit verfassungswidrigen Gesetz führe. Eine solche kompetenzwidrige Willensbildung würde bei den Bürgerinnen und Bürgern unrichtige Vorstellungen über ihre Gestaltungsmöglichkeiten und die jeweilige Verantwortung von Bund und Ländern erzeugen. Zudem dürfte es Unverständnis hervorrufen, wenn der artikulierte Volkswille durch Gerichte korrigiert würde. Gerade aus der teleologischen Perspektive und im Lichte des Demokratieprinzips könne und wolle Art. 48 Abs. 1 LV nur eine Mitwirkung oder Teilhabe an jener demokratischen Willensbildung ermöglichen, die in den Zuständigkeitsbereich des Landes falle. Dementsprechend habe der Landtag im Rahmen seines verfassungsrechtlichen Auftrages aus Art. 48 Abs. 3 LV, über die Zulässigkeit der Initiative zu entscheiden, das Recht und zugleich die Pflicht, das Vorliegen der genannten Voraussetzungen zu prüfen.

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49

2. Für die Landesregierung hat das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung Stellung genommen. Es hält den Antrag für unbegründet, weil das Land keine Kompetenz für das von der Antragstellerin unterbreitete Gesetzesvorhaben habe. Fracking sei rein tatsächlich eine bergrechtliche Technologie und damit kompetenzrechtlich dem Bergrecht und nicht dem Wasserrecht zuzuordnen.

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Wäre § 7a LWG-E hingegen als eine wasserrechtliche Vorschrift aufzufassen, weiche sie von den stoff- und anlagenbezogenen Regelungen der Fracking-Technologie in § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4, §§ 13a, 13b und 104a WHG ab. Der Begriff der stoff- und anlagenbezogenen Regelungen in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG sei weit auszulegen, weil die Vorschrift als Rückausnahme den Regelfall der konkurrierenden Gesetzgebung wiederherstelle. Bei stofflichen Belastungen und von Anlagen ausgehenden Gefährdungen für das Grundwasser, einschließlich des Einbringens und Einleitens von Stoffen, handele es sich um Kernbereiche des Gewässerschutzes. Diese seien durch bundesweit einheitliche rechtliche Instrumentarien zu regeln, worauf auch der Gesetzgeber hingewiesen habe.

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<p>Insoweit stellten alle Vorschriften, die Einwirkungen von sonstigen Anlagen auf Gewässer beträfen, eine anlagenbezogene Regelung dar. Das spezifische Gefährdungspotential der beim Fracking verwendeten Anlagentechnik sei Anknüpfungsgegenstand der wasserrechtlichen Frackingregelung. Soweit die Antragstellerin darin verhaltensbezogene Regelungen sehe, nämlich solche über die Nutzung von Anlagen, überzeuge das nicht. Denn jede Anlage verlange ein Bedienen, also ein Verhalten.

52

Stoffbezogen seien alle Regelungen, die von Stoffen ausgehende Einwirkungen auf den Wasserhaushalt beträfen. § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4, §§ 13a und 13b WHG erfassten die beim Fracking verwendeten Stoffe, insbesondere Frack-Fluide, Stützmittel und andere Stoffe, ohne die Fracking nicht möglich sei. Regelungszweck sei der Schutz des Grundwassers vor Stoffen, die beim Fracking verwendet würden oder von denen im Zusammenhang mit dem Einsatz der Technologie Gefahren drohten, weil durch das Fracking Wegsamkeiten für Stoffe geschaffen würden, die bei klassischen Bohrungen nicht entstünden, einschließlich einer möglichen stofflichen Kontamination durch Lagerstättenwasser in der Tiefe. Soweit die Antragstellerin die wesentliche Gefahr nicht in den eingesetzten Stoffen sehe, sondern im Lagerstättenwasser, bestätige das den Stoffbezug der Regelung. Denn das „Mitfördern“ von Lagerstättenwasser könne unabhängig vom Fracking bei jeder Erdölförderung auftreten. Die Besonderheit des Frackings liege aber im Einsatz der Frack-Fluide.

53

Ein Totalverbot würde zudem die stoff- und anlagenbezogenen Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes, insbesondere zum Stoffregister nach § 13b Abs. 5 WHG, landesgesetzlich außer Kraft setzen.

B.

54

Der Antrag ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).

I.

55

1. Antragstellerin ist die Volksinitiative selbst, die in den gerichtlichen Verfahren durch ihre Vertrauenspersonen lediglich vertreten wird, § 6 Abs. 2 Nr. 3 VAbstG

(Beschluss vom 29. Oktober 2018 - LVerfG 1/18 -, NordÖR 2018, 529 ff. = SchlHA 2018, 466 ff = BeckRS 2018, 27258, Juris Rn. 4; dies voraussetzend: BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 2000 - 2 BvK 3/98 -, BVerfGE 102, 176 ff., Juris Rn. 67).

Soweit der Landtag auf daraus entstehende Probleme bei der Haftung für Gerichtskosten oder sonstige mit dem Verfahren verbundene Kosten hinweist, rechtfertigt dies keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 VAbstG. Im Übrigen stellt sich diese Problematik im Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht wegen dessen Gerichtskostenfreiheit (vgl. § 33 Abs. 1 LVerfGG) und der fehlenden Möglichkeit einer Kostenauferlegung auf andere als die Staatskasse (vgl. § 33 Abs. 2, 4 LVerfGG) nicht.

56

2. Der Antrag richtet sich nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LVerfGG zulässigerweise allein gegen die Nummer 2 der Entscheidung des Landtages, mit der dieser die Volksinitiative in Bezug auf § 7a LWG-E für unzulässig erklärt hat. Er ist als Feststellungsantrag statthaft. Die ablehnende Entscheidung des Landtages erwächst nicht in Bestandskraft. Wenn das Landesverfassungsgericht feststellen würde, dass die Volksinitiative – anders als vom Landtag bewertet – zulässig wäre, stellte der Landtagsbeschluss kein Verfahrenshindernis für das weitere Verfahren mehr dar. Es bedürfte daher in diesem Fall keiner Aufhebung des Landtagsbeschlusses.

II.

57

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Gesetzentwurf der Volksinitiative entspricht in Bezug auf § 7a LWG-E nicht den Anforderungen des Art. 48 Abs. 1 LV, da das Land Schleswig-Holstein keine Gesetzgebungskompetenz für den Regelungsgegenstand des § 7a LWG-E hat.

58

1. Prüfungsmaßstab im vorliegenden Verfahren ist Art. 48 Abs. 1 und 2 LV. Dabei ist das Landesverfassungsgericht nicht auf eine Kontrolle der Gründe beschränkt, die der Landtag in seiner Entscheidung über die (teilweise) Unzulässigkeit der Volksinitiative benennt. Zwar fordert § 8 Abs. 3 Satz 2 VAbstG eine Begründung des Landtages für die Unzulässigkeitserklärung. Jedoch folgt daraus keine eingeschränkte Überprüfungskompetenz des Landesverfassungsgerichts. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Landesverfassungsgerichtsgesetz. Vielmehr dient die Begründungspflicht – wie im allgemeinen Verwaltungsrecht – ausschließlich der Transparenz der Entscheidung und einer Prüfung geeigneter Rechtsschutzmöglichkeiten durch den Adressaten

(vgl. Begründung zum Gesetzentwurf für das Volksabstimmungsgesetz, Landtags-​Drucksache 13/1973, S. 22).

Dementsprechend ist der statthafte Antrag auch nicht darauf gerichtet festzustellen, dass die vom Landtag benannten Gründe unzutreffend sind, sondern vielmehr darauf festzustellen, dass die Volksinitiative den Anforderungen des Art. 48 Abs. 1 und 2 LV entspricht.

59

2. Die Erklärung nur eines Teils einer Volksinitiative für unzulässig begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken

(vgl. dazu schon BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 2000 - 2 BvK 3/98 -, BVerfGE 102, 176 ff., Juris Rn. 90).

60

Insofern ist für die Überprüfung von Normen anerkannt, dass das erkennende Gericht sich für den Fall, dass nur ein Teil des streitgegenständlichen Regelwerks gegen höherrangiges Recht verstö&#223;t, nach dem in § 139 BGB enthaltenen Rechtsgedanken auf die Feststellung der Nichtigkeit dieses Teils zu beschränken hat, um damit nicht in die Befugnis des Normgebers einzugreifen, sondern dessen Regelungsabsichten soweit wie möglich zu respektieren. Voraussetzung ist, dass die verbleibenden Regelungen ein inhaltlich sinnvolles, anwendbares Regelwerk bilden und es keinen Zweifeln unterliegt, dass der Normgeber die sonstige Regelung beziehungsweise die sonstigen Regelungen auch ohne den gegen höherrangiges Recht verstoßenden Teil aufrechterhalten hätte

(BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1955 - 1 BvL 33/51 - BVerfGE 4, 219 ff., Juris Rn. 79; Urteil vom 28. Mai 1993 - 2 BvF 2/90 u.a. -, BVerfGE 88, 203 ff., Juris Rn. 375; Beschluss vom 7. September 2010 - 2 BvF 1/09 -, BVerfGE 127, 165 ff., Juris Rn. 159).

61

Dies ist auf das Verfahren betreffend die Prüfung der Zulässigkeit einer Volksinitiative als Ausdruck einer politischen Willensbildung von mindestens 20 000 stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürgern zu übertragen, auch wenn es sich hierbei um ein präventives Verfahren handelt und der Wille der Unterstützer der Volksinitiative im Einzelfall schwieriger zu bestimmen sein kann als bei einem gewählten Gesetzgeber. Dementsprechend war auch der Gesetzgeber des Volksabstimmungsgesetzes davon ausgegangen, dass

[w]enn nur Teile der Vorlage den Zulassungsvoraussetzungen genügen, […] auch eine Teilzulassung in Betracht kommen [kann]. Insoweit gelten sowohl die Grundsätze, die zur Auswirkung der Teilnichtigkeit eines Gesetzes auf den Fortbestand des übrigen Teiles entwickelt wurden als auch diejenigen, die bei Teilnichtigkeit von Verträgen eingreifen. Damit ist zunächst zu prüfen, ob der zulässige Teil einen selbständigen, in sich abgeschlossenen und verständlichen Inhalt hat; weiterhin kommt es entscheidend darauf an, ob die Antragstellerinnen und Antragsteller, hätten sie die Unzulässigkeit eines Teils ihres Antrages erkannt, in einer dem Unterschriftenquorum genügenden Anzahl die bedenkenfreien Bestimmungen der Vorlage unterzeichnet hätten.

(Landtags-Drucksache 13/1973, zu § 8, S. 21).

62

Der Gesetzentwurf der Volksinitiative ist im vorgenannten Sinn teilbar. Die übrigen Regelungen des Gesetzentwurfs bezwecken Änderungen, die ein in sich inhaltlich sinnvolles, anwendbares Regelwerk bilden. Der mutmaßliche Wille ist – wie bei anderen Normen auch – anhand objektiver Anhaltspunkte zu ermitteln. Ausgehend davon, dass Zweck der Beschränkung der Gerichte auf die Feststellung der Teilnichtigkeit von Normen ebenso wie von Gesetzentwürfen der Respekt vor der Befugnis des Normgebers ist, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die verbleibenden Regelungen aufrecht zu erhalten sind, wenn sie noch ein inhaltlich sinnvolles, anwendbares Regelwerk bilden. Zweifel können sich nur dann ergeben, wenn sie im Gegensatz zu sonstigen normativen Vorgaben oder dem eigentlichen Zweck des Gesetzes stehen oder sich dies aus der Gesetzesbegründung ergibt. Dafür ist indes nichts ersichtlich.

63

3. Die Entscheidungszuständigkeit des Landtages im Sinne von Art. 48 Abs. 3, Abs. 1 LV umfasst auch die Überprüfung der Verbandskompetenz des Landes Schleswig-Holstein. Dasselbe gilt für die Prüfungskompetenz des Landesverfassungsgerichts im Verfahren in den Fällen des § 3 Nr. 7 LVerfGG – Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden (vgl. zu dieser Bezeichnung für Verfahren der vorliegenden Art die amtliche Überschrift des Siebenten Abschnitts des Dritten Teils des Landesverfassungsgerichtsgesetzes, §§ 53 f. LVerfGG) – bezüglich der vorgelegten Gesetzentwürfe.

64

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 LV (a) und wird von der systematischen und teleologischen Auslegung (b) gestützt sowie von der Entstehungsgeschichte der Norm (c) bestätigt. Es besteht auch kein Widerspruch zum Grundgesetz (d).

65

a) Nach dem Wortlaut des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 LV, dessen Anforderungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 VAbstG Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit einer Volksinitiative sind, haben Bürgerinnen und Bürger das Recht, den Landtag im Rahmen „seiner Entscheidungszuständigkeit“ mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. Eine Entscheidungszuständigkeit des Landtages im Sinne dieser Vorschrift besteht aber nur, wenn sowohl das Land Schleswig-Holstein die entsprechende Verbandskompetenz besitzt als auch der Landtag in Abgrenzung zu anderen Verfassungsorganen im Land Schleswig-Holstein zuständig ist

(vgl. zu einer Regelung ähnlichen Wortlauts: VerfG Brandenburg, Urteil vom 15. September 1994 - VfGBbg 2/93 -, <verfassungsgericht.​brandenburg.de>).

66

Selbst wenn die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein anders als entsprechende Regelungen in anderen Bundesländern

(vgl. etwa Art. 62 Abs. 1 Verfassung von Berlin)

die Landeskompetenz nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich diese Beschränkung bereits daraus, dass der Landtag Gesetze, die in die Kompetenz des Bundes fallen, nach der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes nicht beschließen darf.

67

Dies wird bekräftigt dadurch, dass es sich nicht um einen beliebigen Gegenstand handeln soll, sondern um Gegenstände der politischen Willensbildung (vgl. zur so beschriebenen Funktion des Landtages auch Art. 16 Abs. 1 Satz 1 LV). Die politische Willensbildung liegt aber in erster Linie bei den Parlamenten. Für eine Abgrenzung zu den Entscheidungszuständigkeiten der Rechtsprechung wäre ein Zusatz, der auf die Entscheidungszuständigkeit des Landtages Bezug nimmt, bereits generell unnötig, weil die Rechtsprechung sich nicht mit Gegenständen politischer Willensbildung befasst. In der Landesregierung wird zwar auch politische Willensbildung ausgeübt. Die Landesregierung hat jedoch nur begrenzte Entscheidungszuständigkeiten, weil die Umsetzung von politischer Gestaltung in erster Linie durch die Gesetzgebung erfolgt.

68

Art. 48 Abs. 1 Satz 2 LV sieht vor, dass einer Volksinitiative auch ein mit Gründen versehener Gesetzentwurf, der den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen darf, zugrunde liegen kann. Damit trifft Art. 48 Abs. 1 Satz 2 LV keine Art. 48 Abs. 1 Satz 1 LV verdrängende, sondern eine diese Vorschrift ergänzende Spezialregelung für Gesetzentwürfe. Da sich die politische Willensbildung durch den Landtag nicht nur auf die Gesetzgebungstätigkeit beschränkt, sondern auch weitere Aufgaben umfasst (vgl. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV sowie § 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst a und b VAbstG), regelt Art. 48 Abs. 1 Satz 2 LV damit zusätzliche Anforderungen für Gesetzentwürfe, die die sonstigen Vorlagen nicht erfüllen müssen. Diese treten neben die allgemeinen Anforderungen aus Art. 48 Abs. 1 Satz 1 LV, wenn Gegenstand der Volksinitiative ein Gesetzentwurf ist.

69

b) Die systematische und die teleologische Auslegung bestätigen dieses Ergebnis.

70

Eine Volksinitiative zielt darauf ab, den Landtag mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen, Art. 48 Abs. 1 Satz 1 LV. Stimmt der Landtag dem Gesetzentwurf oder der Vorlage nach Art. 48 LV nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten zu, so sind die Vertreterinnen und Vertreter berechtigt, die Durchführung eines Volksbegehrens zu beantragen, Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV.

71

Wenn ein Gesetzentwurf einer Volksinitiative nicht in die Verbandskompetenz des Landes Schleswig-Holstein fällt, ist es – unabhängig von politischen Erwägungen zum Inhalt des Gesetzentwurfs – dem Landtag aus kompetenziellen Gründen nicht möglich, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Es widerspräche dann aber dem Anliegen der Regelungen der Volksgesetzgebung, wenn ein weiteres Verfahren in Form eines Volksbegehrens und gegebenenfalls ein Volksentscheid durchgeführt werden könnte, obwohl dem Land und damit auch dem plebiszitären Gesetzgeber die Kompetenz für eine entsprechende Regelung fehlte.

72

Die Landesverfassung sieht deshalb bei Volksinitiativen ausdrücklich eine Präventivkontrolle vor. Denn nach Art. 48 Abs. 3 LV entscheidet der Landtag über die Zulässigkeit der Initiative. Der Umstand, dass die Verfassung ausdrücklich zwischen einer Entscheidung des Landtages über die Zulässigkeit der Initiative nach Art. 48 Abs. 3 LV und der politischen Entscheidung des Landtages, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, nach Art. 49 Abs. 1 LV unterscheidet, zeigt, dass die Landesverfassung selbst von einer Präventivkontrolle durch den Landtag – mit entsprechender Rechtsschutzmöglichkeit vor dem Landesverfassungsgericht – ausgeht. Andernfalls wäre die Regelung in Art. 48 Abs. 3 LV überflüssig und der Landtag hätte unmittelbar zu entscheiden, ob er dem Gesetzentwurf zustimmt oder nicht.

73

Diese Bedeutung einer präventiven verfassungsrechtlichen Kontrolle wurde in der 29. Sitzung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform des Schleswig-Holsteinischen Landtages ausdrücklich thematisiert

(vgl. Niederschrift über die 29. <öffentliche> Sitzung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform des Schleswig-Holsteinischen Landtages am Donnerstag, dem 3. Mai 1990, S. 32; vgl. dazu sogleich c> Rn. 78).

Ergänzend kann auf die Systematik des Volksabstimmungsgesetzes abgestellt werden, da es unmittelbar in Ausführung des Verfassungsauftrags aus Art. 48 Abs. 4 LV entstanden und von demselben Normgeber zu verantworten ist. Auch hieraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine umfassende präventive rechtliche Kontrolle bei der Volksgesetzgebung einrichten wollte.

74

c) Die historische Auslegung unterstreicht dieses Ergebnis. Plebiszitäre Elemente wurden mit dem Gesetz zur Änderung der Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 13. Juni 1990 (GVOBl 1990, S. 391) in die Landesverfassung eingeführt.

75

Im Rahmen der Vorarbeiten dazu wurde in der Enquete-Kommission zunächst ein Formulierungsvorschlag des Mitglieds Professor Dr. Jürgen Seifert verwendet:

(1) Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen, die das Land Schleswig-Holstein betreffen. Dies können auch begründete Gesetzentwürfe sein. Die Initiative muss von mindestens 10 000 Stimmberechtigten unterzeichnet werden.

(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.

(Schleswig-Holsteinischer Landtag, Enquete-Kommission Verfassungs- und Parlamentsreform, Kommissionsvorlage 12/96),

der damit die Diskussionsbeiträge einer Sitzung zusammenfasste

(vgl. Niederschrift über die 12. Sitzung der Enquete-Kommission Verfassungs- und Parlamentsreform des Schleswig-Holsteinischen Landtages am 9. Dezember 1988, S. 5).

76

Der Berichterstatter schlug vor, das Wort „Gesetzentwürfe“ durch das Wort „Gesetzesvorlagen“ zu ersetzen:

(1) Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen, die das Land Schleswig-Holstein betreffen. Dies können auch begründete Gesetzesvorlagen sein. Die Initiative muss von mindestens 10 000 Stimmberechtigten unterzeichnet werden.

(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.

(Schleswig-Holsteinischer Landtag, Enquete-Kommission Verfassungs- und Parlamentsreform, Kommissionsvorlage 12/123, Beiträge zum Schlussbericht, Berichterstatter Professor Dr. Seifert).

Diese Formulierung wurde dann auch im Schlussbericht der Enquete-Kommission für Art. 12 Landesverfassungs-Entwurf (LV-E) vorgeschlagen (Landtags-Drucksache 12/180, S. 127).

77

Im Bericht und der Schlussempfehlung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform lautete der Vorschlag für Art. 14 LV-E:

(1) Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen, die das Land Schleswig-Holstein betreffen. Dies können auch begründete Gesetzentwürfe sein, soweit diese der Gesetzgebung des Landes unterliegen und den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen. Die Initiativen müssen mindestens von einer Zahl von Stimmberechtigten unterzeichnet sein, die der Zahl entspricht, für die bei der letzten Wahl das letzte Mandat vergeben worden ist. Ihre Vertreterinnen und Vertreter haben das Recht auf Anhörung.

(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.

(Landtags-Drucksache 12/620 <neu>).

Zu dessen Begründung wurde ausgeführt:

Soll sich das Parlament mit Gesetzentwürfen befassen, so muss der Gegenstand der Gesetzgebungszuständigkeit des Landes unterliegen. Der Gesetzentwurf muss mit einer Begründung versehen sein. Volksinitiativen, deren Inhalt den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nach Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz widerspricht, sind unzulässig.

(a. a. O., S. 46).

78

Der Sonderausschuss thematisierte die plebiszitären Elemente nochmals in der 27. und 29. Sitzung. Dabei äußerte sich der Sachverständige Professor Dr. Matthias Herdegen in der 29. Sitzung auch zur Frage einer präventiven verfassungsrechtlichen Kontrolle:

Mir erscheint diese Frage deswegen wesentlich, weil die nachträgliche Kontrolle durch das Landesverfassungsgericht außerordentlich problematisch ist, und zwar aus Gründen, die ich bereits angesprochen habe, d. h. weil hier das Volk in die Rolle eines schlichten Landesorgans gezwungen wird, über dessen Entscheidungsfindung dann das Landesverfassungsgericht zu Gericht sitzt. Diese Problematik würde man entschärfen, wenn man eine obligatorische Kontrolle der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Gesetzesinitiativen durch das Landesverfassungsgericht vorsähe, gekoppelt mit dem weitgehenden Ausschluss einer späteren Kontrolle der Vereinbarkeit mit dem Landesverfassungsrecht oder man könnte – und das wäre ein Alternativvorschlag – die Kontrolle durch die Landesregierung oder auch durch den Landtag mit der Möglichkeit einer Beschwerde der Antragsteller beim Landesverfassungsgericht vorsehen. Dann hätte man eventuelle verfassungsrechtliche Zweifelsfragen vorab geklärt, bevor es einen Volksentscheid gibt, und das führt dann nicht zu politischen Irritationen, die eine Kontrolle ex post nach sich ziehen kann.

(vgl. Niederschrift über die 27. <öffentliche> Sitzung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform des Schleswig-Holsteinischen Landtages am Freitag, dem 6. April 1990 sowie über die 29. <öffentliche> Sitzung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform des Schleswig-Holsteinischen Landtages am Donnerstag, dem 3. Mai 1990, S. 32).

79

Im Nachgang zur 29. Sitzung unterbreitete Professor Dr. Matthias Herdegen einen Änderungsvorschlag, mit dem die Formulierung „Entscheidungszuständigkeit des Landtages“ eingeführt wurde:

Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen, auf die sich die Entscheidungszuständigkeit des Landtages erstreckt. Dies können auch begründete Gesetzentwürfe sein. Sie müssen mindestens von einer Zahl von Stimmberechtigten unterzeichnet sein, die der Zahl entspricht, für die bei der letzten Wahl das letzte Mandat vergeben worden ist. Ihre Vertreterinnen und Vertreter haben das Recht auf Anhörung.

(Landtags-Umdruck 12/1343).

80

Kurze Zeit darauf unterbreitete der Wissenschaftliche Dienst des Landtages in Umsetzung eines interfraktionellen Gesprächs einen weiteren Änderungsvorschlag. Die Regelung sollte nun lauten (Art. 42a LV-E):

Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen, auf die sich die Entscheidungszuständigkeit des Landtages erstreckt. Einer Initiative kann auch ein mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen; er darf den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen. Die Initiativen müssen von mindestens 20.000 Stimmberechtigten unterzeichnet sein. Ihre Vertreterinnen und Vertreter haben das Recht auf Anhörung.

(Landtags-Umdruck 12/1358).

81

Es folgte ein Gesetzentwurf der CDU, dessen Art. 14 LV-E lautete:

(1) Bürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. Einer solchen Initiative kann auch ein mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen; es sei denn, dieser widerspricht den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates. Die Initiativen müssen von mindestens 20.000 Stimmberechtigten unterzeichnet sein. Ihre Vertreterinnen und Vertreter haben das Recht auf Anhörung.

(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.

(Landtags-Umdruck 12/1359).

82

Eine weitere Erörterung fand in der 30. Sitzung des Sonderausschusses statt, in der die Formulierung

Bürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. Einer Initiative kann auch ein mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen; er darf den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen. Die Initiativen müssen von mindestens 20.000 Stimmberechtigten unterzeichnet sein. Ihre Vertreterinnen und Vertreter haben das Recht auf Anhörung.

für Absatz 1 vereinbart, sowie ein neuer Absatz 2 formuliert wurde:

Initiativen über den Haushalt des Landes, über Dienst- und Versorgungsbezüge sowie über öffentliche Abgaben sind unzulässig.

(vgl. Niederschrift über die 30. <öffentliche> Sitzung des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform des Schleswig-Holsteinischen Landtages am Mittwoch, dem 16. Mai 1990).

83

Diese Regelung war als Art. 41 LV-E im Bericht und der Beschlussempfehlung des Sonderausschusses (Landtags-Drucksache 12/826) enthalten und wurde schließlich Teil des verfassungsändernden Gesetzes vom 13. Juni 1990 (GVOBl 1990, S. 391).

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Der heutige Absatz 3

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Über die Zulässigkeit der Initiative entscheidet der Landtag.

wurde mit Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein und des Volksabstimmungsgesetzes vom 14. Februar 2004 (GVOBl S. 54) eingefügt.

85

Im Rahmen der Verfassungsänderung 2014 durch Gesetz vom 12. November 2014 (GVOBl S. 328) änderte sich insoweit nur noch die Nummerierung der Artikel. Der vormalige Art. 41 LV wurde zu Art. 48 LV.

86

Ergibt sich bereits danach aus den zitierten Gesetzgebungsmaterialien entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin gerade nicht, dass der Wegfall der ausdrücklichen Einschränkung auf Gesetzentwürfe, deren Gegenstände in der Entscheidungskompetenz des Landes stehen, noch im erstmaligen Gesetzgebungsverfahren zu einer inhaltlichen Änderung führen sollte

(insofern eine andere Situation – Änderung einer vorhandenen gesetzlichen Regelung – betreffend: VerfGH Berlin, Urteil vom 6. Oktober 2009 - 63/08 -, Juris Rn. 77 ff.),

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so kann ergänzend noch darauf hingewiesen werden, dass die Beschränkung auf die Gesetzgebungszuständigkeit des Landtages nochmals ausdrücklich in der Begründung zum Gesetzentwurf für das Volksabstimmungsgesetz aufgegriffen wurde. Dort wird zu § 6 Abs. 2 Nr. 1 ausgeführt:

Aus dem Antrag muss sich der Inhalt der Volksinitiative ergeben. Im Regelfall wird es sich um einen vollständigen Gesetzentwurf oder um Teile davon handeln, die der Gesetzgebungszuständigkeit des Landtages unterliegen. Der vorgeschriebene Begründungszwang ist unverzichtbarer Bestandteil des Antrages. Gegenstände der politischen Willensbildung, mit denen sich der Landtag befassen soll, sind wichtige und konkret bestimmte politische Fragen außerhalb eines Gesetzgebungsverfahrens.

(Landtags-Drucksache 13/1973, S. 19)

87

Zu § 8 formuliert die Gesetzesbegründung:

Die Volksinitiative ist insbesondere dann unzulässig, wenn sie den verfassungsmäßig festgesetzten Anforderungen nicht entspricht. Zu beachten ist der dem Land gesetzte Kompetenzrahmen und die weiteren inhaltlichen Beschränkungen, die sich aus Artikel 41 Abs. 1 und 2 LV ergeben. […]

margin-left:36pt">Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Volksinitiative liegt unmittelbar beim Landtag, da dieser sich ggf. auch inhaltlich mit der Vorlage auseinandersetzen muss und die Prüfung auf diese Weise in einer Hand bleibt. Gleichzeitig ist es der Sache angemessen, dass die Repräsentanten des Volkes über die Zulassung des aus dem Volke kommenden Antrages entscheiden und die Auseinandersetzung darüber auf einer möglichst breiten demokratischen Ebene stattfindet. […]

(Landtags-Drucksache 13/1973, S. 21).

88

d) Angesichts dieses eindeutigen Befundes für den Prüfungsumfang bei Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden kann offenbleiben, ob in anderen Verfahrensarten an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Landesverfassungsgericht für Schleswig-Holstein im Beschluss vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 - (BVerfGE 103, 332 ff., Juris) zur Prüfung der Landeskompetenz in Normenkontrollverfahren festzuhalten ist. Auch das Grundgesetz geht davon aus, dass Landesverfassungsgerichte in eigener Zuständigkeit Grundgesetznormen anzuwenden und auszulegen haben.

89

Der von der Antragstellerin für ihre Auffassung herangezogene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als Landesverfassungsgericht fü;r Schleswig-Holstein (vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 -, a.a.O.) betraf ein Normenkontrollverfahren. Das Bundesverfassungsgericht trifft hierin zwar die Aussage, dass die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein keine ausdrückliche Anordnung enthalte, dass die Landesstaatsgewalt die Verbandskompetenzordnung des Grundgesetzes zu beachten habe (Rn. 62). Es betont aber auch, dass die Landesverfassungsgeber in ihrer Autonomie die jeweilige Landesverfassung als den Kontrollmaßstab festgelegt haben, der in landesverfassungsgerichtlichen Verfahren heranzuziehen ist (Rn. 63). Dies ist für die streitgegenständliche Verfahrensart nicht weiterführend, da die Landesverfassung sowohl für das abstrakte Normenkontrollverfahren (Art. 51 Abs. 2 Nr. 2 LV, vgl. auch § 3 Nr. 2, §§ 39 ff. LVerfGG) als auch f2;r das konkrete Normenkontrollverfahren (Art. 51 Abs. 2 Nr. 3 LV, vgl. auch § 3 Nr. 3, §§ 44 ff. LVerfGG) als Prüfungsmaßstab die Vereinbarkeit der zur Überprüfung stehenden Norm mit der Landesverfassung bestimmt hat, während die Landesverfassung in Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 LV – wie dargelegt – für Volksinitiativen geprüft wissen will, ob der Gegenstand der politischen Willensbildung in die Entscheidungszuständigkeit des Landtages fällt, das Land hierfür also die Verbandskompetenz hat.

90

Eine Präventivkontrolle des Landtages hinsichtlich der Verbandskompetenz sowie eine diesbezügliche gerichtliche Entscheidung durch das Landesverfassungsgericht begründen keine Gefahr einer divergierenden Rechtsprechung zum Grundgesetz. Bereits das Grundgesetz selbst geht davon aus, dass Landesverfassungsgerichte in eigener Zuständigkeit Grundgesetznormen anzuwenden und auszulegen haben. Dies folgt unmittelbar aus Art. 100 Abs. 3 GG, der voraussetzt, dass auch die Auslegung des Grundgesetzes Gegenstand der Rechtsfindung des Verfassungsgerichts eines Landes sein, also insbesondere bei Verfassungsstreitigkeiten innerhalb des Landes eine Rolle spielen kann

(BVerfG, Urteil vom 5. April 1952 - 2 BvH 1/52 -, BVerfGE 1, 208 ff., Juris Rn. 80; Beschluss vom 15. Januar 1985 - 2 BvR 128/84 -, BVerfGE 69, 112 ff., Juris Rn. 17).

91

Das Landesverfassungsgericht ist in diesem Zusammenhang daher auch befugt, inzident die Vereinbarkeit des Gesetzentwurfs der Volksinitiative mit dem Grundgesetz zu prü;fen. Denn die Regelungen des Grundgesetzes zur Verbandskompetenz werden aufgrund der Beschränkung auf die Entscheidungszuständigkeit des Landtages in Art. 48 Abs. 1 Satz 1 LV lediglich in Bezug genommen. Maßstab für die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ist und bleibt dabei die Landesverfassung

(vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 13. Mai 2013 - 32/12 -, Juris Rn. 59 m.w.N.).

92

4. Der Schleswig-Holsteinische Landesgesetzgeber hat keine Gesetzgebungskompetenz für § 7a LWG-E. Gemäß Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund durch das Grundgesetz Gesetzgebungsbefugnisse verliehen sind. Vorliegend fällt der Gesetzentwurf nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Wasserhaushaltsrechts (a). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund zu den Fragen des Frackings von seiner Gesetzgebungszuständigkeit umfassend mit den Neuregelungen in § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 sowie § 13a WHG Gebrauch gemacht und dazu eine abschließende Regelung getroffen (b). § 7a LWG-E weicht von dieser Regelung ab (c). Eine Abweichungskompetenz des Landes ergibt sich nicht aus Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG (d).

93

a) Die Regelung des § 7a LWG-E fällt aufgrund ihres Normzwecks unter den Kompetenztitel des Wasserhaushaltsrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG.

94

Die Zuordnung einer bestimmten Regelung zu einer Kompetenznorm geschieht anhand von unmittelbarem Regelungsgegenstand, Normzweck, Wirkung und Adressat der zuzuordnenden Norm sowie der Verfassungstradition

(vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1957 - 2 BvL 17/56 -, BVerfGE 7, 29 ff., Juris Rn. 47; Urteil vom 24. Oktober 2002 ​- 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62 ff., Juris Rn. 158 m.w.N.).

95

Regelungsgegenstand von § 7a LWG-E ist die zwar grundsätzlich dem Bergrecht zuzuordnende Technologie des Frackings und deren Zulässigkeit. Gleichwohl ergibt sich daraus nicht zwingend eine Einordnung von im Zusammenhang mit dem Fracking stehenden Normen in den Kompetenztitel des Bergrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG)

(vgl. dazu Weschpfennig, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht - Kommentar -, Band I, Stand 1. Juni 2019, § 13a WHG Rn. 26: Kompetenz für § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG <Verbot des unkonventionellen Fracking> aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG).

96

Keinen Einfluss auf die Zuordnung zu einem grundgesetzlichen Kompetenztitel hat es, dass das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen in § 9 Abs. 2 Nr. 3 WHG als Gewässerbenutzung definiert ist. Diese Regelung dient ausweislich der Gesetzesbegründung dazu sicherzustellen, dass für Fracking-Vorhaben immer eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG erforderlich ist, ohne dass die Bergbehörde die Erlaubnispflicht konkret prüfen muss. Dies erleichtere das Verfahren für die Bergbehörde, die sich dann jedoch ins Einvernehmen mit der Wasserbehörde setzen müsse. § 9 Abs. 2 Nr. 3 WHG beziehe sich allein auf den Fracking-Vorgang, da das Durchteufen von Grundwasserleitern im Rahmen der Tiefbohrung als Einbringen von Stoffen in das Grundwasser auch künftig bereits eine echte Gewässerbenutzung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG sei (vgl. BTDrucks 18/4713, S. 21 f.).</p>

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97

Die Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 WHG führt eine gesetzliche Fiktion ein. Damit ist aber nicht jede Fracking-Maßnahme eine Gewässerbenutzung im Sinne des Kompetenztitels Wasserhaushaltsrecht des Grundgesetzes. Ob die Regelung entsprechend der Gesetzesbegründung auf diesen Kompetenztitel gestützt werden kann, ist daher umstritten

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(vgl. dazu Frenz, NVwZ 2016, 1042 <1044>; Giesberts/ Kastelec, in: Giesberg/ Reinhard, BeckOK UmweltR, Stand 1. Oktober 2019, § 13a WHG Rn. 38; Reinhardt, NVwZ 2016, 1505 <1506>).

98

§ 9 Abs. 2 WHG regelt noch zwei weitere sogenannte unechte Gewässerbenutzungen: das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind, (Nr. 1) sowie Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen (Nr. 2). Auch diesen liegt zugrunde, dass es sich um gesetzliche Fiktionen handelt. Dabei soll aufgrund des Einwirkungspotentials, das dem der in § 9 Abs. 1 WHG genannten finalen Benutzungen vergleichbar ist, eine rechtliche Gleichstellung mit diesen erfolgen

(Pape, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht - Kommentar -, Band I, Stand 1. Juni 2019, § 9 WHG Rn. 65).

Bei den unechten Gewässerbenutzungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 WHG besteht, anders als insbesondere bei der Regelung in § 9 Abs. 2 Nr. 3 WHG, zwingend ein unmittelbarer Gewässerbezug.

99

Eine Zuordnung des § 7a LWG-E zum Kompetenztitel des Wasserhaushaltsrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG kommt nur in Betracht, soweit die Regelung schwerpunktmäßig darauf gerichtet ist, die Einleitung von Stoffen in das Grundwasser zu verhindern. Gegenstand des Wasserhaushaltsrechts sind die menschlichen Einwirkungen auf Oberflächen- und Grundwasser, die sowohl die Menge als auch die biologische und chemische Beschaffenheit des Wassers beeinflussen können. Die rechtliche Ordnung des Wasserhaushaltes umfasst daher Regeln für die haushälterische Bewirtschaftung des in der Natur vorhandenen Wassers nach Menge und Güte

:36pt">(BVerfG, Urteil vom 30. Oktober 1962 - 2 BvF 2/60 -, BVerfGE 15, 1 ff., Juris Rn. 55).

100

Ausweislich der Gesetzesbegründung strebt die Antragstellerin mit § 7a LWG-E primär einen besseren Schutz des Wassers an. Ein Verbot nur für Schutzgebiete genüge nicht. Verbreitet werde Wasser außerhalb von Schutzgebieten gewonnen oder Wasserreservoirs vermischten sich unterirdisch. Selbst wo gegenwärtig noch keine Wassergewinnung erfolge, könne zukünftig ein entsprechendes Bedürfnis bestehen

(Gesetzentwurf der Antragstellerin, Gesetz zur Änderung des Wassergesetzes und des Landesverwaltungsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein, S. 4).

101

Soweit die Antragstellerin ergänzend darauf verweist, dass an der Oberfläche giftige Flüssigkeiten, zum Beispiel aus undichten Leitungen, den Boden verunreinigen könnten und die Entsorgung der mit Schwermetallen belasteten Flüssigkeiten im Boden weitere Risiken berge, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass der Schwerpunkt der Regelung die grundwasserschützende Zielrichtung bleibt. Die Regelung ist daher nicht dem Kompetenztitel Bodenrecht nach Art. 74 Nr. 18 GG, der ebenfalls unter die konkurrierende Gesetzgebung fällt, bezüglich dessen jedoch keine Abweichungskompetenz nach Art. 72 Abs. 3 GG besteht, zuzuordnen. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Risiken von Erdstößen stehen dem wasserhaushaltsbezogenen Regelungszweck des § 7a LWG-E ebenfalls nicht entgegen. Im Übrigen wäre die Vorsorge gegen Erdstöße dem Kompetenztitel des Bergrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen.

102

b) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund zu den Fragen des Frackings von seiner Gesetzgebungszuständigkeit mit den Neuregelungen in § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 sowie § 13a WHG umfassend Gebrauch gemacht und diesbezüglich eine abschließende Regelung getroffen.

103

Aus dem komplexen Regelungskonzept ist ersichtlich, dass der Bund damit nicht nur eine Mindestregelung treffen, sondern vielmehr abschließend die Zulässigkeit von Fracking-Maßnahmen regeln wollte. Dies zeigt insbesondere § 13a Abs. 3 WHG. Nach dieser Vorschrift kann durch Landesrecht bestimmt werden, dass Erlaubnisse für Benutzungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WHG auch in oder unter Gebieten, in denen untertägiger Bergbau betrieben wird oder betrieben worden ist, nur unter bestimmten Auflagen erteilt werden dürfen oder zu versagen sind. Damit wird für diesen Teilbereich im Gegensatz zum übrigen Regelungskonzept ausdrücklich eine abweichende Regelung durch Landesrecht zugelassen.

104

c) § 7a LWG-E weicht von den bundesgesetzlichen Bestimmungen ab, konkret sowohl von § 13a Abs. 1 WHG als auch von § 13a Abs. 4 WHG, indem er eine Regelung für Fracking in Gestein trifft, das nicht unter § 13a Abs. 1 Nr. 1 WHG fällt. Nach den vom Bundesgesetzgeber getroffenen Bestimmungen ist Fracking zulässig, wenn es nicht in Gestein nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 WHG und nicht in Gebieten nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 WHG sowie mit nicht beziehungsweise schwach wassergefährdenden Stoffen erfolgt (§ 13a Abs. 4 Nr. 1 WHG) und der Stand der Technik eingehalten wird (§ 13a Abs. 4 Nr. 2 WHG). Abweichend davon will § 7a LWG-E auch in diesen Fällen Fracking untersagen. Die einfachgesetzlichen Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes enthalten hierzu, anders als mit § 13a Abs. 3 WHG für Fracking in Gebieten mit untertägigem Bergbau, keine Ermächtigung des Landesgesetzgebers, eine abweichende Regelung zu treffen.

105a>

d) Eine Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich auch nicht aus Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG. Danach können die Länder zwar sogar in den Fällen, in denen der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat, durch Gesetz abweichende Regelungen über den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen) treffen. Vorliegend soll jedoch mit § 7a LWG-E von stoffbezogenen Vorschriften des Bundesrechts abgewichen werden.

106

Laut Begründung zu Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG sind

">

[s]toffliche Belastungen oder von Anlagen ausgehende Gefährdungen der Gewässer […] Kernbereiche des Gewässerschutzes, die durch bundesweit einheitliche rechtliche Instrumentarien zu regeln sind. Auf Stoffe oder Anlagen „bezogen“ sind alle Regelungen, deren Gegenstand stoffliche oder von Anlagen ausgehende Einwirkungen auf den Wasserhaushalt betreffen, z. B. das Einbringen und Einleiten von Stoffen

(BRDrucks 178/06, S. 25).

107

Vom Begriff der stoffbezogenen Regelungen sind daher sämtliche Regelungen erfasst, die bestimmt und geeignet sind, durch Vermeidung beziehungsweise Verhinderung schädlicher Gewässerveränderungen dem Gewässerschutz zu dienen und sich auf das Einleiten beziehungsweise Einbringen von Stoffen beziehen

(vgl. Dallhammer, ZUR 2019, 228 <235>).

108

Wie ausgeführt weicht § 7a LWG-E insbesondere von der bundesgesetzlichen Regelung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 WHG ab. Nach dieser Regelung ist Fracking neben weiteren Einschränkungen nur dann zulässig, wenn nicht beziehungsweise nur schwach wassergefährdende Stoffe verwendet werden. Die bundesgesetzliche Norm ist damit – wie sich bereits eindeutig aus ihrem Wortlaut ergibt – stoffbezogen (ebenso die Gesetzesbegründung: BTDrucks 18/4713, S. 25).

109

Bei § 7a LWG-E handelt es sich ebenfalls um eine stoffbezogene Regelung. Denn diese dient ihrem Hauptzweck nach dazu, den Umgang mit bestimmten Stoffen als eine mit dem Fracking verbundene Gefahr für das Grundwasser zu verhindern.

110

Es ist unerheblich, dass die Regelung kein ausdrückliches Verbot, einen bestimmten Stoff in das Grundwasser einzuleiten, formuliert. Wie ausgeführt handelt es sich bei dem eigentlichen Fracking-Vorgang nicht um eine echte wasserrechtliche Benutzung. Denn Fracking ist nicht final darauf gerichtet, Gewässer zu benutzen. Vielmehr handelt es sich um ein Verhalten ohne unmittelbaren Gewässerbezug. Auch der Bundesgesetzgeber hat den Fracking-Vorgang als unechte Gewässerbenutzung geregelt. Unechten Gewässerbenutzungen ist es aber eigen, dass nicht das Einbringen in das Grundwasser selbst, sondern ein bestimmtes Verhalten, das ein entsprechendes Risiko verursacht, geregelt wird. Insofern ist es zwar zutreffend, dass es sich bei der beabsichtigten Regelung um eine verhaltensbezogene Regelung handelt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass es sich zugleich um eine stoffbezogene Regelung handelt. Jedes Verbot, Gewässer mit einem Stoff zu gefährden, ist sowohl verhaltens- als auch stoffbezogen.

111

Dem steht nicht entgegen, dass in der einschlägigen Literatur darauf verwiesen wird, das Wasserhaushaltsgesetz unterscheide prinzipiell zwischen dem verhaltensbezogenen Umgang mit dem Umweltmedium Wasser im Sinne von den auf die Gewässer zum Zweck ihrer Benutzung gerichteten Handlungen einerseits und andererseits den die Gewässer im Rahmen solcher Benutzungen oder aufgrund ihres lagespezifischen Einwirkungspotentials betreffenden Anlagen. Die Erlaubnis oder Bewilligung beziehe sich auf die Sondernutzung am Gewässer, also die Handlung, während die Zulassung der dafür erforderlichen Anlagen, beispielsweise eine Abwasserbehandlungsanlage für die Einleitung, einem anderen Zulassungsverfahren unterliege

(vgl. zum Ganzen: Schmid, in: Berendes/ Frenz/ Müggenborg, WHG - Kommentar, 2. Aufl. 2017, § 9 Rn. 94).

112

Bereits diese Erläuterung zeigt, dass insofern nicht zu unterscheiden ist zwischen drei untereinander exklusiven Kategorien – anlagenbezogene Regelung, stoffbezogene Regelung und verhaltensbezogene Regelung –, sondern dass stoffbezogene Regelungen letztlich immer eine Teilmenge der verhaltensbezogenen Regelungen darstellen

(vgl. Kotulla, NVwZ 2007, 489 <493>).

113

Sollte der Gesetzentwurf, wie die Antragstellerin vorträgt, auch dann gelten, wenn es künftig ohne den Einsatz von Stoffen möglich wird, Gestein aufzubrechen, wäre fraglich, inwiefern die Regelung in diesem Fall noch dem Kompetenztitel des Wasserhaushaltrechts statt vielmehr dem des Bergrechts unterfiele. Die Zuordnung zu dem Kompetenztitel Wasserhaushaltsrecht ist ohnehin nur über die spezielle Zweckausrichtung, stoffliche Einträge durch das Fracking ins Wasser zu verhindern, begründet (vgl. oben a>, Rn. 93 bis 101).

114

Soweit die Antragstellerin auf abweichende Regelungen der Länder zu Gewässerschutzstreifen verweist (vgl. § 38a LWG), bei denen es sich bei einer weiten Auslegung der Regelungen zur Stoff- oder Anlagenbezogenheit um anlagenbezogene Regelungen handele, beruhen die abweichenden Regelungen zu § 38 WHG nicht auf Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG, sondern auf einer in § 38 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 WHG ausdrücklich vorgesehenen, einfachgesetzlichen Abweichungsbefugnis, die für Fracking-Regelungen – wie ausgeführt – nur in § 13a Abs. 3 WHG für Fracking in Gebieten mit untertägigem Bergbau vorliegt, ansonsten aber nicht vorgesehen ist.

115

Ob es sich bei § 7a LWG-E auch um eine anlagenbezogene Regelung handelt, kann danach offenbleiben.

III.

116

Das Verfahren ist kostenfrei (§ 33 Abs. 1 LVerfGG). Kosten werden nicht erstattet. Gründe dies anzuordnen – etwa aus Billigkeit –, bestehen nicht (§ 33 Abs. 4 LVerfGG). Über die Vollstreckung ist nicht zu entscheiden (§ 34 LVerfGG).

117

Das Urteil ist einstimmig ergangen.


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