Beschluss vom Oberlandesgericht Oldenburg (1. Strafsenat) - 1 Ss 172/17

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 14. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 3. Mai 2017mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Oldenburg zurückverwiesen, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 2. Februar 2017 hatte das Amtsgericht Oldenburg den Angeklagten wegen Diebstahls „im besonders schweren Fall“ sowie wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten und zwei Wochen verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

2

Auf die hiergegen eingelegte und auf das Strafmaß beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Oldenburg mit Urteil vom 3. Mai 2017 die angefochtene Entscheidung aufgehoben und den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen (bei Einzelstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie sechs Monaten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt.

3

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten. Mit der allein erhobenen Sachrüge beantragt er, das Urteil aufzuheben.

II.

4

Die zulässige Revision hat Erfolg.

5

Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben, da das angefochtene Urteil in den Einzelstrafaussprüchen und im Gesamtstrafenausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.

6

Zwar ist der Wertungsakt, welcher der Zumessung der Strafe zugrunde liegt, grundsätzlich Aufgabe des Tatgerichts. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht findet daher nicht statt; dieses prüft vielmehr nur nach, ob dem Tatrichter ein Rechtsfehler unterlaufen ist, etwa weil er den Strafrahmen unzutreffend bestimmt, rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht gelassen oder einzelnen Strafzumessungsgründen erkennbar ein zu hohes oder zu geringes Gewicht beigemessen hat oder weil sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, also unvertretbar hoch oder niedrig ist.

7

Die Begründung des Urteils muss daher erkennen lassen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte gesehen und in ihrem Zusammenwirken vertretbar gewürdigt worden sind. Das Ergebnis der Zumessung muss zu den bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkten in einem nachvollziehbaren und vertretbaren Zusammenhang stehen. In Zweifelsfällen hat das Revisionsgericht die Wertung des Tatgerichts zu respektieren (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 - 3 StR 605/14 -, juris m.w.N.).

8

Hieran gemessen hat die Strafkammer die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe nicht tragfähig begründet.

9

Dem Berufungsgericht, das anders als das Amtsgericht im Fall 1 keine Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB angenommen hat, ist bei der Strafzumessung zur Tat 1. vom 21. Januar 2016 aus dem Blick geraten, dass die erlangte Tatbeute sichergestellt worden ist und angesichts der bekannten Herkunft der Zigaretten davon ausgegangen werden kann, dass die Beute an den von der Tat betroffenen Supermarkt zurückgelangt ist. Unter Berücksichtigung dieses für die Tat vom 21. Januar 2017 relevanten Umstandes sowie dem jeweiligen Wert der erlangten Beute (468,30 EUR bzw. 44,79 EUR) stellen sich schon die von der Strafkammer für schuldangemessen erachteten Einzelstrafen - und nachfolgend die Gesamtstrafe - selbst vor dem Hintergrund der Vielzahl an einschlägigen Vorverurteilungen nicht mehr als gerechter Schuldausgleich dar. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen in seiner Entscheidung vom 28. Juli 2008 (Ss 266/08 - bei juris), die zwar einen Diebstahl einer geringwertigen Sache zum Gegenstand hatte, deren tragende Grundsätze aber auch für diesen Grenzwert überschreitende Schäden Geltung beanspruchen müssen. Der Senat hat - unter Anführung weiterer Rechtsprechung - ausgeführt: „Grundlage für die Zumessung der Strafe ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB die Schuld des Täters. […] Das Landgericht hat bei seiner Strafbemessung die der Schuldbewertung durch den Umfang des Tatunrechts gesetzten Grenzen aus dem Blick verloren und demgegenüber den Gesichtspunkt des Handlungsunwerts - nämlich die täterbezogenen Umstände der Vorstrafen - überbewertet. Zwar müssen diese berücksichtigt werden, so nach § 46 Abs. 2 StGB namentlich auch die aus der Tat sprechende Gesinnung und das Vorleben der Angeklagten. Diese fallen hier deutlich straferschwerend ins Gewicht, vor allem die Unbelehrbarkeit der Angeklagten, die trotz zahlreicher früherer Bestrafungen im Laufe der Jahre immer wieder Diebstahl begangen hat. Allerdings darf eine Strafzumessung nicht in der Weise von den die Täterpersönlichkeit betreffenden Umständen geprägt sein, dass dabei die objektiven Umstände der Tat, vor allem das Ausmaß der begangenen Rechtsgutverletzung, übergangen werden.“

10

In dem Maße wie im hier vorliegenden Fall die amtsgerichtliche Strafzumessung offenkundig zu milde ausfällt, erscheint die Strafzumessung des Landgerichts unter Berücksichtigung des verwirklichten Tatunrechts unvertretbar hoch.

III.

11

Der festgestellte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Einzelstrafen, was zudem die Aufhebung der Gesamtstrafe und - infolge der auf das Strafmaß beschränkten Berufung - des Urteils insgesamt bedingt.

12

Auf die Revision des Angeklagten war daher das Urteil aufzuheben und die Sache zur Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Oldenburg zurückzuverweisen, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.

13

Der Senat weist für die Verhandlung darauf hin, dass der neue Tatrichter (wie schon der Vorderrichter) die Frage der Gewerbsmäßigkeit, die den verschärften Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB zur Anwendung bringt, in eigener Verantwortung zu klären hat (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 - 1 Ss 109/17 -, juris -, und neuerdings BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 StR 458/16 -, juris).

 


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