Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 1 Ws 588/91
Tenor
Die weitere Beschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
1
G r ü n d e:
2Der Beschuldigte befindet sich seit dem 3. März 1991 zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Düsseldorf vom selben Tage, nach dessen Aufhebung aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Düsseldorf vom 10. April 1991 in Untersuchungshaft. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl verworfen. Seine hiergegen gerichtete weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.
3I.
4Entgegen der Auffassung des Beschuldigten ist der angefochtene Beschluss – soweit das Landgericht das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes bejaht – nicht etwa schon wegen eines Verstoßes gegen § 34 StPO rechtsfehlerhaft. Ein solcher Verstoß ist nicht gegeben.
51.
6Nach § 34 StPO sind die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen mit Gründen zu versehen. Die Begründung bezweckt, die Anfechtungsberechtigten in die Lage zu versetzen, eine sachgemäße Entscheidung über ihr weiteres prozessuales Vorgehen, insbesondere die Einlegung eines Rechtsmittels, zu treffen; ferner soll dem Rechtsmittelgericht die Prüfung der Entscheidung ermöglicht werden (Senatsbeschluss vom 21. Februar 1984 – 1 Ws 188-189/84 -; OLG Oldenburg in NJW 1971, 1098; KGin StV 1986, 142; OLG Köln in StV 1988, 335; Kleinknecht/ Meyer, StPO, 39. Aufl., §34 Rdn. 1; Maul in KK, StPO, 2. Aufl., § 34 Rdn. 1; Wendisch in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 34 Rdn.1).
7Insbesondere sind wegen der Prinzipien des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens im Untersuchungshaftverfahren die Beweismittel so weit anzuführen, wie hierdurch die Ermittlungen nicht gefährdet werden. Der Beschuldigte muss in die Lage versetzt werden, die Beweismittel anzugreifen oder sie zu entkräften und seine Verteidigung darauf einzurichten (Senatsbeschluss vom 15. März 1984 in JZ 1984, 540 0 JMBL NW 1984, 179= MDR 1984, 774; Kleinknecht/ Meyer, a.a.O., § 114 Rdn. 11; Boujong in KK, a.a.o., § 114 RDn. 12; Wendisch a.a.O., § 114 Rdn. 18; Kleinknecht/ Janischowsky, Das Recht der Untersuchungshaft, 1977, Rdn.137).
8Indessen ist eine Auseinandersetzung mit der Qualität der Beweismittel im Untersuchungshaftverfahren nicht erforderlich. Dadurch wird zwar der Beschuldigte in seiner Verteidigung zunächst eingeschränkt, doch hat er dies im Interesse des Strafanspruchs des Staates hinzunehmen. Gesetzlich ist eine solche Würdigung weder gemäß § 114 StPO für den Haftbefehl noch für das Beschwerdeverfahren vorgesehen. Eine Beweiswürdigung im Zeitpunkt des Haftbeschlusses könnte zudem für das folgende Hauptverfahren eine „präjudizierende“ Wirkung entfalten. Außerdem würde es zu lange dauernden Beschwerdeverfahren kommen können, um eben eine ungünstige derartige präjudizierende Wirkung für das Hauptverfahren zu vermeiden. Eine dadurch bedingte längere Untersuchungshaftzeit wäre zu besorgen. Schließlich könnte auch das Recht der Staatsanwaltschaft (§ 147 Abs. 5 StPO), während des vorbereitenden Verfahrens Akteneinsicht zu verweigern (§ 147 Abs. 2 StPO), unterlaufen werden, wenn das Gericht gehalten wäre, wegen der Beweiswürdigung Tatsachen und Umstände bekanntzugeben, die die Staatsanwaltschaft – noch nicht- offenbaren will. Hierfür bietet allerdings der vorliegende Sachverhalt keinen Anhalt. (Senatsbeschlüsse a.a.o. und vom 23. Juni 1988 in JMBL.NW 1988, 250).
92.
10Den vorstehenden Anforderungen genügen die ergangenen Haftentscheidungen.
11In dem Haftbefehl des Amtsgerichts Düsseldorf werden die Zeugen namentlich benannt. Das Landgericht hat in seiner Beschwerdeentscheidung hierauf Bezug genommen, indem es auf die zutreffenden Gründe des Haftbefehls verwiesen hat. Die – umfangreichen – Angaben des Zeugen R. sind der Verteidigung bekannt. Der Beschuldigte kann diesen entgegentreten. Er ist in seiner Verteidigungsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Einer weitergehenden Darstellung und Würdigung der Zeugenaussagen bedarf es nicht.
12II.
131.
14Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist der Beschuldigte der ihm in dem Haftbefehl zur Last gelegten Straftaten dringend verdächtig.
15a.)
16Hinsichtlich der Taten zu Nr. 1 bis 3. des Haftbefehls (Besitz von Betäubungsmitteln und Urkundenfälschung) ist der Beschuldigte geständig.
17b.)
18Der dringende Verdacht seiner Mitwirkung an der Straftat zu Nr. 4 des Haftbefehls (Handel mit mindestzens 1,5 t Haschisch) beruht insbesondere auf den Bekundungen des Zeugen R.. Zwar ist der Zeuge inzwischen flüchtig.
19Seine Bekundungen sind jedoch verwertbar. Sie belegen eine Tatbeteiligung des von ihm anhand von Fotos identifizierten Beschuldigten. Inwieweit diese Angaben ohne den persönlichen Eindruck des Zeugen zu einer Verurteilung ausreichen werden, muß der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben.
202.
21Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Der Beschuldigte muss für den Fall seiner Überführung mit der Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe rechnen. Schon die hohe Straferwartung begründet die Gefahr, daß der Angeklagte, käme er auf freien Fuß, sich dem Strafverfahren durch Flucht oder Untertauchen entzieht. Hinzu kommt der Umstand, daß der Verurteilte zwei gefälschte Pässe bei sich führte und die Feststellung seiner Identität zu vereiteln versuchte. Er hat ferner seinen Wohnsitz im Ausland. Persönliche oder berufliche Bindungen in der Bundesrepublik bestehen nicht. Gesichtspunkte, die die hiernach bestehende Fluchtgefahr ausräumen oder als nicht naheliegend erscheinen lassen, sind nicht gegeben.
223.
23Die Untersuchungshaft steht nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und zu der erwartenden Strafe (§ 112 Abs. 1 StPO). Ihr Zweck kann durch weniger einschneidende Maßnahmen nicht erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO).
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs.1 Satz 1 StPO.
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