Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-6 U 124/99
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 8. Juni 1999 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin führt für den Beklagten und einen Dr. Dr. H. ein Gemeinschaftskonto, bei dem es sich ursprünglich um ein Oder-Konto handelte. Nach einem Widerruf der Einzelverfügungsberechtigung des Beklagten durch Herrn Dr. Dr. H. Anfang 1996 wurde das Konto in ein Und-Konto geändert. Die Kontoinhaber wurden entsprechend informiert.
3Im August 1998 führte die Klägerin zu Lasten des in Rede stehenden Kontos versehentlich mehrere Überweisungsaufträge aus, obwohl diese lediglich vom Beklagten unterzeichnet waren. Da Herr Dr. Dr. H. den entsprechenden Abbuchungen in der Folgezeit widersprach, schrieb die Klägerin dem Konto die abgebuchten 41.816,82 DM wieder gut.
4Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen auf Ausgleich dieses Betrages in Anspruch. Nachdem der Beklagte zunächst durch Versäumnisurteil vom 12. Januar 1999 unter Einschluß von 4 % Zinsen seit 12. September 1998 antragsgemäß verurteilt worden ist, hat die Klägerin nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Beklagten beantragt,
5das Versäumnisurteil vom 12. Januar 1999 aufrechtzuerhalten.
6Der Beklagte hat beantragt,
7das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8Er hat die Auffassung vertreten, zur Rückzahlung nicht verpflichtet zu sein.
9Das Landgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Überweisungen seien Leistungen der Klägerin an den Beklagten gewesen. Dieser sei auch bereichert, weil er von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten befreit worden sei. Mangels wirksamer Anweisung sei diese Bereicherung auch ohne Rechtsgrund erfolgt. Auf die Frage, wem das Guthaben auf dem in Rede stehenden Konto im Innenverhältnis zustehe, komme es im übrigen nicht an.
10In seiner Berufungsbegründung vertritt der Beklagte die Ansicht, der Klägerin stehe ein Bereicherungsanspruch gegen die Zahlungsempfänger, nicht aber gegen ihn selbst zu. Erneut macht der Beklagte geltend, es fehle auf seiner Seite an einer Bereicherung, da das Konto ein für die Durchführung der Überweisungen ausreichendes Guthaben aufgewiesen habe. Im übrigen steht der Beklagte nach wie vor auf dem Standpunkt, die Klägerin sei zu einer Auffüllung des Kontoguthabens nicht verpflichtet gewesen. Zur Korrektur dieses Fehlverhaltens müsse sie nunmehr lediglich eine Rückbuchung vornehmen, die in ihren AGB ausdrücklich vorgesehen und zu der sie auch jetzt noch berechtigt sei. Vor diesem Hintergrund meint der Beklagte nunmehr, die Klage sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Unter Hinweis darauf, daß lediglich Herr Dr. H. die Kontoauffüllung verlangt habe, erhebt der Beklagte jetzt auch den Einwand der aufgedrängten Bereicherung und hält seine Inanspruchnahme schließlich auch wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben für unzulässig, weil nicht er die rechtsgrundlose Zahlung veranlaßt habe, sondern diese vielmehr auf ein Versehen der Klägerin zurückzuführen sei.
11Der Beklagte beantragt,
12unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung, das Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12.01.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
13Die Klägerin beantragt,
14die Berufung zurückzuweisen.
15Die Klägerin hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend und wiederholt in ihrer Berufungserwiderung ihre diesbezügliche Argumentation.
16Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagte ist nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, der Klägerin 41.816,82 DM zu erstatten.
19I.
20Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keinerlei Bedenken. Soweit der Beklagte hier aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin etwas anderes herleiten will, übersieht er, daß es sich beim "Wiederauffüllen" des Kontos nicht um eine Fehlbuchung gehandelt hat, die ohne weiteres rückgängig gemacht werden konnte, sondern daß die Buchung aufgrund einer bestehenden Rückbuchungsverpflichtung der Klägerin zwingend geboten war, um den Ansprüchen der Kontoinhaber genüge zu tun (s. II.).
21II.
22Der Beklagte hat durch die von der Klägerin irrtümlich ausgeführten Überweisungen etwas erlangt. Er ist nämlich gegenüber den jeweiligen Zahlungsempfängern auch von eigenen Verbindlichkeiten befreit worden. Wenn auch der Bundesgerichtshof grundsätzlich auf dem Standpunkt zu stehen scheint, daß bei einer unwirksamen Anweisung mangels wirksamer Tilgungsbestimmung eine solche Wirkung nicht eintritt und der Bereicherungsausgleich deshalb zwischen der Bank und dem Empfänger des Geldes zu erfolgen hat (WM 90, 1531), gilt mit Blick darauf, daß der Bundesgerichtshof zugleich aber auch betont, bei Dreiecksverhältnissen verbiete sich eine typisierende Betrachtungsweise, vorliegend etwas anderes. Die insoweit einschlägigen Entscheidungen lassen insgesamt erkennen, daß der Zahlungsempfänger die Leistung stets dann behalten darf, wenn er sie als Erfüllung einer bestehenden Schuld des Kontoinhabers ansehen konnte. So wurde ein Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Zahlungsempfänger verneint, wenn eine Überweisung aufgrund eines vom Auftraggeber geänderten oder sogar gänzlich widerrufenen Dauerauftrags erfolgte (BGH NJW 1984, 2205). Demgegenüber wurde ein Bereicherungsanspruch der Bank bejaht, wenn der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung oder den Widerruf der Anweisung kannte (vgl. dazu die bereits zitierte Entscheidung des BGH in WM 1990, 1531) oder wenn der Empfänger von einer irrtümlichen Zuvielzahlung überzeugt sein mußte (BGH NJW 1987, 186). Bei abstrahierender Betrachtungsweise belegen die genannten Entscheidungen aus Sicht des Senats, daß jedenfalls der gutgläubige Zahlungsempfänger von Störungen und Fehlern im Verhältnis zwischen Kontoinhaber und Bank unberührt bleiben soll, folglich also der Bereicherungsausgleich allein dort zu erfolgen hat (so auch OLG Nürnberg, WM 1999, 2357). Vorliegend muß dies um so mehr gelten, als bei isolierter Betrachtungsweise - anders als in den sonst üblichen Fällen, in denen es aufgrund mangelnder Geschäftsfähigkeit oder von Beginn an fehlender bzw. später widerrufener Anweisung genau genommen an der Existenz einer Weisung überhaupt fehlt - allein ein Mangel in der Vollmacht vorlag, der eine Unwirksamkeit der Leistungszweckbestimmung innerhalb einer völlig ungestörten Leistungsbeziehung zum Zahlungsempfänger nicht zu bewirken vermag, jedenfalls dann nicht, wenn die Gutgläubigkeit des Zahlungsempfängers außer Frage steht. Da dies vorliegend erkennbar der Fall ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob bei einem bösgläubigen Zahlungsempfänger anderes zu gelten hat (vgl. dazu BGH WM 1980, 438).
23Die Bereicherung des Beklagten ist auch durch eine Leistung der Klägerin eingetreten. Zwar wurde die eigentliche Zahlung der in Rede stehenden Beträge zunächst aus dem auf dem Konto vorhandenen Guthaben bewirkt, stammte also nicht aus dem Vermögen der Klägerin, doch mußte sie für die nach dem Widerspruch des Herrn Dr. Dr. H. erforderliche Rückbuchung eigene Mittel aufwenden. Mit Rücksicht darauf, daß die fehlerhafte Anweisung des Beklagten, dem naturgemäß selbst bekannt war, daß er zu Alleinverfügungen über das Konto nicht berechtigt war, als unmittelbare Folge einen Anspruch der Kontoinhaber gegen die Klägerin auf Rückgängigmachung der Belastungsbuchung nach sich zog, die dann nur zu Lasten des klägerischen Vermögens erfolgen konnte, ist insoweit auch die erforderliche Einheitlichkeit des Bereicherungsvorgangs gewahrt. Die diesem Vorgang innewohnende Automatik führt zu einer Art Klammerwirkung, die der Senat als ausreichend ansieht.
24Schließlich ist der Beklagte auch verpflichtet, der Klägerin den gesamten fehlerhaft überwiesenen Betrag zu ersetzen. Soweit er in diesem Zusammenhang geltend macht, die Überweisungen hätten nicht allein seiner Befreiung von Verbindlichkeiten gedient, sondern bei den Verbindlichkeiten habe es sich teilweise auch um solche gehandelt, die zugleich den Mitkontoinhaber betrafen, hätte der Kläger näher dartun müssen, wie die Aufteilung im Innenverhältnis geregelt war und daß es sich tatsächlich um gemeinschaftliche Verbindlichkeiten handelte. Seinem Vorbringen läßt sich dazu aber nichts Konkretes entnehmen. Unerheblich ist insoweit auch die Behauptung des Beklagten, das Geld auf dem fraglichen Konto habe ohnehin ihm zugestanden, denn auch diesbezüglich fehlt hier jeder nachvollziehbare Sachvortrag. Der Hinweis des Beklagten auf die Auseinandersetzung mit seinem Kontomitinhaber reicht dazu nicht aus, denn die Verurteilung zur Einräumung einer Alleinverfügungsberechtigung für ein Konto sagt über die konkrete Zuordnung des auf dem Konto befindlichen Guthabens nichts aus.
25Der Inanspruchnahme des Beklagten steht auch nicht entgegen, daß der Klägerin ihrerseits bei der Ausführung der Überweisungsaufträge ein Fehler unterlaufen ist. Eine diesbezügliche Pflichtverletzung durch Mißachtung der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis ist nämlich folgenlos geblieben. Daß dem Beklagten daraus irgendwelche Schäden entstanden wären, hat dieser selbst nicht vorgetragen. Im übrigen diente die lediglich gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis auch nicht etwa dazu, den Beklagten vor der Ausführung von ihm selbst unterzeichneter Überweisungaufträge zu schützen, sondern hatte lediglich den Sinn und Zweck, alleinige Verfügungen des Kontomitinhabers zu Lasten des Beklagten zu vermeiden. Folglich fehlt es ohnehin am erforderlichen Zurechnungszusammenhang.
26Der Zinsanspruch ist aus §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB begründet.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
28Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
29Der Beklagte ist mit weniger als 60.000,00 DM beschwert. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 546 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.
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