Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-15 U 63/00
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zi-vilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 17.01.2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheits-leistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürg-schaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässi-gen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2I. Die Kläger begehren von dem Beklagten Unterlassung von Äußerungen.
3Die Klägerin zu 2), deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Kläger zu 1) ist, ist Verwalterin nach dem WEG der Wohnungseigentumsanlage in S. Der Beklagte ist Eigentümer einer in diesem Objekt gelegenen Eigentumswohnung.
4Im Jahre 1995 wurden an dem Dach der Eigentumsanlage Reparatur- und Sanierungsarbeiten von der auch früher schon von der Klägerin zu 2) beauftragten Firma F. durchgeführt. Die Arbeiten waren von der Klägerin zu 2) in Auftrag gegeben worden, nachdem die Eigentümergemeinschaft einen entsprechenden Beschluß gefaßt hatte. Nach Fertigstellung wurden die Arbeiten abgenommen und unter Berücksichtigung des vereinbarten Sicherheitseinbehalts von der Klägerin zu 2) für die Eigentümergemeinschaft bezahlt.
5Nachdem der Beklagte geltend gemacht hatte, die Dacharbeiten seien mangelhaft ausgeführt worden, in seiner im Dachgeschoß gelegenen Wohnung seien Feuchtigkeitsschäden unterhalb der bearbeiteten Dachfläche aufgetreten überprüfte der Sachverständige Ostermann, mit dessen Beauftragung der Beklagte sich einverstanden erklärt hatte, die an dem Dach durchgeführten Arbeiten. Der Sachverständige kam in seinen Gutachten vom 11.02.1997 (Bl. 32-42 GA), 17.03.1997 (Bl. 43-47 GA) und 06.11.1997 (Bl. 52 - 56 GA) unter anderem zu der Feststellung, dass die Firma F. die Arbeiten teilweise nicht wie abgerechnet ausgeführt und die Aluminium-Dampf-sperrbahn nicht ordnungsgemäß angeschlossen habe. Hinsichtlich der in der Wohnung des Beklagten aufgetretenen Feuchtigkeitserscheinungen kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass eine Schwitzwasser- und Kondensatbildung wegen Fehlens einer automatischen Zwangsentlüftungsfunktion nicht ausreichend verhindert werde und die Feuchtigkeitserscheinungen nicht nur auf bauphysikalische, sondern auch auf lüftungsbedingte Ursachen zurückzuführen seien.
6Die Klägerin zu 2) nahm den Beklagten vor dem Amtsgericht S wegen Bezahlung eines Kostenanteiles des Gutachtens des Sachverständigen Ostermann in Höhe von 70 % und wegen Zahlung rückständigen Hausgeldes in Anspruch. Während das Amtsgericht S den Beklagten aufgrund eines entsprechenden Anerkenntnisses zur Zahlung des Hausgeldes verurteilte, wies es den Anspruch auf Zahlung anteiliger Sachverständigenkosten durch Beschluß vom 03.05.1999 zurück (Bl. 83 ff BA 18 II 62/98 WEG, AG S).
7Diese Vorgänge nahm der Beklagte zum Anlaß, die streit-gegenständlichen Behauptungen, deren Unterlassung die Kläger begehren, gegenüber den Miteigentümern sowie gegenüber den früheren Prozeßbevollmächtigten der Kläger aufzustellen.
8Der Beklagte äußerte sich im einzelnen wie folgt:
9In einem im Juni 1999 in der Eigentumsanlage in Verkehr gebrachten undatiertem Aushang, der "An alle Eigentümer!" gerichtet war, erklärte der Beklagte u.a. wörtlich: " Auch wenn Ihnen Herr L., sein Rechtsanwalt einschl. Gutachter in seitenlangen Erklärungen versuchen, die Dinge falsch darzustellen, so bleibt hier die Frage,-..." ............"Die Eigentümer sind hier ganz klar betrogen worden,...".
10In einem an die damaligen Prozeßbevollmächtigten der Kläger gerichteten Schreiben vom 07.07.1999 erklärte der Beklagte: "Wer richtig lesen kann, ist im Vorteil und wenn die Dachdeckerfirma F die alten Dachgullys als neu verkauft, von Herrn L gem. VOB abgenommen und komplett bezahlt bekommt, dann können Sie es sehen und drehen wie Sie wollen - das ist Betrug!" und "Auf Veranlassung von Herrn L wurden übrigens alle Aushänge entfernt und dies verstößt nicht nur gegen das Grundgesetz im Sinne der freien Meinungsäußerung - es läßt gar vermuten, dass die Eigentümer die Wahrheit nicht erfahren sollen.".
11In einem an alle Eigentümer gerichteten Aushang vom 22.07.1999 erklärte der Beklagte: "Herr L hat mit Schreiben vom 16.07.1999 ein Schreiben an Sie verfaßt, was darauf schließen läßt, dass er den wesentlichen Unterschied zwischen Deutschland und dem Balkan aus den Augen verloren hat". Und: "Dies ist Betrug an den Eigentümern, der hier systematisch durch Klagedrohungen, das Entfernen von Aushängen durch Herrn Ehm auf Veranlassung von L vertuscht werden soll.", "Die Überheblichkeit, Arroganz und Selbstdarstellung, mit denen Herr L die Eigentümer offenbar nicht erst nimmt--... - und sich nicht weiter damit beschäftigen will und Ihr Einverständnis einfach voraussetzt sind einfach unglaublich und zeigen nur, dass sich Herr L trotz weiterer Erklärungs-versuche eines beeidigten Sachverständigen außer Stande sieht, die Angelegenheit zum Wohle der Eigentümer zu lösen und eigenes Fehlverhalten einzugestehen,...."
12In einem weiteren Aushang an alle Eigentümer vom 10.08.1999 erklärte der Beklagte: "Täglich werden es mehr, die ganz genau wissen wollen, was hier passiert ist, denn schließlich ist es ihr Geld! Der Aufwand, der hier von "unserem Verwalter Herr L" betrieben wird, um eigenes Fehlverhalten zu kaschieren, obwohl eine Entschuldigung und Kostenübernahme angebracht wäre, ist einmalig und nicht mehr zu überbieten"
13Und:
14"In jeder anderen Eigentümerwohngemeinschaft würde Herr L und sein Gefolge mit einem Tritt herausgeschmissen, wie es ihm schon woanders passiert ist. Dies sind Zustände wie in der EU, wo Kommissare sich selbst und gegenseitig kontrollieren, begünstigen und andere Glauben lassen, sie täten das Beste für sie."
15Die Beiratsmitglieder wurden mehrfach auf die Aushänge des Beklagten und die Hintergründe angesprochen. Die Kläger selbst erhielten ein Schreiben des Miteigentümers D und Schreiben des Miteigentümer S vom 27.06., 14.07., 22.07. und 06.09.1999, in denen diese um Aufklärung baten. Den Aufforderungen der Kläger vom 06.07.1999 und 18.09.1999, die streitgegenständlichen Behauptungen zurückzunehmen, sich zu entschuldigen sowie eine Unterlassungserklärung abzugeben, kam der Beklagte nicht nach.
16Auf Antrag der klagenden Parteien hat das Amtsgericht S am 27.09.1999 - 14 C 373/99 - eine einstweilige Verfügung erlassen, in der dem Beklagten u.a. das Aufstellen der hier streitgegenständlichen Äußerungen untersagt wurde und mit Beschluß vom 01.10.1999 die Anordnung getroffen, dass binnen einer Frist von drei Wochen Klage bei dem Gericht der Hauptsache zu erheben sei.
17Auf den Widerspruch des Beklagten hat das AG S durch Urteil vom 02.12.1999 die einstweilige Verfügung vom 27.09.1999 in einem geringen Teil aufgehoben, im wesentlichen aber bestätigt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal mit Urteil vom 17.05.2000 - AZ.: 8 S 13/00 - zurückgewiesen.
18Die Kläger haben behauptet, der Beklagte verunglimpfe sie in einem nicht tragbaren Umfang durch die aufgestellten Behauptungen gegenüber den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft. Unberechtigt rufe er bei den Miteigentümern Zweifel an ihrer, der klagenden Parteien, Befähigung und Integrität hervor. Der Beklagte habe hervorgehoben, dass er "an seinen Ansichten nichts geändert habe".
19Sie haben beantragt, wie folgt zu erkennen:
201. Der Beklagte hat es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, die Kläger seien im Zusammenhang mit der im Jahre 1995 durch die Fa. F durchgeführten Reparatur- bzw. Sanierungsarbeiten am Dach des Objektes in S an einem Betrug zu Lasten der Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage in S beteiligt, insbesondere, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die folgenden Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten:
21a) Die Kläger versuchten im Zusammenhang mit dem vorstehend aufgeführten Sachverhalt einen Betrug zu Lasten der Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage in S zu vertuschen, und zwar insbesondere durch Klagedrohungen und das Entfernen von Aushängen auf Veranlassung des Klägers zu 1. bzw. eigenes Fehlverhalten zu kaschieren;
22b) im Zusammenhang mit dem vorstehend aufgeführten Sachverhalt herrschten bezüglich der Verwaltertätigkeit der Kläger "Zustände wie in der EU, wo Kommissare sich selbst und gegenseitig kontrollieren, begünstigen und andere glauben lassen, sie täten das Beste für sie".
232. Der Beklagte hat es weiter zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, das von den Klägern an die o.g. Miteigentümergemeinschaft gerichtete Schreiben vom 16.07.1999 lasse darauf schließen, dass insbesondere der Kläger zu 1) den wesentlichen Unterschied zwischen Deutschland und dem Balkan aus den Augen verloren habe.
243. Der Beklagte hat es weiter zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, die Überheblichkeit, Arroganz und Selbstdarstellung insbesondere des Klägers zu 1), der die Miteigentümer offenbar nicht ernst nehme, zeige, dass der Kläger zu 1) sich außer Stande sehe, die Angelegenheit zum Wohle der Eigentümer zu lösen und eigenes Fehlverhalten einzugestehen.
254. Der Beklagte hat es weiter zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, dass die Kläger, insbesondere der Kläger zu 1) und "sein Gefolge" mit einem Tritt aus jeder anderen Eigentümerwohngemeinschaft herausgeschmissen würden, wie es schon woanders passiert sei.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Das Landgericht W hat mit Urteil vom 17. Januar 2000 der Klage im vollem Umfange stattgegeben.
29Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
30II. Die zulässige Berufung hat aus den im wesentlichen zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils, auf die Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO), keinen Erfolg.
31Ergänzend ist festzustellen:
321. Neben dem Kläger zu 1) ist auch die Klägerin zu 2) als juristische Person aktivlegitimiert. Grundsätzlich genießt auch eine juristische Person Persönlichkeitsschutz (Palandt-Thomas, BGB, 59. Auflage, § 823 Rn 181). Voraussetzung des Unterlassungsanspruches ist die Verletzung einer geschützten Sphäre. Anspruchsberechtigter ist demnach, wer durch die Äußerung individuell betroffen wurde (Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn 305). Eine juristische Person ist dann unmittelbar betroffen, wenn durch die Äußerung ihr Ruf tangiert wird (Prinz/Peters, a.a.O., Rn 307).
33Die Klägerin zu 2) wird nicht nur durch die sie betref-fenden, sondern auch durch die den Kläger zu 1) betreffenden Äußerungen in ihrer geschäftlichen Ehre tangiert, da die Äußerungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft stehen. Dabei hat die Klägerin zu 2) auch einen Anspruch auf Unterlassung der den Kläger zu 1) betreffenden Behauptungen. Der Kläger zu 1) ist nicht nur ihr alleiniger Geschäftsführer, er beherrscht die Klägerin zu 2). Dafür spricht zum einen bereits deren Name, zum anderen aber auch der gesamte Geschehensablauf. Denn tätig war stets der Kläger zu 1). Er war auch derjenige, der von dem Beklagten und dem Eigentümer S angesprochen wurde.
342. Zugunsten des Beklagten kann, weil nicht entscheidungser-heblich, unterstellt werden, dass sämtliche streitgegen-ständlichen Äußerungen im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts keine Tatsachenbehauptungen darstellen, sondern als Meinungsäußerungen dem weiten Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegen.
35Gleichwohl haben die Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Behauptungen aus § 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 BGB analog; § 823 Abs. 2 i. V. m. § 185 StGB, da ihrem allgemeinen Persönlichkeits-recht Vorrang vor dem Recht der freien Meinungsäußerung des Beklagten zukommt.
36Das Recht der freien Meinungsäußerung findet seine Grenze im Persönlichkeitsrecht des jeweils Betroffenen. Diese Grenze hat der Beklagte nicht beachtet. Dabei reicht die Feststellung, daß jemand in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt ist, für sich alleine nicht aus, um die Rechtswidrigkeit zu bejahen. Da es sich bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts um einen sog. offenen Tatbestand handelt, ist die Rechtswidrigkeit des Handelns unter Abwägung der kollidierende Grundrechte und Interessen positiv festzustellen, wobei grundsätzlich keiner der genannten Verfassungswerte Vorrang vor dem anderen genießt. Vielmehr ist im Einzelfall eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen (vgl. Palandt-Thomas, a.a.O., § 823 Rn 184 und Rn 189). Bei Werturteilen und Meinungsäußerungen hat der Schutz der Persönlichkeit Vorrang, wenn sich die Äußerung als
37Angriff auf die Menschenwürde, Schmähkritik oder reine Formalbeleidigung darstellt (Palandt-Thomas, a.a.O., § 823 Rn 189 b). In diesen Fällen tritt die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurück (BVerfG, NJW 1995 S. 3303, 3304; BVerfG, NJW 1999 S. 1323, 1324; BGH, WM 1998, 2164, 2165). Die Anforderungen an das Vorliegen einer Schmähkritik sind eng definiert. Erst wenn eine Äußerung nicht mehr der Auseinandersetzung in der Sache dient, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, liegt eine sog. Schmähkritik vor (statt vieler: BVerfG, NJW 1995, 3303, 3304). Eine überzogene und selbst eine ausfällige Kritik macht für sich genommen eine Äußerung noch nicht zur Schmähung.
38Die Grenzen zur Schmähkritk hat der Beklagte durch seine Äußerungen nicht überschritten. Zwar sind die streitgegen-ständlichen Äußerungen des Beklagten einzeln ebenso wie im Gesamtzusammenhang des jeweiligen Textes geeignet, den Kläger zu 1) in seiner Person herabzusetzen und in Mißkredit zu bringen. Denn der Kläger zu 1) wird nicht nur durch die Bezeichnung als arrogant und überheblich beleidigt. Durch den Hinweis des Beklagten auf eine Beteiligung an einem Betrug zum Nachteil der Wohnungseigentümergemeinschaft werden dem Kläger zu 1) ebenso wie durch die Hinweise auf die EU und den Balkan kriminelle Handlungen, jedenfalls aber die Beteiligung an unlauteren Machenschaften unterstellt. Hinzu kommt, dass die gesamte Diktion der beiden Aushänge durch die Wortwahl wie "sein Gefolge" und mit "einem Tritt .... herausgeschmissen" den Kläger zu 1) herabwürdigt.
39Allerdings genügt diese deutlich formulierte und durchaus auch polemische Kritik des Beklagten nicht, von einer Schmähkritik auszugehen. Denn die Schreiben zeigen, dass es dem Beklagte trotz aller Herabsetzung der Person des Klägers zu 1) daneben auch noch um die Auseinandersetzung in der Sache ging. In dem Aushang vom 22.07.1999 setzte der Beklagte sich ebenso wie in dem Aushang vom 10.08.1999 mit der Begutachtung der durchgeführten Dacharbeiten durch den Sachverständigen Ostermann sowie mit der Frage des Verhaltens der Kläger in diesem Zusammenhang auseinander.
40Gleichwohl hat der Beklagte die streitgegenständlichen Äußerungen zu unterlassen, weil der Vorrang der Meinungs-äußerungsfreiheit bei fehlender diffamierender Schmähkritik nur für den geistigen Meinungskampf bei die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen und nicht bei - wie hier - privaten Auseinandersetzungen gilt. Bei letzteren verbleibt es auch bei fehlender Schmähkritik bei dem Grundsatz der einzelfallbezogenen Rechtsgüterabwägung (u. a. BVerfG, NJW 1995, 3303, 3304 f). Diese Abwägung fällt zu Gunsten der Kläger aus. Die streitgegenständlichen Äußerungen des Beklagten sind weder durch dessen Recht auf freie Meinungsäußerung noch durch § 193 StGB gerechtfertigt. Dem Beklagten stand als von den Dachsanierungsarbeiten auch finanziell betroffenem Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft zwar das Recht zu, seine kritische Meinung zu den Vorfällen in diesem Zusammenhang deutlich zum Ausdruck zu bringen. Selbst wenn man eine begründete Verärgerung des Beklagten über die Geschehnisse, insbesondere im Zusammenhang mit den durch die umfangreiche Begutachtung angefallenen Kosten unterstellt, vermag dies jedoch nicht die Art und Weise der von dem Beklagten geübten Kritik zu rechtfertigen. Dem Beklagten wäre es unbenommen gewesen, seine Meinung und Einschätzung der Geschehnisse in einem an die anderen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichteten Aushang in sachlicher Art und Weise kundzutun. Auch das Bedürfnis des Beklagten, die anderen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft "wachzurütteln", vermag die Vorgehensart nicht zu rechtfertigen. Dazu hätte ebenfalls eine sachliche Darstellung genügt.
41Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die Äußerungen nicht gegenüber völlig unbeteiligten Dritten, sondern gegenüber den übrigen Miteigentümern aufstellte. Die Kläger müssen es nicht hinnehmen, sich von dem Beklagten gegenüber den übrigen Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft in der geschehenen Art und Weise angreifen und in Mißkredit bringen zu lassen. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass auch die übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft ein Interesse an den Geschehnissen im Zusammenhang mit der Dachsanierung und der sich anschließenden Begutachtung haben. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich nichts anderes aus der - hier nicht einschlägigen - Entscheidung des BGH vom 14.06.1977 (NJW 1977, 1681 ff). Diese Entscheidung bezieht sich auf Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern oder Angehörigen ähnlich enger Gemeinschaften. Eine solch "ähnlich enge Gemeinschaft", die entsprechend der Familie nur bei persönlichen Verflechtungen angenommen werden kann, liegt hier gerade nicht vor. Die Klägerin zu 2) steht vielmehr mit den Eigentümern in einem geschäftlichen Verhältnis, weshalb ihr Interesse ebenso wie das des alleingeschäftsführungsbefugten Klägers zu 1) an einer sachlichen und an Fakten orientierten Auseinandersetzung schutzwürdig ist. Demgegenüber ist ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten an einer Auseinandersetzung in der erfolgten Art und Weise nicht zu erkennen. Den streitgegenständlichen Betrugs-, Kollusions- und Korruptionsvorwürfen gegenüber den Klägern fehlt die konkrete Tatsachensubstanz. Sie sind aus der Luft gegriffen. Das gilt auch, wenn zu Gunsten des Beklagten eine nicht ordnungsgemäße Prüfung der Rechnung der Firma Franzen &Brieztke durch die Kläger unterstellt wird. Daraus kann allenfalls der Schluß auf eine fahrlässige Vertragsverletzung durch die Kläger geschlossen werden.
42Nach alledem ist dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Kläger Vorrang vor dem Recht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung einzuräumen.
433. Die Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr ergibt sich bereits aus dem erfolgten rechtswidrigen Verstoß, der eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr begründet (Palandt-Bassenge, a.a.O:, § 1004 Rn 29). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt.
44III.
45Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 I ZPO.
46Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1, 108 ZPO.
47Eine Festsetzung der Beschwer entfällt, da es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt.
48Ein begründeter Anlaß, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 546 Abs. 1 ZPO).
49Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 24.000,--DM festgesetzt.
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