Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 21 U 92/01
Tenor
hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. V., den Richter am Oberlandesgericht J. und die Richterin am Landgericht Dr. S.
auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2001
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 21. März 2001 teilweise abgeändert:
Das Versäumnisurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 10. März 1999 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte zur Zah-lung von 17.844,67 DM nebst 4% Zinsen seit dem 30.12.1998 verurteilt wurde, im Ãbrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme der Säumniskosten, die die Kläger allein zu tragen haben.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Kläger zu 53 % und die Beklagte zu 47 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Entscheidungsgründe
2Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
3I. Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Den Klägern steht der geltend gemachte Kostenvorschussanspruch dem Grunde nach zu. Es ist anerkannt, dass § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B einen Anspruch auf Vorschuss in Höhe der zu erwartenden Mängelbeseitigungskosten gibt, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
41.
5Die Leistung der Beklagten ist vertragswidrig im Sinne des § 13 Nr. 1 VOB/B. Die Parteien haben unter Ziffer 7.1 des Bauvertrages die Gewährleistung nach § 13 VOB/B mit einer Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart. Die Geltung der VOB/B wurde darüber hinaus in Nr. 2 des Bauvertrages vereinbart.
6Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass die von den Klägern gerügten Mängelerscheinungen dann nicht aufgetreten wären, wenn die Beklagte an Stelle des Produkts "Glasurit" die ausgeschriebene Farbe "Lucite" verwendet hätte. Der Sachverständige L. hat nach Begutachtung der Fenster festgestellt, daß die Ursache der Abplatzungen in der nicht fachgerechten Vorbehandlung der Fensterrahmen zu sehen sei. Diese Ausführungen sind überzeugend, sie stimmen mit der Auffassung der Beklagten überein, wonach es sich bei den von ihr ausgeführten Arbeiten lediglich um einen so genannten "Reparaturanstrich" gehandelt habe, der eine relativ kurze Haltbarkeitsdauer aufweise.
7Das Abplatzen des Anstrichs stellt eine negative Abweichung der "Ist-"von der "Sollbeschaffenheit" dar. Nach dem insoweit plausiblen Sachverständigengutachten ist ein solches Abplatzen nach nur gut vier Jahren nicht normal. Hier ist zu berücksichtigen, dass es sich ausweislich der Fotos des Sachverständigengutachtens (Blatt 128) nicht lediglich um kleine Schönheitsfehler, sondern um massive Beeinträchtigungen des äußeren Erscheinungsbildes des Objektes der Kläger handelt. Die Auslegung der Vereinbarung der Parteien gem. §§ 133, 157 BGB ergibt, dass die Beklagte entgegen der Ansicht des Landgerichts einen Anstrich mit normaler Haltbarkeit und nicht nur einen sogenannten Reparaturanstrich geringerer Qualität schuldete. Tatsächlich gab zwar die Leistungsbeschreibung nur ein teilweises Entfernen loser Farbteile vor. Anders lässt sich die Leistungsbeschreibung schon nach normalem Sprachgebrauch nicht verstehen. Hieraus folgt jedoch nicht, dass deshalb bereits ein qualitativ minderwertiger Anstrich geschuldet war. Bausoll ist nämlich nicht die Summe sämtlicher in der Leistungsbeschreibung aufgezählter Arbeiten, sondern ein bestimmter, der Parteivereinbarung zu entnehmender Werkerfolg (BGHZ 139, 244 , 247). Insoweit ist auch das von der Beklagten eingeführte Begriffspaar "Reparaturanstrich/Neuanstrich " eher irreführend. Die Begriffe Reparaturanstrich und Neuanstrich beschreiben lediglich einen unterschiedlichen mit dem Anstrich verbundenen Arbeitsaufwand. Ãber den mit den Arbeiten zu erreichenden Erfolg sagen sie hingegen nichts aus. Einer Gesamtwürdigung der Umstände, die die Vertragsverhandlungen der Parteien prägten, ergibt hier, dass den Klägen an einer mindestens normalen Haltbarkeit des Neuanstrich gelegen war. Dafür spricht insbesondere der Gesamtumfang der vorgenommenen Sanierungsarbeiten. Die Beklagte durfte nach dem hier maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont nicht davon ausgehen, dass die Kläger bewusst das Risiko vorzeitiger Ãberholungsarbeiten in Kauf nehmen wollten. Dagegen spricht vor allem, dass dies allein schon aufgrund der Kosten für den erneuten Aufbau eines Gerüstes wenig wirtschaftlich gewesen wäre. Auch die hinsichtlich der übrigen von der Beklagten vorzunehmenden Arbeiten unstreitig vereinbarte Gewährleistungsfrist von fünf Jahren zeigt deutlich, dass es den Klägern um eine nachhaltige Sanierung der Fassade ging.
8Der Umstand, dass die Parteien eine für diese Funktion ungeeignete Ausführungsart vereinbart haben, reicht nicht, um den Vertrag anders auszulegen (ständige Rechtsprechung des BGH, zuletzt BGHZ 139, 244 ,248). Der Auftraggeber wünscht regelmäßig eine Leistung von zumindest durchschnittlicher Qualität. Selbst wenn er eine billige Ausführungsart wählt, hofft er dennoch, dass diese gegenüber einer teuren keine wesentlichen Qualitätseinbußen mit sich bringt. Insofern stellt sich bei der Vereinbarung einer untauglichen Ausführungsart nicht die Frage, ob deshalb auch der Werkerfolg nicht geschuldet ist, sondern die Frage, wer das Risiko der Nichterreichung des Werkerfolges tragen muss. Die Risikoverteilung ist jedoch in § 13 Nr. 3 VOB/B eindeutig geregelt. § 13 Nr. 3 VOB/B setzt schon begrifflich die Existenz von Mängeln voraus, die auf der Leistungsbeschreibung des Auftraggebers beruhen. Hieraus folgt, dass eine Leistung nicht bereits deshalb mangelfrei sein muss, weil sie der Leistungsbeschreibung des Auftraggebers entspricht.
9Auch aus dem niedrigen Angebotspreis kann nicht entnommen werden, dass der übliche Qualitätsstandard unterschritten werden durfte. Dies bedürfte vielmehr einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien (BGH, BauR 2000, 411, 413; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, B 13.1, Rdnr. 27).
10Wenn die Beklagte nunmehr behauptet, die Hausverwaltung der Kläger habe um den Reparaturcharakter des Anstrichs gewusst, so bezieht sich dies auch nur auf die vereinbarte Ausführungsart. Zu der Frage, ob die Kläger die Mängelrisiken bewusst in Kauf nehmen wollten, trägt die Beklagte hingegen nichts vor. Die Beklagte hat zudem auch keinen Beweis für ihre Behauptung angetreten, obwohl sie als Auftragnehmerin die Beweislast für die Umstände trifft, aus denen sich ihre Freistellung von der Mängelhaftung ergeben soll. Beruft sich der Auftragnehmer darauf, dass er nur eine geringere als die gewöhnliche Funktionstauglichkeit geschuldet habe, kommt dies einer Berufung auf einen Gewährleistungsausschluss gleich. Hierfür trägt der Auftragnehmer die Beweislast.
11Ferner ist die Leistung der Beklagten auch mangelhaft im Sinne des §§ 13 Nr. 1 VOB/B, weil sie nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Nach dem auch insoweit überzeugenden Sachverständigengutachten wäre eine vollständige Entfernung des Altanstrichs erforderlich gewesen. Die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik ist von den Parteien weder ausdrücklich noch konkludent abbedungen worden. Die Vereinbarung einer bestimmten Ausführungsart, die den anerkannten Regeln der Technik nicht genügt, reicht allein für eine derartige Auslegung nicht aus (ständige Rechtsprechung des BGH, zuletzt BGHZ 139,244, 249). Dies ergibt sich aus den gleichen Gesichtspunkten, die auch zur Annahme eines Fehlers im Sinne des § 13 Nr. 1 VOB/B geführt haben.
12Die Ausnahmeregelung § 13 Nr. 3 VOB/B greift nicht ein. Zwar beruht die Ursache für das Abplatzen, nämlich die unvollständige Entfernung des Altanstrichs, auf der Leistungsbeschreibung der Kläger. Die Beklagte hat jedoch die ihr gem. § 4 Nr. 3 VOB/B und Nr. 5.2 des Bauvertrages obliegende Mitteilung der zu befürchtenden Mängeln unterlassen. Nach ihrem eigenen Vortrag (Blatt 139) war die Minderwertigkeit der von den Klägern vorgeschlagenen Ausführungsart derart offensichtlich, dass sie davon ausgehen durfte, dass auch die Kläger um diese wussten. Hieraus folgt, dass die Beklagte selbst positiv um die Ungeeignetheit der von den Klägern in Auftrag gegebenen Arbeiten wusste.
13Die Beklagte war auch nicht deshalb von ihrer Hinweispflicht befreit, weil auf der Seite der Kläger mit ihrem Hausverwalter eine erfahrene und fachkundige Person die Leistungsbeschreibung erstellt hat. Hat der Auftragnehmer Bedenken, darf er sich nicht darauf verlassen, dass für den Auftraggeber eine fachkundige Person tätig geworden ist. § 4 Nr. 3 VOB/B weist dem regelmäßig fachkundigeren Auftragnehmer das Risiko von Unklarheiten über die Motivation des Auftraggebers zu. Er kann sich ohne weiteres durch einen Hinweis auf Mängelrisiken darüber vergewissern, ob der Auftraggeber diese bewusst in Kauf nehmen will. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als auch der Bauvertrag selbst unter Punkt 5.2 eine ausdrückliche Prüfungs-und Hinweispflicht der Beklagten enthielt. Schon deshalb durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Kläger sie mit der Erstellung eines detaillierten Leistungsverzeichnisses von sämtlichen weiteren fachkundigen Prüfungen entbinden wollten. Ein Fall der überlegenen Fachkenntnis des Auftraggebers, die ausnahmsweise eine Hinweispflicht entbehrlich machen könnte, liegt nicht vor, da die Hausverwaltung keine Spezialkenntnisse über Anstreicherarbeiten besitzen muss. Weitere Ursachen, die den Tatbestand des § 13 Nr. 3 VOB/B erfüllen würden, werden von der Beklagten nicht mehr substantiiert vorgetragen. Die Beklagte zweifelt in der Berufungsinstanz nicht mehr daran, dass ein vollständiges Entfernen des Altanstrichs erforderlich gewesen wäre, um einen dauerhaft deckenden Anstrich zu gewährleisten (Blatt 191). Mögliche weitere Ursachen führt sie im Gegensatz zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen nicht mehr an.
142. Die Mangelhaftigkeit der Werkleistung der Beklagten lag auch bereits bei der Abnahme vor, obwohl es erst vier Jahre später zum Abplatzen des Anstrichs gekommen ist. Die mangelnde Haltbarkeit des Anstrichs bestand bereits zum Abnahmezeitpunkt, auch wenn sie sich erst vier Jahre später durch das Abplatzen des Anstrichs manifestierte.
153. Die Kläger haben die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 16.7.1998 auch zur Mängelbeseitigung aufgefordert und dieser eine angemessene Frist von etwa zehn Wochen zur Mängelbeseitigung gesetzt, ohne dass die Beklagte dieser Aufforderung nachgekommen ist.
164. Schließlich ist der Anspruch der Kläger auch nicht verjährt. Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt die unter Ziffer 7.1 des Bauvertrages vereinbarte Verjährungsfrist von fünf Jahren auch für die hier streitgegenständlichen Arbeiten. Eine von § 13 Nr. 4 VOB/B abweichende Vereinbarung bei gleichzeitiger Vereinbarung der Vorschriften der VOB/B im übrigen ist ohne weiteres zulässig. Gem. Nr. 2 des Bauvertrages (Blatt 12) geht dieser den Vereinbarungen in der Leistungsbeschreibung vor. Ausweislich Nr. 2.2 des Bauvertrages bezieht sich dieser auch auf die in Position 16 der Leistungsbeschreibung enthaltenen Anstricharbeiten. Das Vorbringen der Beklagten, man habe abweichend vom Bauvertrag eine kürzere Verjährungsfrist vereinbart, ist unsubstantiiert. Aus dem Fehlen einer Vereinbarung über die Gewährleistungsfrist hinter den nachträglich angefügten Positionen 16 und 17 der Leistungsbeschreibung ergibt sich jedenfalls nicht, dass überhaupt zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung zur Gewährleistungsfrist getroffen wurde. Erst recht lässt sich hieraus nicht ableiten, dass eine solche von der für die Positionen 1 bis 15 vorgesehenen Verjährungsfrist abweichen sollte.
17Selbst wenn man zugrundelegt, dass bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien eine verbindliche Vereinbarung getroffen worden war, so wäre eine solche Vereinbarung durch den zeitlich späteren und vorrangig geltenden Bauvertrag abgeändert worden. Der Hinweis der Beklagten auf § 4 AGBG geht fehl. Eine Individualabrede der Parteien ist auch nach dem Beklagtenvortrag nicht ersichtlich. Die von der Beklagten vorgetragene Nichtvereinbarung einer besonderen Gewährleistungsfrist kann nur die Folge haben, dass die gesetzliche Gewährleistungsfrist eingreift. Die mangels ausdrücklicher Vereinbarung geltende gesetzliche Regelung stellt jedoch gerade keine Individualabrede im Sinne des § 4 AGBG dar.
18Die Klägerin hat nach der Abnahme am 18.11.1993 im Juli 1998 in unverjährter Zeit die Mängelrüge im Sinne des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B erhoben, indem sie die Beklagte schriftlich und konkret auf die Mängel hinwies und die Beseitigung der Mängel verlangte.
195. Nach der insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen L. sind die von der Klägerin veranschlagten Kosten zur Mängelbeseitigung erforderlich. Der Anspruch der Klägerin besteht dennoch nicht in voller Höhe.
20a) Da die Mangelhaftigkeit der Leistung auf der von den Klägern vorgesehenen untauglichen Durchführung beruht, sind von ihrem Kostenvorschussanspruch diejenigen Kosten abzuziehen, die ihr sowieso entstanden wären, wenn sie von Anfang an oder auf entsprechenden Hinweis der Beklagten auf die zu befürchtenden Mängel (Abplatzungen) gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B als Nachtrag gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B eine ordnungsgemäße Leistung mit vollständiger Entfernung des Altanstrichs in Auftrag gegeben hätte. Haben die Parteien auf Anregung des Auftraggebers eine bestimmte Ausführungsart zum Gegenstand des Vertrages gemacht, dann umfasst der Werklohn nur die vereinbarte Herstellungsart. Zusatzarbeiten, die für den geschuldeten Erfolg erforderlich sind, hat der Auftraggeber dann gesondert zu vergüten. Die dem Auftraggeber bei mangelfreier Leistung für die erforderlichen Zusatzarbeiten zustehenden Zusatzvergütungen können im Rahmen der Gewährleistung als Sowieso-Kosten berücksichtigt werden. Diese schätzt der Senat nach § 287 Abs. 2 ZPO auf 1.500,00 DM. Auszugehen für die Ermittlung der Ohnehin-Kosten ist von der Preiskalkulation der Beklagten im Jahr 1993, wonach die Gesamtleistung zu einem Bruttopreis von 3.260,63 DM angeboten war. Der Senat geht auf Grund der Erfahrung in ähnlich gelagerten Fällen bei seiner Schätzung davon aus, dass der angebotene Preis sich je zur Hälfte auf das Entfernen des Altanstrichs und das Aufbringen des Neuanstrichs bezog und das Entfernen des kompletten Altanstrichs einschließlich der nicht losen Flächen einen doppelt so hohen Aufwand erfordert wie die ursprünglich ausgeschriebene Arbeitsweise.
21Nicht zu den Sowieso-Kosten gehören allerdings die von den Klägern geltend gemachten Gerüstkosten in Höhe von 5.750,00 DM zzgl. 16% Mehrwertsteuer. Hätte man gleich die fachgerechte Durchführung des Anstrichs vereinbart, wären zusätzliche Gerüstkosten nicht entstanden, da das Objekt der Klägerin zum Zeitpunkt des ersten Anstrichs ohnehin komplett eingerüstet worden war. Ohne ein Gerüst können aber nach den Ausführungen des Gutachters die Mängelbeseitigungsarbeiten nicht durchgeführt werden.
22b) Ferner ist entgegen der Ansicht des Sachverständigen L. ein Abzug "neu für alt" vorzunehmen. Ein solcher Abzug kommt auch außerhalb des Schadensersatzrechts bei Kostenvorschussansprüchen in Betracht (Ingenstau/Korbion-Wirth VOB/B, § 13 Nr. 7, Rdnr. 825). Die Ausführungen des Sachverständigen zu dieser Frage sind nicht nachvollziehbar und können auch nicht verwertet werden, da es sich dabei um eine Rechtsfrage handelt. Durch die zu späterer Zeit erfolgende Nachbesserung wird der Anstrich der Fensterzargen eine um mehrere Jahre längere Lebensdauer erhalten. Dies ist bei der Berechnung des Kostenvorschussanspruchs als Vorteilsausgleich zu berücksichtigen, weil die Klägerin sonst durch die Gewährleistung ungerechtfertigt besser gestellt würde. Zwar kann eine längere Lebensdauer des geschuldeten Werkes bei Werkverträgen dann nicht berücksichtigt werden, wenn diese allein auf der Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten beruht (BGH NJW 1989, 2753, 2755; BGHZ 91, 206, 215). Hier ist jedoch zu differenzieren: Da die Mängel sich erst nach rund viereinhalb Jahren gezeigt haben, zog die Klägerin immerhin für diesen Zeitraum den gleichen Nutzen aus dem mangelhaften Werk wie aus einem mangelfreien. Erst seit dem Hervortreten der Mängel in der ersten Hälfte des Jahres 1998 ist eine Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten eingetreten. In einem solchen Fall ist es angebracht, für die um viereinhalb Jahre längere Lebensdauer einen Abzug neu für alt vorzunehmen (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, B 13.4, Rdnr. 135). Die Höhe dieses Abzuges schätzt der Senat auf 15.827,46 DM. Insoweit ist von der von den Klägern selbst vorgetragenen Lebensdauer eines normalen Anstrichs von etwa zehn Jahren auszugehen, was der Erfahrung des Senats entspricht. Der Abzug neu für alt beläuft sich demgemäß auf 45 Prozent der Neuherstellungskosten.
23c) Ein Abzug wegen eines Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB ist hingegen nicht vorzunehmen. Eine Abwägung der Verschuldensbeiträge der Parteien ergibt, dass der Beitrag der Beklagten derart überwiegt, dass eine Kürzung des Anspruchs unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens ausgeschlossen ist. Maßstab für die Abwägung der jeweiligen Beiträge ist der Gedanke des Vertrauensschutzes (BGH, BauR 1991,79). Hier durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, dass die Kläger schon wissen würden, dass die von ihr vorgeschlagenen Arbeiten nicht zu einem nachhaltig haftenden Anstrich führen konnte. Erkennt der Auftragnehmer einen Mangel der Planung und weist er nicht darauf hin, ist er für den Schaden allein verantwortlich (Ganten/Jagenburg/Motzke-Ganten, VOB/B, § 13 Nr. 3,Rdnr. 49 ). Gem. § 4 Nr. 3 VOB/B ist es Sache des Unternehmers, im Vorfeld zu klären, ob der Auftraggeber das Mängelrisikobewusstsein eingeht oder nicht. Nimmt er die Entlastungsmöglichkeit durch einen schriftlichen Hinweis nicht vor, so muss der insoweit allein die Konsequenzen seiner Fehleinschätzung tragen.
246. Dem Kostenvorschussanspruch der Kläger steht auch nicht die Berufung auf § 13 Nr. 6 VOB/B entgegen. Der Aufwand für die Mängelbeseitigung ist nicht unverhältnismäßig hoch. Entscheidend ist das Wertverhältnis zwischen dem zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwand des Auftragnehmers an Arbeit und Kosten einerseits und dem Vorteil, den die Mängelbeseitigung dem Auftraggeber bringt, andererseits (Vygen, Bauvertragsrecht nach VOB/Grundwissen 2001, S. 97). Allein die optische Beeinträchtigung der Fassade durch die Farbabplatzungen ist so erheblich, dass sie den Mängelbeseitigungsaufwand rechtfertigt. Bei den Farbabplatzungen handelt es sich ausweislich der Fotos des Sachverständigen L. nicht um bloße Schönheitsfehler. Die Gebrauchsfähigkeit des Anstrichs wird durch die Absetzungen erheblich beeinträchtigt. Die auf den Fotos erkennbaren Schäden sind geeignet, den Eindruck einer Verwahrlosung des Objektes der Klägerin zu erwecken. Das Ziel der Fassadensanierung ist damit völlig verfehlt worden.
25II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 i.V.m. § 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
26Gründe gemäß § 564 Abs.1 ZPO, die es geböten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
27Beschwer:
28für die Kläger: 17.327,46 DM für die Beklagte: 15.258,64 DM
29Prof. Dr. V.J.Dr. S.
30OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
31BESCHLUSS
3221 U 92/01 4 O 434/98 LG Wuppertal
33In pp.
34hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. V., den Richter am Oberlandesgericht J. und die Richterin am Landgericht Dr. S. am 20. Dezember 2001 beschlossen:
35Der Tenor des am 11. Dezember 2001 verkündeten Senatsurteils wird im zweiten Absatz dahin berichtigt, dass dieser wie folgt lautet:
36"Das Versäumnisurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 10. März 1999 wird aufrechterhalten, soweit die Klage wegen einer Forderung von mehr als 17.844,67 DM nebst 4% Zinsen seit dem 30.12.1998 abgewiesen wurde. Im Ãbrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, 17.844,67 DM nebst 4% Zinsen seit dem 30.12.1998 an die Kläger zu zahlen."
37Gründe
38Aus den Entscheidungsgründen und dem restlichen Tenor des Senatsurteils vom 11. Dezember 2001 ist ersichtlich, dass den Klägern ein Betrag von 17.844,67 DM nebst 4% Zinsen seit dem 30.12.1998 zugesprochen werden sollte. Demgemäß war der Tenor wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO wie geschehen zu berichtigen.
39Prof. Dr. V.J.Dr. S.
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Referenzen
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