Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 24 U 115/01
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des wei-tergehenden Rechtsmittels - das am 11. April 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.285,57 EUR nebst 4 % Zin-sen aus jeweils 422,07 EUR seit dem 05.03., 04.04., 07.05., 05.06., 04.07., 06.08., 04.09., 06.10., 05.11. und 04.12.1998 und seit dem 07.01., 04.02., 04.03., 08.04., 06.05., 05.06., 06.07., 05.08., 06.09., 06.10., 05.11. und 04.12.1999 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 19 % und die Be-klagte zu 81 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2I.
3Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Ihm stehen Nutzungsentschädigungsansprüche bis einschließlich Dezember 1999 zu, also bis zu dem Monat, in dem der Kläger die Schlüssel zum Objekt unstreitig zurückerhalten hat, jedoch nur in Höhe der Kaltmiete ohne Nebenkosten.
41.
5Das Landgericht hat zutreffend geurteilt, dass zwischen den Parteien im Verfahren 9 C 568/98 Amtsgericht Duisburg-Ruhrort = 23 S 267/99 Landgericht Duisburg rechtskräftig festgestellt ist, dass dem dortigen Beklagten, also dem Kläger des vom Senat zu entscheidenden Rechtsstreits, über den 28. Februar 1998 hinaus Ansprüche aus § 557 BGB a.F. zustehen und auch über den 20. März 1998 hinaus (S. 3 f. des Urteils des Landgerichts vom 23. November 1999.). Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein Urteil, das eine negative Feststellungsklage aus sachlichen Gründen abweist, grundsätzlich dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil hat, das das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt. Das gilt jedenfalls dann, wenn es Ziel und Inhalt der negativen Feststellungsklage war, einem bestimmten Anspruch entgegenzutreten (BGH NJW 1995, 1757; 1986, 2508 = MDR 1986, 1016; NJW 1983, 2032 = MDR 1983, 734; Kopp MDR 1988, 710).
6Das war hier der Fall. Denn im Berufungsrechtszug des Vorprozesses hat die Beklagte (damals Klägerin) die Feststellungsklage um den Hilfsantrag erweitert festzustellen, dass der Kläger (damals Beklagter) "ab dem 28.02.1998 keine Ansprüche gemäß § 557 I BGB gegen die Klägerin wegen verspäteter Rückgabe oben genannter Mietsache hat" (Schriftsatz vom 30.07.1999). Darüber ist auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 1999 am selben Tage durch rechtskräftiges Urteil vom Landgericht Duisburg (23 S 267/99) entschieden worden.
7Dies hat auch die Beklagte im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Folglich ist es dem Senat verwehrt, insoweit anders zu entscheiden. Es kann deshalb dahinstehen, ob in dem tatsächlichen, vom Kläger jedoch abgelehnten Angebot der Schlüsselübergabe im Mietobjekt am 28. Februar 1998 eine Rückgabe im Sinne des § 556 BGB a.F. lag.
8Infolge der Rechtskraftwirkung des vorgenannten Urteils vom 23. November 1999 steht darüber hinaus fest, dass dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt, also bis zum 23. November 1999, Ansprüche aus § 557 BGB a.F. zustehen. Es gehört nämlich zu den Rechtskraftwirkungen, dass Präklusion nicht nur der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, sondern auch der nicht vorgetragenen Tatsachen, sofern sie nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Prozess entstanden sind, eintritt (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. BGH NJW 1995, 1758, 1759 m.w.N.). Demzufolge müssen für den genannten Zeitraum mögliche rechtliche Auswirkungen des Beklagtenschreibens vom 6. April 1998 außer Betracht bleiben.
92.
10Der Anspruch des Klägers auf Nutzungsentschädigung ist auch nicht für den verbleibenden Zeitraum vom 23. November 1999 bis Ende Dezember 1999 entfallen.
11a)
12Zum einen ist auch für diesen Zeitraum kein die Rechtslage änderndes Ereignis feststellbar. Zum anderen ist entgegen der Meinung des Landgerichts dies aufgrund des Beklagtenschreibens vom 6. April 1998 ebenfalls nicht der Fall. Befindet sich der Gläubiger eines Herausgabeanspruchs, betreffend ein Grundstück, in Annahmeverzug, so kann der Schuldner des Anspruchs gemäß § 303 BGB vorgehen. Er kann demgemäß den Anspruch durch Aufgabe des Besitzes nach vorheriger Androhung erfüllen.
13Diese Voraussetzungen lassen sich dem Schreiben vom 6. April 1998 nicht entnehmen; denn die Schlüssel zum Objekt befanden sich nach wie vor im Herrschaftsbereich der Beklagten und nicht in demjenigen des Klägers. Damit kann von einer Besitzaufgabe keine Rede sein. Ihr weiteres Angebot, die Schlüssel per Post dem Kläger zuzusenden, hat die Beklagte nicht in die Tat umgesetzt. Es ist zwar verständlich, wenn die Beklagte nach der vom Hausmeister des Klägers am 28. Februar 1998 unberechtigterweise abgelehnten Schlüsselübergabe eine erneute Anreise zum Ort des Objekts und damit zum Erfüllungsort des Rückgabeanspruchs ablehnt und auch das Risiko einer Postversendung scheut (insoweit wäre ihr allerdings die Haftungsbeschränkung des § 300 Abs. 1 BGB zugute gekommen), aber an den rechtlichen Notwendigkeiten ändert das nichts.
14b)
15Grundsätzlich setzt ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 BGB a.F. allerdings auch den Besitzerlangungswillen des Vermieters/Verpächters voraus. Dem Senat ist es jedoch - wie ausgeführt - aus Rechtskraftgründen verwehrt, die Voraussetzungen der Vorschrift bis zum 20. März 1998 in Zweifel zu ziehen. Nach dem 20. März 1998 hat sich insoweit am Verhalten des Klägers nichts geändert. Er war nach wie vor nur bereit, den Schlüssel entgegenzunehmen, wenn von der Beklagten noch nach Auffassung des Klägers erforderliche Renovierungsarbeiten durchgeführt wurden. Es muss deshalb bei der Zuerkennung von Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung bleiben und mangels Änderung der Rechtslage über den 20. März 1998 hinaus bis Dezember 1999.
163.
17Die Beklagte hat dagegen mit Recht geltend gemacht, dem Kläger stehe gegebenenfalls nur die Kaltmiete zu. Über die Nebenkosten der Jahre 1998 und 1999 hätte spätestens bis Ende der Jahre 1999 und 2000 abgerechnet werden müssen, so dass dem Kläger für die Monate März 1998 bis Dezember 1999 jeweils nur 825,50 DM = 422,07 EUR, mithin insgesamt 18.161 DM = 9.285,57 EUR, zustehen.
18II.
19Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
20Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.
21Streitwert für die Berufungsinstanz: 20.690 DM = 10.578,63 EUR,
22davon 380 DM = 194,29 EUR auf die Anschlussberufung entfallend.
23Die Beschwer übersteigt für keine Partei 60.000 DM = 30.677,51 EUR.
24Z E D
25VorsRaOLG RaOLG RaLG
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