Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 3 Wx 348/01
Tenor
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts wird geändert.
Die amtsgerichtliche Entscheidung vom 29. November 2000 wird wieder her-gestellt.
Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu 2.
Außergerichtliche Kosten werden in allen drei Rechtszügen nicht erstattet.
Wert des Beschwerdegegenstandes: Bis 3.000,00 €
1
I.
2Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in Düsseldorf. Die Beteiligte zu 3 ist die Verwalterin der Anlage.
3Nach § 2 Nr. 3 e der Teilungserklärung vom 05. Dezember 1984 gehören zum Sondereigentum die "Innenteile und der Belag der Balkone und Loggien, soweit vorhanden".
4In der Eigentümerversammlung vom 12. April 2000 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich:
5" Die ursprüngliche lose Verlegung der Bodenbeläge auf den Balkonen darf
6nicht geändert und muss im Zug einer Erneuerung der Abdichtung
7wiederhergestellt werden".
8Die Beteiligten zu 1, die anstatt der losen Verlegung des Bodenbelages auf ihrem Balkon den Bodenbelag fest verlegen wollen, haben beantragt,
9diesen Beschluss für ungültig zu erklären.
10Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 29. November 2000 dem Gesuch entsprochen, weil den Beteiligten zu 1 nicht generell untersagt werden könne, auf ihrem Balkon anstatt loser Platten solche im Mörtelbett zu verlegen. In der Gestaltung des Sondereigentums – hierzu zähle der Bodenbelag des Balkons – sei jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich frei, soweit er nicht die übrigen Miteigentümer unzumutbar benachteilige. Dabei gehe die Verpflichtung zur Rücksichtnahme nicht soweit, dass der Sondereigentümer eines Balkons auf die Verlegung von Platten im Mörtelbett deshalb verzichten muss, weil bei dieser Art der Verlegung gegebenenfalls eine Reparatur am Baukörper selbst aufwendiger sei.
11Hiergegen haben die Beteiligten zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt.
12Das Landgericht hat nach abermaliger mündlicher Verhandlung am 04. Oktober 2001 die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und das Gesuch der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
13Gegen die Entscheidung der Kammer wenden sich die Beteiligten zu 1 mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 2 entgegen treten.
14Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
15II.
16Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).
171.
18Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Eigentümerbeschluss entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG). Der Beteiligte zu 1 a) habe in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2001 anschaulich die Absicht der Beteiligten zu 1 dargelegt, den vorhandenen Fliesenbelag aufzunehmen, eine Estrichschicht aufzubringen und diese mit festschließenden Fliesenbelägen zu versehen. Wenn sich die Änderung des im Sondereigentum stehenden Bodenbelags auch grundsätzlich nicht als bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG darstelle, so werde im vorliegenden Fall das Gemeinschaftseigentum durch die beabsichtigte Maßnahme deshalb betroffen, weil durch den einzubringenden Estrich die darunter liegende zum Gemeinschaftseigentum gehörende Abdichtungsschicht nicht mehr so frei zugänglich würde wie zuvor. Diese Beeinträchtigung dürften die Wohnungseigentümer – wie durch die Beschlussfassung vom 12. April 2000 geschehen – abwehren.
192.
20Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
21a)
22Aus dem Eigentümerbeschluss vom 12. April 2000 ergibt sich ein von den Beteiligten zu 1 zu beachtendes Verbot der in Aussicht genommenen Verlegung von Balkonfliesen im Mörtelbett nicht.
23aa)
24Ein Fall des § 22 Abs. 1 WEG, nämlich eine über die ordnungsgemäße Instandsetzung bzw. Instandhaltung hinausgehende bauliche Veränderung, liegt in der beabsichtigten Balkonverfliesung schon deshalb nicht, weil sich diese Vorschrift auf einen - vorliegend nicht gegebenen - Eingriff in gemeinschaftliches Eigentum bezieht.
25bb)
26Nach § 2 Nr. 3 e der Teilungserklärung vom 05. Dezember 1984 gehört der Belag der Balkone zum Sondereigentum, mit dem die Beteiligten zu 1 in den sich aus § 14 Nr. 1 WEG ergebenden Grenzen nach Belieben verfahren dürfen. Wenn die Beteiligten zu 1 anstelle des vorhandenen, auf Mörtelsäckchen verlegten Belages auf die zum Gemeinschaftseigentum gehörende Isolierschicht ihres Balkones eine Estrichschicht und sodann ihren Wünschen und Vorstellungen entsprechende Fliesen in Mörtelbett verlegen wollen, so ist – unter der Voraussetzung fachgerechter Verlegung - nicht ersichtlich, inwieweit den anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein rechtlich relevanter Nachteil, also eine konkret und objektiv feststellbare nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung (OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 277). entstehen könnte.
27b)
28Die Vornahme und Organisation der – modernisierenden - Instandsetzung durch Verlegung neuer Fliesen auf dem Balkonboden fällt nur in Bezug auf das – vorliegend nicht betroffene - Gemeinschaftseigentum, nicht aber auch hinsichtlich des Sondereigentums in die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft. Ohne Erfolg rügen die Beteiligten zu 2. in diesem Zusammenhang, dass ihnen durch Einbau eines im Mörtelbett verlegten Plattenbelages seitens der Beteiligten zu 1 ein Nachteil in Form gesteigerter Aufwendungen für die Kontrolle und Unterhaltung der darunter liegenden Isolierschicht (vgl. § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG) drohe. Der Wartungsnachteil bezüglich dieses der Konstruktion und der Sicherheit des Gebäudes dienenden, nicht sondereigentumsfähigen und daher dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnenden (vgl. Senatsbeschluss– 3 Wx 418/98 - vom 21.12.1998 OLGR 1999, 352) Bauteils der Balkone und ein daraus resultierender Mehraufwand der Gemeinschaft sind als Folge eines nach § 4 Nr. 1 der Teilungserklärung und § 13 Abs. 1 WEG erlaubten Gebrauchs des Sondereigentums – bis zur vorliegend nicht tangierten Grenze des Missbrauchs bzw. des treuwidrigen Gebrauchs - hinzunehmen.
29Da der Eigentümerbeschluss vom 12. April 2000 in das Sondereigentum der Beteiligten zu 1 eingreift bzw. auf eine konkludente Änderung von § 4 der Teilungserklärung ("Der Wohnungseigentümer hat das Recht der alleinigen Nutzung seines Sondereigentums, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder dieser Teilungserklärung ergeben.") abzielt, ist er wegen nicht vorhandener bzw. überschrittener Regelungskompetenz als nichtig anzusehen ( BGH NJW 2000, 3500; = NZM 2000, 1184).
30Auf das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. war hiernach der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Entscheidung des Amtsgerichts wieder herzustellen .
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattungsanordnung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ist in sämtlichen Rechtszügen nicht veranlasst, § 47 Satz 2 WEG.
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